Hallo an alle,
ich versuche meine Geschichte kurz zu erzählen:
Ich bin [XXX] aus Norddeutschland. Im Alter von sechs Jahren stieß ich auf Pornohefte im Zimmer meines älteren Bruders. Ich war angezogen und auch erregt von den mir fremden Darstellungen. Manches konnte ich mir nicht erklären, und es war für mich verstörend. Schon vor diesem Ereignis machte ich erregende Erfahrungen im Kindergarten, als ich mit einem anderen Jungen regelmäßig unter einem Tisch heimlich an unseren Füßen spielte. Auch das fand ich zu der Zeit erregend. Ich weiß nicht, wie dies einzuordnen ist. Handelt es sich um gewöhnliche "Doktorspiele" oder lief zu diesem Zeitpunkt schon etwas schief?
Das Auffinden der Pornohefte veränderte etwas in meinem Leben. Ich betrachtete gleichaltrige Jungs nicht mehr als Altersgenossen und Spielkameraden oder Freunde, sondern sah in ihnen primär das Sexuelle. Meinen Freund, der in der Schule neben mir saß, fasste ich während des Unterrichts über längere Zeit heimlich im Genitalbereich an und forderte ihn auf, mich auch zu berühren. In einer tiefenpsychologisch-fundierten Psychotherapie viele Jahre später, tat der Therapeut das ab, mit "das ist doch ganz normal in dem Alter" - doch er begriff nicht, wie stark mich das damals und auch heute noch belastet.
Den Höhepunkt fand die Geschichte als mein Freund später einen Walkman von mir leihen wollte, und ich das nur tat, weil ich ihn dafür berühren durfte. Er ließ es zu, aber nach einigen Tagen, als wir Streit wegen einer anderen Sache hatten, sagte er, er würde zur Polizei gehen und alles erzählen. Ich war damals neun Jahre alt, und für mich brach eine Welt zusammen. Ich lief nach Hause und weinte sehr lange Zeit. Meine Eltern waren verwirrt, ich sprach nie mit jemanden darüber.
All dies mündete in jahrelange Ängste, die sich bis vor wenige Jahre hinzogen. Ich entwickelte Zwangsstörungen und war mehrmals in der Psychiatrie wegen schweren Depressionen. Immer wieder plagten mich Schuldgefühle und meine gestörte Sexualität. Als wir die Schule wechselten, kam mein Freund in eine andere Klasse und wir verloren uns aus den Augen. Ich würde gerne heute mit ihm darüber sprechen, um mich zu entschuldigen.
Nun kommen wir in die Gegenwart und zu den Dingen, die mich aktuell belasten:
Obwohl ich seit über [XXX] Jahren in einer Beziehung zu einem männlichen Partner bin, leide ich unter einer Sex-, Kauf-, und Onlinesucht, die mich in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen droht. Außerdem hängt mir die Phase mit dem Schulfreund nach. Ich denke daran, in meinen Träumen in der Nacht taucht er immer wieder auf und ich befürchte eine ephebophile Neigung zu haben (ich finde pubertäre/postpubertäre Jungen anziehend). Ich habe Sorge, dass ich Dinge tun werde, die ich nicht verantworten kann. Das fängt beim Surfen im Internet an (ich suche nicht nach einschlägigen, das heißt illegalen, Inhalten, habe aber Sorge, dem Druck eines Tages nicht standhalten zu können). Deswegen habe ich einen Termin bei einer Klinik vereinbart, die auf Sexualstörungen spezialisiert ist.
Was mich besonders plagt ist, dass ich nach wie vor, wenn ich draußen unterwegs bin, in mir attraktiven (jugendlichen) Männern das Sexuelle sehe und nicht den Menschen. Am liebsten würde ich das alles auslöschen, doch ich befürchte, dass es zu mir gehört und ich einen Weg finden muss, es zu tolerieren, ohne es auszuleben.
Ich würde gerne verstehen, was die Ursache für mein "verkorkstes" Leben ist. Wie kam es dazu, dass ich so früh (schon im Kindergarten!) auf das Sexuelle aus war. Wie schätzt ihr es ein? Könnt ihr Literatur empfehlen? Was ratet ihr mir?
Ich danke für eure Antworten.
Liebe Grüße
Hinweis Admin: u.U. konkreten Personen zuschreibbare Angaben (z.B. Realnamen, konkrete Zeitangaben u.dgl.) wurden aus dem Beitrag entfernt. Bitte lesen Sie die Benutzungsregeln / Netiquette des PT-Forums hinsichtlich unserer Bemühungen betr. Anonymität. Danke.
Sexualstörung aufgrund Kindheitserfahrungen?
Ich weiß nicht, ob ich da irgendwie Rat geben kann, aber ich möchte ich dir nur da lassen, dass ich es super finde, wie du dich da mit dir auseinander setzt und versuchst einen guten Weg zu finden.
Dass du da Hilfe suchst, scheint mir der absolut richtige Weg zu sein und finde ich total verantwortungsvoll.
Auch wenn die Perspektive dieses Jungen bzw. Eltern ja klar nachzuvollziehen ist, so musst du dir vielleicht bewusst machen, dass es dir damals in dem Alter nicht bewusst war. Nicht zu unrecht, wird man ja erst ab einem gewissen Alter strafmündig.
Die Frage ist, ob du da vielleicht einen Weg finden solltest, dir das damals zu verzeihen.
Jetzt hast du einen ganz anderen Stand, da gäbe es natürlich nichts mehr zu entschuldigen. Wobei ich mich schon frage, ob du dadurch eine Art Zwangsstörung entwickelt, dass es eher ein Zwangsgedanke ist, zum Täter zu werden.
Aber das wirst du hoffentlich in Behandlung herausfinden und auch einen Weg, damit umzugehen, solltest du solche Neigungen wirklich haben. Auch dann wird es sicherlich gute Lösungen geben. Für Gefühle usw. kannst du erstmal nichts und bist deswegen auch kein schlechterer Mensch, mach dir das klar.
Es geht darum, Taten zu verhindern und die Qual in dir selbst.
Und du kennst ja sicher das Beispiel mit dem rosa Elefant? Du willst ja so sehr nicht irgendwie von jungen Männern angezogen werden. Klar, dass du dann nur noch DAS siehst.
Wie gesagt, ich find erstmal super, dass du Verantwortung für dich übernimmst. Ich kenn da keine Statistiken oder so, aber ich wette, wirkliche Täter machen sich eher weniger Gedanken oder suchen sich Hilfe bzw. durch die Hilfe werden sie es vielleicht nicht.
Dass du da Hilfe suchst, scheint mir der absolut richtige Weg zu sein und finde ich total verantwortungsvoll.
Auch wenn die Perspektive dieses Jungen bzw. Eltern ja klar nachzuvollziehen ist, so musst du dir vielleicht bewusst machen, dass es dir damals in dem Alter nicht bewusst war. Nicht zu unrecht, wird man ja erst ab einem gewissen Alter strafmündig.
Die Frage ist, ob du da vielleicht einen Weg finden solltest, dir das damals zu verzeihen.
Jetzt hast du einen ganz anderen Stand, da gäbe es natürlich nichts mehr zu entschuldigen. Wobei ich mich schon frage, ob du dadurch eine Art Zwangsstörung entwickelt, dass es eher ein Zwangsgedanke ist, zum Täter zu werden.
Aber das wirst du hoffentlich in Behandlung herausfinden und auch einen Weg, damit umzugehen, solltest du solche Neigungen wirklich haben. Auch dann wird es sicherlich gute Lösungen geben. Für Gefühle usw. kannst du erstmal nichts und bist deswegen auch kein schlechterer Mensch, mach dir das klar.
Es geht darum, Taten zu verhindern und die Qual in dir selbst.
Und du kennst ja sicher das Beispiel mit dem rosa Elefant? Du willst ja so sehr nicht irgendwie von jungen Männern angezogen werden. Klar, dass du dann nur noch DAS siehst.
Wie gesagt, ich find erstmal super, dass du Verantwortung für dich übernimmst. Ich kenn da keine Statistiken oder so, aber ich wette, wirkliche Täter machen sich eher weniger Gedanken oder suchen sich Hilfe bzw. durch die Hilfe werden sie es vielleicht nicht.
Vielen Dank liebe SinnIch für deine Antwort.
Es macht Mut, dass du mich - trotz meiner Erfahrungen und Neigungen, nicht verurteilst und meinen Weg als den richtigen anerkennst.
Ich habe auch schon den Gedanken gehabt, ob die Neigung nicht in der Form ausgeprägt ist, wie ich das befürchte, sondern eher ein Zwang oder die Angst dahinter steckt, so zu werden oder es zu wiederholen. Wie du sagst, erhoffe ich mir da von der Behandlung Erkenntnisse.
Es ist echt toll, dass du so denkst und mich als Menschen siehst.
Ich will in jedem Fall mein eigenes Leid mindern und anderen Menschen unter gar keinen Umständen Leid zufügen. Ich glaube, wenn ich die Grenze überschreiten würde, könnte ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen.
Liebe Grüße und schönen Sonntag.
Es macht Mut, dass du mich - trotz meiner Erfahrungen und Neigungen, nicht verurteilst und meinen Weg als den richtigen anerkennst.
Ich habe auch schon den Gedanken gehabt, ob die Neigung nicht in der Form ausgeprägt ist, wie ich das befürchte, sondern eher ein Zwang oder die Angst dahinter steckt, so zu werden oder es zu wiederholen. Wie du sagst, erhoffe ich mir da von der Behandlung Erkenntnisse.
Es ist echt toll, dass du so denkst und mich als Menschen siehst.
Ich will in jedem Fall mein eigenes Leid mindern und anderen Menschen unter gar keinen Umständen Leid zufügen. Ich glaube, wenn ich die Grenze überschreiten würde, könnte ich mich nicht mehr im Spiegel ansehen.
Liebe Grüße und schönen Sonntag.
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- [nicht mehr wegzudenken]
- , 80
- Beiträge: 3693
Ich möchte mich SinnIch anschließen. Ich finde es mega, wie du dich mit dir beschäftigst und ungeschönt auf das schaust, was bei dir ist.
Die Ursache, warum das bei dir als Kind so war, kann dir hier natürlich niemand sagen, weil keiner deine Lebensgeschichte kennt.
In meiner eigenen Kindheit hat mich auch mal ein anderes Kind anfassen wollen. Ich wollte das nicht, hatte aber nicht den Mumm nein zu sagen und habe es geschehen lassen. Hat dieses andere Kind nun etwas ganz schlimmes getan? Ich denke nicht. Das andere Kind war eben auch einfach Kind. Einen Schaden habe ich nicht davon getragen. Als das andere Kind es mehrfach wollte, bin ich einfach immer abgehauen...
Was genau das zwischen dir und dem Jungen war und was dieser dabei empfunden hat, kann nur er selbst wissen. Und du selbst wirst zumindest wissen, ob du ihn eher gezwungen hast oder ob er selbst (gern) mitgemacht hat.
Deine Gedanken, dass du ihn gern nochmal sehen würdest, kann ich nachvollziehen. Ob es gut wäre, weiß ich nicht. Vielleicht könnte er dich entlasten, vielleicht auch nicht. Aber egal, was da genau war: du warst ein Kind und du hattest Gründe, warum du so gehandelt hast, wie du gehandelt hast.
Denke auch, es könnten bei dir "nur" so was wie Zwangsgedanken sein (auch das kann irre quälen und sich verselbständigen).
Ich würde an deiner Stelle schon schauen, dass du mit einem Therapeuten nochmal über die Vergangenheit und auch über das Heute sprichst. Muss eben ein guter sein, der mit so Themen auch gut umgehen kann.
Wünsche dir alles Gute!
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- Forums-Gruftie
- , 57
- Beiträge: 645
Hallo,
auch für mich liest du dich sehr reflektiert. Sollten es Zwangsgedanken sein, möchte ich auf das Buch „Kobold im Kopf“ verweisen. Vielleicht findest du dich darin wieder und es entlastet dich.
Alles Gute!
auch für mich liest du dich sehr reflektiert. Sollten es Zwangsgedanken sein, möchte ich auf das Buch „Kobold im Kopf“ verweisen. Vielleicht findest du dich darin wieder und es entlastet dich.
Alles Gute!
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