Hallo, liebe Formumsmitglieder,
seit knapp zwei Jahren habe ich einen Freund, seit anderthalb Jahren wohnen wir zusammen - er ist zu mir gezogen, weil er im Zuge der Scheidung von seiner Ex-Frau aus seinem Haus rausmusste.
Ich habe ein Problem mit Sex. Zu Beginn war es kein Problem - da ich aus einer äußerst toxischen Beziehung kam, in der ich mich sehr erniedrigt hatte, um überhaupt ein paar Krümel Zuneigung zu bekommen, war ich es gewohnt, die Bedürfnisse dieses "toxischen" Partners zu erfüllen, ohne etwas als Gegenleistung zu verlangen. Ich hatte mit diesem nie einen Orgasmus. Das störte mich irgendwie kaum, ich befriedigte mich am Folgetag selbst und dachte eben an das, was am Abend zuvor war. Sex zu haben war für mich damals eine Art "Statussymbol" an sich, und ich machte mir keinen Kopf darüber, ob ich das genießen konnte oder nicht.
Mit meinem jetzigen Freund ist das anders, insbesondere seit er bei mir wohnt. Ich habe so gut wie keine Lust. Er kann mich durchaus mit der Hand befriedigen, das klappt auch jedes Mal, wobei ich das Gefühl habe, dass der Orgasmus so nicht so schön und so komplett ist, als wenn ich mich selbst befriedige. Letzteres praktiziere ich aber nicht mehr, weil ich Angst habe, es könne sonst noch schwieriger sein, beim Sex mit meinem Freund zum Orgasmus zu kommen. Es ist für mich auch schwierig, wenn er möchte, dass ich ihn mit dem Mund befriedige. Ehrlich gesagt neide ich ihm die schönen Empfindungen, denn für mich ist der Sex mit ihm - also wenn er mich befriedigt - meistens eher Stress als Lust. Wenn er mich vaginal penetriert, bin ich auch froh, wenn es schnell vorbeigeht.
Ich mag nicht, dass ich so bin. Mittlerweile ist es schon die Furcht vor der Enttäuschung, die mich mit Ablehnung reagieren lässt. Ich versuche also, Sex zu vermeiden, soweit es geht, weiß aber, dass ich ihn wahrscheinlich auf lange Sicht verlieren werde, wenn ich mich ihm ganz entziehe. Schwanke also zwischen Ablehnung und schlechtem Gewissen. In letzter Zeit fühle ich mich ziemlich unter Druck gesetzt. Humorvolle sexuelle Anspielungen nerven mich. Und noch schlimmer ist es, wenn er einfach so im Bett seinen steifen Penis an mir reibt. Ich mag das einfach nicht. Dabei umarme ich ihn gern, spüre ihn gerne. Aber eben gegenwärtig lieber ohne sexuelle Konnotation, auch wenn ich weiß, dass das eine Art Fluchtverhalten ist.
Auch ich habe ja eine eigene Sexualität, die ich gerne leben möchte. Aber ich weiß nicht wie. Ich weiß nicht, wie ich ihm zeigen kann, was mir gefällt, weiß eigentlich gar nicht, wie das jemand anderer machen soll, damit es mir gefällt. Es ist mir auch peinlich, darüber zu reden und ich habe Angst, dass auch dabei dann wieder nichts rauskommt und ich danach noch verzweifelter bin. Auch wenn er mich streichelt, oder ich es mir selber mache, habe ich eher Bilder aus Pornos für Männer im Kopf, in dem Frauen wieder nur die Objekte sind, die, die für die Lust anderer herhalten müssen. Aber ich bin doch selber eine Frau und ich will doch nicht in so einer Rolle sein. Wie kriegt man denn schon allein solche Bilder aus dem Kopf? Wie findet man/frau zu einer selbstbewussten weiblichen Sexualität?
Ich weiß nicht, wie ich da rauskomme.
Ich hatte immer Probleme damit, dass ich ein Mädchen/eine Frau bin. Ich habe Frausein immer als defizitär, schlechter erlebt als Mannsein. War von Kindesbeinen an sehr sensibel gegenüber abfälligen Kommentaren gegenüber Frauen, hatte aber nicht die Kraft und den Mut, diesen etwas selbstbewusst entgegenzusetzen, sondern habe mich eher zurückgezogen.
Als ich ca. 9 oder 10 Jahre alt war, hat mich mein fünf Jahre älterer Cousin ab und zu gepackt und in den Keller gebracht, wo er mir die Hose öffnete und mich an den Genitalien streichelte. Einmal übernachteten wir gemeinsam im Wohnwagen meiner Eltern und auch da streichelte er mich und wollte wissen, ob das jetzt kitzelt. Er selbst hat mich aber nicht vergewaltigt. Ob das in mir irgendwelche Schäden bewirkt hat, weiß ich nicht. Ich denke nicht, ich denke ziemlich emotionslos daran. Die jetzige Beziehung ist die erste, in der ich wirklich tagtäglich mit einem männlichen Gegenüber konfrontiert werde und mich demnach als Frau erlebe(n muss). Aber ich bin auch nicht transsexuell, nicht einmal homosexuell. Irgendwie muss ich einen Weg finden, meine Sexualität mit meinem Partner als genussvoll zu erleben. Aber ich weiß nicht wie.
Entschuldigung für den etwas wirren Text. Ich würde mich insbesondere über Zuschriften von älteren, selbstbewussten Frauen freuen, die hinsichtlich ihrer Sexualität einen Weg gefunden haben bzw. denen es - evtl. auch nach längeren inneren Kämpfen - gelungen ist, sich mit ihrem Frausein anzufreunden.
Vielen Dank!
Angst vor Sex, negatives Selbst- und Frauenbild
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Thread-EröffnerIn - sporadischer Gast
- , 35
- Beiträge: 13
Hallo Toutirabien,
ich kann dich zum Teil sehr gut nachvollziehen, anderes ist mir dann aber auch wiederum sehr fremd, deswegen bin ich mir nicht sicher, ob die Ursachen vll unterschiedlicher Natur sind. Ich bin auch nicht besonders gerne Frau und ich glaube auch, dass sich das negativ auf mein Sexualleben auswirkt. Allerdings habe ich bei dir und deiner Schilderung eher den Eindruck, dass es eine von außen herbeierzählte Unzulänglichkeit ist die du empfindest und nicht deine persönlich Überzeugung. Sehe ich das richtig?
Ich muss sagen, dass ich an deinen "Bildern im Kopf" erstmal gar nichts so schlimmes finde. Mich persönlich macht das auch mehr an und ich finde das nicht grundsätzlich falsch. Bei dir aber habe ich wiederum den Eindruck, dass du darunter leidest. Einerseits sagst du, Sex bei dem der männliche Part sehr dominant ist erregt dich, andererseits stört dich schon die Erektion deines Partners. Hast du also eher den Eindruck, dass diese Vorstellungen zwanghaft sind und nicht das, was du dir eigentlich wünschst?
Was ich in jedem Fall bedenklich finde ist diese Orgasmus Fixierung. Warum muss es denn unbedingt der Orgasmus sein? Reicht es nicht, einfach zu genießen was dein Partner tut, auch wenn es nicht zu einem Höhepunkt kommt? Ich denke, dass dich das in jedem Fall noch unnötig unter Druck setzt und deine Blockade verstärkt. Vielleicht könntest du anfangen, das Thema "einfach" bzw bewusst etwas lockerer anzugehen?
ich kann dich zum Teil sehr gut nachvollziehen, anderes ist mir dann aber auch wiederum sehr fremd, deswegen bin ich mir nicht sicher, ob die Ursachen vll unterschiedlicher Natur sind. Ich bin auch nicht besonders gerne Frau und ich glaube auch, dass sich das negativ auf mein Sexualleben auswirkt. Allerdings habe ich bei dir und deiner Schilderung eher den Eindruck, dass es eine von außen herbeierzählte Unzulänglichkeit ist die du empfindest und nicht deine persönlich Überzeugung. Sehe ich das richtig?
Ich muss sagen, dass ich an deinen "Bildern im Kopf" erstmal gar nichts so schlimmes finde. Mich persönlich macht das auch mehr an und ich finde das nicht grundsätzlich falsch. Bei dir aber habe ich wiederum den Eindruck, dass du darunter leidest. Einerseits sagst du, Sex bei dem der männliche Part sehr dominant ist erregt dich, andererseits stört dich schon die Erektion deines Partners. Hast du also eher den Eindruck, dass diese Vorstellungen zwanghaft sind und nicht das, was du dir eigentlich wünschst?
Was ich in jedem Fall bedenklich finde ist diese Orgasmus Fixierung. Warum muss es denn unbedingt der Orgasmus sein? Reicht es nicht, einfach zu genießen was dein Partner tut, auch wenn es nicht zu einem Höhepunkt kommt? Ich denke, dass dich das in jedem Fall noch unnötig unter Druck setzt und deine Blockade verstärkt. Vielleicht könntest du anfangen, das Thema "einfach" bzw bewusst etwas lockerer anzugehen?
in war there is poetry, in death release
Liebe Toutirabien,
dein Text hat mich sehr betroffen gemacht, weil erschreckend viel davon auch auf mich zutrifft. Aber es fällt mir unglaublich schwer, darüber zu reden.
Was ich dir sagen kann ist, dass es meiner Meinung nach sehr viel mit der Identifikation als Frau, bzw. dem Frauenbild an sich zu tun hat, wie du ja selbst auch intuierst.
In meinem Fall ist meine Familiengeschichte und vorwiegend meine Mutter entscheidend daran beteiligt. Ich habe das alles noch nicht aufgelöst, arbeite aber seit kurzem in der Therapie daran.
Und was ich noch beitragen kann: es ist nicht mit jedem Mann so, es kann auch anders sein. Ich konnte mich in einer Affäre sexuell komplett verwirklichen. Davor hatte ich keine Ahnung, wie schön es sich anfühlen kann und dass ich so viel Sinnlichkeit in mir trage.
Ich weiß nach wie vor nicht genau, was in dieser Beziehung so wichtig war, dass ich so sein konnte, wie ich war. Ich weiß nur wie schmerzlich ich das alles jetzt vermisse.
Ich vermute, dass hinter der Problematik sehr tiefe Gründe stehen, die man durch simple Reflexion wohl nicht lösen kann. Was aber möglich ist: sich nicht immer und immer wieder Situationen auszusetzen, die für einen selbst so furchtbar erniedrigend sind. Ich weiß, dass es möglich ist, auch wenn ich es selbst leider noch nicht schaffe.
dein Text hat mich sehr betroffen gemacht, weil erschreckend viel davon auch auf mich zutrifft. Aber es fällt mir unglaublich schwer, darüber zu reden.
Was ich dir sagen kann ist, dass es meiner Meinung nach sehr viel mit der Identifikation als Frau, bzw. dem Frauenbild an sich zu tun hat, wie du ja selbst auch intuierst.
In meinem Fall ist meine Familiengeschichte und vorwiegend meine Mutter entscheidend daran beteiligt. Ich habe das alles noch nicht aufgelöst, arbeite aber seit kurzem in der Therapie daran.
Und was ich noch beitragen kann: es ist nicht mit jedem Mann so, es kann auch anders sein. Ich konnte mich in einer Affäre sexuell komplett verwirklichen. Davor hatte ich keine Ahnung, wie schön es sich anfühlen kann und dass ich so viel Sinnlichkeit in mir trage.
Ich weiß nach wie vor nicht genau, was in dieser Beziehung so wichtig war, dass ich so sein konnte, wie ich war. Ich weiß nur wie schmerzlich ich das alles jetzt vermisse.
Ich vermute, dass hinter der Problematik sehr tiefe Gründe stehen, die man durch simple Reflexion wohl nicht lösen kann. Was aber möglich ist: sich nicht immer und immer wieder Situationen auszusetzen, die für einen selbst so furchtbar erniedrigend sind. Ich weiß, dass es möglich ist, auch wenn ich es selbst leider noch nicht schaffe.
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)
(Kafka)
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- Forums-Gruftie
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Liebe Toutirabien,
auch mich berührt dein Text, denn ich finde zum Teil Parallelen. Besonders nach toxischen Beziehungen, wo ein Ungleichgewicht herrscht, ist alles im Aufruhr. Was ist die eigene Sexualität, losgelöst vom "Sinn der Befriedigung des Partners"?
Leider weiß ich gar keinen richtigen Rat. Assassin hat aber Recht, sich den Orgasmus-Druck rauszunehmen, führt schon zu Entlastung. Ich finde es jedenfalls sehr mutig, dass du deine Gedanken niederschreibst. Ich denke, es geht möglicherweise vielen Frauen ähnlich, nur traut sich vielleicht nicht jeder drüber sprechen. Die Emanzipation hat die Frau mMn auch stark in die männliche Kraft gebracht (alles unter einen Hut bringen, aktiv, dominant etc. sein). Mich wunderts nicht, dass die Identifikation, sich selbst als Frau wahrnehmen/spüren/hingeben dadurch problembelastet sein kann.
Alles Gute
auch mich berührt dein Text, denn ich finde zum Teil Parallelen. Besonders nach toxischen Beziehungen, wo ein Ungleichgewicht herrscht, ist alles im Aufruhr. Was ist die eigene Sexualität, losgelöst vom "Sinn der Befriedigung des Partners"?
Leider weiß ich gar keinen richtigen Rat. Assassin hat aber Recht, sich den Orgasmus-Druck rauszunehmen, führt schon zu Entlastung. Ich finde es jedenfalls sehr mutig, dass du deine Gedanken niederschreibst. Ich denke, es geht möglicherweise vielen Frauen ähnlich, nur traut sich vielleicht nicht jeder drüber sprechen. Die Emanzipation hat die Frau mMn auch stark in die männliche Kraft gebracht (alles unter einen Hut bringen, aktiv, dominant etc. sein). Mich wunderts nicht, dass die Identifikation, sich selbst als Frau wahrnehmen/spüren/hingeben dadurch problembelastet sein kann.
Alles Gute
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