'Rituelle Gewalt' und Dissoziative Identitätsstörung

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Lotosritter
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"Rituelle Gewalt" und Dissoziative Identitätsstörung

Beitrag So., 27.08.2017, 13:47

"Rituelle Gewalt" und Dissoziative Identitätsstörung - Eine multimethodale Untersuchung zu Erwartungshaltungen an Akteure im Hilfesystem von Petra Hasselmann ISBN 978-3-95853-2885 Papst-Publishers

Es handelt sich um eine Dissertation. Ich finde, dass die Autorin - von der ich bereits Texte aus ihrer Polizeiarbeit kenne - sehr bewandert in dem Thema ist. Deswegen kann sie induzierte Erinnerungen passend einordnen und findet auch Ansätze, wie mit dem induzierten Missbrauch - oder sollte ich besser sagen mit induzierter Gewalt - therapeutisch umgegangen werden könnte. Offensichtlich sind ihr aber die Texte von Jenny Doe nicht bekannt, denn sonst hätte sie manche Einschätzung sicher vertieft und präzisiert. (nb.: Jenny, wenn Du dies hier liest, ich habe Deine E-Mail-Adresse nicht mehr, wenn Du sie mir bitte über mein Blog oder hier PN schickst, könnte ich Dir ab und an ein paar Fundstücke für Dein Forum schicken.)

Klappentext: Unter dem Stichwort „rituelle Gewalt“ sprechen – meist weibliche – Traumapatienten über psychischen, physischen und sexuellen Missbrauch in mafiös-kultartigen Szenarien. Bei Betroffenen und in therapeutischen Hilfesystemen wird an der Existenz des Gewalt-Phänomens festgehalten und in den meisten Fällen eine dissoziative Identitätsstörung angenommen. Polizeiliche Ermittler konnten jedoch bisher in keinem Fall Hinweise auf „rituelle Gewalt“ bestätigen und gehen von einer Art „Fabelwelt“ aus.

Die multimethodale rechtspsychologische Studie von Petra Hasselmann basiert auf Aussagen von mehr als 30 Betroffenen und bietet einen tiefen Einblick in ihre Lebenswelten. Die Traumatisierten erwarten von ihrer Umwelt, dass sie Zweifel an den Gewalt-„Erinnerungen“ ausräumt. Demgegenüber postuliert Hasselmann: Eine konstruktive und offene Befassung mit Zweifeln sowie ein umsichtiges Aufarbeiten des tatsächlich Erlebten oder falsch Erinnerten sind erforderlich, um die offensichtliche Traumatisierung zu bewältigen. Für die Akteure im Hilfesystem ist dazu eine Auseinandersetzung mit Simulation, Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit unumgänglich.

Die Studie bietet hilfreiche Einblicke für alle, die sich konstruktiv mit Fragen von Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit, falschen und erlebnisbasierten Erinnerungen sowie Selbstbestimmung und Abhängigkeit auseinandersetzen möchten: v.a. Engagierte im Hilfesystem und in Ermittlungsbehörden finden in der verständlich geschriebenen Studie zielführende Hinweise.
Ich bin hier, weil es letztlich kein Entkommen vor mir selbst gibt ...
Mein Blog: http://lotoskraft.wordpress.com

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Jenny Doe
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Beitrag So., 27.08.2017, 15:59

Hallo Lotosritter,
Offensichtlich sind ihr aber die Texte von Jenny Doe nicht bekannt, denn sonst hätte sie manche Einschätzung sicher vertieft und präzisiert.
Ich kenne diese Arbeit und finde es sehr gut, dass sie genau das nicht getan hat. Die Autorin verhält sich objektiv und geht von dem aus, was ihr jene Multiple Persönlichkeiten erzählt haben, mit denen sie selbst gesprochen hat. Das finde ich weit aus besser als irgendwelche Fälle aus dem Netz zu erläutern.
Die Dissertation ist erschreckend, aber für mich nicht neu. Ich kenne all das, was die "Betroffenen" berichten aus eigener Erfahrung. Dennoch, es ist erschreckend, dass sich im Jahr 2017 noch immer nichts geändert hat, es noch immer so ist wie im Jahr 1992, als es bei mir begann. Ich konnte sie nicht bis zum Schluss lesen. Sie triggerte mich zu sehr an.
Jenny, wenn Du dies hier liest, ich habe Deine E-Mail-Adresse nicht mehr, wenn Du sie mir bitte über mein Blog oder hier PN schickst, könnte ich Dir ab und an ein paar Fundstücke für Dein Forum schicken
Ich habe alle meine E-Mail-Adressen gelöscht. Ich bin selbst Betroffene und es tut mir nicht gut, immer wieder an das Erlebte erinnert zu werden. Das betrifft nicht nur dich, sondern auch Berater, selbsternannte "Experten" und Psychotherapeuten, die es nicht lassen konnten mir auch heute noch, immer wieder und immer weiter ihren Ideologienkram aufzudrängen und versuchten mich wieder in ihren Kreis zurückzuholen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Lotosritter
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Beitrag Mo., 28.08.2017, 00:10

Passend zum Thema eine aktuelle Notiz Frances und Dan Keller kamen nach 21 Jahren Haft, wo sie vergewaltigt, verprügelt und mit dem Tod bedroht wurden, frei und erhalten jetzt 3,4 Millionen $ Entschädigung. Sie sind vollständig rehabilitiert - nur nicht bei Wikipedia, wo sie heute noch als Fallbeispiel für rituelle Gewalt / satanischer Missbrauch gelistet sind (siehe hier).

Bericht zur Entschädigung hierhier
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Widow
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Beitrag Mo., 25.09.2017, 22:10

https://www.infoportal-rg.de/
Seit Mai diesen Jahres (2017) als Informationsportal ins Netz gestellt von einer Journalistin, die seit Jahren zu rituellem Missbrauch recherchiert.

Hier übrigens: https://vielesein.wordpress.com/2017/08 ... a-fischer/ ist diese Journalistin im Interview zum Thema zu hören.

Wem ritueller Missbrauch durch Therapeutinnen und Therapeuten suggeriert worden ist, kann deshalb nicht behaupten, dass es rituellen Missbrauch nicht gäbe.
(Sollte ich diesen Thread hier falsch verstanden haben, dann möge man meine Einwürfe ignorieren.)

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 26.09.2017, 04:35

Hallo Widow
Wem ritueller Missbrauch durch Therapeutinnen und Therapeuten suggeriert worden ist, kann deshalb nicht behaupten, dass es rituellen Missbrauch nicht gäbe.
Das tut das Buch auch nicht. Es geht um das Buch, um das, was Betroffene selbst (!) erzählen. Wenn Du das Buch gelesen hast, dann wirst Du verstehen, dass sich die die interviewten Multiple Persönlichkeiten selbst (!) keinen Gefallen getan haben, sondern mit ihren Aussagen selber (!) die Skepsis an der Existenz des Satanismus gefördert haben.
Dennoch kommt die Autorin zu einem guten Ergbnis: Sie fordert, dass man beiden Klientengruppen helfen muss, sowohl denen, deren Berichte erlebnisbasiert sind, die es also tatsächlich erlebt haben, als auch denen, deren Erinnerungen auf in der Therapie suggerierten falschen Erinnerungen basieren. Die Autorin sagt nicht, dass es Satanismus nicht gibt. Sie verhält sich objektiv, nicht wertend oder urteilend. Sie fordert vielmehr Therapeuten auf sich damit zu beschäftigen wie man falsche und wahre Erinnerungen unterscheiden kann, damit alle Klienten (!) die Behandlung bekommen, die sie benötigen; damit denen, die es tatsächlich erlebt haben genauso geholfen werden kann wie den Klienten, die unter etwas leiden, was sie gar nicht erlebt haben; deren Erinnerungen falsch sind:
Eine konstruktive und offene Befassung mit Zweifeln sowie ein umsichtiges Aufarbeiten des tatsächlich Erlebten oder falsch Erinnerten sind erforderlich, um die offensichtliche Traumatisierung zu bewältigen. Für die Akteure im Hilfesystem ist dazu eine Auseinandersetzung mit Simulation, Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit unumgänglich.
Das Buch gibt einen guten Einblick darin, wie man falsche und wahre Erinnerungen unterscheiden kann. Man kann anhand der Aussagen der Betroffenen gut erkennen, wessen Erzählungen auf tatsächlich Erlebtem basieren und wessen Erzählungen nicht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Mondin
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Beitrag Di., 26.09.2017, 09:59

Danke für Deine Ausführungen, Jenny, die mich jetzt bewogen haben, das Buch auf meine Bestellliste zu setzen. Ich hatte zwar nichts mit Satanisten zu tun, aber ritualisierte Gewalt ist ja auch nicht zwingend an Satanismus gekoppelt, wie es scheinbar öfter angenommen wird. So wie ich es bisher recherchieren konnte, umfasst das Spektum der ritualisierten Gewalt durchaus das Gesamt der damit korrelierenden Missbrauchshandlungen, von einer Art Abrichtung/Konditionierung der Betroffenen angefangen, bis hin zu tatsächlichen Riten innerhalb von spirituellen/mystischen/okkulten Zeremonien.

Lieben Gruß!
Mondin

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