Mischformen zwischen SVV und Masochismus möglich?
Mischformen zwischen SVV und Masochismus möglich?
Hallo,
mich würde interessieren, ob es Übergänge oder Mischformen zwischen selbstverletzendem Verhalten und sexuellem Masochismus gibt, oder ob beides völlig getrennte Phänomene mit unterschiedlichen Ursachen und Motivationen sind.
Weiß vielleicht jemand etwas dazu?
mich würde interessieren, ob es Übergänge oder Mischformen zwischen selbstverletzendem Verhalten und sexuellem Masochismus gibt, oder ob beides völlig getrennte Phänomene mit unterschiedlichen Ursachen und Motivationen sind.
Weiß vielleicht jemand etwas dazu?
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Vielleicht kann ich hier einen Beitrag leisten - aus meiner promiskuitiven Lebenserfahrung und den Erfahrungen meiner Psychoanalyse. Sie stehen in einem fast schon dialektischen Verhältnis - schließlich ist die Psychoanalyse "die Methaphysik des rumsauens", ihr Königsweg zum Unbewußten führt über die Sexualität. Ich grenze hier "SVV" nicht genau ab, nehme in Kauf, Randbereiche zu streifen, die aus Sicht des Startpostings vielleicht "OT" sind, bitte von vorneherein um Nachsicht dafür - und für eine recht unsystematische Darstellungsweise im Interesse der Verständlichkeit. Hoffentlich nützt es was ! Agedum !
Bei "SM" wird regelmässig zwischen "soft" und "hard" unterschieden. Zu "hard SM" gehören regelmässig auch eben diejenigen Praktiken, bei denen Wunden zugefügt werden: "cutting" und "needles" sind mir ein Begriff. Das "cutting" entspricht meiner Wahrnehmung nach in etwa dem "ritzen" der Selbstverletzenden. Ich habe auch zB mal beim camsex mit ziemlichem Schaudern mitbekommen, daß es Leute gibt, die sich selbst vor der webcam "öffentlich ritzen". Ich habe da nur die "Vorschaubilder" gesehen - "näher" schaue ich mir sowas nicht an - ich bin insofern ein totaler "softie", auch Soft-SM kommt für mich selbst nicht infrage. Ich stehe also der SM-Szene fern, kenne SM nicht "aus eigener Wissenschaft". Nur man bekommt natürlich, wenn man sich in der allgemeinen Szene im Netz und auch "offline" bewegt, so einiges mit.
Ich selbst habe Tendenzen zum nichtsexuellem Selbstverletzenden Verhalten, die sich vornehmlich gegen die Augen richten - einen latenter Kastrationswunsch (die Augen repräsentieren den Penis), den ich als Selbstbestrafung interpretiere: mir vor allem von meiner Mutter projizierte und introjizierte Schuld für ihr Verbrechen (den sexuellen Mißbrauch an mir) "büssen" will. Das kennt man schon aus der antiken Tragödie von Sophokles: König Ödipus blendet sich am Ende, als er seine Verbrechen erkennen muß, die er schuldlos begangen hatte.
Diese Tendenz habe ich v.a. nach ihrer Analyse recht gut unter Kontrolle - aber muß sehr auf selbstverletzende und selbstschädigende Fehlleistungen achten. (Die psychosomatische Akne als somatisierte Autoaggression ist mein größter Problembereich - aber hier völlig OT. Ich erwähne sie nur der Vollständigkeit halber.) Das Rauchen ist für mich - mit hoher Wahrscheinlichkeit - eine gute Regulation für diesen Kastrationsdrang: es ist ja selbstverletzendes Verhalten. Übrigens kommt auch "smoking" als "Vorliebe" in der promiskuitiven Szene vor: also eine Vorliebe dafür, beim Sex zu rauchen. Bei der Autoerotik tue ich das übrigens selbst sehr gerne. Eine Verbindung von "smoking" mit anderweitigen SM-Praktiken habe ich indessen noch nicht registriert.
Psychoanalytisch gesehen ist sexueller (Sado-) Masochismus eine "ganz normale Perversion", die an sich keinerlei Rückschlüße auf psychische Auffälligkeiten zulässt. Indessen schreibt Freud genauso, daß bei allen psychisch Auffälligen auch sexuelle Perversionen vorzukommen pflegen - auch wenn diese nicht "agiert" werden, sondern latent bleiben, sich allenfalls in Phantasien, Träumen, künstlerischen Produkten (Zeichnungen usw.) äussern. Insofern liegt die theoretische Vermutung natürlich nahe, das eine pathologische Autoaggression sich mit sexuellem Masochismus verbinden könnte.
Aber: die Kausalitätsstränge sind völlig Verschiedene: für den sexuellen Masochisten ist die Schmerzzufügung ein positiv bewerteter Lustgewinn - jedenfalls dann, wenn er seine coming-out-Probleme überwunden hat und seine Perversion für sich angenommen hat, bejahen und in seine Sexualität im Allgemeinen integrieren kann. Für den autoaggressiv Selbstverletzenden ist es genau andersrum: er handelt unter einem unlustvollen Zwang und nur die Anspannung dieses Zwanges lässt nach, wenn er "agiert" - die Verletzung selbst ist für ihn alles andere als lustvoll. Der Sexuelle Masochismus ist dem Eros, dem Liebestrieb zuzurechnen - das Selbstverletzende Verhalten dem Aggressions- oder Todestrieb. Aber diese Triebe, die ohnehin nur theoretisch sauber voneinander zu trennen sind, tauchen tatsächlich vielfach in Mischformen auf.
(Fortsetzung folgt)
Bei "SM" wird regelmässig zwischen "soft" und "hard" unterschieden. Zu "hard SM" gehören regelmässig auch eben diejenigen Praktiken, bei denen Wunden zugefügt werden: "cutting" und "needles" sind mir ein Begriff. Das "cutting" entspricht meiner Wahrnehmung nach in etwa dem "ritzen" der Selbstverletzenden. Ich habe auch zB mal beim camsex mit ziemlichem Schaudern mitbekommen, daß es Leute gibt, die sich selbst vor der webcam "öffentlich ritzen". Ich habe da nur die "Vorschaubilder" gesehen - "näher" schaue ich mir sowas nicht an - ich bin insofern ein totaler "softie", auch Soft-SM kommt für mich selbst nicht infrage. Ich stehe also der SM-Szene fern, kenne SM nicht "aus eigener Wissenschaft". Nur man bekommt natürlich, wenn man sich in der allgemeinen Szene im Netz und auch "offline" bewegt, so einiges mit.
Ich selbst habe Tendenzen zum nichtsexuellem Selbstverletzenden Verhalten, die sich vornehmlich gegen die Augen richten - einen latenter Kastrationswunsch (die Augen repräsentieren den Penis), den ich als Selbstbestrafung interpretiere: mir vor allem von meiner Mutter projizierte und introjizierte Schuld für ihr Verbrechen (den sexuellen Mißbrauch an mir) "büssen" will. Das kennt man schon aus der antiken Tragödie von Sophokles: König Ödipus blendet sich am Ende, als er seine Verbrechen erkennen muß, die er schuldlos begangen hatte.
Diese Tendenz habe ich v.a. nach ihrer Analyse recht gut unter Kontrolle - aber muß sehr auf selbstverletzende und selbstschädigende Fehlleistungen achten. (Die psychosomatische Akne als somatisierte Autoaggression ist mein größter Problembereich - aber hier völlig OT. Ich erwähne sie nur der Vollständigkeit halber.) Das Rauchen ist für mich - mit hoher Wahrscheinlichkeit - eine gute Regulation für diesen Kastrationsdrang: es ist ja selbstverletzendes Verhalten. Übrigens kommt auch "smoking" als "Vorliebe" in der promiskuitiven Szene vor: also eine Vorliebe dafür, beim Sex zu rauchen. Bei der Autoerotik tue ich das übrigens selbst sehr gerne. Eine Verbindung von "smoking" mit anderweitigen SM-Praktiken habe ich indessen noch nicht registriert.
Psychoanalytisch gesehen ist sexueller (Sado-) Masochismus eine "ganz normale Perversion", die an sich keinerlei Rückschlüße auf psychische Auffälligkeiten zulässt. Indessen schreibt Freud genauso, daß bei allen psychisch Auffälligen auch sexuelle Perversionen vorzukommen pflegen - auch wenn diese nicht "agiert" werden, sondern latent bleiben, sich allenfalls in Phantasien, Träumen, künstlerischen Produkten (Zeichnungen usw.) äussern. Insofern liegt die theoretische Vermutung natürlich nahe, das eine pathologische Autoaggression sich mit sexuellem Masochismus verbinden könnte.
Aber: die Kausalitätsstränge sind völlig Verschiedene: für den sexuellen Masochisten ist die Schmerzzufügung ein positiv bewerteter Lustgewinn - jedenfalls dann, wenn er seine coming-out-Probleme überwunden hat und seine Perversion für sich angenommen hat, bejahen und in seine Sexualität im Allgemeinen integrieren kann. Für den autoaggressiv Selbstverletzenden ist es genau andersrum: er handelt unter einem unlustvollen Zwang und nur die Anspannung dieses Zwanges lässt nach, wenn er "agiert" - die Verletzung selbst ist für ihn alles andere als lustvoll. Der Sexuelle Masochismus ist dem Eros, dem Liebestrieb zuzurechnen - das Selbstverletzende Verhalten dem Aggressions- oder Todestrieb. Aber diese Triebe, die ohnehin nur theoretisch sauber voneinander zu trennen sind, tauchen tatsächlich vielfach in Mischformen auf.
(Fortsetzung folgt)
Eine mir sehr unbehagliche Erscheinungsform sexueller Deviation nennt sich "pozzing": mit schweren, lebensgefährlichen oder gar sicher tötlichen Krankheiten Infizierte verbreiten die Infektion vorsätzlich weiter - manchmal in regelrecht verbrecherischer Weise, nämlich ohne daß ihre Opfer von diesen Umständen etwas wissen. Es gibt aber auch eine nicht gar nicht so geringe Zahl nicht Infizierter, die sich vorsätzlich anstecken lassen wollen. Auch "hochpozzen" kommt vor, also die Zufügung weiterer Krankheiten oder neuer Erregerstämme mit dem Ziel der Verschlimmerung der Krankheit(en). Das ist gerade bei HIV eine sehr kritische Angelegenheit. Die sexuellen Praktiken bei diesem pozzing sind jedoch keineswegs notwendigerweise im klassischen Sinne Sadomasochistisch, entsprechen dem leider wieder sehr weit verbreiteten "ganz normalen unsafe sex". Bei gayromeo gibt es hierfür mehrere "Clubs" - also Unterforen. (Zunächst hat mich deren Duldung durch GR empört, inzwischen halte ich sie für richtig - so kann man dieses Phänomen nämlich wenigstens beobachten.) Dieses Phänomen ist aber keineswegs neu - ich habe schon in de Sades "Juliette" von von solchem Verhalten gelesen. Auch das wieder weit verbreitete "barebacking" - unsafe sex - kann vielleicht in dieser Richtung interpretiert werden. Als ich in den frühen 90ern meine promiskuitive Karriere begann, ist man an Szenetreffs wie Baggerseen und Parkplätzen in gebrauchten Kondomen und deren Packungen geradezu gewatet - heute sieht man diese Indikatoren nur noch bedenklich selten.
Ferner gibt es auch sexuelle Praktiken, die zwar normalerweise nicht dem SM-Spektrum zugerechnet werden, aber doch mit sehr hohen gesundheitlichen Gefahren verbunden sind. Gleichwohl erfreuen sich diese Praktiken teilweise relativ hoher Beliebtheit - die Gefahren werden regelmässig verleugnet. Ein solches Beispiel sind unangemessene Einführungen in Körperöffnungen, vor allem den Anus - das Risiko von lebensgefährlichen Darmverletzungen beim analen "fisting" ist eminent hoch. Ob es hier Überschneidungen zum sexuellen Masochismus gibt, kann ich aus eigener Beobachtung jedenfalls nicht sagen und will nicht ins Blaue hinein spekulieren.
Ein weiterer Randbereich dieser Überschneidungen könnte in Praktiken liegen, die zwar nicht unmittelbar gesundheitsschädlich sind, aber anderweitige Selbstschädigungen provozieren können oder wollen. Da sind zB die "Geldsklaven" zu nennen, die sich von ihren "Partnern" bewußt "ausnehmen" lassen mitunter bis zum völligen wirtschaftlichen Ruin, den sie als Lustvoll erleben. Hier liegt aber - zumeist - keine unmittelbar körperlicher Masochismus vor, anders als bei gewissen Praktiken im Dom/dev-Spektrum, bei denen die Devoten entwürdigender, peinlicher Behandlung ausgesetzt werden, die auch im sozialen Sinne sehr schädlich sein können: zB nackt bei Frostwetter ausgesetzt zu werden, Veröffentlichung von Foto- und Filmaufnahmen von entwürdigenden Behandlungen, bei denen ein "outing" und damit u.U. gravierende soziale Nachteile riskiert oder gar provoziert werden sollen usw.
Schließlich gibt es den sexuellen Kannibalismus, der durch den berühmten "Fall Meiwies" im deutschen Sprachraum allgemein bekannt geworden ist und der seinerzeit auch in der Szene heiß diskutiert worden war. In seiner passiven Form kann man ihn wohl als die äusserste und konsequenteste Verbindung von Masochismus und Selbstschädigung ansehen - die Schmerzzufügung ist extrem und die Selbstschädigung "ultimativ", nämlich letal.
(Fortsetzung folgt)
Ferner gibt es auch sexuelle Praktiken, die zwar normalerweise nicht dem SM-Spektrum zugerechnet werden, aber doch mit sehr hohen gesundheitlichen Gefahren verbunden sind. Gleichwohl erfreuen sich diese Praktiken teilweise relativ hoher Beliebtheit - die Gefahren werden regelmässig verleugnet. Ein solches Beispiel sind unangemessene Einführungen in Körperöffnungen, vor allem den Anus - das Risiko von lebensgefährlichen Darmverletzungen beim analen "fisting" ist eminent hoch. Ob es hier Überschneidungen zum sexuellen Masochismus gibt, kann ich aus eigener Beobachtung jedenfalls nicht sagen und will nicht ins Blaue hinein spekulieren.
Ein weiterer Randbereich dieser Überschneidungen könnte in Praktiken liegen, die zwar nicht unmittelbar gesundheitsschädlich sind, aber anderweitige Selbstschädigungen provozieren können oder wollen. Da sind zB die "Geldsklaven" zu nennen, die sich von ihren "Partnern" bewußt "ausnehmen" lassen mitunter bis zum völligen wirtschaftlichen Ruin, den sie als Lustvoll erleben. Hier liegt aber - zumeist - keine unmittelbar körperlicher Masochismus vor, anders als bei gewissen Praktiken im Dom/dev-Spektrum, bei denen die Devoten entwürdigender, peinlicher Behandlung ausgesetzt werden, die auch im sozialen Sinne sehr schädlich sein können: zB nackt bei Frostwetter ausgesetzt zu werden, Veröffentlichung von Foto- und Filmaufnahmen von entwürdigenden Behandlungen, bei denen ein "outing" und damit u.U. gravierende soziale Nachteile riskiert oder gar provoziert werden sollen usw.
Schließlich gibt es den sexuellen Kannibalismus, der durch den berühmten "Fall Meiwies" im deutschen Sprachraum allgemein bekannt geworden ist und der seinerzeit auch in der Szene heiß diskutiert worden war. In seiner passiven Form kann man ihn wohl als die äusserste und konsequenteste Verbindung von Masochismus und Selbstschädigung ansehen - die Schmerzzufügung ist extrem und die Selbstschädigung "ultimativ", nämlich letal.
(Fortsetzung folgt)
Im soziologischen Sinne typische Motivationslagen oder Ursachen für all diese Phänomen sind mir selbst nicht bekannt - durch Psychoanalyse lassen sie sich im Einzelfall natürlich aufdecken. Vielleicht gibt es Literatur darüber - aber sie ist m.E. nur mit sehr großer Vorsicht zu genießen. Qualitative Sexualforschung ist zumindest in diesem Bereich m.E. nur auf zwei Wegen möglich: durch Auswertung psychoanalytischer Befunde - und "teilnehmende Beobachtung". Für das eine muß man Psychoanalytiker mit einschlägiger Praxis sein - für das andere selbst an der promiskuitiven Szene zumindest als "voyeur" teilnehmen und dies dann "schwarz auf weiß" outen. Wahrheitsgemäße Darstellungen der eigenen Sexualität auch von Promiskuitiven gegenüber Szenefremden sind m.E. kaum zu erwarten. Selbst die Szeneteilnehmer untereinander verhalten sich keineswegs durchweg aufrichtig - unsafe-sex zB wird sehr gerne verleugnet.
Wenn ich meinen eigenen Fall mal extrapolieren darf, dann vermute ich, daß hinter selbstverletzendem Verhalten häufig ein Schuldkomplex liegen kann: der Betroffene will, wie der König Ödipus in der Tragödie, eine Buße leisten und damit eine Schuld oder ein Verbrechen sühnen, den Druck des Schuldgefühls zumindest momentan mindern. Diese Schuld kann - wie bei mir - eine introjizierte fremde Schuld sein. Bei Opfern sexueller Gewalt ist das stets eine recht nahe liegende Vermutung. Aber Schuld(-gefühle) können auch auf nichtsexuelle Weise und ohne Gewalteinwirkungen zustande kommen, als unerträglich im Unbewußten verschwinden und dort ihr Unwesen treiben - zB wenn sich ein Kind selbst aus irgendwelchen Gründen die Schuld am Tod eines geliebten Haustiers oder Angehörigen zuspricht, oder von Gleichaltrigen oder Älteren/Eltern induzieren lassen muß: "Der Opa ist nur gestorben, weil Du so böse warst !"
Auch kennt man den Abwehrmechanismus der "Wendung gegen sich selbst": eine Aggression, die aus irgendwelchen Gründen nicht agiert werden kann, wird gegen die eigene Person umgeleitet und damit zur Abfuhr gebracht.
Als erstes Beispiel kann vielleicht die eifersüchtige Aggression gegenüber dem Gleichgeschlechtlichen Elter aus dem Ödipuskonflikt dienen, die normalerweise gegen den stärkeren und "erziehungsberechtigten" Elter nicht agiert werden kann. Sie kann sehr stark werden, bis zum Tötungsvorsatz reichen. Auch die Motivation für "Knast-tattoos" oder die Tätowierungen von Seeleuten sehe ich möglicherweise darin begründet, daß die Aggressionen in diesen besonderen Lagen des eingesperrt-seins (beim Knast auch noch in einem "Gewaltsystem") nicht oder nur unzureichend agiert werden können - interpretiere auch die aktuellen, ziemlich schmerzhaften Körpermoden von tatoos, piercings, Ohrtunnels usw. in dieser Richtung: die Aggression - nach der Psychoanalyse ein menschlicher Grundtrieb - wird in unseren pazifistischen Zeitläuften zunehmend kriminalisiert, pathologisiert und tabuisiert. Die früheren kulturellen Möglichkeiten eingehegter und kontrollierter Aggressionsabfuhr verschwinden zusehens ebenso wie die früheren "Feindbilder" mit der Folge, daß sich "freie Aggression" bildet, nach Abfuhren sucht und sich schließlich in pathogene wie sozialschädliche "Kollateralkanäle" ergießt (womit ich das Bild von der Libidoökonomie mal flott und frivol auf die Aggression übertrage). Das halte ich aus meiner psychoanalytischen Sicht für das größte aktuelle gesellschaftliche Problem überhaupt, das jedoch im "öffentlichen Diskurs" eben wegen der unumschränkten Herrschaft des "pazifistischen Paradigmas" überhaupt nicht wahrgenommen wird. Dies ist vielleicht weniger "OT", als man zunächst meinen will: genau hierin kann nämlich eine der Ursachen des Zunehmens autoaggressiven Verhaltens zu sehen sein. Ich will damit nicht behaupten, das früher alles besser war und wir etwa unsere alten Feindbilder vom "Reich des Bösen" bis zum "Scheinasylanten" wieder errichten sollten - aber eine "gesamtgesellschaftliche Lösung" für das angenommene Problem der "freien Aggression" sehe ich leider auch nicht.
(Fortsetzung folgt)
Wenn ich meinen eigenen Fall mal extrapolieren darf, dann vermute ich, daß hinter selbstverletzendem Verhalten häufig ein Schuldkomplex liegen kann: der Betroffene will, wie der König Ödipus in der Tragödie, eine Buße leisten und damit eine Schuld oder ein Verbrechen sühnen, den Druck des Schuldgefühls zumindest momentan mindern. Diese Schuld kann - wie bei mir - eine introjizierte fremde Schuld sein. Bei Opfern sexueller Gewalt ist das stets eine recht nahe liegende Vermutung. Aber Schuld(-gefühle) können auch auf nichtsexuelle Weise und ohne Gewalteinwirkungen zustande kommen, als unerträglich im Unbewußten verschwinden und dort ihr Unwesen treiben - zB wenn sich ein Kind selbst aus irgendwelchen Gründen die Schuld am Tod eines geliebten Haustiers oder Angehörigen zuspricht, oder von Gleichaltrigen oder Älteren/Eltern induzieren lassen muß: "Der Opa ist nur gestorben, weil Du so böse warst !"
Auch kennt man den Abwehrmechanismus der "Wendung gegen sich selbst": eine Aggression, die aus irgendwelchen Gründen nicht agiert werden kann, wird gegen die eigene Person umgeleitet und damit zur Abfuhr gebracht.
Als erstes Beispiel kann vielleicht die eifersüchtige Aggression gegenüber dem Gleichgeschlechtlichen Elter aus dem Ödipuskonflikt dienen, die normalerweise gegen den stärkeren und "erziehungsberechtigten" Elter nicht agiert werden kann. Sie kann sehr stark werden, bis zum Tötungsvorsatz reichen. Auch die Motivation für "Knast-tattoos" oder die Tätowierungen von Seeleuten sehe ich möglicherweise darin begründet, daß die Aggressionen in diesen besonderen Lagen des eingesperrt-seins (beim Knast auch noch in einem "Gewaltsystem") nicht oder nur unzureichend agiert werden können - interpretiere auch die aktuellen, ziemlich schmerzhaften Körpermoden von tatoos, piercings, Ohrtunnels usw. in dieser Richtung: die Aggression - nach der Psychoanalyse ein menschlicher Grundtrieb - wird in unseren pazifistischen Zeitläuften zunehmend kriminalisiert, pathologisiert und tabuisiert. Die früheren kulturellen Möglichkeiten eingehegter und kontrollierter Aggressionsabfuhr verschwinden zusehens ebenso wie die früheren "Feindbilder" mit der Folge, daß sich "freie Aggression" bildet, nach Abfuhren sucht und sich schließlich in pathogene wie sozialschädliche "Kollateralkanäle" ergießt (womit ich das Bild von der Libidoökonomie mal flott und frivol auf die Aggression übertrage). Das halte ich aus meiner psychoanalytischen Sicht für das größte aktuelle gesellschaftliche Problem überhaupt, das jedoch im "öffentlichen Diskurs" eben wegen der unumschränkten Herrschaft des "pazifistischen Paradigmas" überhaupt nicht wahrgenommen wird. Dies ist vielleicht weniger "OT", als man zunächst meinen will: genau hierin kann nämlich eine der Ursachen des Zunehmens autoaggressiven Verhaltens zu sehen sein. Ich will damit nicht behaupten, das früher alles besser war und wir etwa unsere alten Feindbilder vom "Reich des Bösen" bis zum "Scheinasylanten" wieder errichten sollten - aber eine "gesamtgesellschaftliche Lösung" für das angenommene Problem der "freien Aggression" sehe ich leider auch nicht.
(Fortsetzung folgt)
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Die Motivation oder Verursachung des sexuellen Masochismus ist mir selbst ebenfalls nicht genau bekannt - Schmerz und Lust gehen eine merkwürdige Verbindung ein; aber woher sie stammt, hab ich bei Freud jedenfalls bisher noch nicht gefunden, obschon er relativ viel über Masochismus geschrieben hatte.
Ashley Montagus "Körperkontakt" jedoch habe ich entnehmen können, daß in den frühesten Entwicklungsphasen des Menschen - prenatal und in den ersten Lebenswochen oder -monaten, der auch insofern "unfertige" Organismus zwischen Schmerz und Berührung noch nicht unterscheiden kann. Vielleicht gelingt diese Trennung bei den sexuellen Masochisten niemals vollständig oder hinreichend ? Schließlich werden gewisse leichteste Schmerzen, wie der freundschaftlich-zärtliche "Klaps" oder "Kumpelknüffe" (Einvernehmlichkeit stets vorausgesetzt) ja von den allermeisten von uns als lustvoll erlebt. Das kennt man übrigens auch von Tieren - Hunde empfinden beim zärtlichen Spiel mit ihren menschlichen Bezugspersonen große, ja befremdlich erscheinende "masochistische Lust", wenn sie rhythmisch mit der flachen Hand auf die Flanken im Rippenbereich geschlagen werden. Man nennt dies "Liebeln". Ich selbst habe bei meinem ersten Hund gegen das "Liebeln" einige Hemmungen überwinden müssen, aber dann schließlich regelmässig getan. Das führte mitunter zu Mißverständnissen mit selbsternannten Tierschützern, deren Gesichter sich alsbald beim Zuschauen, zu dem ich sie explizit aufforderte, zu Fragezeichen krümmten, wenn der derart "geprügelte" Hund vor offenkundiger Freude jauchzte. Dieses "Liebeln" ist aber zumeist den Bezugspersonen vorbehalten - von Fremden wollen die meisten Hunde durchaus nicht "geliebelt" werden; es ist also auch Ausdruck großer Vertrautheit und Zuneigung für den Hund.
Der sexuelle Kannibalismus jedoch hat eine ganz eigene psychoanalytische Erklärung: Sexualität und Ernährung sind - nach Freud - zunächst nicht voneinander getrennt, scheiden wohl erst am Ende der "oralsensorischen Phase" voneinander. Der Säugling wird mit Körperausscheidungen der Mutter ernährt - was man durchaus schon als linden Kannibalismus sehen kann. Ich zögere auch nicht, all diejenigen Sexualpraktiken als Rezente des "infantilen Kannibalismus" anzusprechen, die mit der oralen Aufnahme von Körperausscheidungen - "schlucken" - verbunden sind. Auch "Laktation", also künstlich erzeugte Produktion von Muttermilch, die beim Sex vom Sexualpartner nach Säuglingsart aufgenommen wird, ist mir aus der Szene bekannt. Der aktive Kannibalismus ist also so weit vom Ursprung der Sexualität überhaupt nicht entfernt, aber mit radikalster Aggression ebenso verbunden, wie der passive Kannibalismus mit radikalster Autoaggression und - so spekuliere ich - neben einer freilich grotesk-makaber überzogenen Identifikation mit der Mutter auch mit dem Wunsch verbunden, in die allererste, so behagliche Behausung des Uterus zurückzukehren: in den Bauch eines anderen Menschen.
Auch wenn der Pelikan, der sich in Zeiten der Nahrungsnot die Brust aufreißt, um sich von seinen Jungen auffressen zu lassen, vielleicht ins Reich der Mythologie gehören sollte, finden sich auch hier wieder Parallelen im Tierreich: Weibliche Schweine pflegen schwache und/oder überzählige eigene Junge wieder aufzufressen. Und der Mensch ist bekanntlich dasjenige Tier, welches dem Schwein am ähnlichsten ist.
Amen.
Ashley Montagus "Körperkontakt" jedoch habe ich entnehmen können, daß in den frühesten Entwicklungsphasen des Menschen - prenatal und in den ersten Lebenswochen oder -monaten, der auch insofern "unfertige" Organismus zwischen Schmerz und Berührung noch nicht unterscheiden kann. Vielleicht gelingt diese Trennung bei den sexuellen Masochisten niemals vollständig oder hinreichend ? Schließlich werden gewisse leichteste Schmerzen, wie der freundschaftlich-zärtliche "Klaps" oder "Kumpelknüffe" (Einvernehmlichkeit stets vorausgesetzt) ja von den allermeisten von uns als lustvoll erlebt. Das kennt man übrigens auch von Tieren - Hunde empfinden beim zärtlichen Spiel mit ihren menschlichen Bezugspersonen große, ja befremdlich erscheinende "masochistische Lust", wenn sie rhythmisch mit der flachen Hand auf die Flanken im Rippenbereich geschlagen werden. Man nennt dies "Liebeln". Ich selbst habe bei meinem ersten Hund gegen das "Liebeln" einige Hemmungen überwinden müssen, aber dann schließlich regelmässig getan. Das führte mitunter zu Mißverständnissen mit selbsternannten Tierschützern, deren Gesichter sich alsbald beim Zuschauen, zu dem ich sie explizit aufforderte, zu Fragezeichen krümmten, wenn der derart "geprügelte" Hund vor offenkundiger Freude jauchzte. Dieses "Liebeln" ist aber zumeist den Bezugspersonen vorbehalten - von Fremden wollen die meisten Hunde durchaus nicht "geliebelt" werden; es ist also auch Ausdruck großer Vertrautheit und Zuneigung für den Hund.
Der sexuelle Kannibalismus jedoch hat eine ganz eigene psychoanalytische Erklärung: Sexualität und Ernährung sind - nach Freud - zunächst nicht voneinander getrennt, scheiden wohl erst am Ende der "oralsensorischen Phase" voneinander. Der Säugling wird mit Körperausscheidungen der Mutter ernährt - was man durchaus schon als linden Kannibalismus sehen kann. Ich zögere auch nicht, all diejenigen Sexualpraktiken als Rezente des "infantilen Kannibalismus" anzusprechen, die mit der oralen Aufnahme von Körperausscheidungen - "schlucken" - verbunden sind. Auch "Laktation", also künstlich erzeugte Produktion von Muttermilch, die beim Sex vom Sexualpartner nach Säuglingsart aufgenommen wird, ist mir aus der Szene bekannt. Der aktive Kannibalismus ist also so weit vom Ursprung der Sexualität überhaupt nicht entfernt, aber mit radikalster Aggression ebenso verbunden, wie der passive Kannibalismus mit radikalster Autoaggression und - so spekuliere ich - neben einer freilich grotesk-makaber überzogenen Identifikation mit der Mutter auch mit dem Wunsch verbunden, in die allererste, so behagliche Behausung des Uterus zurückzukehren: in den Bauch eines anderen Menschen.
Auch wenn der Pelikan, der sich in Zeiten der Nahrungsnot die Brust aufreißt, um sich von seinen Jungen auffressen zu lassen, vielleicht ins Reich der Mythologie gehören sollte, finden sich auch hier wieder Parallelen im Tierreich: Weibliche Schweine pflegen schwache und/oder überzählige eigene Junge wieder aufzufressen. Und der Mensch ist bekanntlich dasjenige Tier, welches dem Schwein am ähnlichsten ist.
Amen.
Kann man dann sagen, dass beim Masochisten das Zufügen von Schmerzen das Mittel ist, um zum Höhepunkt zu kommen, also nur Mittel zum Zweck? Und der Orgasmus ist der einzige Zweck?Möbius hat geschrieben:Aber: die Kausalitätsstränge sind völlig Verschiedene: für den sexuellen Masochisten ist die Schmerzzufügung ein positiv bewerteter Lustgewinn - jedenfalls dann, wenn er seine coming-out-Probleme überwunden hat und seine Perversion für sich angenommen hat, bejahen und in seine Sexualität im Allgemeinen integrieren kann. Für den autoaggressiv Selbstverletzenden ist es genau andersrum: er handelt unter einem unlustvollen Zwang und nur die Anspannung dieses Zwanges lässt nach, wenn er "agiert" - die Verletzung selbst ist für ihn alles andere als lustvoll. Der Sexuelle Masochismus ist dem Eros, dem Liebestrieb zuzurechnen - das Selbstverletzende Verhalten dem Aggressions- oder Todestrieb. Aber diese Triebe, die ohnehin nur theoretisch sauber voneinander zu trennen sind, tauchen tatsächlich vielfach in Mischformen auf. -- Quelle: viewtopic.php?f=4&p=906990
Während beim Autoaggressiven der Zweck z.B. sein kann: Gefühlsregulierung, Druckabbau, sich spüren wollen, Reizüberflutung/Überlastung minimieren, oder auch die Vorwegnahme einer Bestrafung und damit Befreiung von Schuld. Und Sex spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Nur was wäre wenn jemand mit SVV beginnt aus den genannten Gründen und dann feststellt, dass ihn Schmerzen gleichzeitig auch sexuell erregen? So dass die sexuelle Erregung nicht der Zweck wäre, sondern nur ein Nebeneffekt?
Oder andersherum, dass jemand durch Schmerzen sexuell erregt wird, aber gleichzeitig auch feststellt, dass die Schmerzen Druck abbauen, Gefühle regulieren, helfen sich selbst zu spüren oder durch die Demütigung und Hilflosmachung auch eine Befreiung von Schuld stattfindet?
Um eine der Fragen kurz zu beantworten: der Orgasmus ist nicht notwendig das Ziel jeder Sexualität und dementsprechend ist auch masochistisches Verhalten nicht notwendig ein Mittel zu diesem Ziel. Die Fixierung auf den Orgasmus ist eine Frage der "Genitalfixierung" (Freud). Diese kann mehr oder minder stark ausgeprägt sein. Meiner Wahrnehmung nach wird der Orgasmus in seiner Bedeutung für die Gesamtsexualität regelmässig überschätzt. Da ich selbst jedoch gerade nicht genitalfixiert bin, ist diese meine Wahrnehmung natürlich befangen. Sex kann seine genuine Funktion der Abfuhr von Libido auch ohne Orgasmus sehr gut erfüllen - wenn auch vielleicht in weniger effizienter Weise.
Wann und unter welchen Umständen sexuelle Masochisten ihre Orgasmen erleben, kann ich aus eigener Wissenschaft nicht sagen. Ich habe nur einmal eine "SM-Vorführung" in einem Swingerclub beobachtet - einen Orgasmus konnte ich bei keinem der Agierenden wahrnehmen, was aber auch dieser show-Situation geschuldet gewesen sein kann.
Ganz allgemein ist es aber so, daß sehr viele sexuelle Praktiken nicht unmittelbar das Ziel verfolgen, den Orgasmus herbeizuführen, sondern vielmehr die Erregung zu steigern. Der Orgasmus selbst wird häufig dann auf ganz anderem Wege erreicht. Ein gutes Beispiel sind die Voyeure, die sich oftmals beim "voyieren" in keinster Weise sexuell betätigen, sich vielmehr den Anschein geben, völlig unbeteiligt und desinteressiert zu sein. In der Szene halten die Voyeure häufig demonstrativ ihre Arme vor der Brust verschränkt, vermeiden direktes Hinsehen auf die sexuellen Aktivitäten, die mitunter nur wenige Meter von ihnen entfernt ablaufen. Nach mündlicher Mitteilung meines Therapeuten, der u.a. auf sexuelle Störungen spezialisiert ist, sind diese Beobachtungen der Voyeure Anregungen für ein "Kopfkino", das dann zuhause im stillen Kämmerlein, im Auto oder wo auch immer, bei der rein autoerotischen Masturbation zum Orgasmus führt.
Wann und unter welchen Umständen sexuelle Masochisten ihre Orgasmen erleben, kann ich aus eigener Wissenschaft nicht sagen. Ich habe nur einmal eine "SM-Vorführung" in einem Swingerclub beobachtet - einen Orgasmus konnte ich bei keinem der Agierenden wahrnehmen, was aber auch dieser show-Situation geschuldet gewesen sein kann.
Ganz allgemein ist es aber so, daß sehr viele sexuelle Praktiken nicht unmittelbar das Ziel verfolgen, den Orgasmus herbeizuführen, sondern vielmehr die Erregung zu steigern. Der Orgasmus selbst wird häufig dann auf ganz anderem Wege erreicht. Ein gutes Beispiel sind die Voyeure, die sich oftmals beim "voyieren" in keinster Weise sexuell betätigen, sich vielmehr den Anschein geben, völlig unbeteiligt und desinteressiert zu sein. In der Szene halten die Voyeure häufig demonstrativ ihre Arme vor der Brust verschränkt, vermeiden direktes Hinsehen auf die sexuellen Aktivitäten, die mitunter nur wenige Meter von ihnen entfernt ablaufen. Nach mündlicher Mitteilung meines Therapeuten, der u.a. auf sexuelle Störungen spezialisiert ist, sind diese Beobachtungen der Voyeure Anregungen für ein "Kopfkino", das dann zuhause im stillen Kämmerlein, im Auto oder wo auch immer, bei der rein autoerotischen Masturbation zum Orgasmus führt.
Rein Körperlich betrachtet geschieht bei einem Orgasmus ja folgendes:
Es findet ein Spannungsaufbau statt (Erregung), dann wird die Spannung bis zu einem gewissen Punkt "gehalten", um dann letztlich sich in einer Art "explosivem Kontrollverlust" zu entladen.
Wenn ich das jetzt mal auf meine eigenen Erfahrungen mit "Selbstverletzendem Verhalten" übertrage, dann ist da ja auch ein gewisser innerer Druck (Spannung) vorhanden, der nach "Entladung" sucht. Entladung = Entspannung. Entspannung = angenehmer Zustand.
Kurz: Vielleicht wird bei solchen "Verschiebungen" schlicht was gelernt. Also ein: So komme ich also an mein Ziel = Entspannung.
Es findet ein Spannungsaufbau statt (Erregung), dann wird die Spannung bis zu einem gewissen Punkt "gehalten", um dann letztlich sich in einer Art "explosivem Kontrollverlust" zu entladen.
Wenn ich das jetzt mal auf meine eigenen Erfahrungen mit "Selbstverletzendem Verhalten" übertrage, dann ist da ja auch ein gewisser innerer Druck (Spannung) vorhanden, der nach "Entladung" sucht. Entladung = Entspannung. Entspannung = angenehmer Zustand.
Kurz: Vielleicht wird bei solchen "Verschiebungen" schlicht was gelernt. Also ein: So komme ich also an mein Ziel = Entspannung.
Stimmt, das klingt eigentlich auch sehr einleuchtend. Es hat denselben Effekt im Ergebnis, und irgendwie ist eine Verbindung entstanden.
Da ich keine eigenen Erfahrungen mit SVV im engeren Sinne habe, mich auch nie mit so einem Fall analytisch befasst habe, will ich hierzu lieber weiter schweigen, als im luftleeren Raum herumzuspekulieren.
Interessant für diesen Themenbereich ist Freuds Aufsatz "Über das ökonomische Problem des Masochismus", den man auch online bei Gutenberg.de noch relativ gut lesen kann. Freud unterscheidet dort 3 Arten: den "sexuellen Masochismus", den er in etwa so versteht, wie wir ihn heute; den "femininen Masochismus", der mit körperlicher Schmerzzufügung nichts zu tun hat, sondern im Kern die willigen Unterwerfung einer "femininen" Frau unter das Patriarchat meint, sexuelle Passivität im Sinn eines "genommen und überwältig werden wollens", wie er zB auch heute in der BDSM-Szene in den "rape" genannten Rollenspielen recht extrem gelebt wird: es wird schlicht eine regelrechte Vergewaltigung simuliert. Die dritte Variante ist der "moralische Masochismus" unter dem ich selbst leide: der Masochismus ist auf sublimierte Ebenen verschoben, äussert sich in wirtschaftlich schädlichem Verhalten, Gesundheitsschädigungen usw.
Freud läßt sich dort auch intensiver über diese sehr merkwürdigen Verbindungen zwischen Libido und Aggression aus, zwischen denen ein gewisser Anteil "seelischer Energie" frei verschoben werden könne - Jung sieht ja in der Aggression nichts als eine in ihr Gegenteil verkehrte Libido, hält diese für den alleinigen, einzigen Grundtrieb.
Interessant für diesen Themenbereich ist Freuds Aufsatz "Über das ökonomische Problem des Masochismus", den man auch online bei Gutenberg.de noch relativ gut lesen kann. Freud unterscheidet dort 3 Arten: den "sexuellen Masochismus", den er in etwa so versteht, wie wir ihn heute; den "femininen Masochismus", der mit körperlicher Schmerzzufügung nichts zu tun hat, sondern im Kern die willigen Unterwerfung einer "femininen" Frau unter das Patriarchat meint, sexuelle Passivität im Sinn eines "genommen und überwältig werden wollens", wie er zB auch heute in der BDSM-Szene in den "rape" genannten Rollenspielen recht extrem gelebt wird: es wird schlicht eine regelrechte Vergewaltigung simuliert. Die dritte Variante ist der "moralische Masochismus" unter dem ich selbst leide: der Masochismus ist auf sublimierte Ebenen verschoben, äussert sich in wirtschaftlich schädlichem Verhalten, Gesundheitsschädigungen usw.
Freud läßt sich dort auch intensiver über diese sehr merkwürdigen Verbindungen zwischen Libido und Aggression aus, zwischen denen ein gewisser Anteil "seelischer Energie" frei verschoben werden könne - Jung sieht ja in der Aggression nichts als eine in ihr Gegenteil verkehrte Libido, hält diese für den alleinigen, einzigen Grundtrieb.
Möbius, ich glaube man muss da echt ein wenig "Freuds Zeiten" mit berücksichtigen. Dass Libido Aggression ist erklärt sich für mich in der Bedeutung des Wortes "Aggression" wenn man da mal den "Angriff" rausstreicht. Dann bleibt nämlich ein "ans Leben herantreten" übrig. Libido = Sex = Zeugung = Leben.Möbius hat geschrieben:Freud läßt sich dort auch intensiver über diese sehr merkwürdigen Verbindungen zwischen Libido und Aggression aus, zwischen denen ein gewisser Anteil "seelischer Energie" frei verschoben werden könne
Sowohl Sex als auch Aggression dienen dem eigenen Überleben, und das ist tatsächlich ein im Menschen verankerter Urtrieb, würde ich mal behaupten. Das was Freud dann da so "aufsplittet" dürfte seiner Zeit geschuldet sein. Und nicht zwingend der menschlichen Anlage, zumindest nicht in der Differenzierung.
@ mio
Agression und Libido - das wird von Freud "metapsychologisch" (wie er es selbst nannte) so gesehen: die Libidio ist letztlich darauf ausgerichtet, gleiche oder wenigstens ähnliche Individuen zu immer größeren Einheiten zusammen zu fassen - die Aggression auf das Gegenteil: die "Atomisierung" ("Möbius") von Einheiten.
Es ist auch so, daß Aggression und Libido sich eben auch nach Freud verhalten wie Yin und Yang in diesem berühmten taoistischen (?) Bild von dem Kreis, wo es eine schwarze und eine weisse Hälfte gibt mit einer geschwungenen Trennlinie und einem schwarzen Punkt in der weissen Seite und umgekehrt.
Die Psychoanalyse ist zunächst eine sehr aggressive Angelegenheit: sie dringt brutal in die psychische Integrität des Analysanten ein, zerstört sie häufig. Das tut sie, um psychische Krankheiten zu heilen, einen durch die Krankheit von seinen Mitmenschen entfremdeten Menschen wieder zu seinen Mitmenschen heranzuführen, aus dem Chaoshaufen der kranken Psyche ein "funktionierendes System" zu machen.
Sie ist also letztlich doch "erotisch" - obschon sie sich zunächst sehr aggressiv geriert. Diese beiden Grundtriebe stehen eben nicht in einem dialektischen Verhältnis zueinander - sie durchdringen sich gegenseitig.
Zumindest jede erstmalige zärtliche Berührung unter erwachsenen Menschen ist ein aggressiver Akt: unter Erwachsenen Menschen sind zärtliche Berührungen nämlich in unserem "Kultur"-Kreis: sexuelle Belästigung, strafbar selbst dann, wenn "erogene Zonen" überhaupt nicht betroffen gewesen waren. Diese Aggression bedarf also einer rechtfertigenden Zustimmung des Berührten, der sich dieser Aggression willig unterwirft - siehe oben "femininer Masochismus". Und dieses Wechselspiel setzt sich durch die gesamte, sich möglicherweise aus der ersten zärtlichen Berührung ergebenden "Liebensspiels" fort.
Wir sind es gewohnt, binär oder moderner: digital zu denken - aber das Leben ist anders.
Agression und Libido - das wird von Freud "metapsychologisch" (wie er es selbst nannte) so gesehen: die Libidio ist letztlich darauf ausgerichtet, gleiche oder wenigstens ähnliche Individuen zu immer größeren Einheiten zusammen zu fassen - die Aggression auf das Gegenteil: die "Atomisierung" ("Möbius") von Einheiten.
Es ist auch so, daß Aggression und Libido sich eben auch nach Freud verhalten wie Yin und Yang in diesem berühmten taoistischen (?) Bild von dem Kreis, wo es eine schwarze und eine weisse Hälfte gibt mit einer geschwungenen Trennlinie und einem schwarzen Punkt in der weissen Seite und umgekehrt.
Die Psychoanalyse ist zunächst eine sehr aggressive Angelegenheit: sie dringt brutal in die psychische Integrität des Analysanten ein, zerstört sie häufig. Das tut sie, um psychische Krankheiten zu heilen, einen durch die Krankheit von seinen Mitmenschen entfremdeten Menschen wieder zu seinen Mitmenschen heranzuführen, aus dem Chaoshaufen der kranken Psyche ein "funktionierendes System" zu machen.
Sie ist also letztlich doch "erotisch" - obschon sie sich zunächst sehr aggressiv geriert. Diese beiden Grundtriebe stehen eben nicht in einem dialektischen Verhältnis zueinander - sie durchdringen sich gegenseitig.
Zumindest jede erstmalige zärtliche Berührung unter erwachsenen Menschen ist ein aggressiver Akt: unter Erwachsenen Menschen sind zärtliche Berührungen nämlich in unserem "Kultur"-Kreis: sexuelle Belästigung, strafbar selbst dann, wenn "erogene Zonen" überhaupt nicht betroffen gewesen waren. Diese Aggression bedarf also einer rechtfertigenden Zustimmung des Berührten, der sich dieser Aggression willig unterwirft - siehe oben "femininer Masochismus". Und dieses Wechselspiel setzt sich durch die gesamte, sich möglicherweise aus der ersten zärtlichen Berührung ergebenden "Liebensspiels" fort.
Wir sind es gewohnt, binär oder moderner: digital zu denken - aber das Leben ist anders.
ich hab gar nicht binär gedacht. Im Gegenteil. ???
@ mio
Das war von mir dumm formuliert - ich habe mich da von meiner Rhetorik "forttreiben lassen". Der Vorwurf binären Denkens war eher an die Allgemeinheit gerichtet gewesen und ich muß mich regelrecht bei Dir entschuldigen !
Das war von mir dumm formuliert - ich habe mich da von meiner Rhetorik "forttreiben lassen". Der Vorwurf binären Denkens war eher an die Allgemeinheit gerichtet gewesen und ich muß mich regelrecht bei Dir entschuldigen !
Danke Möbius, ich war etwas irritiert, da ich ja genau das auch gesagt hatte...Möbius hat geschrieben:Diese beiden Grundtriebe stehen eben nicht in einem dialektischen Verhältnis zueinander - sie durchdringen sich gegenseitig.
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