Schuldgefühle nach sex. Missbrauch loswerden?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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but alive
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Schuldgefühle nach sex. Missbrauch loswerden?

Beitrag So., 25.01.2015, 13:34

Hallo,
ich habe eine Frage an diejenigen von Euch, die Betroffene von sMB sind: Wie geht Ihr mit Schuldgefühlen um? Ich habe damit gerade schwer zu kämpfen. Durch einen Auslöser waren vor ein paar Monaten die ganzen Erinnerungen wieder da (dachte, hätte alles gut vergraben, na ja, hat ja auch über 20 Jahre funktioniert). Ich habe damals immer geglaubt, dass alles meine Schuld ist (weil ich nichts gesagt habe). Als Erwachsene weiß ich zwar jetzt, dass das nicht so ist, nur dieses "ja, aber, ich hätte doch..." kommt immer wieder in den Kopf und das Gefühl dazu kriege ich auch nicht aus dem Bauch.
Gibt es irgendwelche "Tricks", diese Schuldgefühle loszuwerden, sich das "auszureden"? Muss leider noch ein paar Wochen auf einen freien Therapieplatz warten und hoffe irgendwie bis dahin, die nervigsten Dinge halbwegs alleine in den Griff zu bekommen. Oder ist das illusorisch, kann man das nicht allein? Welche Erfahrungen habt Ihr damit gemacht?
Würde mich über ein paar Tipps freuen! Danke und lg

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 25.01.2015, 14:21

Weißt du, als Kind hat man keine Chance. Die Menschen die Kindern so etwas antun, wissen genau was sie wie und wann tun müssen, damit man da mitmacht. Du kannst nichts dafür.

Ich frage mich heute auch noch wie ich fast zehn Jahre mitgehen und mitmachen konnte. Am Ende als ich zu groß wurde, hat mir sogar diese Zuwendung gefehlt. Ich fühlte mich abgelehnt. Für manche Menschen mag das unverständlich, ja pervers klingen, aber es ist wohl völlig normal, da man in einer Art Abhängigkeit lebt.

Es hilft mir außerdem kein bisserl, wenn ich mir selber auch noch Vorwürfe mache. Ich verbringe lieber die Zeit damit, zu lernen, mich selber lieb zu haben und Wert zu schätzen.

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but alive
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Beitrag So., 25.01.2015, 14:37

ja, ganz nüchtern betrachtet, weiß ich, dass die Verantwortung nicht bei mir lag, ich war 15 und habe die Wochen, die das lief, gar nicht wirklich kapiert, was eigentlich Sache ist, habe mich so verpflichtet gefühlt, weil er der Ewachsene war und man ja immer schön eingetrichtert bekommt, dass man zu machen hat, was Erwachsene wollen, selbst wenn das eigene Gefühl das ganz deutlich ablehnt, aber durch diese scheiß Angst hab ich kein Wort rausbekommen, war einfach froh, wenn ich wieder nach Hause konnte und bloß nicht dran denken, ich habe das auch nie irgendwem erzählt, weil mir das viel zu peinlich gewesen wäre und ich auch nicht wollte, dass das in meine Welt kommt, deshalb tut es einfach gut, wenn mal jemand anderes sagt "du bist nicht schuld, die Verantwortung liegt eindeutig bei Erwachsenen", also danke Dir! Ich versuche mich, davon abzulenken, aber das klappt nicht wirklich : (
lg

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 25.01.2015, 14:42

Was mir auch hilft, dass ich das ganze ja schon hinter mir habe. Es ist ein altes Gefühl. Im hier und jetzt passiert dir das ja nicht.

Du hast es quasi schon überlebt und du lebst ja jetzt gerade dein Leben anders.

Es ist kein aktuelle Erleben und kein aktuelles Gefühl.


Alles erdenklich Güte, dir!!

Schnuckmuck

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but alive
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Beitrag So., 25.01.2015, 14:49

danke! ich hoffe, dass mir die Therapie dabei hilft, dass alles hinter mir zu lassen und es sich dann auch wie Vergangenheit anfühlt, es ist im Moment eben alles noch so frisch, weil ich es die ganzen Jahre prima beiseite geschoben habe und mir jetzt die ganzen Fragen stelle, die ich mir damals nie gestellt habe und die Erinnerungen jetzt immer wieder ziemlich heftig und ungefragt hochkommen, hoffe, dass sich das auch irgendwann wieder gibt
lg

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Lotosritter
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Beitrag Fr., 30.01.2015, 17:25

Schuld ist ein immer wiederkehrendes Thema in meiner Therapie. Es ist durch die Therapie schwächer geworden, manchmal scheine ich die Schuldgefühle gänzlich überwunden zu haben, dann wieder tauchen sie auf. Ich denke, das hat viel damit zu tun in welcher Interaktion das Thema behandelt wird. Manchmal sind da starke Trigger, mal gar keine; es triggert insbesondere, wenn ich das Thema neu ansprechen muss. Da fühle ich mich dann gar für die Betroffenheit meines Gegenübers schuldig, was in der Folge wiederum meine Schuld- und Schamgefühle wiederbelebt.
Es ist eine vertrackte Sache, und es bedarf wohl einer hohen Reflexion, wenn einen diese unsinnigen und unrichtigen Gefühle übermannen. Da liegen dann Ratio und Gefühlswelt im Widerstreit. Ich denke, es braucht viel Zeit, bis man aus diesem Wirrwarr herausfindet. Ich bin seit 2011 in einer Traumatherapie. Am Anfang konnte ich das Wort Schuld nicht einmal aussprechen. Heute ist es so, dass ich aufkommende Schuldgefühle ziemlich rasch wieder auflösen kann. Dazu habe ich ein paar Instrumente erlernt, die aufzuführen hier allerdings zu weit geht. Ich habe sie in Zusammenarbeit mit den Therapeuten erarbeitet.
Ich bin hier, weil es letztlich kein Entkommen vor mir selbst gibt ...
Mein Blog: http://lotoskraft.wordpress.com

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Beitrag Fr., 30.01.2015, 17:38

ja, genau das ist der Punkt: Verstand und Verstehen passen nicht zum Gefühl - ich fühle mich oft schuldig , weil ich ganz rational ja hätte mehr unternehmen können, dass das praktisch in der Situation nicht wirklich möglich war, wird mir zwar so langsam bewusst, aber so richtig dran erinnern mag ich mich auch gar nicht und vielleicht geht deshalb das Gefühl auch nicht weg, weil ich es noch nicht richtig "durchgekaut" habe...
Aber freut mich für Dich Lotosritter, dass Du gelernt hast, damit umgehen zu können, hoffe ich komme auch irgendwann an den Punkt. LG

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HarleyQuinn
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Beitrag So., 01.02.2015, 08:19

Gefühle sind Botschaften deiner Seele und diese kannst du verstehen. Den Umgang mit unseren Gefühlen lernen wir im Laufe unserer Entwicklung. Zu Beginn beschränkt sich der Gefühlsausdruck auf nonverbale Signale wie weinen oder lachen. Durch die Sprache sind wir in der Lage unsere Gefühle verbal zum Ausdruck zu bringen. Dies gibt uns Kontrolle über unsere Gefühle.
Du hast eine Situation der Machtlosigkeit erleben müssen, welche deine Seele in ihrer Sicherheit erschüttert haben die eigenen Gefühle zu kontrollieren. Und dazu sinkt die gefühlte Sicherheit durch Sprache alles regeln zu können mit gewaltsamen Übergriffen. Machtlosigkeit ist die schmerzhafteste Empfindung. Doch diesem Gefühl kannst du dich stellen. Dein Gehirn ist es gewohnt die Bilder in Sprache umzusetzen. Wenn das Gefühl berechtigt ist, das Gehirn jedoch es mit Sprache noch schmerzhafter empfindet denkt man unlogisch. Logisch ist für dich nur, wenn Gedanken und Gefühle im Einklang stehen.
Trau dir selbst zu dich den Erinnerungen ehrlich zu stellen. Ehrlich vor dir selbst. Andernfalls bleibt das Gefühl der Schuld zum Opfer geworden zu sein. Vergangenheit bleibt unveränderbar, doch du kannst beeinflussen wie du dich heute deswegen fühlst.

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viciente
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Beitrag So., 01.02.2015, 10:40

.. er-inner-ungen induzieren immer die gleichen bzw. ähnliche gefühle wie die erinnerte situation selbst damals; wichtig dabei ist vor allem gar nicht so sehr das vergangene ereignis selbst sondern wie man es betrachtet - wie man dazu steht, denn diese bedeutung hatte/bekommt es - jetzt - auch. so nehme ich an, auch die schuldgefühle hast du vielleicht gar nicht aktuell jetzt, sondern fühlst sie so wie damals, wenn du dich an das ganze erinnerst.

.. wie auch schnuckmuck schon sagte .. es passiert nicht jetzt! so liegt u.a. zumindest ein schlüssel in der veränderung deiner betrachtungsweise im jetzt, denn es ist - wie alles vergangene - schon so - ändert sich als geschehenes also nicht mehr; sehr wohl jedoch lassen sich diese, deine betrachtungsweise, und was du wie davon hältst, verändern.
.. der so gerne und häufig missbrauchte schuldbegriff jedenfalls ist - wenn überhaupt angebracht - in den meisten fällen so gar nicht gültig! in deinem beispiel liegt vor allem keine "schuld" deinerseits vor, sondern wohl eher das z.b. damalige unvermögen, mit einer massiv manipulativen person/situation (autorität?) angemessen umzugehen. vielleicht hast du dich ja damals "schuldig" gefühlt (geschämt), weil du z.b. nicht tun konntest, was du tun wolltest bzw. von dem du wusstest, es wäre "richtig" .. heute wäre das sicher ganz anders; heute könntest du z.b. genau so gut wütend oder sonst was sein - oder sogar dem gegenüber gleich-gültig - und vom rückspiegel weg vor allem auf die strasse vor dir achten, denn dort(hin) gehts jetzt lang; in hindernisse hinter dir fährst du niemals rein! lg

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HarleyQuinn
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Beitrag So., 01.02.2015, 11:11

Die Gründe des anderen sind tatsächlich egal, doch wer fühlt sich in einer Situation schlecht weil er nicht mit einer massiv manipulativen person/situation (autorität?) angemessen umgehen kann? ob sie massiv manipulativ ist weiß ich nicht in dem moment. ich fühl mich nicht schuldig, weil sich jemand mir gegenüber massiv manipulativ verhält.wär ja albern.

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HarleyQuinn
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Beitrag So., 01.02.2015, 11:13

Ich würde mich schuldig fühlen,weil ich mich im stich gelassen hätte.was logisch betrachtet blödsinn ist

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viciente
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Beitrag So., 01.02.2015, 11:25

.. und was weiters - soweit sich das mir jetzt erschliesst - bedeutet, dass DU eben mit dem unsinn des "schuld"begriffs wenig am hut hast; und das find ich gut!

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HarleyQuinn
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Beitrag So., 01.02.2015, 12:13

Danke :3 Mir war nur lange Zeit nicht klar,dass Missverständnisse nicht normal sind.Man versteht sich.

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but alive
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Beitrag So., 01.02.2015, 13:29

danke Euch! Ja, es ich sicher richtig, die jetzt gefühlte Schuld ist auch ein Gefühl von damals, in dem jeweiligen Moment genau zu wissen, dass ich jetzt, was sagen müsste, zu spüren, dass es falsch ist, was er tut, dass ich das nicht will und zeitgleich zu merken, dass ich völlig blockiert bin, dass die Ebene, auf der ich eine Entscheidung treffen und tatsächlich handeln könnte, völlig verloren gegangen ist, die gibt es in dem Moment überhaupt nicht mehr. Und ja, es ist auch richtig, dass ich als Jugendliche einem Erwachsenen gegenüber wohl zuviel Respekt hatte und mich einfach nicht getraut habe zu sagen, dass mir das zutiefst zuwider ist, denn das wäre auch irgendwo eine Beleidigung gewesen, zumindest habe ich das damals so gesehen. Da ich aber alles vergessen wollte, gab es damals und in den vielen Jahren danach keinerlei Auseinandersetzung, ich habe immer geschwiegen, so dass ich jetzt als Erwachsene das erste Mal überhaupt an dem Punkt bin, die Situation zu kapieren und die entscheidenen Fragen zu stellen. Jetzt sieht eben vieles anders aus und jetzt kommen natürlich auch so Fragen "wie kann man nur so naiv sein" usw. Aber klar, 15 Jahre ist eben was anderes als Ende 30. Und gerade weil ich mir sicher sein kann, dass mir sowas heute nicht mehr passieren würde, ist es um so schwieriger zu verstehen, warum es damals passieren konnte, denn ich bin ja kein vollkommen anderer Mensch geworden. Ja, es ist vertrackt und irgendwie drehe ich mich im Kreis, aber Eure Antworten sind schon hilfreich, so kann ich mal von einer anderen Perspektive gucken...

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viciente
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Beitrag So., 01.02.2015, 13:47

but alive hat geschrieben:....... Und gerade weil ich mir sicher sein kann, dass mir sowas heute nicht mehr passieren würde, ist es um so schwieriger zu verstehen, warum es damals passieren konnte, denn ich bin ja kein vollkommen anderer Mensch geworden.
.. nicht in deinem kern und deinem (grund)charakter - dem was du bist und was dich ausmacht, sehr wohl aber in deinen MÖGLICHKEITEN, denn du hast dich ja in all den jahren ständig (weiter)ent-wickelt - ge-lernt. insofern kannst du heute ganz andere perspektiven einnehmen als damals und denkst, empfindest, handelst dadurch auch anders; man kann und soll niemals vergleichen, wie man irgend wann damals aus der heutigen position heraus gehandelt HÄTTE, denn WÄREN sie und das heutige ("wissen") damals schon so gewesen, dann HÄTTE man ja ohnehin - das ist ganz einfach zu verstehen.

.. ok, das wollt ich dir noch da lassen, und wünsch (zumindest) einen schönen sonn-tag!

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