Ziehen manche Menschen ein Leben lang Gewalt an?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Dorottya
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Ziehen manche Menschen ein Leben lang Gewalt an?

Beitrag So., 18.08.2013, 12:07

Liebes Forum,

oft wundere ich mich, dass ich (42) mein bisheriges Leben überhaupt überlebt habe. Denn es ist geprägt von Gewalt emotionaler, körperlicher und sexueller Art.

In meinem Elternhaus wurde ich emotional missbraucht.
Gerade von meiner Mutter, die mich zu hassen schien, wurde ich ständig angeschrien und abgewertet. Manchmal schlug sie mich auch, wenn ich mich ungeschickt anstellte.
In der Schule wurde ich wegen meiner Schüchternheit gemobbt. Wegen der Zustände zu Hause konnte ich allerdings auch aggressiv werden, was die Mitschüler noch weniger verstanden.
Eine Zeitlang waren meine Eltern mal mit einer Familie mit zwei Kindern befreundet. Obwohl mich die Tochter nicht ausstehen konnte, wurde ich gezwungen, mich bei unseren Besuchen und gemeinsamen Urlauben mit ihr abzugeben. Einmal schlug sie nach einer harmlosen Neckerei von meiner Seite wie von Sinnen auf mich ein.
Ich traute mich nicht, meinen Eltern von der Prügel zu erzählen, weil sie grundsätzlich nie hinter mir standen.

Als ich erwachsen wurde, wurde sexuelle Gewalt ein sehr vertrautes Thema für mich.
In meiner Ausbildung war ich wegen meiner schüchternen und weltfremden Art höchst unbeliebt. Ich wurde gleich Opfer sexueller Belästigung, allerdings nur verbal. Ich ließ diese Sprüche einfach über mich ergehen.

Mit 22 hatte ich meinen ersten Freund. Ich schäme mich das zu schreiben, aber ich fing mir von ihm so einige Geschlechtskrankheiten ein, weil er ständig fremdging. Dies erfuhr ich aber erst gegen Ende unserer zweijährigen Beziehung. Jedenfalls hatte ich im Intimbereich oft Schmerzen, und er zwang mich trotzdem zum Sex. Er vergewaltigte mich auch einige Male, nachdem er sich z.B. über mich geärgert hatte oder um an Analsex zu kommen, gegen den ich mich wehrte.
Der Freund, den ich danach hatte, war gefühllos. Er war noch verheiratet, versprach mir aber sich scheiden zu lassen. Eiskalt erzählte er mir, wenn er wieder mit seiner Frau geschlafen hatte. Auch nötigte er mich zum Sex, wenn ihm danach war. Er bedrängte mich solange bis ich nachgab, sonst reagierte er bockig wie ein Kind.

Auch in späteren Jahren erlebte ich immer mal wieder Gewalt.
Nach einer Betriebsfeier wäre ich fast von einem betrunkenen Kollegen vergewaltigt worden.
Ich hatte eine Beziehung mit einem Mann, den ich wirklich liebte. Leider benutzte er mich nur und ließ auch seinen Frust an mir aus.
Er schubste mich, dass ich hinfiel, verpasste mir einen Schlag ins Genick.
Bei einer Massage packte er so fest zu, dass ich am nächsten Tag einen dicken Bluterguss hatte.
Bekannte wollten mich mit einem "ganz lieben Mann" zusammenbringen, der von seiner Partnerin sehr enttäuscht worden war.
Ich traf mich mit ihm und fand ihn tatsächlich sehr sympathisch. Doch als wir dann einen Abend in meiner Wohnung verbrachten, hatte er mir nichts zu sagen und fiel plötzlich über mich her.
Als ich das meinen Bekannten erzählte, meinten sie achselzuckend, was ich denn erwartet hätte, wenn Mann und Frau allein in einer Wohnung sind.

Vor ein paar Jahren habe ich noch versucht, einen Partner über das Internet zu finden. Auch da wurde ich Opfer von Missbrauch, nachdem ich mit einem Mann eine schöne Nacht verbracht hatte. Er tauchte noch mal bei mir auf und zwang mich zum Oralverkehr, indem er mir seinen Penis mit Gewalt in den Mund drückte. Gleich nach dem Orgasmus sprang er auf und verließ meine Wohnung.
Danach geriet ich noch an einen Mann mit sado-masochistischen Tendenzen.
Er schlug mir während des Akts fest auf den Po mit der Aufforderung, ich solle alles zusammenschreien.
Ich wollte ihn nie wiedersehen, doch leider begegnete ich ihm noch mal auf einer entlegenen Straße. Er drängte mich gegen eine Hauswand und fasste mir brutal in den Schritt.

Ich bin sexuell traumatisiert und finde es schon abartig, wenn Familie oder Bekannte mich fragen, ob ich mich denn gar nicht nach einem netten Partner sehne. Doch sie können ja nicht ahnen, was mir widerfahren ist.

Gibt es Frauen, die Gewalt anziehen wie Licht die Motten, oder was ist das?
Ist es meine Schuld?

LG
Doro

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Rosenfüchsin
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Beitrag Mo., 19.08.2013, 11:55

Liebe Doro,

du hast wirklich viele schlimme Erfahrungen machen müssen.
Gibt es Frauen, die Gewalt anziehen wie Licht die Motten, oder was ist das?
Ja. (nicht nur Frauen)
Ist es meine Schuld?
Nein.

So wie du deine Kindheit schilderst, musstest du von Anfang an eine Haltung entwickeln, die dir einen gewissen Selbstschutz (Wirst du mir was tun? Wirst du nett zu mir sein? Bitte sei lieb zu mir! Pass auf, ich kann auch böse werden!) geben konnte. Du hast ganz früh gelernt, dass nicht mal die für dich wichtigsten Menschen dich schützen und unterstützen und dass deine Bedürfnisse nicht "zählen".

Daraus entwickelt sich oft eine innere Haltung, mit der man immer wieder in ähnliche Konstellationen gerät.

Aber du bist daran nicht schuld!!

Bist du in Therapie?

VG,
Rosenfüchsin
Wir alle brauchen die Liebe am meisten, wenn wir uns fühlen, als hätten wir sie gerade gar nicht verdient.
"the ones who are hardest to love, probably need it the most" -Dan Millman

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Dorottya
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Beitrag Sa., 14.09.2013, 21:49

Hallo Rosenfüchsin,

anscheinend ist mein Thread nicht interessant genug, da außer dir niemand geantwortet hat.
Komisch, wenn ich so sehe, mich welchen doch wesentlich belangloseren Dingen sich hier sehr intensiv auseinandergesetzt wird.
Vielleicht will man auch einfach nicht mit dem Thema Gewalt und Missbrauch konfrontiert werden. Ist ja unangenehm und oh je, was soll man darauf nur antworten. Dann halt lieber ignorieren.

Ja, ich habe eine Therapie in einer Tagesklinik gemacht, aber man konnte mir dort auch nicht weiterhelfen. Schien auch da nicht so interessant zu sein, obwohl ich schon bei der Vorstellung dort weinend erzählte habe, dass ich vergewaltigt worden bin.

Ich habe also keine Ahnung, warum mir sexualisierte Gewalt so gehäuft passiert ist.
Vielleicht bin ich einfach ein schlechter Mensch.

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Löwi
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Beitrag Sa., 14.09.2013, 21:57

Nein, du bist kein schlechter Mensch!

Ich würde dir zu einer weiteren Therapie anraten... :( Das ist wirklich entsetzlich, wie viel dir passiert ist. Leider ist das so, wenn man in einem gewissen Verhaltensmuster gefangen ist, dass man die vergangenen Erfahrungen immer und immer wieder durchlebt.

Ich habe andere Sachen erlebt als du, aber es verhält sich bei mir durchaus nicht unähnlich. Allerdings wesentlich abgeschwächter.

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Nico
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag So., 15.09.2013, 07:30

Mit " schlechter Mensch" hat das mMn nichts zu tun, aber ich glaube schon, dass von Menschen denen immer wieder Gewalt angetan wird, gewisse unbewusste Zeichen ausgesendet werden die gewalttätige Menschen als " Einladung" erkennen.
Besser kann ich es nicht ausdrücken, jedenfalls glaube ich nicht, dass es sich dabei nur um Pech oder Zufall handelt.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Löwi
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Beitrag So., 15.09.2013, 09:21

Nico das ist im Prinzip das, was ich auch meinte.... Meistens ist das ein unterbewusstes Muster

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Missy
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Beitrag So., 15.09.2013, 10:06

Meine auch wie Nico bzw bin überzeugt dass unbewußte Signale ausgesendet werden..leider, bin auch deshalb überzeugt weil ich selbst diese Erfahrungen über Jahre hinweg gemacht... Ein schlechter Mensch bist du gewiss nicht Dorotyya.
lg Missy

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Dorottya
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Beitrag So., 15.09.2013, 10:28

Missy hat geschrieben:Meine auch wie Nico bzw bin überzeugt dass unbewußte Signale ausgesendet werden..leider, bin auch deshalb überzeugt weil ich selbst diese Erfahrungen über Jahre hinweg gemacht... Ein schlechter Mensch bist du gewiss nicht Dorotyya.
lg Missy
Hallo Missy,

da du selbst diese Erfahrungen über Jahre hinweg machen musstest, was mir sehr leid tut für dich, aber hast du denn für dich herausgefunden, was das übergriffige Verhalten ausgelöst hat?
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was für Signale ich unbewusst aussenden soll.
Ich für mich habe eigentlich nur so eine Vermutung, dass ich insgesamt ziemlich hilflos und wehrlos wirke. Doch das ist wirklich nur eine Vermutung, weil mir das noch niemand gesagt hat. Ich gelte meistens nur als zurückhaltend und distanziert. Viele merken mir auch an, dass ich ein sehr sensibler Mensch bin.

Aufgrund meiner Sensibiltität bin ich an den ganzen Geschehnissen zerbrochen.
Ich kann niemandem mehr vertrauen, schon gar nicht einem Mann.
Ich habe mich sozial komplett isoliert, womit ich aber auch unglücklich bin.
Doch die Angst, dass sich solche Erlebnisse wiederholen, ist einfach zu groß!

LG
Doro

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Freifrau
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Beitrag So., 15.09.2013, 15:48

Hallo Dorottya,

zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich Dich grundsätzlich gut verstehen kann. Auch ich wurde in der Kindheit das Opfer von Gewalt und bin derzeit in Behandlung wegen einer PTBS und Depressionen.

Auch ich kenne es, immer wieder Menschen anzuziehen, die meine Grenzen nicht beachten. Wenn auch nicht in so einem Ausmaß, wie das bei Dir der Fall ist.
Dorottya hat geschrieben:anscheinend ist mein Thread nicht interessant genug, da außer dir niemand geantwortet hat.
Komisch, wenn ich so sehe, mich welchen doch wesentlich belangloseren Dingen sich hier sehr intensiv auseinandergesetzt wird.
Vielleicht will man auch einfach nicht mit dem Thema Gewalt und Missbrauch konfrontiert werden. Ist ja unangenehm und oh je, was soll man darauf nur antworten. Dann halt lieber ignorieren.

Ja, ich habe eine Therapie in einer Tagesklinik gemacht, aber man konnte mir dort auch nicht weiterhelfen. Schien auch da nicht so interessant zu sein, obwohl ich schon bei der Vorstellung dort weinend erzählte habe, dass ich vergewaltigt worden bin.

Ich habe also keine Ahnung, warum mir sexualisierte Gewalt so gehäuft passiert ist.
Vielleicht bin ich einfach ein schlechter Mensch.
Was mir in diesen Zeilen aber auffällt, liebe Dorottya - Du nimmst da eine Opferhaltung ein. So wirst Du auch immer in Deinem Erleben ein Opfer bleiben. Gleichzeitig entdecke ich in den Zeilen auch eine gewisse Aggression, die wohl daher rührt, dass Du Dich missverstanden, nicht ernst genommen und auch hilflos fühlst.

Das ist aber überhaupt nicht so. Ich glaube nicht, dass Du deswegen keine Antwort erhalten hast, weil Dein Thema uninteressant oder unangenehm war. Zumal ja auch noch gar nicht viel Zeit vergangen war. Manchmal erhält man hier erst viel später oder gar keine Antwort. Und selbst das sollte man nicht persönlich nehmen, sondern kann alle möglichen harmlosen Gründe haben.

Ich kann mir gut vorstellen, dass man mit so einer negativen Haltung anderen gegenüber tatsächlich gewisse Menschen anzieht, die die komplementäre Rolle dazu übernehmen. Damit meine ich nicht, dass Du Schuld daran bist. Ich denke aber, wenn Du die Verantwortung für Dich und Dein Leben übernimmst und mit Hilfe einer Therapie es schaffst, Deine Haltung zu ändern und Dich nicht so abhängig von den Reaktionen anderer zu machen, Dich nicht mehr so hilflos fühlst, sondern für Dich sorgen und einstehen lernst, dann wird sich das irgendwann ändern. Das ist harte Arbeit und schafft man sicher nicht ganz alleine, da spreche ich aus Erfahrung. Auch ich arbeite noch daran.


Alles Gute
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"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)

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Missy
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Beitrag So., 15.09.2013, 18:51

Liebe Dorrottya,

habe nicht die genauen Signale festgestellt die ich ausendete oder vielleicht immer noch aussende ...aber hatte auch bei mir damals viel mit Unsicherheit zu tun die ich nach außen ausstrahlte und es auch heute bei gewissen Situationen noch mache. So wie die oben genannte Opferhaltung....und leider ist es ja so dass unsicher wirkende Menschen die anziehen die sich dadurch grösser und mächtiger fühlen. Habe zb mal vor Jahren einen Selbstverteidigungskurs besucht an dem ich auch ein Stück gewachsen bin und mich sicher fühlte und wie mir gesagt wurde habe ich dass auch ausgestrahlt. Auch meine jahrelange Therapie hat mir total weitergeholfen. So möchte ich dir gerne ans Herz legen da dran zu bleiben.
Alles liebe Missy

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Co-Libri
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Beitrag Di., 17.09.2013, 11:34

Krafttraining hilft vielleicht auch? Ich versuche es zumindest.

Ich weiß auch nicht so recht, was ich sonst tun kann, um nicht immer wieder Menschen anzuziehen, die mich nur ausnutzen und für ihre Zwecke benutzen.

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Dorottya
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Beitrag Di., 17.09.2013, 12:32

@ Freifrau

Ja, durch meine zahlreichen negativen Erlebnisse habe ich mich tatsächlich in eine Opferhaltung begeben.
Ich warte schon förmlich darauf, wieder gedemütigt oder sexuell genötigt zu werden.

Zunehmend habe ich aber auch Angst vor meinen Reaktionen.
In meiner Hilflosigkeit und Verzweiflung habe ich nämlich manchmal schon zugeschlagen. Ich konnte meine Wut einfach nicht mehr kontrollieren.
In meinem Kopf dominiert seit einiger Zeit nur noch ein Gedanke, nämlich der, dass ich mir nichts mehr gefallen lassen möchte.
Vor einigen Monaten hat mir sogar der Nachbar auf meiner Etage mit Handgreiflichkeiten gedroht. Ich wollte ihm nicht zeigen, dass er mich einschüchterte und antwortete betont lässig, dass er es ja mal wagen könne. Er habe dann eine Anzeige wegen Körperverletzung am Bein.
Ich möchte allerdings nicht wissen, was wirklich passiert wäre, wenn er handgreiflich geworden wäre. Ich glaube, in meinem Zorn hätte ich zurückgeschlagen.
So weit ist es schon gekommen.

Mag sein, dass meine negative Grundhaltung Aggressionen und Feindseligkeit bei anderen auslöst.
Doch vielleicht ist es auch meine Persönlichkeit?
Ich wirke nicht wie eine Frau von Anfang 40, sondern bin eher kindlich geblieben und erwecke oft den Eindruck, dass ich extrem gutgläubig bin.

Es ist schwierig, wenn man nicht weiß, wo man ansetzen soll.

LG
Doro

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Freifrau
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Beitrag Di., 17.09.2013, 16:19

Dorottya hat geschrieben:Ja, durch meine zahlreichen negativen Erlebnisse habe ich mich tatsächlich in eine Opferhaltung begeben.
Ich warte schon förmlich darauf, wieder gedemütigt oder sexuell genötigt zu werden.
Ja, das kann ich gut verstehen. Wie soll die Erwartung auch anders sein, wenn man gleich von Anfang an so schlechte Erfahrungen mit den engsten Bezugspersonen macht!?

Mir geht es da ähnlich. Ich scheine schwierige Menschen anzuziehen, die dann auf mir herumhacken. Gerade im beruflichen Bereich gerate ich so auch immer wieder in die Opferrolle. Auch Psychopathen ziehe ich magisch an. Die wittern irgendwelche Anteile in mir, merken, "dass man es mit mir machen kann". Ich hab ja diese Rolle jahrgelang gehabt bei meiner Mutter. Sie die Psychopathin, ich das Opfer. Meine Therapeutin sagte, das wäre ein Wiederholungszwang. Vieles passiert da unbewusst, deswegen ist es ja auch so schwer, das zu ändern. Ich hab da auch kein Patentrezept, leider. Ich versuche, mit Psychotherapie herauszufinden, was ich an mir ändern kann, damit mir solche Dinge nicht mehr passieren oder wie ich anders damit umgehen kann. Bisher gelingt es mir zumindest, mich zu beobachten und Gefühle und Verhaltensweisen überhaupt erst wahr zu nehmen. Erst jetzt bemerke ich so eine Wahnsinnsangst vor Menschen, wie sich alles zusammenzieht, wenn mir jemand zu nahe kommt oder viele Menschen um mich herum sind. Und wie ich dann ganz böse schau und mit jeder Faser meines Körpers signalisiere, dass man Abstand zu mir halten soll. Ich merke auch dass ich oft richtig ruppig und böse mich abgrenze, das nicht souverän und ruhig machen kann, weil ich nicht das Vertrauen habe, dass es überhaupt funktioniert.

Meine Thera hat mich auch mal darauf hin gewiesen, dass ich, wenn sie mir die Tür öffnet, erstmal für ein paar Sekunden sehr misstrauisch und vorsichtig wirke. Wenn sie dann aber ein bißchen mit mir gesprochen hat und ich ein paar Minuten da bin, dann geht es wieder.
Dorottya hat geschrieben:Zunehmend habe ich aber auch Angst vor meinen Reaktionen.
In meiner Hilflosigkeit und Verzweiflung habe ich nämlich manchmal schon zugeschlagen. Ich konnte meine Wut einfach nicht mehr kontrollieren.
In meinem Kopf dominiert seit einiger Zeit nur noch ein Gedanke, nämlich der, dass ich mir nichts mehr gefallen lassen möchte.
Hmm, Du hast auch geschrieben, dass Du auch als Kind öfter aggressiv warst. Ich verstehe gut, dass Dich das verunsichert und Du besorgt bist deswegen. Man fühlt sich ja nicht gut, wenn man sowas macht. Aber wenn man angegriffen wird und sich nicht mehr zu helfen weiß, dann ist das manchmal das einzige, was bleibt, Flucht oder Kampf. Besonders, wenn man nie gelernt hat, sich anders oder adäquater zu schützen.

Bei mir kenne ich das nicht so, dass ich zuschlage. Aber ich kenne es, dass ich sehr schnell wütend werden kann, wenn ein wunder Punkt berührt wird. Oder eben gleich mich zu krass abgrenze. Manchmal ist mein Freund darüber erstaunt, wenn ich plötzlich sehr heftig reagiere, obwohl er es gar nicht so böse gemeint hat. Da hat er dann einfach an eine alte Verletzung gerührt und ich fahre sofort die Krallen aus und befinde mich in der früheren gefährlichen Situation, sehe nicht mehr, dass es gerade aber anders ist...
Dorottya hat geschrieben:Ich möchte allerdings nicht wissen, was wirklich passiert wäre, wenn er handgreiflich geworden wäre. Ich glaube, in meinem Zorn hätte ich zurückgeschlagen.
Naja, wenn jemand mich körperlich angreift, dann würde ich auch nicht da stehen und ihn machen lassen. Viele Frauen machen für solche Fälle sogar Selbstverteidigungskurse. Das ist ja dann reine Notwehr. Die Frage ist eben, warum Dir sowas ständig passiert.
Dorottya hat geschrieben:Ich wirke nicht wie eine Frau von Anfang 40, sondern bin eher kindlich geblieben und erwecke oft den Eindruck, dass ich extrem gutgläubig bin.
Ja, das ist bei mir auch so. Ich strahl auch nicht so das erwachsene Selbstbewusstsein aus, so dass ich oft nicht für voll genommen werde. Wobei sich das inzwischen schon etwas gebessert hat.

Hast Du Dich schon einmal auf die Suche nach einer Therapeutin gemacht? Ich meine, vielleicht ist eine Einzeltherapie (statt Tagesklinik) erstmal besser, damit Du erst einmal Vertrauen aufbauen kannst. So wirst Du Dich auch besser ernst genommen fühlen. In einer Tagesklinik ist man ja sofort auch eine von vielen. Ich weiß ja nicht, woher Du kommst, aber Du könntest mal auf die Seite von Deiner Kassenärztlichen Vereinigung gehen. Die haben da Listen oder Vermittlungsnummern für Psychotherapie.

Ich fänd es wirklich wichtig, dass Du Dir Hilfe suchst. Gerade bei Deiner schlimmen Geschichte wird es Dir gut tun, wenn Dich jemand unterstützt und Dir hilft, dass Du endlich in Frieden leben kannst. Ich glaube nicht, dass sich diese Muster bei Dir ohne therapeutische Hilfe ändern werden.

Liebe Grüße
Freifrau
"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)

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Co-Libri
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Beitrag Di., 17.09.2013, 16:49

Erst jetzt bemerke ich so eine Wahnsinnsangst vor Menschen, wie sich alles zusammenzieht, wenn mir jemand zu nahe kommt oder viele Menschen um mich herum sind. Und wie ich dann ganz böse schau und mit jeder Faser meines Körpers signalisiere, dass man Abstand zu mir halten soll. Ich merke auch dass ich oft richtig ruppig und böse mich abgrenze, das nicht souverän und ruhig machen kann, weil ich nicht das Vertrauen habe, dass es überhaupt funktioniert.
Das alles kommt mir (leider) auch sehr bekannt vor. Man merkt es selbst oft nicht so, weil es ja auch bereits normal ist.

Bei mir ist es so, dass ich ja meistens zu Hause bin. Letztens war ich ein paar Mal draußen und hatte dann irgendwie Kopf- und Nackenschmerzen, wo ich dachte, dass ich mich da einfach nicht wohl fühle und mich total verkrampfe.

Auch zu Hause habe ich sehr oft geballte Hände - fällt mir oft nicht auf. Mein Partner versucht mir dann manchmal die Fäuste liebevoll wieder zu öffnen, wo ich mich innerlich aber auch dagegen sträube. Ist einfach unangenehm.

Auch sehr beliebt bei mir: die Arme vorm Körper verkreuzen.

Man fühlt sich einsam und unbeliebt, da andere Menschen viele Kontakte machen und man selber allein stehen bleibt. Und mein Partner sagt auch, dass ich mich nicht wundern muss, da ich das ausstrahle, dass jeder wegbleiben soll - und ich empfinde es ja auch so, da ich auch oft miese Erfahrungen machen musste und das Vertrauen in die Menschen verloren habe. Ich ziehe mich total zurück und wenn dann doch mal jemand zu mir durchdringt, bin ich irgendwie erfreut, doch dauert es ja dann oft nicht lange, bis ich merke, dass dieser Mensch mir nicht gut tut.
Meine Thera hat mich auch mal darauf hin gewiesen, dass ich, wenn sie mir die Tür öffnet, erstmal für ein paar Sekunden sehr misstrauisch und vorsichtig wirke. Wenn sie dann aber ein bißchen mit mir gesprochen hat und ich ein paar Minuten da bin, dann geht es wieder.
Ja, das ist auch das, was ich bei mir nicht verstehen kann. Ich bin sooo misstrauisch und ängstlich, aber wenn jemand mich nett volltextet, fasse ich zu schnell Vertrauen und man zieht mich locker über den Tisch.
Hmm, Du hast auch geschrieben, dass Du auch als Kind öfter aggressiv warst. Ich verstehe gut, dass Dich das verunsichert und Du besorgt bist deswegen. Man fühlt sich ja nicht gut, wenn man sowas macht. Aber wenn man angegriffen wird und sich nicht mehr zu helfen weiß, dann ist das manchmal das einzige, was bleibt, Flucht oder Kampf. Besonders, wenn man nie gelernt hat, sich anders oder adäquater zu schützen.
Wäre die Frage: Gibt es Möglichkeiten, wo man sowas gezielt lernen kann, wie man sich aggressive Mitmenschen vom Hals hält ohne hinterher als Irre abgestempelt zu werden?
Dorottya schrieb:
Ich wirke nicht wie eine Frau von Anfang 40, sondern bin eher kindlich geblieben und erwecke oft den Eindruck, dass ich extrem gutgläubig bin.
Ja, das ist bei mir auch so. Ist zwar ganz schön, jünger geschätzt zu werden. Doch die Nachteile scheinen hier zu überwiegen, dass einen auch viele nicht für voll nehmen?!

Ich habe halt oft so das Gefühl, dass ich meine Persönlichkeit verliere, wenn ich selbstbewusster werde und nicht mehr so kindlich wirke. Oft hilft sowas ja weiter, wenn man Menschen trifft, die eine fürsorgliche Ader haben. Sicher hat es damit zu tun, dass man sich davon so schwer trennen kann? Auch die Haltung: Tu mir nichts, ich bin harmlos. Und das Bedürfnis lieb gehabt zu werden.
Ich fänd es wirklich wichtig, dass Du Dir Hilfe suchst. Gerade bei Deiner schlimmen Geschichte wird es Dir gut tun, wenn Dich jemand unterstützt und Dir hilft, dass Du endlich in Frieden leben kannst. Ich glaube nicht, dass sich diese Muster bei Dir ohne therapeutische Hilfe ändern werden.
Tja, da werden dann neue Verhaltensweisen eingeübt? Oder wie stellt man sich das vor? Genau wie die anderen Verhaltensweisen, die man jahrelang eingeübt hat?! Schaden könnte es wirklich nicht. Du könntest die Situationen durchgehen, die dir so unterkommen und gezielt darauf was ausarbeiten, wie du dich wehren kannst in ähnlichen Situationen. Selbstverteidigungskurs wäre sicher auch sehr gut. Dann weißt du schon mal, dass du dich wehren könntest und strahlst das dann auch aus. Dabei musst du gar nicht zuschlagen, das Gegenüber traut sich vielleicht nicht mehr, weil es was merkt.

LG

Co-Libri

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Dorottya
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Beitrag Di., 17.09.2013, 17:59

Dankeschön für eure ausführlichen Antworten!

@ Freifrau

Ich glaube, du kannst dich besonders gut in mich hineinversetzen, da du wohl mit deiner Mutter ähnliche Erfahrungen gemacht hast.
Also ich war in meiner Kindheit ständig das Opfer der hysterischen Anfälle und wüsten Beschimpfungen meiner Mutter. Nur, da durfte ich mich ja nicht zur Wehr setzen, weil das ganze dann noch mehr eskaliert wäre und sie mich sicherlich regelmäßig verprügelt hätte.
Daher lernte ich, mich einfach nur anzupassen und möglichst unauffällig zu machen, um sie ja nicht zu reizen.

Ich habe überhaupt kein Selbstwertgefühl.
Früher erging es mir wie dir. Wenn mich jemand kritisierte oder an irgendeinem wunden Punkt rührte, reagierte ich verbal aufbrausend. Da wurde ich schon schnell wütend, allerdings ohne Handgreiflichkeiten.
Doch irgendwann sank die Hemmschwelle immer mehr.
Dabei wollte ich so etwas nie! Ich wollte nicht werden wie meine Mutter, die in ihrer Wut auch mal auf meinen Vater losgegangen ist.

Ich habe vor einigen Jahren eine Therapie in einer Tagesklinik gemacht, aber leider wurde ich dort von den Mitpatienten auch nicht für voll genommen.
Obwohl sie alle ihre psychischen Probleme hatten, konnte keiner verstehen, wie man dermaßen im Leben scheitern kann. Sie hielten mich auch für äußerst schwach und naiv, weil ich immer wieder in eine Opferrolle rutschte.

Da ergeht es mir wie dir!
Gerade im Berufsleben war mit jedem neuen Job die Opferrolle vorprogrammiert.
Ich suchte grundsätzlich die Schuld bei mir und bemühte mich, offener auf Menschen zuzugehen und mich nicht so schnell abzukapseln. Doch leider war ich wenig erfolgreich. Immer hieß es, man könne mit mir nichts anfangen.
Ich sei so still, ängstlich und passiv und zeige zu wenig Eigeniniative.

@ Co-libri

Bei mir ist es auch so, dass ich zwar kindlich und irgendwie liebebedürftig wirke, gleichzeitig aber teilweise auch eine abwehrende Haltung einnehme. Diese Haltung sorgt dann dafür, dass ich andere auf Distanz halte und ihnen unsympathisch bin.
Nur die Psychopathen ziehe ich weiterhin an. Menschen, die nichts gutes im Schilde führen und mir schaden, mich manipulieren oder sich auf meine Kosten lustig machen wollen.
Ich würde mich da auch gern selbstbewusst und souverän verteidigen statt oft auszurasten wie eine dreijähriges Kind, was die gewünschte Schokolade nicht bekommt. Denn natürlich führt dieses Verhalten dazu, dass man dann noch weniger für voll genommen wird.

Heute hatte ich wieder so ein widerliches Erlebnis.
Mag sein, ich interpretiere zu viel da hinein, aber für mich war es schrecklich.

Ich war bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, bei dem ich noch nie war. Der Arzt, zu dem ich bisher hingegangen bin, ist leider vor kurzem in Rente gegangen.
Dieser hier ist auch schon so um die 60. Zuerst dachte ich, er ist ganz locker und freundlich. Er nannte meine Adresse, die er im Computer sehen konnte und erzählte. dass er ganz in der Nähe wohne.
Bei der Untersuchung meines Rachens rückte er mit seinem Stuhl so unglücklich an mich ran, dass er dabei sein Geschlechtsteil fest gegen meine Beine presste! Das war so unangenehm und ist mir bisher auch noch nie passiert.
Als er mit der Untersuchung fertig war, nahm er meine Hand und streichelte sie so komisch!
Ich war hinterher so irritiert, dass ich zuerst den Ausgang der Paxis nicht fand und in die falsche Richtung ging.

Ich habe das wieder als so unnormal empfunden.
Vielleicht bin ich auch inzwischen so sensibiliert, dass ich schon teilweise unvermeidlichen bzw. nett gemeinten Dingen zu viel Beachtung beimesse.

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