Unbewusst missbraucht?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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astatine
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Unbewusst missbraucht?

Beitrag Mi., 08.08.2012, 21:14

Hallo ihr Lieben,

ich bin neu hier und möchte hier schreiben, was ich nicht aussprechen kann. Dennoch fällt es mir trotz der Anonymität hier sehr schwer, mich überhaupt zu äußern. Nehmt es mir also nicht übel, wenn das jetzt alles ein bisschen wirr geschrieben ist.

Ich bin die Jüngste in unserer Familie und habe zwei ältere Brüder, mit denen ich auch soweit klar kam. Allerdings erinnere ich mich an einen Tag, ich war schätzungsweise 8 oder 9 Jahre alt, als ich mit meinem ältesten Bruder (er war ca. 15) alleine zu Hause war. Er fing spielerisch an mich zu kitzeln, bis er mir dann in die Hose griff, mich dann "anfasste" und fest hielt. Ich konnte mich dann aus seinem Griff befreien, bin in mein Zimmer gerannt und hab mich auf das Bett geworfen. Ich hatte solche Angst und wollte allein sein. Mein Bruder kam mir aber nach und hat wieder angefangen mich zu "kitzeln". Ich habe geschrien und irgendwann hat er mich losgelassen und ist aus dem Zimmer gegangen.

Bisher habe ich mit absolut niemandem darüber gesprochen. Ich habe das alles irgendwie verdrängt, als Albtraum abgetan oder einfach herunter gespielt. Einige Zeit gelingt es mir das zu vergessen, dann kommen die Erinnerungen wieder und ich bekomme Panikattaken und Weinkrämpfe. Dann denke ich, "dein Benehmen ist total lächerlich und so verhält sich kein erwachsener Mensch. Schließlich ist es nur einmal passiert und er wusste sicher nicht, was er tat. Das hat absolut keine Bedeutung."
Ich merke aber, dass ich bis heute mehr oder weniger Panik bekomme, wenn er mich berührt. Besonders wenn es plötzlich passiert, bin ich sehr schreckhaft.
In letzter Zeit ist es besonders schlimm und ich habe Probleme mit dem Einschlafen und bin immer müde.
Für mich ist das Schlimmste jedoch, dass ich vor ein paar Tagen, meinem Freund eine Formelsammlung für eine Prüfung hätte bringen sollen. Da ich aber total übermüdet war, habe ich verschlafen und er konnte einige Aufgaben nicht lösen. Er ist jetzt sehr sauer, zumal er gute Noten braucht, dass er sein Stipendium behält. Ich habe üble Schuldgefühle und bin total verzweifelt. Mir fehlt gerade einfach der Durchblick, um aus dieser Situation wieder herauszukommen.

Hat jemand eine Idee, wie ich das alles wieder in den Griff bekomme?

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yamaha1234
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Beitrag Mi., 08.08.2012, 22:11

Hast du denn ansonsten ein gutes Verhältnis zu deinem Bruder? Falls ja, sprich doch mit ihm über deine Gefühle und Erinnerungen, vielleicht hat er die Situation ganz anders wahrgenommen. Vielleicht könnt ihr das zusammen dann klären oder aufarbeiten.

Bei mir gab es in der Kindheit einen ähnlichen Vorfall mit meinem Onkel. Ich war 5, er war 12, wir lagen nachts im Bett und alberten rum, auf einmal griff er mir in den Schritt und kniff mich da irgendwie komisch. Ich habe ihn vor ein paar Jahren darauf angesprochen und er nahm das überhaupt nicht sexuell sondern eher in einem spielerischen Kontext wahr. Er war aber sehr erstaunt, dass mich das belastete und er entschuldigte sich dafür und versicherte mir nochmals, dass er solche Gefühle nicht in mir auslösen wollte. Damit war für mich das Thema vom Tisch. Wir waren ja auch beide noch Kinder.

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astatine
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Beitrag Mi., 08.08.2012, 22:24

Danke für die schnelle Antwort!

Das Verhältnis zu meinem Bruder ist eher distanziert. Dass ich so direkt mit ihm darüber sprechen könnte, glaube ich nicht. Jedenfalls nicht in nächster Zeit. Dazu fehlt mir einfach noch der Mut. Ich habe das, denke ich, einfach schon zu lange in mich reingefressen.

Aber danke für die sehr gute und hilfreiche Anregung! Jetzt geht es mir schon besser.

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yamaha1234
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Beitrag Mi., 08.08.2012, 22:30

gern geschehen! Mir fällt dazu noch ein: Während der Kindheit machte ich mir über diesen Vorfall keine Gedanken, da war es für mich irgendwie auch spielerisch. Ich fand das erst seltsam als ich mich während meiner Jugend und jungen Erwachsenzeit damit nochmals auseinander setzte, also erst nachdem ich wusste, was das hätte auch bedeuten können, also erst nachdem ich die Relevanz erkennen konnte, weißt wie ich das meine?. Heute glaube ich, dass manchmal dieses "mir geht es schlecht, weil..." Gefuehl mehr im Zusammenhang damit steht, was man sich vorstellt was passiert ist , als mit dem was tatsächlich passiert ist, also mit der tatsächlichen Handlung.

Vielleicht kannst du ihn ja in ein paar Jahren mal darauf ansprechen, oder wenn dich diese Erinnerung zu sehr belastet dich mit einem thera darüber austauschen.

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stern
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Beitrag Mi., 08.08.2012, 22:33

Puh... die eine Seite ist die, dass du dich ja mehr oder weniger fragst, was ist real genau geschehen. Und da würde ich mich yamaha1234 anschließen und überlegen, ob du es schaffen könntest mit deinem Bruder zu reden, was sich zugetragen hat (und das abzugleichen mit dem, was du weißt). Bzw. vielleicht gibt es ja noch andere Personen, die etwas dazu wissen könnten. Ich sag' mal so: je mehr man etwas aufklären kann, umso besser... also zumindest für mich sehe ich das, dass das besser ist als Unwissenheit oder nicht sicher sein, inwieweit man mehr oder weniger vagen Erinnerungen wirklich trauen kann... war es "Spiel" oder was anderes, usw. Heißt nicht, 1:1 glauben müssen, was andere sagen... aber es gibt vielleicht etwas Sicherheit, was sich real vorgetragen hat. Das kann ein Außenstehender eben nicht rekonstruieren, sondern eigentlich nur selbst Anwesende (oder jemand hat etwas mitbekommen).

Die andere Seite ist dein Befinden bzw. div. Symptome, die du hast. Irgendeinen Grund werden, die schon haben... insofern ist es nicht lächerlich, wie es dir geht. Die Symptome können mit den Vorfällen mit deinem Bruder in Verbindung stehen, müssen es aber nicht zwangsweise... also vielleicht gibt es andere Gründe/Vorfälle, aber es verlagert sich in deiner Psyche auf die Vorfälle mit deinem Bruder. Und es geht ja auch darum, was kannst du machen, dass du nicht so durch den Wind bist, und was tun wenn Albträume, Panikattacken, Weinkrämpfe, Einschlafstörungen etc. auftauchen. Da tendiere ich dazu, dir professionell helfen zu lassen. Wäre es denn für dich vorstellbar einen Psychotherapeuten um Hilfe zu bitten?

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stern
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Beitrag Mi., 08.08.2012, 22:56

yamaha1234 hat geschrieben:Während der Kindheit machte ich mir über diesen Vorfall keine Gedanken, da war es für mich irgendwie auch spielerisch. Ich fand das erst seltsam als ich mich während meiner Jugend und jungen Erwachsenzeit damit nochmals auseinander setzte, also erst nachdem ich wusste, was das hätte auch bedeuten können, also erst nachdem ich die Relevanz erkennen konnte, weißt wie ich das meine?.
Das halte ich aber für relativ normal... weil als Kind kann man ja (noch) nicht auf Basis des Kenntnisstandes einer jungen Erwachsenen urteilen. Den "reiferen" Kenntnisstand, dass es Spiel sein könnte, aber vielleicht schon die Grenzen eines Spiels verlassen haben könnte, hatte man ja damal nicht unbedingt zur Verfügung, sondern nur eine kindliche Sicht. Hätte man die einem Erwachsenen geschildert oder den Eltern, dann wären vielleicht diese (je nach Schilderungen) sehr wohl hellhörig geworden, ob es x bedeuten könnte oder y (also ein Erwachsener würde den gleichen Vorfall vielleicht doch anders bewerten als ein Kind bzw. zumindest verschiedene Bewertungen im Repertoire haben inkl. Kriterien, um gegeneinander abzuwägen... anders wie ein Kind) ... und evtl. mit dem Bruder, Onkel oder sonst wem reden, etc. Und wenn man selbst reifer wurde, kann man auch selbst mit reiferen Bewertungskriterien bewerten (die sogar im Optimalfall nicht auf dem Stand eines z.B. Dreijährigen stehen geglieben sind, sondern sich ebenfalls weiter entwickelten)
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yamaha1234
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Beitrag Do., 09.08.2012, 01:21

[quote="stern] Und wenn man selbst reifer wurde, kann man auch selbst mit reiferen Bewertungskriterien bewerten (die sogar im Optimalfall nicht auf dem Stand eines z.B. Dreijährigen stehen geglieben sind, sondern sich ebenfalls weiter entwickelten)[/quote]


das meine ich nicht. Ich finde das was ich meine geht eher in Richtung Stigmatisierung. In meinem Fall war es so, dass ich mich aufgrund des Vorfalls schlecht fühlte, weil ich mich auf einmal fast wie ein Missbrauchsopfer fühlen "musste". Wir leben alle ja in einer Gesellschaft und haben eine Vorstellung davon wie es sein muss bspw. missbraucht zu werden, es gibt gewisse gesellschaftliche Paramter (dominante Diskurse, etc.) die wir mit eigenen Erfahrungen sozusagen abgleichen können.
Kommt man nun zu dem Ergebnis missbraucht worden zu sein, ist es ja nicht länger nur etwas persönlich diffuses, was vielleicht nicht unbedingt greifbar war, aber auch nicht besonders zerstörerisch, sondern es wird dann durch die Stigmatisierung "Opfer" zusätzlich mit gesellschaftlichen Vorstellungen darüber was es bedeutet ein Opfer zu sein belastet, und dieses Opferdasein muss man ab diesem Zeitpunkt ja irgendwie mittragen. Also vielleicht geht es einem letztendlich schlechter, weil man sich nun als Opfer fühlt und nicht so sehr wegen des ursprünglichen Problems. Kannst nachvollziehen wie ich das meine?

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 09.08.2012, 01:38

Meiner Meinung nach kann man das, was die TE beschreibt, durchaus als Missbrauch werten. Und vielleicht spinn' ich jetzt 'rum, aber ich hatte den Eindruck, der mich aber auch täuschen kann, dass die bisherigen Bewertungen der Gegebenheit fast immer in eine andere Richtung gingen. Was mich etwas überrascht.

Ausschlaggebend ist dabei ja, neben der gesetzlichen Komponente, immer (und das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die mancher Psychologen, die sich mit der Thematik intensiv befasst haben - wenn es bedeutend ist, kann ich die exakten Wortlaute und die Textstellen gerne nachschlagen), wie man das, was mit einem gemacht wurde, selbst empfunden hat, bzw. empfindet - und darüber hat astatine sich ja schon ziemlich klar geäussert.

Zum Thema "missbraucht werden, sich aber nicht missbraucht fühlen" will ich mich lieber nicht äussern.

Ansonsten neige ich dazu, stern zuzustimmen, und glaube auch, dass Psychotherapie dabei helfen könnte, damit fertig zu werden - wenn astatine für sich die Möglichkeit in Betracht ziehen kann.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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yamaha1234
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Beitrag Do., 09.08.2012, 01:59

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Ausschlaggebend ist dabei ja, neben der gesetzlichen Komponente, immer (und das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die mancher Psychologen, die sich mit der Thematik intensiv befasst haben - wenn es bedeutend ist, kann ich die exakten Wortlaute und die Textstellen gerne nachschlagen), wie man das, was mit einem gemacht wurde, selbst empfunden hat, bzw. empfindet - und darüber hat astatine sich ja schon ziemlich klar geäussert.
Ob jetzt deine, meine, oder die der Therapeuten, es sind alles nur Meinungen, niemand kennt die absolute Wahrheit......

Was ich sagen will ist, dass man am besten mal genau schaut warum man sich fühlt wie man sich fühlt. Liegt das am Ereignis, liegt es an der Stigmatisierung? Gibt es einen anderen Grund? Vielleicht lässt sich das Gefühl differenzieren, vielleicht auch nicht. Und eine therapeutische Beratung ist sicher in solch einem Fall niemals verkehrt.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 09.08.2012, 02:08

Natürlich kennt die niemand. Aber ich finde es einigermassen seltsam, wenn man bei einem so hoch sensiblen Thema wie Missbrauch (und das kannst du dir von jedem bestätigen lassen, der ihn erlebt hat und massive Schäden davon getragen hat) als Erstes bezweifelt, dass das, was astatine erlebt hat, als Missbrauch zu werten ist.

Und sicher kann und soll man die Gefühle, die man hat, genauer anschauen und herausfinden, woher sie herrühren. Aber auch hier wieder: Ich finde es seltsam, das manche offenbar (und ich kann mich irren) eher davon ausgehen, dass das, worunter sie leidet, von einer Stigmatisierung in dem Zusammenhang, wie du beschrieben hast, oder einem anderen Grund herrührt, und nicht vom Erlebnis selbst.

Auch wenn ich annehme, dass du ebenso aus deinen Erfahrungen heraus argumentierst wie ich aus Meinen.

Meine Sorge gilt immer einem (möglichen) Missbrauchsopfer, dem man noch mehr Schaden zufügt, als es ohnehin schon davon getragen hat - womit ich dir nicht Selbiges unterstellen will.

Ich wollte es nur 'mal generell festgehalten haben.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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yamaha1234
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Beitrag Do., 09.08.2012, 02:13

ExtraordinaryGirl hat geschrieben:Natürlich kennt die niemand. Aber ich finde es einigermassen seltsam, wenn man bei einem so hoch sensiblen Thema wie Missbrauch (und das kannst du dir von jedem bestätigen lassen, der ihn erlebt hat und massive Schäden davon getragen hat) als Erstes bezweifelt, dass das, was astatine erlebt hat, als Missbrauch zu werten ist.

Lies bitte richtig, das habe ich nicht in Frage gestellt. Vermutlich hast Du nicht verstanden was ich meinte, in solch einem Fall hilft aber nachfragen, anstatt zu projizieren.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 09.08.2012, 02:18

Projizieren - der war gut. Ich würde dir direkt das Selbe unterstellen, wenn ich etwas davon halten würde, dass "Du projizierst!" hier offenbar mehr und mehr als Totschlagargument verwendet wird.

Aber bitte - erkläre dich. Denn ich habe deine Beiträge noch einmal durchgelesen und soweit ich das beurteilen kann, zweifelst du es durchaus an - wenn auch nicht mit so klaren Worten.

Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Beitrag Do., 09.08.2012, 02:23

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Was genau verstehst du denn daran nicht? Ich weiß ja nicht wo ich ansetzen soll, und das komplett alles nochmals in anderen Worten zu erklären, ist mir zu anstrengend. Sag mir doch einfach was dich konkret zu dem Schluss kommen lässt, dass ich der TE unterstelle sie würde sich das nur einbilden. Wo habe ich das geschrieben?

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Beitrag Do., 09.08.2012, 02:40

Na, jetzt drehst du mir die Worte im Mund um. So habe ich das nicht geschrieben. Aber ich kann mir gerne die Mühe machen und die Textpassagen heraussuchen, die für mich etwas zu sehr nach Verharmlosung klingen (und, um das noch einmal zu erwähnen - es KANN tatsächlich harmlos gewesen sein, was die TE erlebt hat. Aber als Erstes darauf zu schliessen, finde ich bedenklich).
Ich habe ihn vor ein paar Jahren darauf angesprochen und er nahm das überhaupt nicht sexuell sondern eher in einem spielerischen Kontext wahr. Er war aber sehr erstaunt, dass mich das belastete und er entschuldigte sich dafür und versicherte mir nochmals, dass er solche Gefühle nicht in mir auslösen wollte. Damit war für mich das Thema vom Tisch. Wir waren ja auch beide noch Kinder.
Wobei ich gar nicht verstehe, welche Aussagekraft es hat, dass dein Onkel gesagt hat, dass er es im spielerischen Kontext wahrgenommen hat und erstaunt darüber war, dass dich das belastet hat und solche Gefühle nicht in dir auslösen wollte.

Wie viele Pädophile würden das Gleiche sagen, bzw. wären ebenso erstaunt?

Und dabei will ich deinem ONKEL nichts unterstellen, sondern meine nur: Das ist nicht wirklich aussagekräftig.

Dann noch das (und ich weiss, es ist ein langes Zitat, aber irgendwie drücken alle diese Sätze gerade das aus, was für mich aussagekräftig ist)
Wir leben alle ja in einer Gesellschaft und haben eine Vorstellung davon wie es sein muss bspw. missbraucht zu werden, es gibt gewisse gesellschaftliche Paramter (dominante Diskurse, etc.) die wir mit eigenen Erfahrungen sozusagen abgleichen können.
Kommt man nun zu dem Ergebnis missbraucht worden zu sein, ist es ja nicht länger nur etwas persönlich diffuses, was vielleicht nicht unbedingt greifbar war, aber auch nicht besonders zerstörerisch, sondern es wird dann durch die Stigmatisierung "Opfer" zusätzlich mit gesellschaftlichen Vorstellungen darüber was es bedeutet ein Opfer zu sein belastet, und dieses Opferdasein muss man ab diesem Zeitpunkt ja irgendwie mittragen. Also vielleicht geht es einem letztendlich schlechter, weil man sich nun als Opfer fühlt und nicht so sehr wegen des ursprünglichen Problems.
Beschreibst du damit nur deine Gedanken, auf deine Erfahrung bezogen, oder bist du der Meinung, dass das auf viele Missbrauchsopfer zutrifft? Bei Ersterem würde ich persönlich sagen: Völlig o.k.

Aber bei Zweiterem bitte ich darum, sich in Erinnerung zu rufen, welche Schäden Missbrauch (und zwar das Erlebnis an sich) anrichten kann. Und da ist nichts mit Projektion meinerseits, weil das nicht nur mich betrifft. Beileibe nicht. Es ist und bleibt ein hoch sensibles Thema, und ich finde es nur angemessen, dass man das entsprechend berücksichtigt.
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Beitrag Do., 09.08.2012, 03:00

Oh je. Da wurde ja was los getreten.
Nehmt es mir nicht übel, wenn ich mich aus dieser Diskussion raus halte.

Dass die Gesellschaft einem ein gewisses Bild von Missbrauch suggeriert, halte ich für einen sehr interessanten Gedanken. Gut möglich, dass das in mein Empfinden mit einspielt. Ich nehme das mal als Denkanstoß. Nichtsdestotrotz habe ich mich direkt nach dem Erlebnis extrem schlecht gefühlt, ich wusste, dass das, was passiert ist, nicht richtig war. Ich hatte noch den Gedanken, dass mein Bruder das vermutlich tatsächlich nur als kitzeln verstanden hat, weil er in der Schule womöglich vom "Kitzler" gelernt hat... Dann dachte er, er müsste das ausprobieren?! Ich weiß es nicht. Wobei ich das WARUM letztendlich wohl wirklich an meinen Bruder richten sollte.

Eine Therapie oder vorerst eine psychologische Beratung habe ich schon in Betracht gezogen, allerdings hatte ich Hemmungen darüber zu sprechen. Konnte es nicht, obwohl ich eigentlich wollte. Außerdem wollte ich nicht, dass sich das alles negativ auf das Familienverhältnis auswirkt. In diesem Sinne hat es mir jetzt sehr geholfen, dass hier darüber diskutiert wird und ich denke ich kann alles etwas rationaler betrachten. Ich werde mal bei einer Beratungsstelle vorbeischauen.

Ich kann gar nicht sagen, wie gut es mir getan hat, dass das jetzt endlich raus ist und ich ein Teil meines Päckchens abgeben konnte. Danke dafür an alle!

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