Wie geht man mit Borderliner-Aggressivität um?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Vrisea
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Wie geht man mit Borderliner-Aggressivität um?

Beitrag Fr., 15.01.2010, 19:35

Hallo Ihr,

ivielleicht hat ja jemand Tipps bezüglich meines Freundes. Ich habe zwar selber noch nie was abbekommen, aber gestern war das Maß voll.

Er hat mich um 4 Uhr morgens angerufen (ich kenne diese späten Anrufe schon, beantworte die je nach Lust und Laune) und gesagt, er sei in xy und ich solle ihn doch mit einem Taxi abholen. Ich hab ihn ausgelacht und gesagt, dass ich garantiert nicht aufstehen werde, aber ich könnte ihm ja ein Taxi rufen damit er herkommen kann.

Er war ziemlich angespannt, beschwerte sich unentwegt und hat mich beschimpft beim warten. Ich hab gekontert dass er ja auch nach Hause gehen könnte, was ihn wie immer sofort still gemacht hat. Außerdem sagte ich ihm, daß er das Taxi bezahlen muss (nahm sich schon mal ein Taxi ohne Geld. Damals hab ich ihn nicht vom Treffpunkt abgeholt und folglich nix bezahlt).
Dann fing er wieder an und sagte mir, er wird mich nach Strich und Faden verpügeln. Ich hab ihn wieder ausgelacht und meinte, er darf mir höchstens auf den Po klapsen. Dann ignorierte er mich und sagte dem Taxifahrer, dass er kein Geld beihabe, seine Freundin sauer auf ihn sei und er vorher zur Bank müsse. Er sei ja ein guter Junge und würde nicht weglaufen.

Da hab ich aufgelegt und schon geahnt, dass er weglaufen wird. Nun ja, er kam und hatte eine aufgerissene Faust und hat sich geweigert, mir zu erzählen, wie es dazu kam. Am nächsten Morgen meinte er, er ist wahrscheinlich weggelaufen. Er war die Nacht über auch ziemlich angespannt, hat mich im Treppenhaus (wir waren Tabak kaufen) spielerisch gegen die Wohnungstüren geschubst so gegen 6Uhr morgens, nachdem ich mit ihm dasselbe spielerisch im Hausflur gemacht habe und ihm Schnee in den Kragen gesteckt habe (wir beide LIEBEN diese spielerischen Aggressionen, das tut unheimlich gut).

Wir haben bis um 10 Uhr morgens gesprochen und sind friedlich eingeschlafen.

Nun denke ich mir 2 Sachen.
a) Ich hab ohne unterdrückte Nummer angerufen beim Taxi Stand. Wenn er den Taxifahrer wirklich verprügelt hat und die Polizei bei mir vor der Tür steht oder anruft, ist bei mir die Loyalität zu Ende. Ich würde denen alle Details geben. Ich hab ein großes Problem mit Aggressionen und dulde psychische Aggression nur in sehr engen Grenzen, physische eigentlich gar nicht. Diese Situation ist aber neu für mich.
b) Wenn nichts passiert von Seiten der Polizei, muss ich Mittel zum Selbstschutz ergreifen um diese Aggressionen von mir abzulenken. Wie könnten diese am Besten aussehen? Backup durch nen Anwalt hab ich durch ne Sache, die mit meiner Schwester zu tun hat (für sie, nicht gegen sie). Mir gehts um konkrete Deeskalationsstrategien.

Zu ihm: Hardcore Borderliner, wie mancher sich dass vielleicht auch schon gedacht hat. So ziemlich die ganze Palette an Symptomen trifft zu, nur Hungern anstatt Fressanfälle kriegen tut er und das Ritzen kompensiert er durch die Fokussierung der Wut auf andere Leute.

Zu mir: Älteste Schwester von 3en, mittlere hat bereits Borderline diagnostiziert bekommen, kleine hat auch schon mit dem Ritzen angefangen, ist aber durch eine Beziehung gerade stabilisiert.
Hab nie ne Therapie gemacht, war aber in der Vergangenheit emotional ziemlich instabil. Kein Ritzen, war sogar immer ziemlich wehrlos gegen Aggressionen und Ausnutzung (könnte mir hier nen Fluss zusammenheulen, brauch ich aber nicht mehr).
Mir gehts jetzt soweit eigentlich ganz gut, mach gerade meine Diplomprüfungen und hab auch einige stabile Freundschaften.

So, also. Wie gehe ich mit Borderliner-Wutausbrüchen um? Bin ich in akuter Gefahr? Mich hat er noch nie bedroht, bis gestern verbal. Ich lache meistens wenn er mich mit üblen Schimpfnamen belegt, und es ist ein gemeinsames Spiel, dass ich seine Absichten (Schnee, Poklapse, etc) vorraussehe und vereitele und er liebt das an mir.
Und das zweite ist, wie mach ich ihm klar, dass er ne Therapie braucht. Ich muss die ahnungslosen Leute "draußen" schützen und ich weiß ziemlich genau, wie ER sich fühlt, aus MEINER Vergangenheit heraus. Er hat wohl schon dutzende Therapien abgebrochen und beschimpft Psychater als "nutzlose.. (bitte einsetzen)" während er sich selbst übersetzt überstolzer arroganter nutzloser Kerl nennt. Den ich auch schon ein paar Mal hab heulen sehen. Hilft aber alles nix sobald es zu Aggressionen kommt.

Hat jemand hilfreiche Tipps?

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worst case
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 07:30

guten morgen vrisea,

was siehst du für eine zukunft für euch zwei?

was gibt die diese partnerschaft?

sieht so aus, als bräuchte dein freund behandlung. und was du machst ist eher pseudo therapeuten-like. du läßt grenzübergriffe zu und versuchst ihn zu lenken.

was für tips erhoffst du dir? da beißen sich ganz andere die zähne dran aus!
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Vrisea
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 11:34

Ich sehe das Ganze eher so wie die Geschichte der Ronja Räubertochter. Wie falle ich nicht in den Graben? Indem ich übe, nicht in den Graben zu fallen.
Mit seinen ganzen Manipulationsversuchen, Wutausbrüchen und was auch immer zeigt er mir ja auch deutlich meine Schwächen auf. Es ist mein persönliches Strategiespiel, aus Schachsituationen, die er mir setzt, wieder rauszukommen und das ganze möglichst umzudrehen. Stichwort Co-Abhängigkeit, diese ganzen Charakteristika trafen auf mich zu, bis ich mich entschieden habe, mal daran zu arbeiten (auch mit Vorbildern aus meinem Freundeskreis). Ich hab einfach mal keinen Bock mehr auf die liebe, gutmütige und leidende Beziehungspartnerin, also genau das Gegenteil meiner Mutter. Mit dem Feuer zu spielen, heißt sich aber auch Verbrennungen zuzuziehen, das ist mir klar.

Mir ist auch ziemlich klar, dass das mit uns beiden nichts längerfristiges wird, deswegen bin ich auch ziemlich entspannt wegen der ganzen Grenzverstöße (die faszinieren mich ja schon manchmal) und mach mir eigentlich auch keinen großen Kopf (leiden tue ich für den nicht). Die Drohung gegen mich hat mich allerdings erschreckt, und aus diesem Gefühl heraus, dass mir das Spiel über den Kopf wachsen könnte, habe ich hier gepostet. Natürlich will ich auch wissen, was ihr so darüber denkt und will durch kritische Fragen gezwungen werden, auch in Richtungen zu denken, die ich vielleicht sonst nicht erkannt oder lieber vermieden hätte. Also immer raus mit den Meinungen, wenn Langeweile herrscht

Der klassische Selbstheilungsweg führt ja immer über nen Therapeuten, und ich müsste eigentlich auch mal dahin. Durch die Beschäftigung mit ihm hab ich gemerkt, dass mich irgendwas aus der Kindheit verfolgt, was ziemlich traumatisch sein muss. Man verdrängt sowas ja so gerne und kleistert sich zu mit Musik, Büchern, Tanzen und Arbeit und sagt sich, alles ist toll, alles ist wunderbar. Isses aber nicht, durch ihn wurde ich schon mal zu dieser Einsicht gezwungen.

Ich hab aber etwas Schiss vor dem Therapeuten - ich muss ja noch meine Diplomarbeit schreiben und vor mir selber kann ich nicht wirklich wegrennen, falls zuviel Traumazeugs hochkommt? Bei ihm geht das ja. Wenn ich merke, es wird zuviel, kann ich wegrennen (oder weggeschleift werden falls meine eigene Verlustangst zuschlägt - meine Freunde und meine Familie haben mir schon klargemacht, was sie von ihm halten).
Hihi, der Gute sorgt ja schon selber dafür, mich nicht zu oft "zu belasten" und lässt seine Macken woanders aus, weil er weiß, dass ich sonst gehen könnte.
Das Beste, was ich für ihn tun kann, ist ihn zu mögen wenn er es am wenigsten verdient hat, und ihn zu verlassen, wenn er es am meisten verdient hat. Perverse Logik. Aber das Ganze wird vielleicht auch mal von so lieben unter Boderlinern leidenden Menschen gelesen, denen vielleicht dann auch mal die Augen aufgehen, dass sie viel mehr mit sich selbst ein Problem haben als mit ihrem Partner. Vielleicht begreifen die ja dann, dass, sobald man nur einmal leidet, das Spiel schon verloren hat und nur noch die Wahl zwischen einem guten und einem schlechten Verlierer hat. Das Spiel nicht zu verlieren, schaffen die wenigsten. Ich weiß auch, dass ich es verlieren werde, irgendwann in den nächsten 2 Monaten, und ich hab mir Hilfe besorgt wenn es dazu kommt.

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candle
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 11:44

Strategiespiele machen kaputt. Warum machst Du das? Bist Du selber auch betroffen?

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Vrisea
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 12:28

Nun ja..

wie gesagt, ich hab mich nie geritzt oder mir absichtlich wehgetan. Hm, etwas tollpatschig manchmal. Meine Schwestern sind da krasser. Durch die Diagnose Borderline bei meiner mittleren und das Ritzen bei meiner kleineren kam mir dann auch der Gedanke, dass Äpfel ja nie weit vom Stamm fallen und ich hab ein paar Computer Screening Tests gemacht. Verdacht auf Borderline ist da (warn glaub ich 60 von 100 Punkten). Dazu gehören so typische Sachen wie Alk und mehr, viele Typen, dissoziatives Zeugs (heute eigentlich nicht so oft, früher stärker). Früher hatte ich auch wenig Freunde, auch weil ich ziemlich Schiss vor Menschen hatte. Jetzt ist das ziemlich anders, die Leute lieben mich für meine ehrliche Meinung, meine Schlagfertigkeit, meine Fähigkeit, mich auf sehr viele Sachen einzustellen. Aber ich spiegel Leute ziemlich oft, ich weiß was Leute mögen.
Ugh, jemand anderem hätte ich sofort gesagt, geh gleich zum Therapeuten, das bringt doch alles nix, schlecht + schlecht macht kein gut.

Aber irgendwie, ich weiß nicht. Da muss ich glaub ich noch eine von ihm reingewürgt bekommen, bis ich das akzeptiere. Sch***stolz. Soll nur nicht mit nem gebrochenen Arm enden oder so. Der Fluch der Bordis ist ja auch ihre Gabe. Im Idealfall läuft das so ab, dass ich irgendwann meinen Hintern endlich zum Therapeuten bewege und erfahre, ob ich nun auch einer bin oder nur das Psycho-Abbild meiner Schwester mit verschiedenen Traumata. Ehrlich gesagt, ich hätte schon großen Schiss vor der Diagnose Borderline, vielleicht hält mich ja das zurück. Ja, ich denke fast.

Wow, danke für die Antworten, ich merke da werden gezielt die Knackpunkte angesteuert. Jetzt weiß ich, warum ich nich zum Therapeuten will und dass ich mich hier eigentlich selber austrickse durchs ins Messer laufen. :p

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candle
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 12:39

Nun ja, Ihr würgt Euch gegenseitig eines rein, dabei müßte jeder für den anderen Verständnis haben.

Ich denke Eure Beziehung wird so weitergehen. Ob das gut ist? Aber Ihr könnt wohl beide nicht anders...

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Beitrag Sa., 16.01.2010, 12:39

Angst davor wahrscheinlich, weil ich sehe, was es mit meiner Schwester gemacht hat. Ugh, hilft ja alles nix. Ok, Therapeut...wie läuft das denn so ab? Meine Schwester meinte, dass die Krankenkasse bei jedem kleinsten Sch*** bei ihren Lehrern/ihrem Arbeitgeber nachfragt. Na, das möchte ich ja vermeiden.

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Beitrag Sa., 16.01.2010, 12:40

Das stimmt so nicht. Keiner fragt wo nach. Gehe mal zum Hausarzt, der Dich vielleicht direkt an einen Therapeuten überweisen kann.

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Südstern
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 13:09

Wie gehe ich mit Borderliner-Wutausbrüchen um
nicht jeder Borderliner ist aggressiv und nicht jeder neigt zu Wutausbrüchen

Die Frage ist anders, was hält Dich in einer Beziehung mit solchen
destruktiven Umgang miteinander?

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Vrisea
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 15:40

Gute Frage Südstern. Darüber muss ich wohl noch etwas meditieren, aber ich weiß, dass ich ein großes Problem mit Aggressionen hab. Naja, nicht verwunderlich wenn Mutti überfordert war und sich nur mit Schlägen helfen konnte (plus Bluthochdruck). Wir waren ja allesamt kleine Teufel, und sie war allein weil mein Papa gestorben ist als ich 4 war und meine mittlere Schwester noch im Bauch.

Eh, ja. Autsch. Der Gedanke fühlt sich an wie Salz in der Wunde. Ich bin wohl am Wiederholen von Mustern, dann? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Wut damals irgendwie abgespalten habe. Mit meinem Freund kommt sie wieder und es fühlt sich gut an. Deswegen bin ich ja noch mit ihm zusammen, obwohl er sich bereits ne Menge Schrott erlaubt hat, den ich mit anderen Menschen gar nicht dulden würde.

Danke für die Info, candle. Das wärs ja, meine Karriere kaputt machen durch Psychozeugs, so wie es meiner Schwester passiert ist, wahrscheinlich noch ein Grund, warum ich immer nen großen Bogen um die Seelenklempner gemacht hab. Meine Schwester liest Menschen wie Bücher und hat den Psychologen immer selbst irgendwelche Störungen angehangen. Wird mir bestimmt auch passieren...Mal schauen, ob ich jemanden finde mit Rückgrat, der mich das nicht machen lässt und mir gleichzeitig keine Angst einjagt.

Psychologen-Shopping, hehe. Auf in das Land der Dschungel, Sümpfe und Krokodile, der Indiana Jones der Psychokrankheiten. Ich sende mal einen Travel Blog so ab und an, wenn ich nicht mehr antworte, heißt das wohl, ich war zu feige. Eigentlich bin ich nämlich ne feige Nuss. :p
So, das nur damit ich das ja nicht auf mir sitzen lasse, erzeugt etwas mehr Druck

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Vrisea
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Beitrag Sa., 16.01.2010, 16:15

Oh wow, cooles Forum hier, verdammt viel Inhalt, hätte ich auch früher sehen können. Aber ich mach jetzt mal ne Pause von meinem Gehirn, da muss ja noch soooo viel Lernstoff rein.....

Vielen Dank nochmal für eure Anmerkungen! Auf vieles bin ich ja schon vorher gekommen, aber irgendwie wirds wahrer wenn man drüber spricht/das von anderen hört. Obwohl...hm. Habs ja schon ein paar Mal von anderen gehört. Aber wollt mich nie wirklich mit beschäftigen, hab immer nur an anderen rumgedoktort und meine Freunde für Psychos erklärt (was sie bestimmt auch waren, hehe. Wer ist schon gesund, und vor allem, ist gesund denn interessant).

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