Psychische Gewalt in der Kindheit?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Steandal
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Psychische Gewalt in der Kindheit?

Beitrag Mo., 26.06.2017, 19:55

Hallo liebe Forumsgemeinde! :-)
Ich weiß garnicht wie ich anfangen soll. Ich bin 37 Jahre alt.
Durch Schicksalsschläge letztes Jahr stand ich kurz vor einem körperlichen und seelischen Zusammenbruch, sodass mir meine Partnerin nahegelegt hat, mir psychologische Hilfe zu holen.
In der Therapie spreche ich nun v.a. über meine Kindheit. Ich weiß nicht, ob ich der Therapeutin recht geben kann. Sie meinte , meine Kindheit sei durch psychische Gewalt geprägt gewesen.
Ich weiß, dass ich und meine Geschwister als Kinder täglich angebrüllt wurden. Und zwar von meiner Mutter. An normales Sprechen kann ich mich garnicht erinnern. Da war nur ein aggressives Zischen und Geschrei. Egal was ich tat oder nicht tat, es wurde gebrüllt. Wir seien Dreckschweine und sie müsse ständig hinter uns her putzen, ich sei dumm, solle nicht ständig heulen und rumspinnen. Ich sei hässlich. Nicht mal auf ein Gruppenbild mit meiner Großmutter durfte ich mit rauf. Ich sei zu hässlich, nicht so ein herziges Mädchen wie meine Cousine. Meine Großmutter nannte mich "liebevoll" die Schiache (=Hässliche). Fotos aus Kindergarten und Schule wollte meine Mutter nicht von mir. Ich sähe aus wie eine Hexe, einfach furchtbar. Außerdem, was das wieder koste...
Meine Mutter hat mich nie in den Arm genommen. Eigentlich erinnere ich mich nur daran, dass sie mich beim Haarewaschen berührt hat und da so grob, dass es mir weh getan hat. Kein an die Hand nehmen, kein Bussi, das gab es nicht. Sie halte einfach nichts von diesem blöden Herumgetue. Außerdem wolle das mein Vater nicht,
Sie hat mich nur ein zwei mal geschlagen und einmal bin ich ihr entkommen. Da weiß ich allerdings wirklich nicht, was sie mit mir gemacht hätte.
Meine zwei älteren Geschwister wurden schlimm verprügelt von ihr. Deswegen meinen die zwei auch heute, wir zwei jüngeren hätten es doch schön gehabt,
Sie hat mir sehr früh erzählt, dass ich ein Unfall war. Sie meinte , sie hätte damals gedacht, einer mehr zum Durchfüttern wäre auch schon egal. Meine Großmutter bot ihr Geld für eine Abtreibung, weil sie es als Schande sah, so viele Kinder zu haben.
Meine Geschwister haben mir oft weh getan. Ich bin die Jüngste. Von Finger in die Steckdose, Türe an den Kopf schlagen, in der Bettzeuglade einsperren und sich drauflegen, sodass ich nicht mehr raus konnte, Beleidigungen, und in die Brennesseln setzen war da alles dabei.
Dazu kommt , dass ich homosexuell bin. Meine Eltern wissen dies nicht. Sie sind beide homophob und wollen mit "solchen Leuten" - wie sie immer sagen, garnichts zu tun haben. Sie halten Homosexualität für eine Krankheit.
Kontakt habe ich kaum zu meinen Eltern und auch nicht zu meinen Geschwistern. Mein ältester Bruder redet seit Jahren nicht mehr mit mir, weil seine Frau auch homophob ist und er nun anscheinend auch so denkt.
Wenn meine Mutter anruft und mal wirklich fragt, wie es mir geht, dann weiß ich , dass sie Geld braucht. Und ich gebe es ihr. Irgendwie fühle ich mich verantwortlich. Schließlich hat sie ja meine Ausbildung bezahlt. Meine Partnerin kann das überhaupt nicht verstehen und ich selber irgendwie auch nicht.
Es ist so, dass meine Mutter eine wirklich sehr grausame Kindheit hatte. Sie denkt deswegen auch, dass sie uns wirklich toll erzogen hat. Wenn ich nun ihre mit meiner Kindheit vergleiche , dann hatte ich es wirklich nicht so schlecht. Es fällt mir schwer meine Mutter- wie meine Therapeutin- als Täterin zu sehen. Schließlich hatte sie die Hölle als Kind und konnte und wusste es dann auch nicht besser.
Ich habe viele Probleme mit mir , von denen mein Umfeld aber nichts merkt, weil ich eine gute Fassade aufgebaut habe. Alle denken ich sei stark und taff, aber in mir drinnen sieht es ganz anders aus. Ich kann meine Kindheit irgendwie nicht so von psychischer Gewalt geprägt sehen. Ich weiß auch nicht warum.Kennt hier das vielleicht jemand? Ich kann mich auch nur an die Situationen erinnern, aber nicht wie ich mich dabei gefühlt habe. Als hätte ich nichts gefühlt damals.Ist das nicht seltsam? Bilde ich mir das alles ein? War es halb so wild ? Oder bin und war ich einfach zu schwach für eine strenge Erziehung? Wäre schön, wenn ihr mir eure Gedanken dazu mitteilen könntet!

Alles Liebe
Steandal

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shesmovedon
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Beiträge: 2203

Beitrag Mo., 26.06.2017, 20:10

Dass du dich nicht an die Gefühle erinnern kannst, könnte dadurch kommen, dass du sie abgespalten hast, weil sie für dich eben unerträglich waren.
Deine Mutter hat schon schlimme Dinge mit dir gemacht. Ich kann aber auch verstehen, dass du das verharmlost. Das kenne ich auch von mir, dass ich Dinge verharmlose, weil's einfach für mich dadurch erträglicher ist.
Ich will dir gar nicht raten, deiner Mutter kein Geld mehr zu geben, denn ich kann das schon nachvollziehen, es ist eben die Mutter und es muss aus dir heraus kommen, dies nicht mehr zu tun. Das ist eine ganz individuelle Entscheidung inwieweit man zu Eltern, Geschwistern, Tätern noch Kontakt haben will oder nicht.
Manchen hilft es den Kontakt völlig einzustellen, andere halten den Kontakt. Beide können es schaffen, dass es ihnen durch Therapie wieder besser geht.

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Sinarellas
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Beiträge: 2125

Beitrag Mo., 26.06.2017, 20:38

das ding ist das: Vergleiche nicht deinen Schmerz und dein Erlebnis mit denen von anderen. Auch nicht das von deiner Mutter. Gut, dass du verstehst, wie es zu der ganzen Situation ungefähr kommen konnte, aber es wäre ihr beschissen PFLICHT gewesen das Handeln ihrer Mutter zu reflektieren und ANDERS zu den eigenen Kindern zu sein. Dieses übertragen der Traumatas und des emotionalen und körperlichen Missbrauchs ist sowas von gang und gebe gerade in dieser Generation.

Ich begreife auch warum meine Mutter missbräuchlich gehandelt hat und verstehe wie schwer sie es hatte, TROTZDEM hatte SIE NIE ein Recht mich emotional und körperlich zu missbrauchen.

Deine Mutter IST eine Täterin ob du willst oder nicht auch völlig egal ob du das akzeptierst und es ist auch irrelevant. das ding ist du mußt jetzt wissen wie du damit umgehst. Trägst du ihren Misbrauch weiter in dein Umfeld? Reflektierst du dich? Wirst du genauso handeln ? Nein? Wirst du dich damit ausseinandersetzen? Ja? Wirst du den kontakt weiter pflegen?

Entweder du brichst den Kontakt ab
oder
Du nimmst ihn erneut auf bzw hälst ihn weiter und erträgst ihre kranke Seele und ihr Missbrauchstum
oder
du minimierst den Kontakt auf ein erträgliches Maß indem du zurecht kommst aber dich nicht weiter von ihr missbrauchen lässt durch worte und krankes gedankengut.

sie hat ihre krankheit und ihre traumatas nie in Angriff genommen obwohl es ihre VERDAMMTE PFLICHT gewesen wäre.
Überlege gut wieviel Kontakt für dich wichtig ist und wieviel du von ihr in deinem Leben brauchst.

Gleiches gilt für deine Geschwister.

Nabel dich ab.
..:..

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Martha-L.
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Beiträge: 64

Beitrag Di., 27.06.2017, 19:12

Deine Geschichte fühlt sich sehr bedrückend an, lieblos und das tut mir für Dich in der Seele weh.

Ich sehe es auch so, dass es so belastend war, dass die Gefühle zu diesen Situationen abgespalten wurden.

Es kann ja sein, dass Deine Mutter eine schlimme Geschichte hatte, ABER SIE hatte die Verantwortung für Dich. Sie hätte diese spürbare Eiseskälte nicht an dich weitergeben dürfen, hätte sich Hilfe holen müssen, so dass es den Kindern gut gehen kann. Das ist Vernachlässigung und das ist wirklich schlimm.

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