Hallo Hexe !
Vielleicht lohnt es sich, über eine - die laufende Therapie ergänzende - Sexualtherapie nachzudenken ? Ob das aktuell der richtige Zeitpunkt für solche Überlegungen ist, weiß ich nicht.
Generell verhält es sich wohl so, daß Opfer sexueller Gewalt zur Sexualisierung neigen - also einer sehr starken, häufig von Paraphilien oder Deviationen geprägten Sexualität, die auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Betroffenen dominieren kann - oder aber umgekehrt einer Art "verkrampften Asexualität". Das muß auch nicht bei jedem Opfer der Fall sein - je nach den Umständen kann es, wie ich gelesen habe, sogar Kindern sehr gut gelingen, einen (nicht familiären) Mißbrauch zu verarbeiten, so daß auch ihre spätere erwachsene Sexualität "unaufällig" bleibt. Aber sexuelle Störungen in der einen oder anderen Richtung und Ausprägung sind wohl recht häufig.
Ich gehöre zur ersten Fallgruppe der Sexualisierten. Das hat Vor- und Nachteile. Ich habe über weite Zeiten meines Lebens sehr darunter gelitten, eine abweichende, deviate "versaute, verdorbene und perverse" Sexualität zu haben, "annehmen", ausleben und irgendwie in mein an für sich eher konservatives Leben zu integrieren. Aber das hat im Ergebnis ganz gut geklappt, der diesbezügliche gesellschaftliche Wandel ist mir auch entgegengekommen. Heute bin ich sehr froh über meine Sexualität, so wie sie ist, kann sie sogar psychotherapeutisch einsetzen. Worauf ich aber hier hinauswill:
Eine der Vorteile einer solchen intensiven und abweichenden Sexualität war und ist es für mich, daß ich mich sehr früh im Leben meine Sexualität zum "Thema" machen mußte: darüber nachdenken, reden, lesen. Meine erste Berührung mit meinem heutigen Großguru Sigmund Freud war mir auch dadurch vermittelt worden - 1999, also rund 10 Jahre vor meiner Dekompensation - habe ich zum ersten Mal die "Drei Abhandlungen" gelesen, die mir meine eigene Sexualität ein großes Stück weit erklären konnten. Das macht mir heute sehr vieles leichter: auch ich muß heute noch über ziemlich unappetittliche Dinge wie Inzest und Pädosexualität nachdenken und in der Analyse auch nachfühlen.
Wer sich indessen weniger intensiv mit Sexualität "theoretisch und praktisch" befasste, tut sich mit solchen Themata wegen des immer noch wirkenden Sexualtabus meist sehr schwer.
Eine solche - wohlgemerkt: nicht ersetzende, sondern ergänzende Sexualtherapie könnte also vielleicht nicht nur bei der Entwicklung einer gesunden, "funktionierenden" Sexualität als Quell der Lebensfreude einen erheblichen Beitrag leisten, sondern darüber hinaus auch ein "mentales Rüstzeug" zur Verarbeitung der Erinnerungen an die sexuelle Gewalt zur Verfügung stellen.
Aber das ist nur so eine Anregung !
Gruß
Möbius
jeglichen Missbrauch verdrängt - geht das wirklich?
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Ja, Möbius, ich bin für meinen Teil froh darüber, meiner Sexualisierung nie wirklich nachgegangen zu sein. Ich weiß nicht, wo ich dann gelandet wäre, Schon der Anflug des Gedanken erzeugt in mir Würgereiz.
Ich denke, das ich auf einen guten Weg bin und das hoffe ich für Dich auch. Sich annehmen zu können, sich akzeptieren zu können so wie man ist, nicht nur positiv, auch seine negativen Seiten, ergibt ein authentisches Ganzes. Machen wir das Beste daraus...
LG
blackpower
Ich denke, das ich auf einen guten Weg bin und das hoffe ich für Dich auch. Sich annehmen zu können, sich akzeptieren zu können so wie man ist, nicht nur positiv, auch seine negativen Seiten, ergibt ein authentisches Ganzes. Machen wir das Beste daraus...
LG
blackpower
"Aufgeben bedeutet nicht immer, daß man schwach ist. Oft bedeutet es einfach daß man stark genug ist, etwas loszulassen, was man nicht ändern kann."
Hallo Möbius,
mein Therapeut meinte letztens, dass dies auch noch ein Thema wird und wir daran arbeiten werden, aber jetzt noch nicht ganz möglich ist, da die Erinnerungen noch zu stark sind. Aber es wird kommen.
Das ist leider für mich ein sehr heikles und schwieriges Thema und meine Denke darüber ist komplett verdreht und zweigeteilt. Aber durch die Erinnerungen, die hoch kommen, wird sehr, sehr viel verständlich, wenngleich die Tragweite des Ganzen noch mehr dadurch zu Tage tritt.
Und wenn ich deine Erklärungen richtig verstanden habe, dann würde auf mich beides zutreffen, da ein Teil in mir das eine ist und die anderen das andere, wodurch das alles noch zusätzlich kompliziert wird. Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht.
Und blackpower, jup, stimme dir zu, das Beste daraus machen ...
lg Hexe2
mein Therapeut meinte letztens, dass dies auch noch ein Thema wird und wir daran arbeiten werden, aber jetzt noch nicht ganz möglich ist, da die Erinnerungen noch zu stark sind. Aber es wird kommen.
Das ist leider für mich ein sehr heikles und schwieriges Thema und meine Denke darüber ist komplett verdreht und zweigeteilt. Aber durch die Erinnerungen, die hoch kommen, wird sehr, sehr viel verständlich, wenngleich die Tragweite des Ganzen noch mehr dadurch zu Tage tritt.
Und wenn ich deine Erklärungen richtig verstanden habe, dann würde auf mich beides zutreffen, da ein Teil in mir das eine ist und die anderen das andere, wodurch das alles noch zusätzlich kompliziert wird. Warum einfach, wenn es kompliziert auch geht.
Und blackpower, jup, stimme dir zu, das Beste daraus machen ...
lg Hexe2
@ Hexe
Diese Ambivalenz ist auch nicht untypisch - ich führe mich mal wieder selbst als Beispiel heran: ich bin von meinen ziemlich verbrecherischen Eltern nach dem Mißbrauch durch die Mutter mit brutaler Gewalt zur Körper- und Sexualfeindlichkeit "erzogen" worden, und es hat ewig gedauert, bis ich mich davon, oberflächlich gesehen, befreien konnte - meine erste heterosexuelle Beziehung hatte ich mit 26 Jahren. Danach kam dann aber bald das coming-out der Bisexualität und so einiger Paraphilien - und erstaunlicherweise habe ich mich in dieser "Szene" immer sehr gut und "erfolgreich" bewegen können, während ich im Alltag lange sehr spröde und gehemmt geblieben bin. Flirten habe ich erst in der Szene gelernt - und auf dem virtuellen Trainingsplatz der Erotik-Chats, die um 2000 herum ja groß in Mode waren ...
Diese Sexualangst und das spröde Verhalten im Alltag gehört zu meinem "falschen Selbst", daß um einen verdrängten Mißbrauch herum oftmals entsteht. Das war zumindest bei mir so gewesen. Die promiskuitive Sexualität war dagegen von dieser "desaströsen Sexualerziehung" meiner Eltern nicht erfasst gewesen, soetwas "gab es nicht" für sie - und das war mein Glück gewesen: so habe ich stets ein "Überdruckventil" gehabt.
Aber das soll hier nur ein Beispiel sein - Deine Konstellation ist ja offenbar eine ganz andere.
Es ist gut, daß Du diese Dinge in Deiner Therapie thematisieren kannst. Man muß keine übertriebene Hast veranstalten, und das alles muß ja auch in einen generellen Therapieplan und das Leben im übrigen hineinpassen !
Gruß
Möbius
Diese Ambivalenz ist auch nicht untypisch - ich führe mich mal wieder selbst als Beispiel heran: ich bin von meinen ziemlich verbrecherischen Eltern nach dem Mißbrauch durch die Mutter mit brutaler Gewalt zur Körper- und Sexualfeindlichkeit "erzogen" worden, und es hat ewig gedauert, bis ich mich davon, oberflächlich gesehen, befreien konnte - meine erste heterosexuelle Beziehung hatte ich mit 26 Jahren. Danach kam dann aber bald das coming-out der Bisexualität und so einiger Paraphilien - und erstaunlicherweise habe ich mich in dieser "Szene" immer sehr gut und "erfolgreich" bewegen können, während ich im Alltag lange sehr spröde und gehemmt geblieben bin. Flirten habe ich erst in der Szene gelernt - und auf dem virtuellen Trainingsplatz der Erotik-Chats, die um 2000 herum ja groß in Mode waren ...
Diese Sexualangst und das spröde Verhalten im Alltag gehört zu meinem "falschen Selbst", daß um einen verdrängten Mißbrauch herum oftmals entsteht. Das war zumindest bei mir so gewesen. Die promiskuitive Sexualität war dagegen von dieser "desaströsen Sexualerziehung" meiner Eltern nicht erfasst gewesen, soetwas "gab es nicht" für sie - und das war mein Glück gewesen: so habe ich stets ein "Überdruckventil" gehabt.
Aber das soll hier nur ein Beispiel sein - Deine Konstellation ist ja offenbar eine ganz andere.
Es ist gut, daß Du diese Dinge in Deiner Therapie thematisieren kannst. Man muß keine übertriebene Hast veranstalten, und das alles muß ja auch in einen generellen Therapieplan und das Leben im übrigen hineinpassen !
Gruß
Möbius
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Hallo liebe Hexe2, mir ging es wir Dir habe mein halbes Leben einfach "vergessen". Wie ich es begriffen haben geschieht das, wenn wir weder kämpfen noch flüchten können, was die normalen Mechanismen für und Menschen sind, wenn Situationen für uns außer Kontrolle geraten. Wir körperlichen, geistiger Gewalt ausgeliefert sind, der wir nicht entgegnen können, dann flüchtet sich die Seele aus dem Körper und wir verdrängen, spalten ab.Hexe2 hat geschrieben: ↑Mo., 01.02.2016, 17:28Wie ist das möglich? Gibt es das wirklich? Und bei den Erinnerungen meine ich nicht nur ein Erlebnis, sondern wirklich ein halbes Leben. Weiß jemand von euch etwas dazu? Geht es anderen genau so? Ich tu mir so schwer, die Erinnerungen zu glauben, weil sie eben so verdrängt waren, aber es gibt so viele Beweise dazu, dass es stimmt, die ich vorher übersah oder nicht sehen wollte. Keine Ahnung. Ich verstehe es einfach nicht und hätte einfach nur gerne gewusst, ob das normal ist und auch andere das so erleben können.
Laut meinem Therapeuten wäre es anders nicht mehr für meine Seele zu verkraften gewesen. Das war der einzige Schutz, den ich noch hatte und hätte sie eine Erinnerung nicht verdrängt, wären die anderen auch heraus gekommen. Irgendwie hört es sich logisch an und würde Sinn ergeben.
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