Wie kann ich das unaussprechliche aussprechen?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Draußen
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Beitrag Do., 17.03.2011, 11:57

Laura13 hat geschrieben: Das, was du zuletzt geschrieben hast, könnte wörtlich von mir sein......mir geht es genauso....
Liebe Laura,

ich komme mir mit meine Gedanke diesbezüglich immer sehr allein vor. Mein Konflikt erscheint mir unlösbar. Du sagst, dir geht es genauso... wie gehst du damit um? Hast du dafür einen Weg gefunden?

gx draußen

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chandelle
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Beitrag Do., 17.03.2011, 12:08

Ja, Draußen, da hast Du mich direkt getroffen. Ich weiß nur, dass ich kein Fantast bin, das macht es gerade noch schlimmer.

Ich werde auch wieder geflutet, nicht mal von Bildern, aber von Zusammenhängen im Umgang mit mir als zäumte sich das Pferd von hinten auf.

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Laura13
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Beitrag Do., 17.03.2011, 12:59

wie gehst du damit um? Hast du dafür einen Weg gefunden?

Ich bin noch auf der Suche, habe das eigentlich im Thread von Memory alles beschrieben, vielleicht magst du es dort nachlesen, sonst poste ich ja doppelt......

Ich fühle mich sehr zerrissen in mir selbst, durch dieses Zweifeln: ist es Wahrheit oder Fiktion?

Wie gesagt, ich kann das von dir Geschriebene nur unterstreichen,.....weiter bin ich da auch nicht....aber vielleicht hilft dir auch, was Memory in ihrem Thread dazu geschrieben hat.....warte, ich schau mal nach dem Link:

viewtopic.php?f=4&t=18675&start=45

Das ist die Seite, wo ich weiter unten von meinem Problem mit dem Glauben oder nicht Glauben beschrieben habe......mir hat es schon geholfen dann zu lesen, wie z.B. Memory damit umgeht.

Liebe Grüße
Laura

(du hast ja auch in dem Thread geschrieben, upps, stimmt.....)
Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
und still und gut und voller Frieden sein.

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HannaSchneider
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Beitrag So., 08.05.2011, 17:38

Draußen hat geschrieben:I

Was kann ich tun? Wie kann ich die Worte finden?

gX Draußen
Mir gings genauso. Ich hab den Verdacht 20 Jahre mit rumgeschleppt und als ich es endlich ausgesprochen habe, da war das, als wäre ich plötzlich in einer anderen Dimension. Mein Therapeut hat schon geahnt, was los ist, bevor ich selbst was sagte. Dann wurde mir "verboten" darüber zu sprechen, weil der Traumaexperte des Hauses nicht da war und niemand einen Kunstfehler machen wollte. Ich denke, Du musst vielleicht gar keine Details erzählen, wenn Du nicht willst. Sonst fühlst Du Dich danach, als hättest Du das alles gerade eben erst erlebt. Aber ich habs irgendwann trotzdem getan und danach ging es mir erst mal NOCH schlechter. Da war der Tiefpunkt wirklich erreicht. Doch vom absoluten Tiefpunkt an kanns ja nur noch bergauf gehen...

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Draußen
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Beitrag Di., 09.08.2011, 10:08

Nächste Runde

kommenden Montag habe ich endlich wieder einen Therapietermen nach nun 5 Wochen Pause. An der Situation, wie ich sie hier beschrieben habe hat sich ein wenig geändert.

Ich finde selten Worte und ich kann es kaum aushalten, wenn sie sich mir aufmerksam zuwendet. Ursprünglich waren wir mit einem Termin pro Woche unterwegs und haben die Frequenz dann auf zwei Besuche pro Woche erhöht. Damit ging es deutlich besser und ich hatte zwischen den Besuchen nicht immer das Gefühl alles wieder abzureißen, was mir in den Sitzungen klar geworden war.

Ich hatte es geschafft, Worte zu finden für das Unaussprechliche. Ich hatte es geschafft, ihr die Geschichteenfragmente mitzuteilen. Eines der Fragmente das besonders mit Angst und Panikgefühlen belastet war, hat sie einfach zerstört. "Es ist falsch, wie sie sich daran erinnern! Da war es doch schon vorbei!" Im ersten Moment fühlte sich diese Äußerung wie ein kräftiger Tritt in den Unterleib an, seit diesem Zeitpunkt aber ist es nur noch eine Erinnerung ohne Gefühle. Es ist seitdem nie wieder als Blitz aus heiterem Himmel über mich hereingebrochen.

Ich dachte es würde mich nun in Ruhe lassen.... tut es aber nicht. Ich bin nicht sicher, ob es das jemals tut. Es fühlt sich zur Zeit so an, als würde meine Sexualität sich umstülpen. Mein Körper war ja immer sehr leicht zu erregen und meine Fantasien dazu schrecklich. Trotzdem habe ich den Sex immer gemocht und als Erleichterung empfunden.

Seit einigen Wochen funktionieren nun die Fantasien nicht mehr richtig... Ich nehme sie plötzlich bewust wahr und ich kann mich damit nicht mehr erregen, weil mir dann klar ist, die widerlich das Ganze ist. Ich entwickle irgendwie eine Aversion gegen jegliche Sexualität... Meine innere Spannung steigt aber kontinuierlich an und ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll.

Muss ich jetzt in der Therapie ein für mich genauso unaussprechliches Thema (Sexualität) beginnen? Wird das denn nie besser? Gibt es vielleicht Möglichkeiten, damit selbst fertig zu werden?

gx draußen

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Draußen
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Beitrag Di., 15.11.2011, 22:33

Ihr Lieben,

kein guter Tag heute. Zumindest nicht für mich. Ich setz mal ne Triggerwarnung !

Sie sitzt da und schweigt. Das Schweigen schmerzt. In ihrem Kopf überschlagen sich die Gedanken, drängen nach vorne, purzeln übereinander, wollen herausgeschrien werden. Es sind so viele. Einige kommen als Bilder, einige kommen als Gerüche, die meisten sind jedoch Gefühle. Angst und Verzweiflung lassen sich schnell erkennen und auch an die Erinnerungen knüpfen. Sie holt Luft und will beginnen zu reden. Welcher ist der wichtigste Gedanke? Was wird das bei ihrem Gegenüber auslösen? Warum hat sie diese Gedanken, ausgerechnet sie? Warum schmerzt das so?

Niemand kennt ihre Geschichte. Ausgesprochen würde sie sie zum Opfer machen. Sie will kein Opfer sein. Wenn sie jetzt spricht, wird das aber passieren, unumkehrbar. Wut macht sich bemerkbar. Was will ihr Gegenüber mit der Geschichte, warum will er sie wissen? Es ist doch eine Geschichte, die er schon so oft gehört hat. Nicht jedes Detail, aber es sind auch nicht die Ereignisse selbst, sondern die Art und Weise, wie sie sich seit nun fast 30 Jahren in ihr Gedächtnis gegraben haben, die sie so quälen; und wie soll er das verstehen?

Mit der Zeit hat sich ein bizarres Ding in ihrem Kopf festgesetzt. Dieses Ding krallt sich überall fest, wo es Halt findet. Es ist unberechenbar und es ist mächtig. An jeder Erinnerung an jedem Gefühl kann es hängen. Wenn sie an den Erinnerungen zupft, versucht sie an die Oberfläche zu holen, sie zu betrachten, springt das Ding sie an, verstopft Augen und Ohren, lähmt jede Bewegung sogar der Atem stockt. Blut hämmert im Hals hinauf und füllt unaufhaltsam den Schädel. Mit jedem Herzschlag droht der Druck ihr den Kopf zu sprengen. Das Ding beginnt sein Spiel jedes Mal mit der gleichen unvorstellbaren Wucht; es muss keinen Schwung holen.

Mit voller Gewalt und ohne jedes Erbarmen durchfährt es sie: " DU HAST JEDE FALSCHE ENTSCHEIDUNG SELBST GETROFFEN!" Der Verstand erstarrt, verweigert seinen Dienst, lässt sie allein. "Schau dich an, du wolltest doch gar nicht wissen, bist ihm aber doch gefolgt. Warum folgtest du ihm nach Hause? Und hast du wirklich geglaubt, das was dir von deiner Mutter droht, wenn du dich ihr anvertraust, ist schlimmer, als das, was dir passiert war? JEDE DEINER ENTSCHEIDUNGEN WAR FALSCH! WEIL DU ES SELBST GENAU SO WOLLTEST!"
Sie hat gelernt, nicht mehr völlig zu erstarren, wenn das Ding sie anspringt, aber sprechen bleibt unmöglich. Denn das Ding hat Recht, weil es die Wahrheit sagt. So sitzt sie da und schweigt, sie weiß, wenn sie irgendwann reden wird, wird ihr Gegenüber der Wahrheit zu ihrem Recht verhelfen. Aber die Wahrheit ist ihr Feind, die Wahrheit macht das Ding so mächtig.

... nichts wird begreifbar
draußen


Widow
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Beitrag Mi., 16.11.2011, 00:27

Du Liebe!

Du hast hier geschrieben:
Draußen hat geschrieben: Ich kann mich mit den Produkten meiner Malerei nicht anfreunden. Mit Worten ist das anders. Ich erzähle gerne und auch gut. Mit einer Geschichte fühle ich mich immer wohl.
Zerbrich Dich jetzt nicht in Deinem Schweigen,

und Du hast heute geschrieben
Draußen hat geschrieben: wie soll er das verstehen
,
worüber Du selbst noch nicht mit Dir sprechen kannst (reden wir zuallerst nicht mit "uns selbst" und lauschen "unserer inneren Stimme", sobald wir sie entdeckt haben - und ist das nicht immer ein Chor, in dem auch die andern mitsingen?)?
Draußen hat geschrieben:Warum schmerzt das so?
Deine eigene Antwort lautet:
Draußen hat geschrieben:Niemand kennt ihre Geschichte. Ausgesprochen würde sie sie zum Opfer machen. Sie will kein Opfer sein. Wenn sie jetzt spricht, wird das aber passieren, unumkehrbar.
Das sind viele Antworten:
--- Niemand kennt ihre Geschichte. - Die ist es genauso wert, erzählt zu werden wie alle Lebensgeschichte(n).
--- Ihre Geschichte würde sie zum Opfer machen. - Oder zur "Erzählerin", die ihre Geschichte erzählt und den Dingen ihren Namen gibt (weshalb zerreißt sich Rumpelstilzchen?), ihre Be-Zeichnung und damit ihr Sein in der Welt.
--- Opfer sei unumkehrbar. - Aus dem geopferten Wein steigt der Gott, aus dem geopferten Wort Leben. Manchmal.
Draußen hat geschrieben: Mit der Zeit hat sich ein bizarres Ding in ihrem Kopf festgesetzt. Dieses Ding krallt sich überall fest, wo es Halt findet. Es ist unberechenbar und es ist mächtig. An jeder Erinnerung an jedem Gefühl kann es hängen. Wenn sie an den Erinnerungen zupft, versucht sie an die Oberfläche zu holen, sie zu betrachten, springt das Ding sie an, verstopft Augen und Ohren, lähmt jede Bewegung sogar der Atem stockt. [...]
Mit voller Gewalt und ohne jedes Erbarmen durchfährt es sie: " DU HAST JEDE FALSCHE ENTSCHEIDUNG SELBST GETROFFEN!" Der Verstand erstarrt, verweigert seinen Dienst, lässt sie allein. "Schau dich an, du wolltest doch gar nicht wissen, bist ihm aber doch gefolgt. Warum folgtest du ihm nach Hause? Und hast du wirklich geglaubt, das was dir von deiner Mutter droht, wenn du dich ihr anvertraust, ist schlimmer, als das, was dir passiert war? JEDE DEINER ENTSCHEIDUNGEN WAR FALSCH! WEIL DU ES SELBST GENAU SO WOLLTEST!"
Sie hat gelernt, nicht mehr völlig zu erstarren, wenn das Ding sie anspringt, aber sprechen bleibt unmöglich. Denn das Ding hat Recht, weil es die Wahrheit sagt. So sitzt sie da und schweigt, sie weiß, wenn sie irgendwann reden wird, wird ihr Gegenüber der Wahrheit zu ihrem Recht verhelfen. Aber die Wahrheit ist ihr Feind, die Wahrheit macht das Ding so mächtig.

... nichts wird begreifbar
"Die Wahrheit", Draußen, liebe, liebe Draußen:
Lass doch Deine Wahrheit, lass das 6-jährige Mädchen in all seiner Not, all seiner Neugier, all seiner Angst, all seiner Geschmeicheltheit, all seiner Trauer und all seiner Sehnsucht danach, nach "draußen" zu gelangen, zu seinem Recht kommen - lass Deine Wahrheit zu ihrem Recht kommen. Bitte.
Und seine war, ist und bleibt ein Unverzeihliches, eine Grausamkeit, ein Vergehen.
Unbegreifbar, aber geschehen.

Deine Widow

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Elfchen
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Beitrag Mi., 16.11.2011, 09:18

Liebe Draussen

Ich bin auch so eine, die "darüber" nicht reden kann.
So hab ich meiner Therapeutin nur den "Fakt" gesagt, und auch das mit riesengrosser Mühe. Ins Detail gehen- niemals! Damit lebe ich, und es lebt sich damit für mich. Es geht nunmal nicht anders.

Vom Kopf her ist alles klar.
Die durften das nicht, es war nicht ihr Recht, es war ein Verbrechen. Was mein Empfinden dazu sagt, ist ein anderes Lied.
Jetzt, das erste Mal in meinem Leben, beginne ich ganz zaghaft, "gut" zu mir zu sein. Mir selber Mutter zu sein, für mich zu sorgen. Fühlt sich schön an! Aber sofort kommen dann Panikattacken und Schwindel. Wieder ein neuer Kampf. Manchmal denke ich, aufgeben wäre so schön. Aber dann geh ich einfach weiter, mit all meinen Blessuren, und versuche, das Beste daraus zu machen- wenn auch manchmal fast auf den Knien...
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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