Physische und psychische Gewalt in der Kindheit

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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saffiatou
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Beitrag Do., 07.07.2011, 22:13

... weiter geht's
Mein väterlicher Freund, mit dem ich mich einmal in der Woche treffe ist eigentlich mein ehemaliger
Chef, er ist seit drei Jahren emmeritiert und als er gehört hat, daß ich krank bin hat er mich sofort angerufen
und gefragt, ob ich irgendetwas benötige. Daraus wurden dann regelmäßige Treffen, die mir so unendlich
gut tun. Ich habe zu ihm absolutes Vertrauen und weiß, er sagt ehrlich seine Meinung. Wenn er mal eine
andere als ich habe, spricht er das sehr vorsichtig aus, erklärt genau, warum er es so meint... Ich habe mit
ihm wirklich alle Themen, die ich in der Therapie bespreche ebenfalls besprochen. Das tut gut. es tut gut,
wenn da jemand ist, der sich wirklich sorgt. Es gibt keine Peinlichkeiten zwischen uns. Imemr wieder baut
er mich auf und kümmert sich wirklich rührend. zur Zeit ist er mein wichtigster Freund!

Gestern war ich bei meiner Psychiaterin und die hat mich gefragt, ob ich nicht meinen Bruder anzeigen
möchte. Ich kann es mir nicht vorstellen, so einen Porozeß durchzustehen, ich habe ja auch keine
Beweise. danach habe ich dann mit meinem väterlichen Freund darüber gesprochen und er meinte, daß
ich daran zerbrechen würde. Ich hätte gar nicht die Stärke das durchzustehen und die ganze Familie
würde sich gegen mich wenden, weil ich sie zerstört habe.

Ich hatte jahrelang keinen Partner, hatte Angst, wußte aber nicht warum, habe immer wenn ein Freund
mal mehr Interesse zeigte sofort die Freundschaft abgebrochen.

Dann vor drei Jahren habe ich meinen jetzigen Partner im Zug kennengelernt. Es war ganz merkwürdig.
Als ich ihn sah, fühlte ich mich sicher und habe bei ihm meinen Platz eingenommen. Er wohnt in der Nähe
von London und hat hier seinen Cousin besucht. Wir haben uns nun seit über einem Jahr nicht mehr gesehen,
weil ich die Nähe und Intimität im Moment nicht ertragen kann. Eigentlich bin ich gerade froh, daß er nicht
"um die Ecke wohnt". Ich bin sehr sehr dankbar, daß er es akzeptiert und auch bereit ist zu warten und sich
geduldet.

Ich habe einen wunderbaren Job, natürlich auch, weil ich einen soooo wunderbaren Chef hatte! Allerdings bin
ich seit letzten April krank geschrieben. Es ging einfach nicht mehr, ich konnte mich nicht konzentrieren,
habe ständig Fehler gemacht, fing immer wieder zu weinen an.... meine Psychiaterin hat dann irgendwann
gesagt, daß ich mir erst einmal die zeit zur Heilung nehmen soll, dann darf ich auch wieder arbeiten.

Ich möchte Dir noch ein paar Bücher empfehlen, die Du vielleicht noch nicht kennst:

Susan Forward: vergifete Kindheit
Ellen Bass, Laura Davies: Trotz allem ( das Buch hat mir meine Psychiaterin, die darauf spezialisiert ist empfohlen
es ist zur Heilung von MB Opfern)
John O. Stevens: Kunst der Wahrnehmung (eine Empfehlung meines Therapeuten) er sagt, daß bei MB-Opfern und
Menschen die mißhandelt wurden die Wahrnehmung vollkommen gestört wurde und in diesem Buch sind Übungen,
sie uns wieder zeigen unseren Wahrnehmungen zu trauen.

Ich habe eigentlich nicht rebelliert, das durfte ich mir gar nicht leisten, dann hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt.

Du schreibst, daß Du das Gefühl hattest, daß Du für den Streit zu Hause verantwortlich warst, genauso ging es mir
auch. Ich hatte das Gefühl für alles was passiert die Verantwortung übernehmen zu müssen, auch jetzt noch. Wenn
im Institut jemand Streß hat, irgendetwas schief läuft habe ich das gefühl, daß ich Schuld bin....

Tut mir leid, wenn ich mal wieder einen Roman geschrieben habe...

Einen schönen Abend, Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Gold__Marie
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Beitrag Fr., 08.07.2011, 15:17

Hallo liebe Maikind!
Ich war in letzter Zeit wenig vorm Computer, deshalb hab ich in der Eile ganz übersehen, dass du auf meinen Beitrag zu deinem Thread geantwortet hast! Tut mir leid! Auf jeden Fall wollte ich dir sagen, wie tief mich deine Geschichte berührt. Es ist ganz komisch, wir scheinen sehr viel gleiches erlebt zu haben! In deinem Thread erzählst du ja, dass du dich vor deinem Vater eckelst (Umarmungen, etc.). Als ich das gelesen habe, wurde mir ganz plötzlich viel klar. Ich habe in der Zeit kurz vor dem Kontaktabbruch zu meinem Vater, jedes Mal weinen müssen wenn er mich umarmt hat. Ich wusste gar nicht woher das kommt, ich dachte ich wär einfach überfordert mit den vielen Gefühlen. Jetzt glaube ich, dass ich aus anderen Gründen geweint habe. Ich habe ebenfalls, schon ganz oft geträumt, dass mein Vater mich missbraucht hat. Die meisten dieser Träume, liegen aber schon so weit zurück, dass ich mich kaum erinnern kann. Erst als ich das Thema hier nochmal intensiv bearbeitet habe, kam ein Traum, genauso wie du ihn hattest. So echt und real, dass ich kaum glauben konnte, dass ich es nur geträumt habe. In dem Traum kam ich auch in Kontakt mit dem Sperma, es war so überaus widerlich, dass ich mich gar nicht daran erinnern will. Jetzt scheint der Traum aber schon wieder so verschwommen. Direkt nach dem Aufstehen konnte ich die Gefühle noch spüren, aber im laufe des Tages waren sie wieder verschwunden. Das mit dem Bösen Mann betrifft mich auch! Es war ganz genauso bei mir. Ich hatte bis vor 2 Jahren noch Panikattacken im Dunklen, weil wir bei diesen "Fangspielen" die Räume immer verdunkelt haben, damit ich mich noch viel mehr erschrecke. Mein Vater hat sich ebenfalls dauernd beschwert, dass heutzutage ein Jeder als Vergewaltiger abgestempelt wird und man schon wegen einem sanften Streicheln im Knast landen würde, was doch nur die Liebe zum Kind bezeugen würde. Es macht mir alles so große Angst, weil ich mich einfach nicht an den Missbrauch erinnere, obwohl er schon ein Teil von mir ist. Komisch das Ganze, oder? Alles deutet darauf hin, ich hätt noch tausende weitere "Hinweise", aber das wäre dann ein Roman.
Meine Mutter trennte sich von meinem Vater als ich 13 war. Danach zogen wir direkt mit ihrem neuen Freund zusammen (Das hat meine Mutter wsl getan, um jegliche Konfrontation mit der Vergangenheit zu meiden). Ich konnte diesen Mann aber nicht akzeptieren. Er war zwar wirklich nett und ein sympatischer Mensch, aber ich hasste erwachsene Männer so sehr in dieser Zeit. Der Kontakt mit meinem Vater war gerade am zerbrechen (Er stalkte uns noch, lauerte uns auf, drohte uns die verrücktesten Dinge an, läutete Sturm,etc.) Ich wollte auch nicht täglich mit der Blindheit meiner Mutter konfrontiert werden, sie tat als ob das alles nie passiert wäre. Sie gestand mir meine Gefühle nicht zu, wenn ich ihr heute von meiner Vermutung bezüglich des sexuellen Missbrauchs erzählen würde, würde sie mir niemals glauben, würde sie mir sagen ich würde mir das alles nur einbilden, diesen Floh hätte mir meine Therapeutin ins Ohr gesetzt oder sonst was... Sie löschte unsere Vergangenheit einfach aus- Ich hingegen wollte die totale Konfrontation, beschäftigte mich wahnsinnig mit mir selbst in der Therapie. Die Blindheit meiner Mutter und mein Verlangen sie mit ihrer/unserer Vergangenheit zu konfrontieren, kollidierten unvermeidlich miteinander und auch die Beziehung zu meiner Mutter drohte zu zerbrechen. Deshalb einigten wir uns auf meinen Auszug. Ich sehe sie jetzt gelegentlich, unser Verhältnis entspannt sich wieder. Trotzdem, ist es nicht leicht, plötzlich ganz allein da zu stehen. Mit meinen 16 Jahren damals. Aber jetzt hab ichs hinbekommen, jetzt hab ich Ziele und Träume und wahrscheinlich wirke ich besonders deshalb so reif für mein Alter, bzw deshalb wird meine Altersangabe hier so oft hinterfragt... Hoffe das war nicht zu lang! Wünsch euch anderen nochmal viel Kraft!
Alles Liebe, Gold__Marie

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Maikind
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Beitrag Fr., 08.07.2011, 20:01

Hallo Gold_Marie,

anscheinend haben wir die gleichen Macht-Menschen als Vater. Ich habe bisher noch gar nicht darüber nachgedacht, dass auch andere solche Erfahrungen gemacht haben könnten. Wie pervers ist das eigentlich, sich daran hochzuschaukeln, deim eigenen Kind Angst einzujagen. Ich bin zwar nur ein absoluter Laie was die Psychologie des Menschen betrifft, aber dennoch denke ich, dass es genau diese Männer sind, die ständig ihre Macht über "Untergebene" demonstrieren müssen, die auch zu sexuellen Übergriffen neigen. Vielleicht ist es für viele Männer so einfach, sich an einem Kleinkind zu vergehen, da sie ja kaum mit Konsequenzen rechnen müssen. So ein kleines Kind lässt sich noch prima einschüchtern bzw. begreift nicht, was da passiert. Und vor allen Dingen ist es vollkommen wehrlos.

Schau doch mal in den Beitrag, den Saffia vor dir geschrieben hat. Sie hat dort ein paar Buchtipps genannt. Darum werde ich mich jedenfalls gleich morgen kümmern und in die Buchhandlung marschieren.

Was deine Mutter betrifft - das ist wohl ihre Art mit der Vergangenheit umzugehen. Einfach negieren oder nicht drüber reden. Wahrscheinlich wird sie die Geschichte auch irgendwann einholen und sie muss sich dem ganzen stellen. Ich wünsche dir, dass du dich jedenfalls um dich selbst kümmerst und weiterhin aufarbeitest, solange es dir gut dabei geht.
Und ich hätte nie gedacht, dass ich mich in einem öffentlichen, anonymen Forum so wohl fühlen könnte, wie ich es gerade tue. Mein erster Beitrag hat mich soviel Kraft gekostet und ihr habt mir soviel Zuversicht gegeben. Danke dafür.
Wenn du magst, melde dich wieder und erzähle, wie es dir geht.

Liebe Grüße
Maikind

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Gold__Marie
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Beitrag Fr., 08.07.2011, 21:13

Hallo nochmal Maikind,
Die Bücher hab ich mir bereits vorhin rausgeschrieben
Ja, leider passiert so etwas viel öfter als man denkt! Nur dringt es nun mal meistens nicht an die Öffentlichkeit, ein Tabuthema nach wie vor.
Ich finde, dass wir das Handeln anderer Menschen öfter hinterfragen sollten, weil ein jeder Gründe hat warum er ist wie er ist, warum er tut was er tut.
Ich war damals auch sehr positiv überrascht von diesem Forum! Ja gerne, meld auch du dich wenn du magst!! Alles Liebe wünsch ich auch dir, glg Gold__Marie

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Maikind
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Beitrag Fr., 08.07.2011, 21:44

Hallo liebe Saffia,

vielen Dank für deine Nachricht und ich freue mich über den Roman . Es muss sehr demütigend gewesen sein, was du durch diese Übergriffe erfahren musstest. Vor allen Dingen der Missbrauch als 10jährige. Ich hoffe, dass es heutzutage anders wäre - dass sich Menschen, die du um Hilfe bitten würdest, sich anders verhalten würden, anstatt auf den Ladenschluss zu verweisen und dich dir selbst zu überlassen.

Dass dein Freund dir abgeraten hat, deinen Bruder anzuzeigen, kann ich nachvollziehen. Ich könnte mir vorstellen, dass so eine Situation nicht auszuhalten wäre und ich bezweifle, dass es dir danach wirklich besser gehen würde. Ich glaube, für den Weg der Heilung ist es wichtig, sich nicht mit den Augen des Täters zu sehen, sondern sich so lieben zu lernen, wie man ist. Und vielleicht ist man - sind wir- irgendwann in der Lage, den Tätern zu verzeihen. Was nicht heißt, dass wir wieder mit ihnen zusammenglucken und so tun, als ob nichts gewesen wäre, sondern einfach verzeihen, um der eigenen Seele einen Gefallen zu tun. Den Gefallen, dass sie wieder zur Ruhe kommen kann. Ich hoffe, ich komme da auch irgendwann hin. Und den Kontakt zu meinen Eltern werde ich weiterhin minimieren. Das tut nämlich richtig gut, wie ich in der letzten Zeit festgestellt habe.

Ich finde es sehr schade, dass du deinen eigenen Körper nicht annehmen kannst, denn er gehört doch zu dir und nicht zu den Tätern. Und du bist ein -wie ich sagen kann - ganz besonderer Mensch. Denn hättest du dich nicht so rührend um meinen Beitrag hier gekümmert, hätte ich mich gar nicht in der Form öffnen können. Danke dafür.
Ich habe es auch lernen müssen, meinen Körper zu mögen und eigentlich find ich mich mittlerweile sehr akzeptabel. Früher hatte ich arge Probleme, z. B. als mir mit 12 Jahren ein Busen wuchs, hätte ich mich am liebsten in einen Kartoffelsack geworfen. Auch später - das erste Mal war für mich absolut unangenehm. Ich habe es nur mitgemacht, weil ich dachte, okay, das gehört jetzt dazu. Kurz danach hab ich dann mit meinem Freund Schluss gemacht. So richtig frei und ungehemmt war ich dann erst mit ca. 30 Jahren.
Eine Scheidung habe ich schon hinter mir, mein Exmann hatte das mit der Vermittlung von Schuldgefühlen auch sehr gut drauf, wie meine Eltern. Und dabei ist dann meine Liebe zu ihm gestorben. Ich bin dann- trotzdem zwischen uns rein gar nichts mehr lief- noch ein Jahr mit ihm zusammen geblieben, bevor ich dann endlich eingesehen hatte, dass es gar nichts mehr bringt und ich ihm mit meinem verzögerten Auszug eigentlich die Hölle bereitet hatte, denn er wollte die Trennung nicht. Seitdem hatte ich nur eine Handvoll Affairen und -wie schon erwähnt- jetzt eine Beziehung zu einem verheirateten Mann, der dazu noch 300 km entfernt wohnt. Wir sehen uns alle 1-2-3 Wochen für 1-2 Tage und wenn wir uns sehen, sind es die glücklichsten Momente, die ich seit langem erlebt habe. Aber ich denke, genau diesen Mann habe ich mir bewusst ausgewählt. Er kann mir ja gar nicht zu nahe kommen... Vor ihm war ich viele Jahre alleine.

Ich danke dir auch sehr für deine Bücher-Tipps, die ich gleich notiert habe. Morgen gehts in die Buchhandlung und ich hoffe, dass sie zumindest eines davon vorrätig haben werden. Auf "Kunst der Wahrnehmung" bin ich besonders gespannt.

Mach dich bitte nicht fertig damit, wenn du dich fragst, warum du mit deinem Bruder noch eine Fahrradtour unternommen hast. Du hast doch geschrieben, dass du die Tatsachen verdrängt hast, um dich selbst zu beschützen. Das ist doch wirklich nachvollziehbar. Frag mich doch, warum ich bis vor kurzem immer noch ständig zu meinen Eltern gefahren bin, teilweise sogar ein paar Urlaubstage dort verbracht habe, obwohl es mich enorme Kraft gekostet hat, diese Tage durchzustehen.
So, jetzt hab ich auch einen Roman verfasst.
Ganz viele Grüße, ich werde vom Buchkauf berichten...
Maikind

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saffiatou
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Beitrag Fr., 08.07.2011, 22:13

Hallo Ihr Beiden,

freut mich, wenn ich euch mit den Büchern weiterhelfen konnte. Gerade das von Laura Davies ist sehr hilfreich, weil es da um die
Heilung geht, es gibt Schreibübungen, die man zu jedem Kapitel machen kann und ich habe sie immer mit in die Therapiestunde
gebracht. Mir fäöllt gerade ein, es ist wahrscheinlich nur im Antiquariat bei Amazon zu bekommen, demnächst soll eine Neuauflage herausgebracht werden
Maikind hat geschrieben:Ich glaube, für den Weg der Heilung ist es wichtig, sich nicht mit den Augen des Täters zu sehen, sondern sich so lieben zu lernen, wie man ist. Und vielleicht ist man - sind wir- irgendwann in der Lage, den Tätern zu verzeihen.
Das selbst Lieben lernen, mich annehmen das muß ich wirklich irgendwann begreifen. Ich habe, als mein Freund auf Dienstreisen war ihm
einen langen brief geschrieben, in dem ich beschrieb wie wichtig mir diese Freundschaft ist und wie ich mich sehe, wollte nicht, daß er
sich verpflichtet fühlt sich um mich zu kümmern. Er hat dann mir gesagt, wie er mich sieht und er hat ein ganz anderes Bild von mir als
ich. Ich sehe mich irgendwie immer negativ, fühle mich ungeliebt und wertlos. Während er sagt ich bin die beliebteste Mitarbeiterin in
seiner Abteilung gewesen, auf die man sich immer verlassen konnte etc. Ich habe das nie so gesehen, habe auch noch immer Schwierig-
keiten das anzunehmen, mag nicht glauben, habe Angst dann irgendwann wieder enttäuscht zu werden.
Maikind hat geschrieben:Und den Kontakt zu meinen Eltern werde ich weiterhin minimieren. Das tut nämlich richtig gut, wie ich in der letzten Zeit festgestellt habe.
auch mir tut das nur zu gut. Ich merke, sowie ich an sie denke geht es mir schlecht, rutsche wieder tief in die Depression, fühle mich
massiv unter Druck gesetzt und wie ein kleines Kind.
Maikind hat geschrieben:Ich finde es sehr schade, dass du deinen eigenen Körper nicht annehmen kannst, denn er gehört doch zu dir und nicht zu den Tätern. Und du bist ein -wie ich sagen kann - ganz besonderer Mensch. Denn hättest du dich nicht so rührend um meinen Beitrag hier gekümmert, hätte ich mich gar nicht in der Form öffnen können. Danke dafür.
Ich habe zu danken, denn Du bist bereit meine Episteln in Deinem Thread zu lesen und mir tut das Schreiben so gut. Seit ich in der Therapie
bin schreibe ich sehr viel, setze mich intensiv auseinander. Ich mag mich eigentlich gar nicht, am wenigsten meinen Körper, habe mit dem Essen angefangen, seit dem ersten MB, hasse mich deshalb. Im letzten Jahr habe ich es dann endlich geschafft wieder anzunehmen, aber
zur Zeit brauche ich Schokolade und es sind wieder ein paar Kilo mehr! Bin böse auf mich wegen meiner Inkonsequenz. Habe auch darüber
mit meiner Psychiaterin gesprochen, sie meint ich habe genügend andere Baustellen die wichtiger sind, und wenn mein Körper gerade das
Bedürfnis nach Schokolade hat, soll ich dem nachgehen. Das ist ja lieb gemeint, aber.... ich möchte so gerne schlank sein, ich möchte so
gerne stark sein....
Maikind hat geschrieben:Aber ich denke, genau diesen Mann habe ich mir bewusst ausgewählt. Er kann mir ja gar nicht zu nahe kommen... Vor ihm war ich viele Jahre alleine.
Dann geht es Dir so wie mir, er kann mir auch nciht zu nahe kommen. Brauche den Abstand und Freiraum!

Ich denke die Kunst der Wahrnehmung könnte vorhanden sein, das habe ich auch gerade erst angefangen, ist aber sehr hilfreich,
nur kann ich mich gerade nicht so toll konzentrieren... brauche zu lange für ein paar Seiten.


Wir haben eigentlich immer für unsere Eltern die Verantwortung übernommen, in dem wir geschwiegen haben, in dem wir uns
nicht zur Wehr gesetzt haben. Mein Therapeut hat mich einmal gefragt, warum ich niemals weggelaufen bin. Wo hätte ich
damals hingehen sollen. Heute gibt es Anlaufstellen für Jugendliche. Ich hätte viel zu viel Angst gehabt. Meine Eltern haben
mir allerdings vor vielen Jahren mal erzählt, daß als ich gnaz klein (2 bis 4 Jahre alt) war, wenn Besuch da war und der dann
aus Spaß gesagt hat, daß sie mich mitnehmen wollen wenn sie wieder gehen, ich sofort in mein Zimmer gestürmt bin und mein
Köfferchen gepackt habe mit meiner Puppe und einem Bilderbuch und mich dann neben die Haustür gesetzt und gewartet habe.
Wenn der Besuch mich dann nicht mitnehmen wollte, habe ich bitter geschrieen, daß ich weg will. Die Erwachsenen fanden das
lustig. Irgendwann haben dann meine Eltern gesagt, der Besuch soll sich keine solchen "Scherze" mehr erlauben. Also muß ich
es schon als so kleines Kind ganz schrecklich gefunden haben, denn sonst fühlen sie sich doch zu Hause bei den Eltern am wohlsten,
und haben nicht das Bedrüfnis mit irgendwelchen fast Fremden zu gehen?!

Noch einmal Danke für die lieben und aufbauenden Worte.

Schöne Träume! Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Maikind
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Beitrag So., 10.07.2011, 07:51

Liebe Saffia,

ich habe dir vorhin eine ellenlange Antwort geschrieben - das System hat mich dann zwischenzeitlich leider ausgeloggt und der Beitrag wurde nicht eingestellt. Sehr schade. Ich versuche es heute Abend nochmal.
Bis dann,
Maikind

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saffiatou
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Beitrag So., 10.07.2011, 16:09

HI Maikind,

ja das kenne ich! Nur zu gut, Computerkram ist ganz böse!

Ich speichere den Text vorher immer in einem Word-Doc, falls dann das System aussteigt
habe ich ihn trotzdem sicher.

Liebe Grüße, Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Maikind
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Beitrag So., 10.07.2011, 17:49

...den bösen Computer habe ich nun ausgetrickst,
liebe Saffia, ein erneuter Versuch, diesmal vorgeschrieben.

Ich habe mir zwei Bücher bestellt, die Kunst der Wahrnehmnung und Vergiftete Kindheit. Das erste interessiert mich sehr. Bin gespannt. Habe mir noch ein Buch gleich mitgenommen, es heißt Flüsterkinder von U. und M. Michaelsen, zwei Schwestern, die einen langen Brief an Ihre Mutter schreiben, die vom Missbrauch der beiden durch den Stiefvater hätte wissen müssen. Hatte gestern die ersten 80 Seiten gelesen und danach musste ich erstmal pausieren. Es ist sehr heftig.

Ich merke, wie so langsam meine Wut hochkommt. Ich werde richtig sauer. Hoffentlich hält diese Empfindung noch eine Weile an und geht nicht wieder so schnell in Traurigkeit über.

Was du über dein Körperempfinden schreibst, kenne ich auch. Ich kann mich nur akzeptieren, wenn ich schlank bin. Deshalb bin ich sehr eisern, was das Essen betrifft und treibe regelmäßig Sport. Das wäre ja nichts Schlechtes, wenn ich es nur für mich tun würde. Aber eigentlich versuche ich mich nur deshalb in Form zu halten, weil ich mich fast nur über mein Äußeres definiere. Ich empfinde mich selbst nicht als wertvollen Menschen. Fühle mich sehr austauschbar. Ich erkenne mein Selbst einfach nicht.
Und ich hoffe, eine gute Therapeutin bekommt das irgendwann hin.

Deine Ausbruchsversuche sind mir sehr zu Herzen gegangen. Wie können deine Eltern das nicht hinterfragt haben, warum du immer wieder mit gepacktem Kinderkoffer wartest, dass dich fremde Menschen einfach mitnehmen.
Ich bin auch mal abgehauen, als meine Mutter mir mal wieder eine gescheuert hat. Da war ich 6 Jahre und habe in ihrem Einkaufskorb gekramt, als sie aus der Stadt zurück war. Und habe ein Geschenk für mich gefunden, dass ich erst später hätte bekommen sollen (einen Stoffhund für meinen Krankenhausaufenthalt). Da schreit die mich an und haut mir eine runter. Ich habe mir eine Packung Toastbrot unter den Arm geklemmt und bin heulend abgehauen. Abends kam ich wieder - wohin sollte ich auch. Und die Eltern haben mich nur ausgelacht. Keiner hat mich vermisst, keiner hat mich gesucht, keiner hat sich Sorgen gemacht.

Von meiner Mutter hab ich noch nicht viel erzählt. Sie war nie eine warmherzige Mutter für mich, auch als Kind nicht. Später in der Pubertät hatte ich eher das Gefühl, sie betrachtet mich als Konkurrenz. Manchmal hab ich den puren Hass in ihren Augen gesehen. Sie hat immer nur die tolle Mutter gegeben, wenn Besuch da war. Da wurde immer auf heile Familie gemacht. Und jetzt fordern sie Mitgefühl und Unterstützung ein, setzen mich unter Druck mit ihren subtilen Methoden. Ich will das nicht mehr ertragen.

Wie geht es dir heute?
Viele liebe Grüße
Maikind

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saffiatou
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Beitrag Mo., 11.07.2011, 21:31

Liebe Maikind,

Danke für Deine lieben Worte! Es tut so unendlich gut zu hören, wir sidn NICHT verrückt!

Danke für den Tip mit den Flüsterkindern, ich werde mir das Buch ebenfalls besorgen.

Ich hatte gestern leider keine Zeit mehr ziu Antworten, ich habe gerade eine Freundin aus Brasilien
bei mir, am Freitag fliegt sie wieder nach Hause. Wir haben uns drei Jahre nicht mehr gesehen und
nutzen die Woche natürlich ganz intensiv. Jetzt sitzen wir beiden an unseren PCs und arbeiten ein
wenig...

Wenn ich jedenfalls Sport treiben würde. Ich gehe viel, da ich kein Auto habe und in einer kleinen Stadt
lebe, brauche ich auch keines, man kann alles zu Fuß erledigen. Ich brauche nur die Straße hinunter gehen
und bin in der Natur, das tut einfach gut. Aber ich würde schon gerne ein wenig mehr Konsequenz in Punkto
Essen zeigen. es gibt Tage da vergesse ich es zu Essen und dann schaufle ich es einfach nur hinein und
mag mich dafür gar nicht leiden.

Ich hatte heute Therapie. Habe so ein großes Glück, weil ich einen ganz wunderbaren Therapeuten gefunden
habe,d er sich wirklich bemüht, den gleichen Humor wie ich hat. Wir haben wieder über meine Eltern gesprochen,
bin noch lange nicht mit dem Thema durch....eigentlich hatte ich ja noch zwie Briefe mitgenommen, die ich an
meine Eltern geschrieben habe, einmal einen in dem ich meine Gründe dargestellt habe, warum ich den ersten
mit den ganzen Vorwürfen (meine Erklärung warum ich die Tehrapie mache) nicht abgeschickt habe und dann
einen in dem ich von dem Mißbrauch der beiden fremden Täter berichte. Diesen zweiten Brief konnte ich nicht
wirklich schreiben, den Mb im Detail aufzuschreiben war nicht möglich, habe mich so gesperrt. Ich bin gar nicht
zu verlesen des Briefes gekommen, weil nun ja mir ging es dann plötzlich soo mies und ich konnte gar nicht mehr
lesen.

Hast Du einen guten Therapeuten?

Ich vermisse, trotz allem meine Familie, wie kommt das nur? Ich wünsche mir so sehr eine Familie! Ich weiß da ist nichts
und wird auch nie eine sein... aber ich will meine heile Welt. Mein Therapeut hat mir gesagt, er würde mir so
sehr wünschen, daß es wieder gut wird, aber er weiß genau, daß es nicht mehr gut wird und es ist nicht fair,
wenn er mir Hoffnungen macht, wo keine ist. Er meinte ich habe wunderbare Freunde, meinen väterlichen Freund,
meine Freundin aus Brasilien, die sind echt, und wahr. Darauf sollte ich mich stützen.

Ich habe gerade bei meinem väterlichen Freund Angst, Angst doch irgendwann doch verlassen zu werden, enttäuscht
zu werden wie sonst auch immer... traue auch mir nicht, denke ich bin es eigentlich gar nicht wert. ICh habe
auch mit ihm darüber gesprochen. Er sagt, er sieht mich ganz anders als ich mich. Er mag mich einfach sehr und
genießt unsere Spaziergänge, das Reden und diese Vertrautheit. Meint ich wäre seine beliebteste Mitarbeiterin.
Ich möchte so gerne glauben... Warum kann ich es nicht einfach annehmen und genießen?
Maikind hat geschrieben:Ich bin auch mal abgehauen, als meine Mutter mir mal wieder eine gescheuert hat. Da war ich 6 Jahre und habe in ihrem Einkaufskorb gekramt, als sie aus der Stadt zurück war. Und habe ein Geschenk für mich gefunden, dass ich erst später hätte bekommen sollen (einen Stoffhund für meinen Krankenhausaufenthalt). Da schreit die mich an und haut mir eine runter. Ich habe mir eine Packung Toastbrot unter den Arm geklemmt und bin heulend abgehauen. Abends kam ich wieder - wohin sollte ich auch. Und die Eltern haben mich nur ausgelacht. Keiner hat mich vermisst, keiner hat mich gesucht, keiner hat sich Sorgen gemacht.
das ist nicht zu glauben, wie grausam Deine Eltern reagiert haben, wenn ein so kleines Kind so verzweifelt ist und
die vermeintliche Sicherheit aufgibt und geht... das hätte doch eine Warnung sein müssen, hätte sie zum Nachdenken
veranlassen müssen. Ich habe auch ein Geschenk nach einem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt bekommen, da war
ich 10 Jahre, allerdings mußten mir meine Eltern etwas schenken, damit ich wieder nach Hause will, ich wollte da bleiben.
Das war soo toll dort, trotz der Op, etc. Ich war auf der Station bei den Erwachsenen, weil die Kinderstation kein Bett frei
hatte. da wurde ich soo verwöhnt, alle haben sich lieb um mich gekümmert...

Meine Mutter war diejenige, die immer schnell zugeschlagen hat. Mein Vater ist beruflich immer sehr angespannt gewesen,
hat mit einem Bekannten einen Betrieb aufgebaut und war viel auf Messen etc unterwegs. Ich habe eigentlich nur in den
4 Wochen Ferien einen Vater gehabt. er war morgens schon bevor wir aufstanden in der Firma und noch da, wenn wir
abends ins Bett gingen.

Fortsetzung folgt
never know better than the natives. Kofi Annan

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saffiatou
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Beitrag Mo., 11.07.2011, 21:33

Hier kommt der zweite Teil…

Diese Methoden, um Mitgefühl und Unterstützung einzufordern sind so gemein, wir erkennen sie, fühlen uns aber trotz
allem für unsere Eltern verwantwortlich, oder?!?

Meine Eltern sind jetzt immer mehr zu Hause unternehmen nur noch wenig. Wenn ich dann mal in die Landdeshauptstadt
zum Shopping fahre, sagt meine Mutter häufig, sie möchte auch so gerne mal dahin (sie wurde dort geboren und kennt
sich also aus). Einmal, ist ja schon einige Zeit her, da habe ich sie angerufen, daß ich morgen wieder fahre und wir uns
dann dort treffen könnten. Sie hat dann gesagt, das wäre ihr nicht rechtzeitig genug, zu spontan, sie weiß nicht...
Ich war so sauer. Genauso wenn ich meine Freundin an der Uni besuche, gehen wir dann immer durch den Botanischen
Garten dort. Habe viel davon erzählt. Meine Eltern sagen dann immer sie möchten auch mal wieder dahin....aber. Aber
nur wenn ich mitkomme. Ich bin ihr Kindermädchen und Entertainer. Alleine kommen sie nie auf die Idee mal ins Theater
oder Restaurant zu gehen...

Mein Bruder kümmert sich da nie. Aber wenn er mal etwas macht, dann schreiben sie es in die Zeitung und erzählen
mir immer wieder, wie toll er ist.
Ich habe zu ihrer goldenen Hochezeit ganz viele nette Einlagen geplant, habe die Tischkarten im Buchbinde-Kurs mit alten
SW-Fotos von ihnen gestaltet ein Quizz gemacht etc. Mein Bruder sagte er denkt nicht daran etwas zu machen, denn sie
feiern nicht groß genug, da will er sich nicht engagieren ( nicht groß genug??? es waren über 70 Gäste eingeladen und sie
hatten ein Catering Service engagiert und einen Saal gemietet, aber keine Band (und das hat mein Bruder erwartet)) also
habe ich alles alleine gemacht und was habe ich von meiner Mutter gehört, diese hätte ich anders machen müssen und das
hätte ihr so besser gefallen.... ICh bin so enttäuscht und traurig und trotzdem möchte ich eine Familie.

Du hast wohl recht damit, daß es nicht gut wäre für mich meinen Bruder anzuzeigen, aber ich wünsche mir so sehr
Gerechtigkeit. Ich möchte, daß alle wissen, daß er nicht der super Typ ist.... Ich kämpfe im Moment um jeden Tag,
ich habe manchmal schreckliche Angst, sogar zu Hause und schließe mich ein. Ich mache jetzt seit über einem Jahr
die Therapie und bin auch genauso lange AU und er macht einfach weiter... das ist ungerecht!

tut mir leid im Moment jammere ich ein wenig viel herum.

Es war wie bei Dir, wenn Besuch da war, waren wir eine tolle Familie, wir wurden mit schöner Kleidung ausstaffiert und
durften herunter kommen und einen Knicks und mein Bruder einen Diener machen und die obligatorischen Fragen wie
geht es Dir etc beantworten und mußten dann wieder in unser Zimmer, dort hatten wir uns leise und unaffällig zu verhalten.

@ Gold-Marie
auch ich ertrage es nicht von meinen Eltern in den Arm genommen zu werden. Sie haben das nur gemacht so lange ich
klein war, dann erst wieder, als sie sahen, daß Freunde mich zur Begrüßung und Verabschiedung in den Arm nehmen,
nun wollen sie es auch, es ist so falsch, unehrlich. Ich bewundere, wie Du Dein Leben bestimmst, obwohl du so jung bist!
Hut ab!

Danke für Eure Geduld beim Lesen!
Wünsche Euch einen schönen Abend, Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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