Habt ihr Eure Eltern mit ihren Taten konfrontiert?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
Benutzeravatar

leidend2009
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 25
Beiträge: 24

Beitrag Do., 10.02.2011, 09:40

Ich habe es auch mit der Hau-Ruck-Methode versucht.
Natürlich keine Einsicht, im Gegenteil, sie haben mir tierischen Stress gemacht, das ging soweit, dass mir geraten wurde, ich solle mir eine einstweilige Verfügung holen.
Dann den Kontakt abgebrochen.

Als ich dann zum ersten Mal wieder da war, hatte ich den Eindruck, mein Vater hat das schon kapiert. Er konnte mir lange Zeit gar nicht ins Gesicht gucken, geschweige denn in die Augen. Er muss ein riesig schlechtes Gewissen haben und er tut mir eigentlich leid. Er war ja auch nie das Problem, er leidet eher genauso unter meiner Mutter.
Sie hat überhaupt nichts verstanden, außer vielleicht, dass ich auf ihre alten Methoden nicht mehr anspringe.

Inzwischen habe ich das Wort "Schuld" gestrichen.
Wichtiger war mir eigentlich zu verstehen, wer welche Motive hatte.
Da blieb mir nichts, als noch einmal ganz von vorne anzufangen und dabei jede einzelne Position von jedem genau anzuschauen.
Das war anfangs sehr anstrengend, weil ich schnell wieder dazu übergegangen bin, es aus meiner alten Perspektive zu bewerten. Mit der Zeit ging es immer besser.
Im Prinzip ist das ein Gedankenspiel gewesen.
Womit fing es an, wie hat sich das entwickelt, welches Verhalten des einen hat das Verhalten des anderen wie beeinflusst?
Wer hat sich unter den gegeben Voraussetzungen in bestimmten Situationen wie gefühlt?
Und vorallem auch: Hätte sich irgendwer überhaupt anders verhalten können, in seiner Ganzheit und alle Umstände mit einbezogen?

Schlimm daran war: Meine eigene "Schuld" und die dadurch entstandenen Verletzungen quasi aus den Augen der anderen zu sehen und zu verstehen, wie sich das angefühlt haben muss.
Ganz schlimm fand ich auch die Erkenntnis, dass egal was ich sage, sie lieber in ihren eingeschränkten Denkmustern verharren wollen, als sich einen Anteil an Verantwortung einzugestehen. Und immernoch auf meine Kosten, immernoch bin für sie ich alles Schuld.

Ich glaube, jeder hat mit den ihm gegebenen Mitteln versucht, das aus seiner Sicht beste zu machen.
Es hätte bessere Möglichkeiten gegeben, aber die hat eben niemand sehen können.

Werbung

Benutzeravatar

styx
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 35
Beiträge: 37

Beitrag Do., 10.02.2011, 12:28

am nächsten Dienstag werde ich bei meinen Eltern sein , leider nicht auf neutralem Boden , wie ich es gewünscht hätte , sondern an der Stätte des schlimmsten Erlebens . Aber ein wissender Zeuge , mein Onkel wird dabei sein . leider konnte er mir damals nicht helfen , denn das Ganze erschloss sich ihm selbst erst viele Jahre später in seiner eigenen Therapie . Jetzt ist er für mich da . Mir geht es nicht darum , Schuld zuzuweisen , sondern darum , mich nicht mehr zu verstecken .

Anderthalb Jahre lebe ich nun mit der Depression , die nie ein Ende nehmen will , Suizidgedanken und Selbstschädigungen , die an russisches Roulette erinnern und für die ich mich in klaren Momenten , wie jetzt eben schäme . Sie sollen nicht mehr die Behinderer meinre Entscheidungen sein , nur weil ich sie verschonen will vor ihrer verantwortung . Sie brauchen sie nicht übernehmen , ich will nur , dass sie mein Betreutes Einzelwohnen mittragen , auch wenn ich es ihnen zurückbezahle . Es ist nur eine Formalität . Aber sollte es zu Fragen ihrerseits kommen , werde ich mich diesen stellen . Ich will mich befreien von ihren Erwartungen an mich , die an Selbstaufgabe grenzen und die mir erst jetzt bewusst werden , ich will nicht , dass sie mein Leben weiter im Griff haben , ohne auch nur da zu sein .
Bitte drückt mir die Daumen , dass ich es überstehe ...

Benutzeravatar

saffiatou
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3633

Beitrag Do., 10.02.2011, 15:09

Hallo Styx,

ich drücke Dir ganz fest die Daumen! Ich bewundere Deinen Mut, den ich dazu nicht habe.

Ich habe seit einem Jahr Depressionen und erinnere seit einigen Wochen den MB meines Bruders. Meine Eltern haben mich psychisch und physisch mißhandelt, sehen sich aber absolut im Recht. Meine Mutter hat einmal gesagt, das einzige das sie bereut war mich die Tage nach den Prügeln in die Schule geschickt zu haben, sie hatte immer Angst, daß ein Lehrer auf die Striemen und Male aufmerksam wird und das Jugendamnt informiert. Ansonsten habe ich es nicht anders verdient, ich habe es verdient in einer Atmosphäre der Angst zu leben, immer den Kopf einziehen, weil der nächste Schlag kommt schnell, immer Angst wieder nur benutzt zu werden, Angst den ansprüchen nicht zu genügen. Das Wort Liebe kam bei uns zu Haus nicht vor.

Meine Eltern auf die Mißhandlungen anzusprechen, würde nichts bringen, sie würden nur sagen, ich habe ja selbst Schuld, wenn ich doch nur etwas folgsamer gewesen wäre, nicht immer nur widersprochen.... sie hatten ja keine andere Wahl. Und wenn ich den jahrelangen MB meines Bruders ansprechen würden sie mir sagen es wäre Einbildung, kein Wunder, wenn ich in psychiatrischer Behandlung bin, wenn ich mir sowas einbilde, oder ich bin Schuld, wollte es wohl. Will ja nur die Familie zerstören.

Gerne würde ich nachforschen, warum? Warum sie so schnell zuschlugen, es schon reichte die Möbel im Wohnzimmer zu berühren, die sollten schön aussehen, das war wichtig. Warum es nie Lob gab, keine Liebe. Warum sie nie gesehen haben, wie einsam ich war. Aber sie sind zu Reflektionen nicht bereit, denn noch immer muß ich hören, Du hast ja keine Ahnung, wir wissen es besser.

Liebe Grüße, Saffiatou
never know better than the natives. Kofi Annan

Benutzeravatar

styx
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 35
Beiträge: 37

Beitrag Do., 10.02.2011, 23:40

Hallo Saffiatou .

Danke für dein Daumendrücken ,

so mutig bin ich da gar nicht , die Umstände zwingen mich fast dazu . Ich wäre heilfroh , ins Betreute Einzelwohnen zu kommen und kann einfach nicht akzeptieren , dass meine Eltern das verhindern , nur weil ich zu schwach bin , es ihnen zu erklären .

Ich werde sicher nicht über den Inzest bei den Großeltern reden , geschweige denn sie zur Erklärung für ihr Verhalten drängen ,es ist bei mir wie bei vielen anderen , sie fühlen sich im Recht und sind blind dafür . Früher , anlässlich des Selbstmordversuches meines Bruders , hatte ich versucht , ihnen manches klarzumachen , es nützte gar nichts . Sie bringen dieselben Argumente , wie deine und werfen mir heute Egoismus vor , weil ich keine Kinder habe und die Karriere nicht weltbewegend ist , ich bin eben ein ganz normaler Mensch geworden und kein Wunderkind .
Wenn du Glück hast , kannst du dich mit deinem Bruder verbünden , so dass ihr wenigstens eine kleine Familie seid . Meine lehrer und der Arzt haben nie was bemerkt , ich glaube , die litten wohl alle an einer dissoziativen Störung , die alles , was nicht in ihr Bild passt , ignorierten . Was du Dank deines eigenen Reflektionsvermögens kannst , ist , den Kreislauf der Gewalt an deinen eigenen Kindern zu unterbrechen und in deinem Umfeld nicht zuzulassen . Wenn dir das gelingt , hat dein Leben mehr Sinn gehabt , als die der vielen , die wegsehen .
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei - man muss nicht alles auf den Tisch legen , man sollte aber für bedingungen sorgen , die das eigene Leben erträglich machen ... Alles Gute !

PS : Wenn du Lust hast , mir zu schreiben , dann mach das ruhig über PN , würde mich freuen !

Liebe Grüße

Styx

Werbung

Benutzeravatar

Memory2922
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 29
Beiträge: 91

Beitrag Sa., 09.04.2011, 00:13

Mein Vater hab ich schon oft mit der Vergangenheit was damals vorgefallen ist als Kind / Jugendlicher konfrontiert, aber ich musste mir immer wieder anhören, ich würde doch nicht die Wahrheit sagen und ich wäre an vielen Dingen ja selber schuld.. das es soweit damals gekommen usw.. Auch, wenn man ihn damit weiter konfrontiert, blockt er beleidigt ab nach dem Motto, dass is doch alles nicht soo schlimm gewesen..Für mich hat es schon gereicht.. Oft hat er keine Argumente gewusst und hatte eben mit Gewalt reagiert und das tut mir bis heute innerlich sehr weh und ich fühle mich verletzt.. Verdammt weh tut so was :((((

Benutzeravatar

Bambam1990
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 21
Beiträge: 11

Beitrag So., 10.04.2011, 09:11

Auch ich habe mit meiner Mutter drüber geredet, sie meinte dass es ihr leid tut, sie aber nichts dagegen tun konnte, da sie auf die Hilfe, die mir das Jahrelang angetan hat, angewiesen war. (Mein Erzeuger lebt nicht bei uns.. das ist allerdings eine andere Geschichte...)
Trotzdem werde ich heute noch verbal von ihr fertig gemacht... Meine Bezugsperson, die mir immer wieder halt gegeben hat und für mich sehr wichtig war, ist letztes Jahr einfach so durch Gewalt aus dem Leben gerissen worden, was vieles noch schwerer für mich gemacht hat.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag