Wozu Eltern ? (Lyrik, Gedanken, Diskussion)

Manchen Menschen fällt es leichter, über ihre Gefühle und Gedanken zu schreiben oder zu malen, als sie auszusprechen. Hier ist Platz dafür: Bilder, Gedichte, Erfahrungsberichte und andere Texte (bitte nur eigene).

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S.Wortschatz
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Wozu Eltern ? (Lyrik, Gedanken, Diskussion)

Beitrag Do., 21.04.2011, 18:56

Wozu Eltern ?

Man kann mit ihnen nichts unternehmen
Man kann mit ihnen nicht ins Museum

Man kann mit ihnen nicht in die Kneipe
Sie haben nichts zu erzählen

Sie haben keine Geschichten
Sie haben keine Erlebnisse

Sie haben keine Träume
Sie haben keine Wünsche

Sie sind nicht neugierig
Sie wollen nichts wissen

Wozu sind Eltern eigentlich da ?

Man kann nicht in ihnen lesen
Man kann sie nicht anfassen

Man kann sie nicht schütteln
Man kann sie nicht essen

Man kann ihnen nicht vertrauen
Man kann ihnen nicht in die Augen schauen

Man kann sie nicht herzen
Man kann sie nicht lieben

Man kann nur abwarten,
abwarten, bis sie endlich sterben.


S.Wortschatz
:bock'n'roll:rock'n'foul:shock'n'howl:blog'n'soul:

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geronimos secret
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Beitrag Do., 21.04.2011, 19:59

Ich finds sehr traurig, dass du nicht mehr in deinen Eltern siehst..
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Anne1997
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Beitrag Do., 21.04.2011, 21:03

S.Wortschatz hat geschrieben:Man kann mit ihnen nichts unternehmen
Du willst vielleicht mit ihnen nichts unternehmen, warum auch immer.
S.Wortschatz hat geschrieben:Sie haben nichts zu erzählen
Sie haben keine Geschichten. Sie haben keine Erlebnisse
Vielleicht wolltest Du ihnen irgendwann nicht mehr zuhören, waren sie (und ihre Erlebnisse) Dir egal.
Das Leben jedes Menschen ist ein Roman wert. (Erv Polster, Psychotherapeut).
Jeder Mensch ist ein Universum für sich, als Teil eines Universums.
S.Wortschatz hat geschrieben:Sie haben keine Träume. Sie haben keine Wünsche
Jeder Mensch hat schon allein auf der neurophysiologischen Ebene Träume,
jeder Mensch, alle Eltern, alle Kinder (und Du auch, sei es als Vater oder als Kind) haben Wünsche.
S.Wortschatz hat geschrieben:Sie sind nicht neugierig. Sie wollen nichts wissen
Das menschliche Gehirn (nur mal so rein neurophysiologisch mal wieder, es gibt viel mehr Ebenen des Neugierigseins) ist immer neugierig, jeder Mensch will immer mehr wissen, auf welchen Ebenen auch immer.
S.Wortschatz hat geschrieben:Wozu sind Eltern eigentlich da ?
Du scheinst Schlimmes erlebt zu haben, dass Du zu solch einem für mich z.T. mit Hass erfüllten, auch z.T. mit Niedertracht und Gewalt erfüllten und demütigenden Text kommst, der mich sehr traurig stimmt, der viel über Dich preis gibt.
Wenn es Ereignisse für Dich gegeben hat, Deinen Eltern nicht (ver)trauen zu können, ist das (sehr) schlimm und es ist wohl sehr schwer, damit umzugehen, aber es ist keine unüberwindbare Hürde, um das Vertrauen in Dir zu Dir herzustellen (auch wenn dies ein jahrelanger Prozess und harte Arbeit sein kann); ansonsten hätte ein solcher Text so nicht entstehen können.
Ich kenne Deine Geschichte nicht, wünsche Dir, dass Du Freunde zum Anfassen hast, denen Du in die Augen schauen kannst, die Du herzen, lieben kannst - und dass Du ein ebensolcher Freund gegenüber Deinen Freundin, einer Partnerin etc. sein kannst.
Und ich wünsche Dir eigentlich (therapeutische) Unterstützung von außen.

Auf eine gewisse Weise kann jeder seine Eltern "lieben" bzw. zumindest respektieren (auch wenn die Elternrolle für Dich desillusionierend gewesen sein mag) - wie auch immer sich diese Liebe / dieser Respekt (auch durch längerfristigen Kontaktabbruch) konkretisiert. Du bist am Leben.
Bist Du Vater von Kindern? Redest Du von Dir als Elternteil, von Deinen Kindern?
Dann: ähnliche Konsequenzen.

Wünsche Dir alles Gute / herzlichen Gruß,

A.

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Innere_Freiheit
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Beitrag Do., 21.04.2011, 23:10

.

Über meine Eltern (und alle Generationen davor) ist das Leben bis zu mir geflossen.
Würde auch nur einer fehlen - ich wäre heute nicht hier.

Nein - meine Eltern entsprechen nicht meinen Ideal-Wunsch-Vorstellungen!
Sie taten das, was ihnen im Rahmen ihrer Denk- und Gefühls-Welt möglich war.....
und das war wirklich nicht immer einfach für mich!

Würde ich mehr für meine Kinder tun können?
Würde ich mehr tun können
als mir im Rahmen meiner Denk- und Gefühls-Welt möglich ist?

Wie kann ich also von meinen Eltern verlangen,
was ich selbst nicht zu bieten vermag?


[hr][/hr].

=> Eltern, Kindheit, Schicksal.... als Thema in meinem Blog

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Anne1997
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 07:00

Danke für Nachdenkstoff. @Innere Freiheit.
@Elfchen: es muss aus liebe geschehen. Danke für diesen Satz!
Zuletzt geändert von Anne1997 am Fr., 22.04.2011, 07:03, insgesamt 4-mal geändert.

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Elfchen
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 07:00

lieber innere freiheit
Sie taten das, was ihnen im Rahmen ihrer Denk- und Gefühls-Welt möglich war.....
da kann aber ganz schön viel elendes, unüberlegtes, zerstörerisches drin sein.
ich glaube, so ganz bin ich mit deinem satz nicht einverstanden. grundsätzlich ja, aber ich habe eltern erlebt, denen es in erster linie um sich selber ging. die sich absolut keine sekunde in ihre kinder eingefühlt haben. denen die auswirkungen ihres tuns piepegal war.
Würde ich mehr für meine Kinder tun können?
ich bin nicht perfekt.
aber ich hab mich genau an das gehalten, was du schriebst. an den rahmen meiner denk-und gefühlswelt, dazu war mir wichtig, empathie mit meinen kindern zu haben. sie zu sehen.

ich glaube, ich hab für mich eine conclusion: es muss aus liebe geschehen.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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geronimos secret
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 07:51

In meinem Elternhaus war natürlich auch nicht immer nicht alles perfekt, aber ich find meine Eltern toll und bin froh, dass es sie gibt. Wenn sie sterben werde ich todtraurig sein.
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Elfchen
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 08:13

das ist total schön, geronimos.
perfektion ist auch nicht das, was erstrebenswert ist.
aber liebe und wohlwollen, das sollte schon spürbar sein.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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geronimos secret
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 08:38

aber liebe und wohlwollen, das sollte schon spürbar sein.
Auch liebe und wohlwollen sind innerhalb einer Familie nicht immer spürbar. Im gegenteil sind Konflikte in der Eltern/Kind Beziehung eher die Regel (ganz besonders während der Pubertät). Ich hatte auch Glück, denn ich habe in meiner Familie zwar sehr häufig Streit, aber nie Gewalt erlebt. Das war bei meiner Mutter anders, die von ihrer Mutter brutal geschlagen wurde. Sie sagte, sie konnte erst ihren Frieden mit ihr machen, als sie ihr verzieh und versuchte zu verstehen. Denn ihre Mutter wurde auch geschlagen. Gewalt (welcher Art auch immer) wird häufig über Generationen weitergetragen, meine Mutter durchbrach diesen Teufelskreis, ihr Bruder nicht,. Innere Freiheits Ansicht ist sehr reif, weil sie heilen kann, anstatt Destruktivität zu perpetuieren.
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Elfchen
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 09:45

geronimus hat geschrieben:Konflikte in der Eltern/Kind Beziehung eher die Regel (ganz besonders während der Pubertät
ich finde konflikte normal, das hat für mich nichts mit fehlender liebe zu tun. es ist auch normal, dass pubertierende sich nicht geliebt fühlen. ob es wirkliche liebe ist, das merkt man in der regel auch durch die probleme hindurch.
geronimus hat geschrieben:...weil sie heilen kann, anstatt Destruktivität zu perpetuieren.
ja, das finde ich auch.
trotzdem: es gibt auch härtefälle. nicht alles ist durch vergebung, verständnis und entschuldigung heilbar... ich merke, dass es nur heilung gibt, wenn liebe vorhanden ist. anderweitig kann ich nur lernen, in mir den frieden zu haben.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Eve
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 13:24

Eltern haben die Macht.
Eltern kontrollieren die Kinder.
Eltern wollen die Kinder beschützen.
Eltern zwingen die Kinder ins Leben.
Eltern halten die Kinder für Unfähig.
Eltern nehmen den Kindern Entscheidungen ab.



Manchmal hab ich meine Eltern trotzdem lieb.
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Eine schöne Frage ist ein Seelenkuss.
Schöpfer unbekannt

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Gast
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 13:41

Das ist zwar eine Antwort auf die Frage "Warum Kinder?".

Aber ich glaube, das wären keine schlechten Eltern.
Ich fand mal auf einem Buch von Wilhelm Reich auf der Rückseite:
"Der einzig legitime Grund, ein Kind zu bekommen, ist die Freude am eigenen Leben."

Gruß
Anastasius

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SamuelZ.
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 19:32

Hallo S.Wortschatz,

ein interessantes, kontroverses Thema, dass du angestoßen hast. Gut für jeden, der behaupten kann, dass er dein erstes Gedicht "nicht schön" findet...

Mich haben deine Worte sehr angesprochen, denn ich frage mich oft, was ich mit meinen Eltern noch gemeinsam habe (Vater tot/Stiefvater lebt). Ich habe mir immer zwei wirklich erwachsene Eltern gewünscht, habe stattdessen aber als Kind und Jugendliche in einer Familie mit zwei erwachsenen Kindern gelebt. Sie haben zwar nicht ALLES falsch gemacht, aber sehr vieles.

Würde ich meine Eltern auf der Straße treffen oder auf einer Feier, ich würde nicht das Gespräch suchen, weil wir uns nichts wirklich zu sagen hätten. Unsere Welten liegen zu weit auseinander. Ich finde kaum noch Gemeinsamkeiten.

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lamedia
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Beitrag Fr., 22.04.2011, 20:49

Ich gehöre zu denen, die ihre Eltern nicht lieben. Aber ich verachte sie auch nicht.

Sie sind da, ich verdanke ihnen mein Leben, sie haben getan, was sie tun konnten, mich großgezogen und dabei Fehler gemacht. Und es gab schon von Kindesbeinen an eine riesige Kluft zwischen uns, die aber leider nicht durch deren Herzlichkeit oder Wärme überwunden wurde. Die innnere Verbindung zu ihnen ist schon früh abgebrochen.

Ich käme nicht darauf, irgendwelche Ansprüche an sie zu stellen, deretwegen ich dann enttäuscht sein könnte. Ich bin also eine Art psychische Waise - aber den Weg habe ich mir selbst so gewählt. Ich klage sie nicht an. Und die Verletzungen der Kindheit sind für mich "abstrakt" - es fehlt mir "etwas" und ich bin hier und da eingeschränkt. Und ich fühle auch Schmerz und Verlust. Aber mit diesen Eltern war eben nichts anderes möglich. Dafür können sie nichts.

Ich merke nur, dass es mir sehr fremd ist, wenn andere ihre Eltern lieb haben. Dann merke ich erst, dass bei mir etwas Entscheidendes anders ist.

Und es macht mich immer sehr melancholisch, wenn ich andere Eltern (z.B. Freunde in meinem Alter) sehe, die so wahnsinnig lieb und rührend und verantwortungsbewußt mit ihren Kindern umgehen, dass da sicher niemals eine solche Kluft entstehen kann.

Der gute Umgang mit Kindern ist eigentlich doch so selbstverständlich. Natürlich gibt es immer Konflikte zwischen den Wünschen und Bedürfnissen von Kindern und Eltern. Doch es gibt eben vernünftige Wege, damit umzugehen, anders als mit dieser vernichtenden, schweigenden und tobenden Gewalt, Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit, die die Atmosphäre meiner und auch manch anderer Kindheit geprägt hat.

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Anne1997
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Beitrag Sa., 23.04.2011, 11:24

@lamedia / @SandyZ.: Danke für eure Beiträge, sie rücken für mich einiges zurecht, relativieren auch.
SandyZ. hat geschrieben:(...) habe stattdessen aber als Kind und Jugendliche in einer Familie mit zwei erwachsenen Kindern gelebt. Sie haben zwar nicht ALLES falsch gemacht, aber sehr vieles. Würde ich meine Eltern auf der Straße treffen oder auf einer Feier, ich würde nicht das Gespräch suchen, weil wir uns nichts wirklich zu sagen hätten. Unsere Welten liegen zu weit auseinander. Ich finde kaum noch Gemeinsamkeiten.
Bei uns ist es "nur" ein erwachsenes Kind, mein Vater, mit dem ich heute noch sprechen kann, zwar seltener, dennoch; wir sind (waren?) uns auch sehr ähnlich (man merkt, dass ich von ihm abstamme). Ja, es ist so, manchmal kann man kein Gespräch mehr mit Eltern (mehr) führen, so dass man ohne Kontakt bleibt.
lamedia hat geschrieben: Und ich fühle auch Schmerz und Verlust. Aber mit diesen Eltern war eben nichts anderes möglich. Dafür können sie nichts. (...) Ich merke nur, dass es mir sehr fremd ist, wenn andere ihre Eltern lieb haben.
Das Wichtigste ist für mich hier das "Dafür können sie nichts." - Doch, mein Vater hätte sehr wohl den Alkohol einschränken könne, er war ihm aber wichtiger als die Sorgen der Familie und Angehörigen. Und ich habe meinen Vater auch lieb - wenn auch distanzierter und "illusionsloser". Er hat seine Geschichte, die ihn zu dem machte, der er ist. Dass er sich nicht mit vielen Themen auseinandersetzte, wie es aus meiner Sicht notwendig gewesen wäre, kann ich ihm nicht im Sinne von "Schuld" anlasten, sondern: mir hat's nicht gut getan und es liegt an mir, mich meiner Geschichte zu stellen.
Durch eure Beiträge fiel mir (erneut mal wieder) auf, dass ich immer versucht habe, am absolut "heilen" Bild einer Familie festzuhalten. Mir fiel es immer schwer zu sagen, dass mir dies und das geschadet hat, dass mir bestimmte Dinge gefehlt haben und dass dies "o.k." ist zu sagen, ohne dabei "seinen Eltern zu schaden".
Für solche Erkenntnisse brauch(t)e ich leider Jahre (da mein Ziel war und ist, mit mir und meinen Eltern "versöhnt" zu sein, egal ob mit viel, wenig oder temporär keinem Kontakt) und ich komme mir manchmal noch "blind" vor (wie so ein "Gutmensch", der ich zweifelsohne nicht bin). So verbrachte ich etliche Therapiemonate damit zu behaupten, dass ich keinen Grund zur Klage und keine Problemen hätte (so im Verhältnis zum "Rest der Menschheit"), wobei ich jede Stunde "herbeisehnte". Insofern spricht mein erster Beitrag hier auch Bände beim nochmaligen Durchlesen. Aber er "passt" zu meinem "Weg".

Grüße von Anne
Zuletzt geändert von Anne1997 am Sa., 23.04.2011, 13:12, insgesamt 1-mal geändert.

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