Hallo, liebe Leute!
Zu dem Thema hab ich hier im Forum schon ein paar Threads gesehen, aber jeder hat doch eine andere Geschichte und darum hielt ich es für eine gute Idee, meine eigene hier in einem neuen Thema zu schreiben.
Ich bin 27, komme aus "gutem" Haus. Ich habe (meiner Meinung nach zu lange) studiert, nun aber meinen Master abgeschlossen (vor fast einem Jahr), war auf Reisen, habe nun keine Ahnung, wohin mein Leben gehen soll. Ich habe noch nie in meinem Leben eigenes Geld verdient. Ich habe Angst. Die Tage, Wochen und inzwischen Monate zerrinnen mir unter den Fingern; oft bin ich tagelang (um nicht zu sagen wochenlang) zu Hause und schlage die Zeit tot, bin dabei ratlos und depressiv. So viel mal zur allgemeinen Zusammenfassung meines Problems.
Ich will versuchen, nicht ZU weit auszuschweifen; ich denke, es spielt sehr vieles mit; angefangen bei meinen komplizierten Familienverhältnissen, einem schon recht betagten Vater, der in seinem Leben wirtschaftlich unheimlich viel geschaffen hat und dabei Entsprechendes von seinen Söhnen erwartet; einen in Frankreich aufgewachsenen Halbbruder, der genau dem vom Vater gewünschten Bild entspricht und einen Bürojob macht, bei dem er sich ne goldene Nase verdient, dabei aber geschätzte 100 Stunden in der Woche arbeitet. In der Schulzeit und auch noch während des Studiums, bis zuletzt, hatte ich versucht, es auch entsprechend recht zu machen, habe aber trotzdem das Studium ausgesucht, das mich interessierte und nicht BWL oder Ähnliches, wie es erwartet wurde. Therapie diesbezüglich habe ich auch schon eine Menge hinter mir und mir ist inzwischen bewusst, dass es mein Leben ist und ich selbst meine Entscheidungen zu treffen habe. Mein Vater will das "Beste" für mich, jedoch weiß er nicht, was das ist. Das weiß ich selbst nicht.
Und genau hier liegt mein Problem. Vom Vater kommt natürlich immer intensiver der Druck: "Los! Business!". Ich habe Angst, in einem Beruf aufzuwachen, der mich frisst und umbringt. Sofern ich etwas finde, das mich erfüllt, kann ich dies auch tun, unabhängig vom Vater - dem wird es schon recht sein; oder auch nicht; ist dann ja nicht seine Sache. Jedenfalls, was ich brauche, sind eben genau diese erfüllenden Pläne. Ich habe einerseits Angst vor Bewerbungsgesprächen, da ich keine Arbeitserfahrung vorweisen kann, andererseits gab es bisher auch nichts, das mich vom Hocker gerissen hätte. Vom Studium und Finanziellen her sollten viele Möglichkeiten offen sein; vielleicht zu viele?
Die Schule habe ich mit Auszeichnung abgeschlossen. Den Master in den Sozialwissenschaften habe ich gut abgeschlossen, daneben habe ich Romanistik studiert, dieses allerdings fertig, da wollte ich nur die Sprachen lernen. Ich war mehrere Male in Brasilien, insgesamt ein halbes Jahr. Nach dem Studium war ich quer durch Europa unterwegs, den ganzen letzten Sommer. Ich liebe Reisen. Mich interessieren Sprachen, spreche auch immerhin 4,5. Mandarin interessiert mich, Asien allgemein. Um Mandarin zu lernen, müsste ich aber von 0 anfangen - ob es sich auszahlt, ist eine gute Frage, da ich ja keine weiteren dahingehenden Pläne habe. Südamerika interessiert mich. Und Musik. Ich höre mein Leben lang sehr viel Musik; Musik von verschiedensten Teilen der Welt, immer hochinteressiert und mit Freude - wage zu behaupten, mich gut auszukennen. Instrument lerne ich eines, leider erst spät begonnen- dafür war kein Platz in der Kindheit. Und Medien, Journalismus. Und sogar Informatik, wobei ich programmieren nie gelernt habe- insgesamt bin ich aber begabt, was Computer angeht. Oder etwa Deutsch und Englisch unterrichten, habe aber keine entsprechende Ausbildung. Die "klassische" Arbeit eines Sozialwissenschaftlers, etwa in einem Markt- und Meinungsforschungsinstitut langweilt mich. Qualitative Forschungen haben ihren Platz eher an der Universität. Und so geht auch die Liste weiter... worauf ich hinaus will: da gibt es schon einige Interessen, aber keine Entscheidung, in welche Richtung es gehen sollte oder könnte. Ich werde auch nicht jünger; jede weitere Ausbildung kostet wieder Zeit und Geld. Und so sitze ich apathisch, spiele Spiele online, um die Zeit totzuschlagen; schaffe es nicht, ernsthaft nach etwas zu recherchieren, weil sich meine manchmal kurz aufblühende Motivation viel zu schnell wieder zerschlägt. Momentan fühle ich mich einfach nicht wohl. Ich schaffe es nichtmal, früh schlafen zu gehen und dann morgens auszustehen; liege bis 11 oder noch länger im Bett und denke mir: "Wozu schon wieder aufstehen?" Dann denke ich mir: "Heute tu ich was.", und ne halbe Stunde später finde ich mich wieder vor dem Spiel. Würde ich es deinstallieren, um nicht in Versuchung zu geraten, so gäbe es eine andere Ablenkung.
Keine Ahnung, wie es weitergehen soll...
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Was Beziehungen angeht: hatte ich. Sehr schwierige Beziehungen, darunter zwei Frauen mit diagnostiziertem Borderlinesyndrom, eine am anderen Ende der Welt (Brasilien). Mit letzterer war ich verlobt, doch das zerschlug sich nach einiger Zeit auch. Was soll ich dazu sagen? Die drei Beziehungen haben doch auch 6 Jahre meines Lebens stark beeinflusst, worunter eben auch mein Studium litt. Ich gebe ihnen nicht die Schuld, hab sie mir ja selbst ausgesucht. Doch das ist eine andere Baustelle- jetzt ist jedenfalls mal Pause von Frauen und die Konzentration auf meine Zukunft wichtiger.
Ich habe ein paar sehr gute Freunde (kann ich mit 2 Fingern abzählen) und mache auch schnell und leicht neue Bekanntschaften, doch wirklich gute neue Freundschaften hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Alte Freunde ziehen alle weg, arbeiten im Ausland oder sonst was. Jedenfalls gibt es nicht wirklich etwas, das mich unbedingt hier halten würde. Ich bin anpassungsfähig. Und lernfähig.
Ach, und habe ich einmal ein konkretes Ziel vor Augen, so wächst meine Motivation enorm an und ich schaffe es innerhalb kürzester Zeit. Beispiel portugiesisch: habe ich in 4 Monaten so gelernt, dass ich mich verständigen konnte und nach 1,5 Jahren wars flüssig, fehler- und akzentfrei. Beispiel Studienabschluss: ich hatte 8 Monate als Deadline für den Abschluss. Alles gut geschafft. Was mein größtes Problem ist: etwas finden! Wissen, WAS ich will. Ich habe auch keine Lust mehr auf Psychotherapie, davon hatte ich erstmal genug. Vielleicht könnt ihr mir helfen.
LG,
Hocico
Ich habe ein paar sehr gute Freunde (kann ich mit 2 Fingern abzählen) und mache auch schnell und leicht neue Bekanntschaften, doch wirklich gute neue Freundschaften hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Alte Freunde ziehen alle weg, arbeiten im Ausland oder sonst was. Jedenfalls gibt es nicht wirklich etwas, das mich unbedingt hier halten würde. Ich bin anpassungsfähig. Und lernfähig.
Ach, und habe ich einmal ein konkretes Ziel vor Augen, so wächst meine Motivation enorm an und ich schaffe es innerhalb kürzester Zeit. Beispiel portugiesisch: habe ich in 4 Monaten so gelernt, dass ich mich verständigen konnte und nach 1,5 Jahren wars flüssig, fehler- und akzentfrei. Beispiel Studienabschluss: ich hatte 8 Monate als Deadline für den Abschluss. Alles gut geschafft. Was mein größtes Problem ist: etwas finden! Wissen, WAS ich will. Ich habe auch keine Lust mehr auf Psychotherapie, davon hatte ich erstmal genug. Vielleicht könnt ihr mir helfen.
LG,
Hocico
Hi,
ui respekt vor deiner Leistung.
Spontan fällt mir nur ein, experimentiere, probiere dich aus. Mache Praktika in Bereichen, die in Betracht kommen könnten.
Vielleicht wäre Dolmetscher ein Beruf für dich?
ui respekt vor deiner Leistung.
Spontan fällt mir nur ein, experimentiere, probiere dich aus. Mache Praktika in Bereichen, die in Betracht kommen könnten.
Vielleicht wäre Dolmetscher ein Beruf für dich?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli
Benjamin Disraeli
Oh, hab grad nen Fehler entdeckt: das Romanistik Studium allerdings NICHT fertig, da wollte ich nur die Sprachen lernen.
@hopeless: da ist ja auch meine Sorge: ich werde nicht jünger und es ist keine Zeit zum ewig herumexperimentieren. Jede Idee bedarf ja auch irgendwo einer weiteren Ausbildung. Hm.
Was ich noch hinzufügen wollte: Teil meines Problems: immer dort Angst, es vielleicht doch nicht zu schaffen, bzw. nicht gut genug zu sein. Für den Vater war ich das nie und für die Freundinnen auch nie. Gut, im Kopf weiß ich inzwischen, dass das so nicht ganz stimmt, aber es ist doch ein Faktor, der irgendwo unterbewusst immer mitspielt, denk ich, glaub ich..
Und was ich noch vergessen hab: das Doktorat ist natürlich auch eine Überlegung.
@hopeless: da ist ja auch meine Sorge: ich werde nicht jünger und es ist keine Zeit zum ewig herumexperimentieren. Jede Idee bedarf ja auch irgendwo einer weiteren Ausbildung. Hm.
Was ich noch hinzufügen wollte: Teil meines Problems: immer dort Angst, es vielleicht doch nicht zu schaffen, bzw. nicht gut genug zu sein. Für den Vater war ich das nie und für die Freundinnen auch nie. Gut, im Kopf weiß ich inzwischen, dass das so nicht ganz stimmt, aber es ist doch ein Faktor, der irgendwo unterbewusst immer mitspielt, denk ich, glaub ich..
Und was ich noch vergessen hab: das Doktorat ist natürlich auch eine Überlegung.
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Hi,
diesen "Fehler" bezüglich des Abschlusses habe ich bemerkt, bin ja zum Glück nicht aufs Köpfchen gefallen.
Deine Ängste sind in Anbetracht deines Lebenslaufes selbsterklärend und werden dich wohl begleiten. Da du um diese weißt, dürften sie rein logisch betrachtet nicht mehr all zu gewichtig sein.
Das die Zeit rennt, bzw. du das Gefühl hast, kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Angst hätte ich vermutlich auch. Nichtsdestotrotz bleiben sie auch weiter bestehen, wenn du rein gar nichts tust und depressiv zu Hause sitzend alles nur zerdenkst.
Es ist schon ein Dilemma in dem du steckst, allerdings kein unlösbares.
Meinst du nicht, mit dem Doktor schiebst du nur die aktuellen Probleme ein paar Jahre auf?
Denn nach Abschluss diesem, bliebe vielleicht die Proffessur, aber... Was ist danach? Musst ja doch "irgendwas" arbeiten.
Ich denke, mache Praktika, da kannst du etwas vorweisen, dich erproben, ausprobieren, du kommst weiter, dein alter Herr hält vielleicht kurz die Luft an und danach kannst dir immer noch überlegen den Doktor zu machen.
Das dein Vater morgen tot sein könnte, kam dir das schon mal in den Sinn? Wäre doch doof seine Erwartungen versuchen zu erfüllen und dann ist er weg, wer ist denn dann noch stolz auf deine "Leistung"?
diesen "Fehler" bezüglich des Abschlusses habe ich bemerkt, bin ja zum Glück nicht aufs Köpfchen gefallen.
Deine Ängste sind in Anbetracht deines Lebenslaufes selbsterklärend und werden dich wohl begleiten. Da du um diese weißt, dürften sie rein logisch betrachtet nicht mehr all zu gewichtig sein.
Das die Zeit rennt, bzw. du das Gefühl hast, kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Angst hätte ich vermutlich auch. Nichtsdestotrotz bleiben sie auch weiter bestehen, wenn du rein gar nichts tust und depressiv zu Hause sitzend alles nur zerdenkst.
Es ist schon ein Dilemma in dem du steckst, allerdings kein unlösbares.
Meinst du nicht, mit dem Doktor schiebst du nur die aktuellen Probleme ein paar Jahre auf?
Denn nach Abschluss diesem, bliebe vielleicht die Proffessur, aber... Was ist danach? Musst ja doch "irgendwas" arbeiten.
Ich denke, mache Praktika, da kannst du etwas vorweisen, dich erproben, ausprobieren, du kommst weiter, dein alter Herr hält vielleicht kurz die Luft an und danach kannst dir immer noch überlegen den Doktor zu machen.
Das dein Vater morgen tot sein könnte, kam dir das schon mal in den Sinn? Wäre doch doof seine Erwartungen versuchen zu erfüllen und dann ist er weg, wer ist denn dann noch stolz auf deine "Leistung"?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli
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