Ratlosigkeit hat geschrieben: z.B. hätte man Dich in einer Diktatur schon längst auf Grund deiner IP-Nummer identifiziert und würde Deine Beiträge hier zu einer mehr oder weniger heimlichen Grundlage einer Anklage wegen Regimekritik machen, die dazu führen würde, dass Du einfach irgendwo verschwindest...
Glaub mir, ich rechne sogar tatsächlich damit, dass es über mich bereits eine Akte gibt. Und ich entscheide fast täglich neu, ob ich das Risiko eingehen soll, mich zu äußern, oder nicht. In einer Welt in der ich das nicht darf, wollte ich aber nicht leben. Meine Angst geht weit. Sehr weit. Manchmal fürchte ich wirklich, jederzeit könnte meine Tür aufgebrochen werden.
Und das arge ist, das ist nicht einmal... unlogisch. Ich weiß nicht ob du es verfolgt hast, aber in Österreich wurden sogar Leute abgeholt und verhört, nur weil sie T-Shirts von einem Tierschutzverein über das Internet bestellt haben. Ich habe weit mehr "verbrochen", allein wie ich mich in meinem Blog (nicht hier) äußere. (Ein bisschen bin ich froh, dass es kaum jemand liest).
Ich habe im Sommer auch lange überlegt, ob ich hier weiter schreiben soll: Die Vorratsdatenspeicherung, sechs Monate, was bedeutet, rückwirkend bis letzten Oktober, könnte schon einiges anstellen. Und wenn man mich nicht wegen subversiver Gedanken anmacht... man weiß welche Diagnosen ich habe, welche Probleme, welche Gedanken... niemand kann mir garantieren, dass in den Stellen wo diese Daten verwaltet werden nicht frustrierte Beamte sitzen, wie überall, die zu wenig verdienen, zu wenig anerkannt werden, und sonstiges, und diese Daten weitergeben, weiter verkaufen. Selbiges mit jedem Handytelefonat. Freilich, man SAGT, dass es nur für "Verbrecher" gilt. Aber wer genau bestimmt was oder wer ein Verbrecher ist? Gerade hat man rund fünf Jahre Tierschützer zu Verbrechern erklärt, bespitzelt, infiltriert, in U-Haft gesteckt... weil sie eben einer Partei (und deren Klientel in der Wirtschaft) zu unbequem wurden. Es ging nicht um Straftaten, sondern um Gesinnung. Um es genau zu erklären: Wenn ich mich heute in diesem Forum etwa negativ über Frauenhäuser äußere, und ein mir unbekannter Mensch besprayt 500 km entfernt die Hausmauer eines Frauenhauses, könnte man mir Anstiftung vorwerfen, weil ich hätte wissen müssen, dass sich irgend jemand durch meine Äußerung zu einer Straftat hinreissen lässt.
Ja. Ich schreibe. Und ich habe Angst. Das gebe ich zu. Bin hin und her gerissen und überlege durchaus, was tun, wenn sie vor der Türe stehen. Aber schweigen... das möchte ich auch nicht. Zumal ich soweit gehe, zu sagen. Eines Tages wird es sogar verwerflich, sich NICHT zu äußern, weil das ein Hinweis darauf ist, kriminelle Gedanken zu haben. So wie es heute bereits ein Indiz für eine Straftat ist, sein Handy NICHT mitzunehmen. Und ja, so absurd es klingt, das sind tatsächlich passierte Dinge. Menschen, die ein pädagogisches Kunsprojekt entwickeln, und dann mit dem Verfassungsschutz zu tun haben...
Ich habe auch selber erlebt wie es ist, sich die ADs beim Hausarzt zu holen, und zu erfahren, dass man nicht versichert ist und daher seine Medikamente nicht bekommt und darauf dann nicht einmal "ausschleichen" kann, egal ob für die Gesundheit ok. Unschöne Sachen.
Wie soll man leben? Ich wünschte mir oft, mich würde ausser Geschirrspülermarken, Superstarsendungen und Co. nichts interessieren... das wäre einfach angenehmer. Aber schon als Kind wusste ich, was passieren kann, wenn man vom Baum fällt, und hatte Angst rauf zu klettern. Ich habe mir den Gips erspart, bis heute, im Gegensatz zu vielen anderen. Heute... klettere ich auf den Baum, während die Anderen herunten bleiben...