Kindliches Verhaltensmuster ändern

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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SmieD
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Kindliches Verhaltensmuster ändern

Beitrag Fr., 17.10.2008, 10:06

Hallo!

Ich beobachte dieses Forum schon sehr lange, was mir in den letzten Jahren auch schon oft geholfen hat. Mein Leben hat sich nämlich stark verändert - zum Positiven. Aber solche Sachen laufen eben nie ohne Rückschläge ab. Früher habe ich die ganze Welt gehasst - mich selbst am meisten. Heute bin ich eigentlich ziemlich zufrieden mit mir und hatte das Glück, auf einige großartige Menschen zu treffen, von denen ich viel lernen konnte.
Es gibt da nur noch einen Lebensbereich, mit dem ich unzufrieden bin: Mein Liebesleben. Das existiert nämlich nicht. Ich hatte auch noch nie eine Beziehung.

Eines der Probleme - und darum geht es mir hier - ist, dass ich ein bestimmtes Verhaltensmuster einfach nicht los werde: Ich versuche Mitleid zu erregen. Sowohl meine Gedankengänge als auch mein Verhalten laufen wie selbstverständlich immer und immer wieder in diese Richtung.
So richtig bewusst wurde mir das erst vor ca. 3 Jahren. Erst im letzten Jahr erkannte ich, wie schlecht und armselig ich durch dieses Verhalten vor anderen dastehe.

Warum mache ich das überhaupt? Diese Idee ist nicht bewusst überlegt, aber ich glaube irgendetwas in mir hofft, dass, wenn ich (z.B.) ganz, ganz traurig in einer Ecke sitze, jemand kommt, mich bei der Hand nimmt und mir seine Aufmerksamkeit und Zuneigung schenkt. Es fällt mir nicht leicht das zuzugeben, aber es ist so. Als 32 jähriger Mann habe ich es nicht geschafft, ein extrem kindliches Verhaltensmuster durch ein erwachsenes zu ersetzten.
Es scheint die einzige Strategie zu sein, die ich kenne, um von anderen ein bisschen Zuwendung zu bekommen - kurzfristig. Dass man über Mitleid keine stabilen Beziehungen aufbauen kann, ist mir völlig klar. Zumindest mein Verstand scheint erwachsen geworden zu sein.

Ich erkenne also mein Problem ziemlich klar, stecke momentan aber irgendwie fest, weil es sich nicht ändert.
Meine wichtigste Frage ist: Wenn ich in dieses Mitleidsmuster falle und es erkenne, wie kann ich am besten gegensteuern?
Mich interessiert aber alles zu diesem Thema! Erkennt oder erkannte jemand von euch dieses Muster an sich selbst? Wie geht ihr damit um?


Danke fürs Lesen!

LG,
SmieD

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thorn
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Beitrag Fr., 17.10.2008, 11:14

Hallo SmieD,

erst mal find ich's stark, dass du dich bis zu dieser Erkenntnis über dein Verhaltensmuster alleine durchgekämpft hast. Nicht viele machen sich diese Arbeit, und nicht wenigen mangelt es an Mut, sich gerade den unangenehmen Wahrheiten über sich selbst zu stellen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das auch für dich nicht leicht war, aber jetzt hast du einen sehr guten Ausgangspunkt erreicht
SmieD hat geschrieben:Es scheint die einzige Strategie zu sein, die ich kenne, um von anderen ein bisschen Zuwendung zu bekommen
Heißt das, du bekommst ansonsten gar keine Zuwendung? Oder ist es nur für dich die einzige Möglichkeit, auf deinen Wunsch hin Zuwendung zu erhalten?
Geht es dabei eigentlich tatsächlich um Situationen, in denen es dir schlecht geht, oder ist Mitleid nicht nur die einzige Strategie, die du kennst, sondern auch die einzige Form von Zuwendung (die dir etwas bedeutet/bei dir ankommt/dir fehlt/...?)? D.h. machst du dich auch "bemitleidenswert", wenn du eigentlich etwas anderes als Mitleid bräuchtest (z.B. Mitfreude oder Interesse an dir)? (Ich hoff mal, ich hab das halbwegs verständlich ausgedrückt.)

Was meinst du, wie/warum du dieses Verhalten erlernt hast?

Was lässt dich so passiv sein, statt dich aktiv um Zuwendung zu bemühen? Vllt. Angst vor Zurückweisung oder die innere Überzeugung, Zuwendung nur verdient zu haben, wenn der andere sie (vermeintlich) von ganz alleine gibt, oder ...?

Was, denkst du, gäbe es denn noch für Möglichkeiten, Zuwendung von anderen zu erhalten, welche erscheinen dir erstrebenswert(er) und umsetzbar? Leichter, als nur gegen ein bestimmtes Verhalten vorzugehen, ist es, wenn man sich gleichzeitig um ein neues Verhalten bemüht, das geeigneter ist, das jeweilige Ziel zu erreichen. Das macht, wenn sich immer mehr Erfolgserlebnisse einstellen, das alte Verhalten nämlich nach und nach überflüssig, so dass es sich (fast ) von selbst erledigt.


Grüße,

thorn

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SmieD
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Beitrag Mo., 20.10.2008, 17:49

Hallo thorn,
danke für die vielen Denkanstöße!
thorn hat geschrieben:
SmieD hat geschrieben:Es scheint die einzige Strategie zu sein, die ich kenne, um von anderen ein bisschen Zuwendung zu bekommen
Heißt das, du bekommst ansonsten gar keine Zuwendung? Oder ist es nur für dich die einzige Möglichkeit, auf deinen Wunsch hin Zuwendung zu erhalten?
Letzteres.
thorn hat geschrieben: Geht es dabei eigentlich tatsächlich um Situationen, in denen es dir schlecht geht, oder ist Mitleid nicht nur die einzige Strategie, die du kennst, sondern auch die einzige Form von Zuwendung (die dir etwas bedeutet/bei dir ankommt/dir fehlt/...?)? D.h. machst du dich auch "bemitleidenswert", wenn du eigentlich etwas anderes als Mitleid bräuchtest (z.B. Mitfreude oder Interesse an dir)?
Ich mache mich auch bemitleidenswert, wenn ich eigentlich etwas anderes will als Mitleid und es hat auch nichts mit meinem tatsächlichen physischen und psychischen Zustand zu tun.
Ich schätze mal, Mitleid zu erregen habe ich einfach verdammt gut drauf. Kein Wunder nach jahrzehntelangem Üben. Ich hatte und habe (leider) immer wieder (kurzfristigen) Erfolg damit. Und so hat sich diese Strategie in mein Hirn gebrannt. Es passiert ganz automatisch, ich muss nicht darüber nachdenken.
thorn hat geschrieben:Was meinst du, wie/warum du dieses Verhalten erlernt hast?
Meine Theorie ist, dass dieses Verhaltensmuster für (Klein-)Kinder ganz normal ist. Wenn ein Kind etwas will, weint es einfach, dann kommt Mami ...
Wenn das stimmt, müsste die Frage also eher lauten, warum ich es nicht verlernt habe. Und das kann ich nicht beantworten.
thorn hat geschrieben:Was lässt dich so passiv sein, statt dich aktiv um Zuwendung zu bemühen? Vllt. Angst vor Zurückweisung oder die innere Überzeugung, Zuwendung nur verdient zu haben, wenn der andere sie (vermeintlich) von ganz alleine gibt, oder ...?
Ich habe lange darüber nachgedacht ... Ich habe definitiv Angst vor Zurückweisung. Und ich glaube, ich erwarte, dass Zuwendung immer von alleine kommen muss. Wenn das nicht passiert, werde ich unsicher. Und genau das sind dann die Situationen, in denen ich meine Mitleidsnummer bringe - zumindest wenn ich den anderen sympathisch finde und gerne engeren Kontakt möchte.
thorn hat geschrieben: Was, denkst du, gäbe es denn noch für Möglichkeiten, Zuwendung von anderen zu erhalten, welche erscheinen dir erstrebenswert(er) und umsetzbar?
Mir wäre es lieber, wenn mich andere für interessant halten würden, wenn ich andere für etwas begeistern oder sie unterstützen könnte usw. Dabei steht mir wahrscheinlich mein geringes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen im Weg.
Ich weiß nicht, wie ich mich oder meine Interessen mit Begeisterung rüber bringen soll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich andere unterstützen kann oder dass sie meine Hilfe wollen ...


Nochmals danke!

LG,
SmieD

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Realitätskorrektur
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Beitrag Mo., 20.10.2008, 18:50

Aloha SmieD

wäre ich jetzt zu Scherzen aufgelegt würde ich Dir ja raten, mal bei den CoDas vorbeizuschauen...nicht wegen dem "tollen" 12 Punkte Programm (obgleichs ja manchem schon geholfen haben soll), sondern eher wegen...


Wie Thorn schon festhielt, ist so eine Erkenntnis schon einmal ein enormer Schritt.
Diesem Schritt nun folgte Selbstkritik und Lösungsansätze.
Du willst andere begeistern und unterstützen!

Nur Mut, Du findest schon den richtigen Weg.
Das kann Dir niemand sagen, wie Du das machen sollst außer Dir selbst?

Du wirkst auch allein schon durch diese Erkenntnis weniger bemitleidenswert als vielmehr stark und selbstsicher?


Nur zu.
Realitätskorrektur.

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MinaM
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Beitrag Mo., 20.10.2008, 19:11

Hallo

mich würde mal interessieren, wie man sich das vorzustellen hat?
Was machst du genau? Sitz du in der Ecke und schaust traurig, oder weinst du sogar?
Und wo machst du das? In der Arbeit? Im Lokal? In der U-Bahn? Überall?
Und was sagst du dann schließlich, wenn dich jemand drauf anspricht, dann musst du dir ja eine traurige Geschichte überlegen?
Ich nehme mal an, du willst damit hauptsächlich die Aufmerksamkeit von Frauen erregen? Richtig?
Oder machst du das auch bei Männern?

lg
MinaM
Nichts bereuen ist aller Weisheit Anfang.
- Ludwig Börne

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marilyn0210
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Beitrag Do., 23.10.2008, 07:15

hallo,

ich kenne das - neige auch dazu
empfehlen kann ich dir natürlich eine therapie - gesprächs oder sonstige - da kann man
sich mit solchen themen schon wirklich gut auseinandersetzen. und ich denke man kommt vielleicht
auch ein wenig schneller voran, als wenn man das ganze immer nur allein herumwälzt.
habe auch erst vor kurzem damit begonnen - und es zeigt sich dass die meisten probleme die
man im leben hat sich immer auf das eine kern-thema zurückführen lassen.

was mir auffällt in deinen worten:
du klingst eigentlich recht reif und "vernünftig" - trotzdem verwendest du passive
formulierungen. "weil es sich nicht ändert" schreibst du.
ehrlicher wäre doch - "weil ich nichts ändere" - oder?

die frage wie du am besten gegensteuern könntest - kannst du dir nur selber beantworten.
ich weiß - wenn man im loch sitzt sieht man die dinge nicht so klar - aber leg dir pläne
zurecht. strategien wie du aus so einem selbstmitleids-loch herauskommst. es is harte arbeit,
wird vermutlich 78mal nicht funktionieren - und irgendwann dann doch einmal. und irgendwann
wieder - und dann immer öfter.
jemand, der glaubt, nur aufmerksamkeit und zuneigung zu bekommen, indem er mitleid erregt,
hält wohl nicht viel von sich selbst. hat wohl zuwenig selbst-wertgefühl und selbstbewusstsein.
diese gedanken verstärken das selbstmitleid aber nur. ich kenne das so gut!

wenn du aufmerksamkeit u zuwendung möchtest - fang damit an! versuche aufmerksamkeit und
zuwendung zu schenken - freunden, familie, wem auch immer. es kommt dann auch was zurück.
werde aktiv - such dir ein hobby wenn du noch keins hast - das dich ausfüllt, das dich begeistert,
in dem du spaß hast. es gibt nichts anziehenderes als menschen, die etwas tun, das ihnen spaß
und freude macht und das sie (auch deshalb) gut können.

ich weiß - das sind so pauschal-ratschläge - aber versuchs.
es gibt nur einen weg aus diesem selbstmitleids-ding. und ich glaube der besteht darin, dass man
sich erstmals selber einen tritt in den a** gibt. das wäre dann er erste schritt nach vorn *grins*.

alles liebe für dich!
m

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LittleOne
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Beitrag Mo., 27.10.2008, 19:39

Ich kenne/kannte ein ähnliches Verhalten bei mir auch. Ich erkläre es mir so: Als Säugling hat man keine andere Möglichkeit, als durch Weinen auf sich aufmerksam zu machen. Als Kleinkind hat man schon mehr Möglichkeiten zur Verfügung und probiert verschiedene aus: fröhlich sein, still sein, trotzig sein, weinerlich sein usw.. Je nachdem, wofür man die meiste Zuwendung bekommt, das merkt man sich und wendet es immer wieder an. Je älter man wird, umso eher merkt man, dass so ein Verhalten vielleicht als Kind hilfreich war, aber als Erwachsener nicht mehr passt. Trotzdem kann man es nicht so einfach ablegen, weil es sich schon automatisiert hat. Aber ich denke, sobald man überhaupt mal durchschaut hat, welche Verhaltensmuster man immer wieder anwendet, dann hat man schon einen ersten Schritt getan! Was man dagegen tun könnte, wenn man meiner Theorie folgt, wäre das Erproben anderer ("erwachsener") Verhaltensweisen, die zu Zuwendung führen. Wenn man ganz oft die Erfahrung macht, dass man auf "natürliche" Weise Zuwendung bekommt, lernt das Unterbewusstsein etwas Neues und kann vielleicht irgendwann von dem alten kindlichen Verhalten ablassen..
Soviel zu meiner Theorie. Ob das so stimmt, weiß ich nicht, aber wenn ja, dann denke ich mir, dass Verhaltenstherapie am besten geeignet wäre, um dieses Verhalten zu überwinden.
Auch ist das vielleicht nicht eigentlich Liebe,
wenn ich sage, dass du mir das Liebste bist;
Liebe ist, dass du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle.
(Franz Kafka, Briefe)

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