Totale Unzufriedenheit und Unsicherheit

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Yves13
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Totale Unzufriedenheit und Unsicherheit

Beitrag Mi., 05.07.2017, 13:04

Hallo,

nachdem ich mich gerade neu angemeldet habe und dies hier mein 1. Eintrag ist, wollte ich mich kurz vorstellen.

Mein Name ist Yves, ich bin 27 Jahr alt und wohne in RLP. Meine nachfolgende Personenbeschreibung und der dazugehörige Werdegang sollen zugleich Gegenstand der Diskussion sein.

Meine Mutter (alleinerziehend) zog mich recht streng auf, wobei Lob selten bis gar nicht vorkam, Kritik jedoch an der Tagesordnung war. Zum damaligen Zeitpunkt hat mich dieser Umgang jedoch nicht gestört, weil ich 1. nichts anderes kannte und 2. ich meine daraus resultierenden Mängel (kein Selbstvertrauen, kein Durchsetzungsvermögen, keine Schlagfertigkeit, usw.) noch nicht reflektieren konnte.
Nachdem ich nun aber älter wurde und mir Meinungen anderer Menschen über meine Person als Spiegel dienten, bin ich immer noch auf der Suche nach mir selbst. Zudem bin ich ständigen Provokationen ausgesetzt, die dann zu Konfrontationen führen.
Um dies etwas genauer darzustellen, bringe ich am Besten ein Beispiel aus meinem Alltag.


Aufgrund meiner Erziehung, die ich jetzt nicht bewerten möchte, bin ich als Mann sehr zurückhaltend und schüchtern. Mir fällt es schwer, auch aufgrund zurückliegender „Mobbingattacken“, auf Menschen zuzugehen und verschließe mich, sobald ich den geringsten Zweifel an meiner Person verspüre. Meine Introvertiertheit ließ mich auch nicht die „Kunst“ des „Small-Talks“ erlernen, weshalb ich oberflächliche, leere Gespräche nicht führen kann. Noch ferner liegt es mir, mich vor anderen über andere lustig zu machen, um mich dabei zu erhöhen! Aufgrund dessen wurde ich natürlich ein leichtes Opfer, dem man alles mögliche unterstellte. Über „du Häßling“, oder „Vollidiot“ bis hin zu Sprüchen, die meine Intelligenz anzweifeln sollten, war wirklich alles dabei!

So auch wieder in meinem neuen Job als Küchenhilfe in einem Restaurant. In der Hierarchie ganz unten, wurde mir jeder Fehler sofort unter die Nase gerieben, ohne dabei auch nur ein einziges Lob auszusprechen. ( arbeitete seit einem Monat dort). In den Pausen bekomme ich (seit Anfang an mit) mit wie über mich geredet wird und Anspielungen die Folge sind. „Ich hab da ne schicke Freundin, willste die mal sehen?“ sollen z.B. meine heterogene Sexualität in Frage stellen. Ich empfinde mich jedoch überhaupt nicht so. Ich bin nur anständig, nett und zuvorkommend! An Männern habe ich kein Interesse! Trotzdem verunsichern solche Sprüche!

Seit gestern ist aber auch der Chef mit in dieses Spiel eingestiegen. Der Chef, ein wahrlich komischer Kautz, redete von Anfang an nur das Wichtigste mit mir. Eben das, was die Arbeit betraf! Persönliche Fragen oder das generelle Bemühen sich persönlich besser kennen zu lernen, sucht man vergebens. Als mein Chef, mir mal wieder viel zu leise (ich arbeite teilweise an einer lauten Spülmaschine), eine Anweisung gab, die ich nicht verstand und höfflich „Wie bitte?“ fragte, kicherte es wieder aus dem Servicebereich. Nachdem ich die Person zur Rede stellte, was an „Wie bitte?“ derart lustig sei, wich sie aus, meinte es beträfe nicht mich und gab eine Erklärung ab, die ich nicht widerlegen konnte. Darüber stehend zog ich wieder ab und dachte mir meinen Teil dazu. (wahrscheinlich lachte sie, weil sie mein Nachfragen auf fehlende Intelligenz und damit auf ein fehlendes Aufnahmevermögen zurück führte)

Kurz danach ging ein Zander mit „Kohlrabistroh“ (frittierte Kohlrabistränge) aus der Küche. Mit fragenden Gesichtern schauten die Servicedamen den Chef an und fragten, was das komische Gebilde sein. Er sagte:“ Das ist Kohlrabistroh. Aber nicht das Stroh, was wo anders zu finden ist“ und meinte damit natürlich meinen Kopf!

Daraufhin zog ich die Küchenschürze aus, fragte ihn, ob er noch alle Tassen im Schrank hat und ging.

Ich habe mich eigentlich nie dumm gefühlt, weil mir meine Familie auch nie das Gefühl gab. Ich war bis zur 10. Klasse auf dem Gymnasium und finde nicht, dass ich aus der Norm falle. Solche Anspielungen nehmen allerdings die letzten Jahre zu, weshalb ich wirklich langsam denke dumm zu sein. Mir wurde auch schon unterstellt, ich sei geistig behindert!

Meine Fragen wären nun, wie kann ich in Zukunft solche Situation vermeiden? Wie kann ich Angriffe auf meine Person verhindern, die mich verunsichern und mich zur andauernden Selbstreflektion zwingen? Ich würde gerne fragen, ob ich dumm bin, aber wie sollte man das nun prüfen?


Ich wäre wirklich sehr dankbar, wenn jemand kurz Stellung nehmen und seine Gedanken mit mir teilen würde. Ich hoffe, der Text war nicht zu lang! ;)

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Beitrag Mi., 05.07.2017, 16:38

Hallo Yves,

ich denke, allein mit dem Älterwerden Reflektionsfähigkeit zu erlangen, reicht manchmal nicht.
Es geht ja auch darum, wie du zu dir selbst stehst. Dein Selbstbewusstsein wäre vielleicht noch ausbaufähig.

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Beitrag Do., 06.07.2017, 13:27

Hallo Yves,

erstmal mein Mitgefühl, einiges von dem, was du erlebst hast, kenne ich auch aus Kindheit und Jugend. Bei mir ist allerdings nur noch Vergangenheit.

Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04

Aufgrund meiner Erziehung, die ich jetzt nicht bewerten möchte, bin ich als Mann sehr zurückhaltend und schüchtern. Mir fällt es schwer, auch aufgrund zurückliegender „Mobbingattacken“, auf Menschen zuzugehen und verschließe mich, sobald ich den geringsten Zweifel an meiner Person verspüre.

Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Meine Introvertiertheit ließ mich auch nicht die „Kunst“ des „Small-Talks“ erlernen, weshalb ich oberflächliche, leere Gespräche nicht führen kann.
Du hast immer noch die Möglichkeit, diese Kunst zu erlernen, es gibt viele Bücher dazu. Aber letztendlich ist die Praxis wichtig. Dazu gehört auch die negative Sicht ("oberflächlich", "leer") auf Small Talk aufzugeben. Natürlich sind tiefgehende Gespräche viel spannender. Aber in der Regel wirst du da nie hingelangen, wenn du vorher nicht auf kleiner Gesprächsebene anfängst.

Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Noch ferner liegt es mir, mich vor anderen über andere lustig zu machen, um mich dabei zu erhöhen! Aufgrund dessen wurde ich natürlich ein leichtes Opfer, dem man alles mögliche unterstellte.
Das kann ich verstehen, daran beteilige ich mich auch nicht. Deine Schlußfolgerung muss aber nicht zutreffen. Du glaubst aufgrunddessen Opfer zu sein. Vielleicht sind es andere Gründe. Wenn du (in Zukunft) Gesprächskompetenter bist, kannst du versuchen, das Thema zu wechseln.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Über „du Häßling“, oder „Vollidiot“ bis hin zu Sprüchen, die meine Intelligenz anzweifeln sollten, war wirklich alles dabei!
Sind das aktuelle oder sind das Kindheitserfahrungen? Kindheitserfahrungen musst du abhaken, bei aktuellen Erfahrungen solltest du schon was machen. Falls aktuell: Wie reagierst du darauf? Bist du zweit in dieser Situation?
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 So auch wieder in meinem neuen Job als Küchenhilfe in einem Restaurant. In der Hierarchie ganz unten, wurde mir jeder Fehler sofort unter die Nase gerieben, ohne dabei auch nur ein einziges Lob auszusprechen. ( arbeitete seit einem Monat dort).
Lob gibt es in der Arbeitswelt eher selten. Chefs machen das nicht, weil sie Angst davor haben, dass du dann eine Lohnerhöhung willst.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 In den Pausen bekomme ich (seit Anfang an mit) mit wie über mich geredet wird und Anspielungen die Folge sind. „Ich hab da ne schicke Freundin, willste die mal sehen?“ sollen z.B. meine heterogene Sexualität in Frage stellen.
Wie hast du darauf reagiert?
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Der Chef, ein wahrlich komischer Kautz, redete von Anfang an nur das Wichtigste mit mir. Eben das, was die Arbeit betraf! Persönliche Fragen oder das generelle Bemühen sich persönlich besser kennen zu lernen, sucht man vergebens.
Da hast du vielleicht zu hohe Erwartungen. Es ist nicht immer üblich das Angestellte eine persönliche Beziehung zum Chef haben. Manchmal wahren Chefs auch eine gewisse Distanz zu Untergebenen.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Besser als "Wie bitte" ist manchmal: "Ich habe Sie wegen dem Lärm nicht verstanden"/"Habe Sie akustisch nicht verstanden". Damit sagst du eindeutig, dass du es nicht wegen mangelnder Intelligenz nicht verstanden hast.

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Beitrag Do., 06.07.2017, 14:01

Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04Darüber stehend zog ich wieder ab und dachte mir meinen Teil dazu. (wahrscheinlich lachte sie, weil sie mein Nachfragen auf fehlende Intelligenz und damit auf ein fehlendes Aufnahmevermögen zurück führte)
Du schreibst wahrscheinlich. Diese Vermutungen bringen dich leider nicht weiter. Du kannst nicht in den Kopf anderer schauen. Es kann auch ein ganzer anderer gewesen sein. Das Grübeln bringt deshalbg nicht viel. Leider wirst du eine ehrliche Antwort wirst du da nicht bekommen. Dazu sind Lästerer in der Regel zu feige.
Das ist aber auch vielleicht ein Ansatzpunkt: Wenn du das Gefühl hast, das bestimmte Personen nachweislich sich über dich lustig machen, sprich sie darauf an. Spiel dann aber den Unschuldigen. Sage nicht "Du hast dich lustig macht", sondern: " Warum hast du gelacht?" und bohre nach. Das hast du ja auch schon gemacht. Das wird auf Dauer unangenehm für die Person, das kann dazu führen, das sie das in Zukunft lässt.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Er sagte:“ Das ist Kohlrabistroh. Aber nicht das Stroh, was wo anders zu finden ist“ und meinte damit natürlich meinen Kopf!
Die Aussage ist sehr vage. Ja, sie spielt wohl auf Stroh im Kopf an. Das Problem aber ist, dass du sie direkt auf dich bezogen hast. Hat er denn noch deutlichere Gesten und Hinweise gemacht, dass wirklich du gemeint warst?
Deine impulsive Reaktin ist verständlich. Aber auch hier würde ich in Zunkunft das Gespräch suchen. Denn das geht gar nicht, das ein Chef sowas macht, schon gar nicht vor anderen Mitarbeitern.

Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Solche Anspielungen nehmen allerdings die letzten Jahre zu, weshalb ich wirklich langsam denke dumm zu sein. Mir wurde auch schon unterstellt, ich sei geistig behindert!
Wenn du dich mündlich so ausdrücken könntest, wie schriftlich hier, würde niemand mehr an deiner Intelligenz zweifeln. Aber leider ist es das Problem bei Introvertierten: Schweigen, wenig sagen, lange nachdenken, leise sprechen, unsicher sein, das alles wird oft als mangelnde Kompetenz oder sogar Dummheit ausgelegt. Da diese Ansicht von anderen kaum zu verändern ist, kannst du nur an dir selbst arbeiten bzw. an deiner mündlichen Kompetenz. Und ja, das lässt sich verbessern, das habe ich an mir selbst gemerkt.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Ich würde gerne fragen, ob ich dumm bin, aber wie sollte man das nun prüfen?
Das brauchst du nicht zu prüfen, du bist nicht dumm!. Das sage ich nicht aus Nettigkeit. Denn wer so reflektiert und mit dieser Wortwahl schreiben kann, ist alles andere als dumm. Aber siehe die Gründe oben, warum Introvertierte für manchmal für minderbemittelt gehalten werden. Allerdings wenn der Zeitpunkt gekommen ist, das du dich selbst an dumm siehst, dann werden die anderen das auch so sehen. Und umgekehrt. Ich empfehle auch genrell Zeitung lesen (evtl. auch online). Wer weiß, was so los ist und das im Gespräch auch ab und zu zeigt, der wird weniger für dumm gehalten. Auch hilft das für Small Talk.
Yves13 hat geschrieben: Mi., 05.07.2017, 13:04 Meine Fragen wären nun, wie kann ich in Zukunft solche Situation vermeiden? Wie kann ich Angriffe auf meine Person verhindern?
Sei kein leichtes Opfer! Wenn alle das Gefühl haben, sie können mit dir machen was sie wollen, ohne ersthafte Gegenwehr deinerseits, dann werden das so mache auch machen. Wie du schon geschrieben hast, viele verdrängen damit ihre eigenen Unzulänglichkeiten oder versuchen sich so aufzuwerten, in dem sie anderen runtermachen.
Wenn jemand einen Scherz über dich macht und bekommt noch Applaus oder Lachen von anderen dazu, dann wird er bestärkt das immer wieder zu machen. Wenn du die Person aber dann angehst, "warum hast du das macht/bist du der Meinung, das ich...." Durch solche Fragen, bringst du die Täter in Erklärungsnot und das ist verdammt unangehm für sie.

Ich hoffe, du hast hier einige Ansätze gefunden. Viel Mut und Energie schonmal fürs Umsetzen!

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