Selbstsicherheit ist dahin...

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
Antworten

Thread-EröffnerIn
Lagertha86
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 27
Beiträge: 1

Selbstsicherheit ist dahin...

Beitrag Do., 12.06.2014, 08:00

Hallo,

ich war schon immer ein unsicheres, introvertiertes und ruhiges Mädel. In der Schule hatte ich deshalb auch Schwierigkeiten mitzuhalten, aber meine Ausbildung habe ich dann glücklicherweise mit Bravur bestanden. Dadurch konnte ich mein Selbstbewusstsein Stück für Stück aufbauen und ich hatte den Eindruck, dass ich mich selbst akzeptieren kann. Da ich im Männerberuf tätig bin, musste ich mich als Frau immer beweisen, aber das hat mir teilweise echt Mut und Kraft gegeben und hat nich "eigentlich" zu einer starken Persönlichkeit ausgebaut.

Doch als ich dann im Berufsleben angekommen bin und 1 Jahr alles perfekt lief, hat sich so einiges geändert, als wir eine neue Kollegin bekommen haben. Sie ist und war das genaue Gegenteil von mir. Groß, blond, blauäugig, gut aussehend und ein Studiumabschluss und seither habe ich das Gefühl, dass ich keine Chance mehr habe, wahrgenommen zu werden. Entweder durch die Arbeitskollegen und (tragischerweise) ganz besonders durch meinen Teamleiter. Ich hatte ständig den Eindruck, dass ihr alles zugeflogen kommt: die Aufmerksamkeit, die guten Aufgaben. Ich habe plötzlich nur noch kleine Aufgaben bekommen und sie wurde quasi "als" Trophäe herumgereicht, als würde sie alles können. Dass ich aber schon Berufserfahrung hatte und trotz meiner "lächerllichen" Ausbildung schon mehr wusste als sie (sie hat mich mehrmals um Rat gefragt), das wurde plötzlich nicht mehr wahrgenommen. Ich habe echt versucht alles zu geben, aber ich hatte ständig den Eindruck, dass nur ihre Aufgaben wichtig waren und meine nicht. Egal, ob es kleine oder große Aufgaben waren. Das habe ich gerade erst vor einer Woche wieder wahrgenommen. Mein Teamleiter erzählt wieder, was sie dann in den nächsten Wochen so wichtiges und geldbringendes für die Firma macht und ich...ich mach den Rest. Mehr hatte er zu mir nicht zu sagen, und das war mal wieder ein aussagekräftiges Statement.

Ich habe trotz allem nicht aufgegeben und meinen Job gemacht, gekämpft und versucht alles zu geben. Das traurige war aber, dass mein Teamleiter trotz meiner guten Ergebnisse, immer nur meine Fehler gesehen hat und wenn ich dann was gutes abgeliefert habe, dann war er sich Wochen später sicher, dass SIE das gemacht hatte und nicht ich. Ich hatte ständig das Gefühl, dass ich meine Aufgaben vor ihr verteidigen müsste, weil mein Teamleiter sich wohl nur merkt: zwei Frauen. Wenn es schlecht ist, kommt es von mir, wenn es gut ist, kommt es von ihr.

Das alles war oder ist sehr deprimierend für mich und ich muss so langsam mit der rasenden Eifersucht und dem Gefühl von Hilfloskigkeit kämpfen. Der größte Schlag in meine Magengrube, der letztendlich zu meiner Kündigung geführt hat, war folgendes:

Sie wurde in ein neues Projekt ausgelagert (das natürlich "cooler" war als das aktuelle- zumindest hat das mein Teamleiter wieder so verkauft). In der Zeit, war ich aufeinmal wieder für alles wichtig. In dieser Zeit habe ich super Arbeit leisten können und konnte mein Selbstbewusstsein wieder Stück für STück zurückgewinnen. Plötzlich wird sie wieder "zurückgeholt" und bekommt dann eine Aufgabe, das die ganze Zeit wieder als so großartig und toll dargestellt wird, dass ich wieder keine Chance hatte, meinen "Ruf" zu festigen. Und dann kam daraufhin ein Event, das alle Projektbeteiligten extern vorstellen sollte...und was war? Ich durfte nicht mit, sondern NUR sie. Als wär ich nicht dagewesen, als hätt ich nichts geleistet. Dabei war ich diejenige, die in den letzten 3 Jahren 80% der Arbeit hatte. Nur wurde ihre als besser verkauft...

Ich fühle mich so ungerecht behandelt, wie ein kleines Kind, das vom Papa nicht wahrgenommen wird. Wie kann ich mein Selbstbewusstsein wieder zurückgewinnen? Ich habe mich persönlich so sehr verändert: ich bin wegen Kleinigkeiten genervt, reagiere pampig, wütend, zickig. Ich bin in einem Loch und lasse im Moment keinen mehr ran, das kenne ich so nicht von mir. Ich gebe selbst neuen Mitarbeitern keine Chance mich kennenzulernen. Ich möchte nicht, dass es in meiner neuen Firma so weiter geht. Ich möchte wieder zu mir selbst zurückfinden und mich nicht als minderwertig empfinden !

Ich habe niemanden mit dem ich drüber reden kann, ich habe den Schritt getan und habe gekündigt. Trotzdem werde ich immer wieder genau wegen dieser Sache zurückgeworfen und ich fühle mich so schlecht und bin deprimiert. Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Ich hoffe die Zeit heilt meine Wunden...., denn so minderwertig kann ich doch garnicht sein ;-(

Werbung

Benutzeravatar

Sunny75
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1333

Beitrag Do., 12.06.2014, 08:34

Hallo liebe Lagertha!

Der Schritt zu kündigen, war sicher der richtige
Du hast erkannt, dass du bei dieser Firmenkonstellation nichts zu gewinnen hast - nur zu verlieren. Ob es jetzt nur dein subjektives Empfinden war, dass die neue Kollegin bevorzugt wird, oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Es hat dich verbissen und verkrampft gemacht, und dich somit in einen Abwärtsstrudel gezogen. Gut, dass du dich nicht weiter auf einen Kampf um Anerkennung eingelassen hast (den die andere vermutlich gar nie wollte, und der Vorgesetzte unbewusst schon vorab entschieden hat).

Hast du denn schon eine neue Arbeitsstelle? Ich wünsche dir viel Spaß dabei, dein Wissen und Können in einer neuen Firma einzubringen! Mit der neuen Herausforderung wird sich dein Selbstbewusstsein ganz von selbst wieder im Normalbereich einpendeln

Benutzeravatar

Robert123
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 58
Beiträge: 3

Beitrag Fr., 13.06.2014, 01:02

Liebe Lagertha86,

du schreibst in deinem ersten Satz "ich war schon immer ein unsicheres, introvertiertes und ruhiges Mädel". Mit der Eigenschaft "introvertiert" hast du eine Gemeinsamkeit mit etwa 25% der Menschen. Introvertierte sind zurückhaltend in ihrem Auftreten und werden in der Wahrnehmung ihrer Umgebung oft durch Extrovertierte an dem Rand gedrängt, gewollt oder ungewollt.

Ich bin auch introvertiert im Gegensatz zu einem extrovertierten Bekannten, der durch sein Auftreten andere in den Schatten stellt, auch wenn es in meinen Augen eher nur Witze und Blödheiten sind. Es ist für mich dann eigentlich auch total ungerecht, obwohl er es nicht absichtlich macht. Ändern kann man an der Introvertiertheit nicht sehr viel, wenn ich richtig informiert bin, aber vielleicht beruhigt es dich ein wenig, dass du nicht alleine bist.

Deine Gefühle kann ich sehr gut verstehen, auch die Eifersucht und die Enttäuschung. Dein Teamleiter hat sich, nach meiner Ansicht, unfair benommen, wobei du als introvertierter Mensch deinen Ärger vermutlich oft nur hinunter geschluckt hast, statt darüber zu reden. Entschuldige bitte, falls ich dir mit diesen Worten etwas zuschreibe, was eventuell nicht stimmt, aber es ist meistens so. Du legst es dir selbst zur Last: "ich bin wegen Kleinigkeiten genervt, reagiere pampig, wütend, zickig". In Wahrheit ist der Umgang mit dir ein Leiden vieler introvertierter Menschen, es liegt nicht etwa an einer eigenen Minderwertigkeit. Leider können Introvertierte nur schwer über diese Dinge reden und sehen es als eigenen Fehler an, wenn sie in unserer extrovertierten Welt zurückgesetzt werden. Es gibt ein sehr gutes Buch dazu. Es ist von Susan Cain und hat den Titel: "Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt".

Es war ein richtiger Schritt, die Arbeitsstelle zu kündigen. Und ich wünsche dir bei deiner neuen Stelle sehr viel Erfolg! Lasse dich nie entmutigen.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag