'Blöde' Fragen - ein Affront?

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Moony2013
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"Blöde" Fragen - ein Affront?

Beitrag So., 30.12.2012, 19:41

Liebe alle,

seit einiger Zeit frage ich mich ob ich noch ganz bei Trost bin und würde mir nichts mehr wünschen als ein paar Antworten zu bekommen. Ich denke sehr analytisch und glaube dass ich mit einem Problem eher fertig werden kann wenn ich weiß wodurch es verursacht wird.

Ich bin mir nicht sicher ob ihr mir hierbei helfen könnt, ich hoffe es aber.

Angefangen hat das Problem mit meiner Mutter, allerdings sehe ich zunehmend die gleichen Reaktionen auf Fragen meiner Freunde, Kollegen etc. und das macht mir Angst.

Wenn meine Mutter mir eine "blöde" Frage stellt, sehe ich das als Affront gegen mich. Meine Reaktion darauf ist so reflexartig, dass ich mich schwertue, mich zu beherrschen, ich werde dann regelrecht aggressiv.

Eine "blöde" Frage ist für mich eine, bei der ich denke, das müsste sie doch wissen. Obwohl ich gleichzeitig weiß, dass das eben manchmal nicht so ist.

Die Beziehung zu meiner Mutter war immer schwierig, obwohl ich mir nichts mehr als ein unproblematisches Verhältnis wünschen würde.

Als ich in der Pubertät war und exzessiv mit Freunden Fantasy Rollenspiele gespielt habe, haben diese Freunde Hausverbot bekommen und ich wurde für psychisch krank erklärt. Heute weiß ich dass das ein Ausdruck der Hilflosigkeit meiner Mutter war, sie konnte sich unter den Rollenspielen nichts vorstellen und dass unter meinen Freunden ein Punk war konnte sie nicht akzeptieren.

Ich kann das heute sogar verstehen. Dass ich deswegen als psychisch krank gesehen wurde, finde ich völlig überzogen und trifft mich allerdings nach der langen Zeit immer noch. Auch wenn ich es erklären kann. Wieso kann ich das nicht abhaken?

Später sollte ich das offene Ohr für die Beziehungsprobleme meiner Eltern sein. Meine Mutter hat die Rolle des Opfers eingenommen, und möchte auch darin bleiben. Es hat mich viel Energie gekostet, ihr klarzumachen dass ich nicht die richtige Ansprechpartnerin bin wenn sie sich über meinen Vater beklagt (natürlich teilweise zu Recht, das ist keine Frage, aber darum ging es mir nicht).

Wieso kann ich hier nicht drüberstehen?

Ist es die Verständnislosigkeit meiner Mutter für meine Gefühle, die mich so auf völlig irrelevante Fragen reagieren lässt?

Ich würde so gern meine Mutter in den Arm nehmen können und eine ganz normale, liebevolle Beziehung haben können. Ich bin doch erwachsen und kann mittlerweile sehen woher ihre Ängste und Verhaltensweisen kommen.

Und trotzdem gehe ich in die Luft wenn sie mich etwas fragt und ich Verständnislosigkeit in ihren Augen sehe.

Mein Verstand sagt, sie darf verständnislos sein. Sie muss und kann nicht alles verstehen. Mein Bauch sagt: Es schmerzt wenn du mich nicht verstehst.

Und ich übertrage diesen Reflex jetzt auch schon auf andere.

Was ist los mit mir, warum wird das immer schlimmer? Hat irgendwer hier einen Tipp für mich? Wäscht mir mal den Kopf? Ich glaube, dass meine Mutter mich liebt, aber ich kann es nicht spüren. Liegt es an mir? Was kann ich tun?

Liebe Grüße
Moony

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peppermint patty
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Beitrag So., 30.12.2012, 22:05

Hallo liebe Moony,

erst einmal herzlich willkommen im Forum. Ich weiss nicht ob ich Dir helfen kann, habe aber ein paar Fragen zum vielleicht darüber nachdenken.
Moony2013 hat geschrieben: seit einiger Zeit frage ich mich ob ich noch ganz bei Trost bin und würde mir nichts mehr wünschen als ein paar Antworten zu bekommen. Ich denke sehr analytisch und glaube dass ich mit einem Problem eher fertig werden kann wenn ich weiß wodurch es verursacht wird.
Das kenne ich von mir auch, mir hilft es, weil ich dann nicht so emotional reagieren muss oder ich die Emotion besser ertragen kann.
Moony2013 hat geschrieben:Wenn meine Mutter mir eine "blöde" Frage stellt, sehe ich das als Affront gegen mich. Meine Reaktion darauf ist so reflexartig, dass ich mich schwertue, mich zu beherrschen, ich werde dann regelrecht aggressiv.
Oftmals springe ich auch auf bestimmte Aussagen, Mimik, oder Fragen von meiner Mutter besonders an, da es sich um ein altes Familienmuster handelt. Das heisst da habe ich weniger emotionalen Handlungsspielraum und Toleranz als bei anderen Menschen, denen gegenüber ich durchaus mehr Geduld entgegenbringen kann.
Moony2013 hat geschrieben:Eine "blöde" Frage ist für mich eine, bei der ich denke, das müsste sie doch wissen. Obwohl ich gleichzeitig weiß, dass das eben manchmal nicht so ist.
Vielleicht könntest Du hier fragen was sie an der Frage sie nicht versteht, um Deine eigene Schärfe rauszunehmen. Z. B. "Was hast Du den an dem Sachverhalt xyz nicht verstanden?" Also um mitzubekommen, dass es nicht ihre Absicht ist Affront gegen Dich zu beziehen.
Moony2013 hat geschrieben:Die Beziehung zu meiner Mutter war immer schwierig, obwohl ich mir nichts mehr als ein unproblematisches Verhältnis wünschen würde.
Gerade dann ist man in Mustern verstrickt. Vielleicht kannst Du Deiner Mutter auch mal von Deinen Gefühlen erzählen, die Du in den Momenten der Fragerei hast? Oder überhaupt über Eure Beziehung?
Moony2013 hat geschrieben:Ist es die Verständnislosigkeit meiner Mutter für meine Gefühle, die mich so auf völlig irrelevante Fragen reagieren lässt?
Die Frage ist weshalb fragt Dich Deine Mutter was. Will sie wirklich eine Erklärung? Will sie mit Dir ins Gespräch kommen? Vielleicht ist es auch Verständnislosigkeit von Dir Deiner Mutter gegenüber?

LG,
pp


Vincent
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Beitrag So., 30.12.2012, 22:30

Hallo Moony,

ich glaube es fällt schwer, erwachsene Menschen ernst zu nehmen, von denen man sich schon als Kind nicht wesentlich verstanden und angenommen fühlte, wenn man dann selbst erwachsen ist. Vielleicht weil man damals keine Chance hatte, gegen die ganze Macht des elterlichen Unverständnisses, in dem man als Kind noch nicht die Engstirnigkeit des Weltbildes erkannte, das man als Erwachsener später umso klarer sieht, anzukommen. Weil man hilflos die Konsequenzen hinnehmen mußte, dadurch, dass die Eltern entschieden, wer oder was gut für dich ist, oder schlecht. Weil man wie sie sein sollte. Weil die elterlichen Ängste wie die Gene an die Kinder weitergegeben werden.

Dadurch ist man so sehr von seinen Eltern verhindert worden, dass man ihnen ihre Unreflektiertheit möglicherweise niemals wirklich verzeihen kann. Und wenn sie einem dann irgendwann selbst wie Kinder vorkommen, und sie "dumme" Fragen stellen und "blöde" Antworten geben, erkennt man sich vielleicht selbst in ihnen wieder, wie man damals hilflos hoffend und wünschend vor ihnen stand, sie mögen doch sehen wer man ist, und einen darin bedingungslos unterstützen.

Wahrscheinlich kannst du es schlicht nicht fassen, dass diese Frau dir so Vieles genommen hat, und du das damals noch nicht erkanntest, da sie sonst nicht diese Macht über dich gehabt hätte.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Rubeus Darko
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Beitrag Mo., 31.12.2012, 02:49

Moony2013 hat geschrieben:Liebe alle,
Später sollte ich das offene Ohr für die Beziehungsprobleme meiner Eltern sein. Meine Mutter hat die Rolle des Opfers eingenommen, und möchte auch darin bleiben. Es hat mich viel Energie gekostet, ihr klarzumachen dass ich nicht die richtige Ansprechpartnerin bin wenn sie sich über meinen Vater beklagt (natürlich teilweise zu Recht, das ist keine Frage, aber darum ging es mir nicht).
Wieso kann ich hier nicht drüberstehen?
Das würde mich auch sehr nerven, insbesondere wenn ich den Eindruck habe, dass eine Person ständig jammert, aber nichts tut, um eine Veränderunge herbeizuführen.

Wie fühlst du dich denn, wenn du eine dumme Frage bekommst? Schießt dann die Aggression in dir hoch?
Bei mir wäre es wohl, wenn ich immer wieder diesselben oder ähnliche Fragen bekomme. Wenn also jemand es gar nicht zu kapieren scheint. Und ich extrem genervt oder ungeduldig wäre, ansonsten ist mein Motto: Es gibt keine dummen Fragen.

Hast du ein Beispiel für eine dumme Frage? Ich kann mir das echt schlecht vorstellen.


PS: Du hast vor 30 Jahren schon RPG gespielt? Was hat man denn da gespielt? Und das als Frau? Dann bist du ja echt eine Pionierin.

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Moony2013
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Beitrag Mo., 31.12.2012, 09:23

Guten Morgen zusammen,

herzlichen Dank für eure Antworten, die gute Denkanstöße für mich sind.

Peppermint Patty: ich habe schon mal versucht, mit ihr über die Geschichte zu sprechen als meine Eltern mich für psychisch krank abgestempelt hatten weil ich die "falschen" Freunde hatte, aber das hat nicht wirklich was gebracht. Sie versucht es zu verstehen was man ihr wohl anrechnen sollte, aber sie hat nicht wirklich verstanden worum es geht und was sie bei mir damit ausgelöst hat.

Warum sie mich bestimmte Dinge fragt? das sind ganz normale Fragen wie zB womit sie den Tisch abwischen soll als wir alle bei mir Weihnachten gefeiert hat. Zu Hause nimmt sie auch nicht das Geschirrtuch dafür, das sie mir hier aber entgegengehalten hat. Total banal und ganz sicher kein Grund sauer zu werden. Wenn ich ihr dann sage dass sie zu Hause ja auch nicht so unselbständig ist und ich das auch nicht anders mache als sie daheim heißt es sie könnte mir ja nichts recht machen. Und damit hat sie mich wieder. Und ich ein schlechtes Gewissen, ich vermute zu Recht.

Vincent: Ich glaube was ich nicht fassen kann, ist dass ich mich nicht davon befreien kann. Jetzt kann ich sehen dass da keine böse Absicht dahintersteht, dass meine Mutter verzweifelt geliebt werden möchte und dafür emotionale Erpressung einsetzt, aber nicht versteht dass ihr das nicht weiterhilft. Ich glaub schon dass sie uns Kinder liebt und einfach nur verzweifelt ist. ich bin doch erwachsen und kann das mittlerweile alles sehen. Umso schlimmer ist es für mich dass ich diese Muster nicht durchbrechen kann und meine Mutter nicht einfach so annehmen kann. Vielleicht hat das auch was mit Abgrenzung zu tun, ich kann diese Verzweiflung nicht bei meiner Mutter lassen, sondern fühle mich mit verantwortlich. Die Frage ist vielleicht, wie kann ich die Verantwortung für ihr Leben bei ihr lassen?

Rubeus Darko: Die Fragen sind schon unterschiedlich, das ist nicht so der Punkt. Es sind allgemein Fragen, bei denen ich denke, das weiß jeder. Eine Frage habe ich oben schon erzählt, eine weitere war zB als ich im Auto mein Handy an die Autosteckdose zum Laden angesteckt habe. Die Frage war, was ich denn da tue, wofür das gut sei. Sie hat selbst ein Handy und kann damit umgehen.

Tja, was haben wir damals gespielt, AD&D, Midgard und hin und wieder was Ausgefalleneres wie Stormbringer. Für mich war das eine sehr prägende Zeit weil mir meine Freunde damals Werte beigebracht haben. Nicht dass meine Eltern keine hätten, im Gegenteil. Aber zB Grundsätze wie "alle für einen, einer für alle", das war eine zentrale Botschaft, die ich aus dieser Zeit mitgenommen habe. Für mich war das eine ganz besondere Zeit, die aber leider auch sehr schmerzhaft war.

Es tut gut, das mal alles aufzuschreiben, danke euch fürs Zuhören und Nachfragen!

Moony

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peppermint patty
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Beitrag Mo., 31.12.2012, 11:41

Moin,
Moony2013 hat geschrieben: Sie versucht es zu verstehen was man ihr wohl anrechnen sollte, aber sie hat nicht wirklich verstanden worum es geht und was sie bei mir damit ausgelöst hat.
Das klingt für mich nach einem Kommunikationsproblem. Wenn Du versuchst mit Deiner Mutter zu reden, bleibst Du dabei sachlich? Machst Du ihr Vorwürfe und geht es Dir wirklich nur darum, dass sie versteht? Oftmals liegt wirkliches Nichtverstehen in einem inneren Widerstand begründet, weil man sich angegriffen/abgewertet/schuldig etc... fühlt.
Moony2013 hat geschrieben:Warum sie mich bestimmte Dinge fragt? das sind ganz normale Fragen wie zB womit sie den Tisch abwischen soll als wir alle bei mir Weihnachten gefeiert hat.


Vielleicht weiss Deine Mutter wirklich nicht wie sie bei Dir verhalten (da sie unsicher ist) soll und versucht herauszubekommen wie sie es Dir recht machen kann? Viele Töchter wollen ja schließlich anders als bei Mama...Diese Unsicherheit könnte in Deinen Reaktionen (bist Du dann kritisch, aggressiv?) begründet sein.
Moony2013 hat geschrieben:Wenn ich ihr dann sage dass sie zu Hause ja auch nicht so unselbständig ist und ich das auch nicht anders mache als sie daheim heißt es sie könnte mir ja nichts recht machen. Und damit hat sie mich wieder. Und ich ein schlechtes Gewissen, ich vermute zu Recht.
Hier hilft nur reden, denn weder Kritik auf ihre Frage, noch Schuldgefühl nutzen Euch was. So etwas gibt es wahrscheinlich in fast jeder Familie man kommuniziert aneinander vorbei. Und da jeder was anderes aus den Worten des Anderen heraus hört, entstehen so häufig die alltäglichen Missverständnisse und Kränkungen.

Moony2013 hat geschrieben:Vincent: Ich glaube was ich nicht fassen kann, ist dass ich mich nicht davon befreien kann. Jetzt kann ich sehen dass da keine böse Absicht dahintersteht, dass meine Mutter verzweifelt geliebt werden möchte und dafür emotionale Erpressung einsetzt, aber nicht versteht dass ihr das nicht weiterhilft.
Nein, emotionale Erpressung hilft nie, zumindest nie langfristig. Aus solchen Mustern sollte man sich besser aussteigen. Die Frage ist wie Du besser für Dich sorgen lernst, da Du ja anscheinend unter Deiner Situation leidest.

Ich persönlich würde mal versuchen
a) zu verstehen (ihr erzählen wie es auf Dich wirkt), warum Deine Mutter angeblich so banale Fragen stellt. Ich denke da steckt auf jeden Fall was dahinter.
b) Dich selbst mal fragen, weshalb Du Dich angegriffen fühlst wenn sie was fragt, also was genau Du damit verbindest.
c) Dich nicht auf emotionale Erpressung einlassen und Dich besser abzugrenzen.
d) konkret zu schauen welche Bedürfnisse Du im Kontakt mit Deiner Mutter hast und zu schauen ob diese erfüllt werden können.

Wie verläuft eigentlich Euer Kontakt, wolltest Du z. B. Weihnachten die Familie bei Dir haben? Fühlst Du Dich verpflichtet Deine Mutter zu sehen? Und vor allem gibt es auch Gutes in Eurer Beziehung?

LG,
pp

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