Erzwungener Perfektionismus

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Thread-EröffnerIn
Levithan
neu an Bo(a)rd!
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männlich/male, 17
Beiträge: 2

Erzwungener Perfektionismus

Beitrag So., 07.11.2010, 12:34

Hallo erst mal
Ich bin 19 Jahre alt und wohne auf einem Bauernhof, wo man als Junge sehr viel helfen muss wenrend des AUfwachsens. Mein Problem kommt daher das mein Vater ein Perfektionist ist und er früher, wenn ich als geholfen hab, er immer sagte "hät ich es doch selbst gemach" oder "man muss doch alles selbst machen" "immmer muss ma dabei sein" "du bekommsch auch nichts alleine hin"
Diese Spüche haben iwie dann dazu geführt das ich etwas genau richtig mache so wie es der ander will, weil das aber fast nie möglich ist mache ich dann garnichts.
Das ist bei mir leider immer noch so und ich nenne es mal so hergeleitet erzwungner Perfektionismus weil ich eigenlich garnich alles so perfekt haben will nur diese Einstellung kommt noch von meiner Jungend un ich sollte mich jetzt Bewerben hab aber immer ein Problem anzufangen weil ich eben nicht weis wie ich es RICHTIG mache und so ist es auch bei allem anderen auch nur eine GFS in der Schule oder soetwas in der Art.

MFG

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lingaroni
Forums-Gruftie
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weiblich/female, 45
Beiträge: 666

Beitrag So., 07.11.2010, 12:50

Levithan,

das ist wirklich die beste Ausrede für Faulheit, die mir je untergekommen ist. Die werde ich mir merken.
"Ich mache nichts, weil ich so ein Perfektionist bin".
Und nicht einmal für meinen Perfektionismus bin ich selbst verantwortlich, denn er ist ja erzwungen.
Das ist die zweitbeste Ausrede für Faulheit:
"Ich mache nichts, und ich kann nichts dafür".

Denkst Du damit könnte ich in meinem Leben Erfolg haben? Wo könnten die wohl besonders nützlich sein. Privat? Beruflich? Oder beides? Gibt es Varianten davon? Immer dieselbe Masche könnte irgendwann durchschaut werden.

Aber abgesehen davon: Wie stellst Du Dir dein Leben als erwachsener Mann - der Du ja mittlerweile bist - vor? Wo willst Du hin? Wofür willst Du Dich interessiern? Wo soll dein Platz in der Gesellschaft sein?

LG

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Dampfnudel
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 39
Beiträge: 1138

Beitrag So., 07.11.2010, 13:01

Hallo Levithan,

hast Du Angst, etwas falsch zu machen? Hemmt Dich diese Angst, irgendetwas anzufangen?

LG, Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.

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Emely
Helferlein
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weiblich/female, 47
Beiträge: 146

Beitrag So., 07.11.2010, 15:57

lingaroni hat geschrieben:Levithan,

das ist wirklich die beste Ausrede für Faulheit, die mir je untergekommen ist. Die werde ich mir merken.
"Ich mache nichts, weil ich so ein Perfektionist bin".

LG
Hallo Levithan,

ich finde, so einfach kann sich`s da nicht machen. Es gibt durchaus eine Art "Arbeitshemmung", d.h., dass man die Aufgaben, die man zu erledigen hat nicht anfangen oder nicht richtig fertigmachen kann. Ich hatte auch mal einen Kollegen mit diesem Problem und obwohl er im Grunde ein Perfektionist war, hat er überhaupt nichts richtig auf die Reihe gekriegt. Wenn du diese "Störung" nicht in den Griff bekommst, kann sein, dass sich mit der Zeit massive Probleme bei der Bewältigung deines Alltags ergeben. Du könntest dich mal bei einer psychologischen Beratungsstelle informieren, welche Therapiemöglichkeiten es für dich gibt. Ich würde dir davon abraten, alles laufen zu lassen und nichts zu unternehmen.
Ich wünsche dir alles Gute.

LG
Emely

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Schneekugel
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 30
Beiträge: 1065

Beitrag Di., 09.11.2010, 10:55

@Lingaroni Der Threadersteller schreibt etwas wenig um das jetzt eingrenzen zu können, aber den Begriff Narzissmus und narzisstische Persönlichkeitsstörung gibts nicht umsonst. Bei mir hat bis zum Ende der Unterstufe nichts geklappt, mit etwas Überredungshilfe von Berufsberatern kam ich dann in eine HTL mit Internat, da die HTL zu weit von zu Hause weg war.

Babumm, auf einmal klappt alles besser. Die Motivation etwas zu lernen um sich dann an einen 2er oder 3er auf eine Prüfung gemeinsam mit Freunden Klassenkollegen zu freuen bzw. von den Lernbetreuern des Internats gelobt zu werden ist halt doch eine andere, als sich dafür fürchten zu müssen mit der genau selben Note wieder versagt zu haben, wieder bewiesen zu haben wie Scheisse und unnütz man nicht ist, dass man wieder zu blöd war diesmal richtig zu lernen usw...

Sorry, aber wenn du egal ob du dich nicht anstrengst, zumindest etwas anstrengst, anstrengst, sogar sehr anstrengst usw... zu hören kriegst wie Scheisse du nicht bist, ja ich mein ist doch objektiv logisch, irgendwann nichts mehr zu machen.

Mein Tipp an den Threadersteller: Zieh aus. Stell dich auf eigene Beine, beurteile selbst ob dein Leben gut ist oder nicht und umgib dich mit normalen Menschen für die gut eben gut ist, ok eben ok ist, Mist auch mal Mist ist und perfekt nicht "normal" ist das man dadurch belohnt, dass man dem anderen ausnahmsweise nicht verdeutlicht was er für ein Stück Dreck ist, sondern etwas sehr tolles ist worüber du dich sehr freuen kannst. Und zieh aus solange du noch Chancen hast, dass du diese Lebenseinstellung noch nicht zu 100% übernomen hast, denn ich nehme mal stark an, dass dein Vater als Mensch der nur Perfektion akzeptieren kann, aber selber nur ein unperfekter Mensch ist, ziemlich unglücklich wird. Genauso wie jeder der diese verblödete Einstellung übernimmt.

Bei mir zumindest hat sich die Lethargie mit dem Auszug von zu Hause ziemlich schnell gelegt. Achte einfach nur darauf dich nicht zu bedrücken, wenn halt mal was nicht läuft, weil es gehört zum ganz normalem Leben dazu, dass Dinge mal besser gehen und mal schlechter. Manchmal lernt man halt superdolle und hat trotzdem Pech mit den Fragen. Manchmal hat man super Voraussetzungen für eine Arbeitsstelle und scheitert dann an so unbeeinflussbaren Dingen wie leichter Schwerhörigkeit im Tieffrequenzbereich. Thats life mit seinen positiven und negativen Seiten die dazugehören zum ganz normalen Leben mit dem man ganz normal vollkommen glücklich und zufrieden sein darf.

Nebenbei bin ich innerhalb der Firma mein eigener kleiner Abteilungschef, verdiene doch mehr als das österreichische Durchschnittseinkommen, baue seit einigen Jahren Schritt für Schritt mein altes Haus aus, habe eine seit 11 Jahren bestehende Beziehung und rate mal: Sobald ich am Wochenende bei meinen Eltern bin geht es darum, warum mein Leben so schlecht ist, warum ich nicht mehr Einsatz zeige mein schlechtes Leben zu ändern, und was ich nicht alles werden könnte "wenn ich nur wollte". Ja verdammt, ich könnte jetzt schon Präsidentin der Erde sein, wenn ich nicht so ein verdammter Versager wäre, gleich morgen geh ich mich schämen. *plemplem*

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Lotte
sporadischer Gast
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Beiträge: 9

Beitrag So., 14.11.2010, 19:19

Wow, hallo Schneekugel, leviathan und auch hallo lingaroni.

Ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen, leviathan, mir geht es sehr oft genauso.
Hast du Ideen, wie du deine Situation ändern kannst? (Falls ja, immer her damit-ich kann jeden Anreiz gebrauchen!)

Und ich bin genau an diesem Punkt jetzt angekommen, lingaroni:
lingaroni hat geschrieben: Aber abgesehen davon: Wie stellst Du Dir dein Leben als erwachsener Mann - der Du ja mittlerweile bist - vor? Wo willst Du hin? Wofür willst Du Dich interessiern? Wo soll dein Platz in der Gesellschaft sein?
Ich kenne meinen Platz in der Gesellschaft nicht, ich kann mich nicht interessieren, ich weiß nicht wo ich hin will.
Ich bin nicht faul, sondern arbeite mich kaputt oder halt gar nicht.
Ich habe nichtmal Fernseher, damit ich nicht faul bin und mich mit den richtigen Dingen beschäftigen kann etc. Aber was bringt das?

Und Schneekugel:

Es ist schön zu hören, was du alles geschafft hast und immer noch schaffst!
Mit welcher Einstellung hast du den Umzug, den Neuanfang begonnen?
Ich habe das Gefühl, die Denkweise leider internalisiert und so in die neue Umgebung mitgenommen zu haben.

Ich würde mich sehr doll über eine Antwort freuen!

Viele Grüße,

Lotte

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Schneekugel
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 30
Beiträge: 1065

Beitrag Mo., 15.11.2010, 11:00

Also die generelle Einstellung war einfach nur "Weg von zu Hause". Ich wollte halt eine Lehre machen um mir eine WG leisten zu können. Nach einigem Hin und Her kams dann eben auf eine HTL mit Internat raus wo du halt durch normale Erzieher betreut wirst. Und damit das du 6 Tage die Woche Umgang mit normalen Menschen hast und nur mehr einen Tag die Woche einem gestörtem Irren ausgeliefert bist, relativiert sich das halt alles bzw. gewinnst du wieder Selbstvertrauen.

Also von daher, egal wie, den Kontakt zu derartigen Leuten reduzieren und sich ja keine Schuldgefühle einreden lassen. Es ist ein vollkommen normaler menschlicher Reflex mit Leuten die dafür sorgen, dass man sich Scheisse fühlt nichts zu tun haben zu wollen. Wenns ihnen nicht passt, können sie ja einfach ihr Verhalten ändern.

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