Angst vor Konflikten auf der Arbeit

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Marie2208
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Angst vor Konflikten auf der Arbeit

Beitrag Mo., 22.02.2016, 19:56

Hallo an alle Leser hier im Forum,

ich habe lange überlegt ob ich meine Probleme und Sorgen hier reinschreiben soll oder nicht. Letztendlich möchte ich es gerne, da es mir mit Sicherheit gut tut es mal von der Seele zu schreiben und vielleicht ist ja jemand hier der das liest und mir vielleicht weiterhelfen kann.

Ich bin 37 Jahre alt und habe letztes Jahr im Juni angefangen branchenfremd in einem Unternehmen zu arbeiten.
Da ich während meiner gesamten Berufstätigkeit nichts anderes gemacht habe als Vertrieb, ich mich aber unbedingt beruflich verbessern wollte, habe ich die Chance ergriffen und prompt eine Bewerbung rausgeschickt, nachdem eine Bekannte mir sagte das Vertriebsmitarbeiter gerade dort gesucht werden. Ich hatte Glück und fing dann im Juni letzten Jahres dort an, allerdings befristet und mit der Option die Abschlussprüfung für das entsprechende Berufsbild am Ende der Befristung bestanden zu haben um dort weiterhin beschäftigt zu sein. Ich lerne den Beruf der Bankkauffrau.


Es ist ein sehr vielschichtiger Beruf den ich da lerne und von Grund auf alles Neu für mich. Es ist sozusagen wie eine Fortbildung im Vollzeitjob mit Online Lernen und einzelnen Präsenzphasen von ein paar Tagen in einer Akademie welche bald beginnen wird und das erlernen eines Berufsbildes innerhalb von 2 Jahren, ohne die klassische Berufsschule, sondern hauptsächlich durch Learning on the Job und der Online Lernplattform ( welche die Theorie abdeckt).

Ich fing also im Juni letzten Jahres dort an und habe erfahren das ich die Position von einem Kollegen übernehmen soll, der bald in Rente geht. Der besagte Kollege hat mich so gut es geht eingearbeitet, allerdings ist mir erst hinterher aufgefallen als er in Rente gegangen ist und ich seinen Posten alleine ausüben musste das seine Einarbeitung nicht ausreichend war, denn dann fiel mir erst auf das noch viele Fragen offen waren und ich immer öfter zu hören bekam das musst du doch mittlerweile können oder hat dir die besagte Person das nicht anders erklärt??

Da ich ja von keinerlei Abläufen eine richtige Ahnung hatte bin ich nie davon ausgegangen das ich nicht gut genug eingearbeitet werden könnte, wie sollte ich es auch merken, er hat zudem auch noch ungerne das Zepter aus der Hand gegeben.

Der besagte Kollege hat dort von der Ausbildung an gearbeitet und war eine Ikone dort und auch heute noch fragen viele Kunden nach ihm, denn er war so wie ich jetzt, vorne im Servicebereich.

Mein Problem:

Ich frage noch sehr viel bei den Kollegen, auch weil viele Arbeitsabläufe keine reinen Routinearbeiten sind und ich dann einfach Hilfe benötige: Grundsätzlich helfen die meisten Kollegen, nur ein Kollege gibt mir total das Gefühl dumm zu sein und dann kommen halt so Aussagen auch mal in einem Schnippischen Tonfall:

Das habe ich dir aber schonmal erklärt!

Wo ist das Problem, du weisst doch wie das geht!

Das ist jetzt aber doof!

Das klingt jetzt vielleicht harmlos wenn das jetzt hier so geschrieben steht, aber in der jeweiligen Situation ist es schon sehr verletzend und ich bekomme immer mehr das Gefühl dort nicht erwünscht zu sein...ich traue mich nicht mich zu wehren, ich weiß einfach nicht was ich sagen soll, und das mit 37!!

Meistens hat er mit dem was er sagt ja Recht, aber ich komme mir bei seinen augenverdrehenden und schnippischen Aussagen so dumm vor und es schüchtert mich immer mehr ein und mein Selbstbewusstsein ist immer mehr gleich 0. Ich denke oft, das anscheinend mit mir was nicht stimmt und traue mich nicht mehr den Kollegen etwas zu fragen,

Auch wenn ich keine Beweise habe so denke ich oft das die Kollegen so zu mir sind weil ich jemanden vielleicht den Job weggenommen haben könnte, der statt mir nun dort die entsprechende Position hätte einnehmen können und als hätte ich das Glück bei meinem Nicht Wissen ( welches ich ja nun lerne) nicht verdient hätte diesen Beruf zu erlernen.

Und natürlich ist es auch nicht so einfach alle Aufgaben meines Vorgängers zu übernehmen und gut auszuüben und den Vertrieb dort abzuwickeln und für die Prüfung zu lernen und Freizeit Beziehung und Haushalt zu managen und das fällt mir mit 37 Jahren nicht so leicht als wäre ich Mitte 20 wie der besagte Kollege dort.

Ich fühle mich dort irgendwie nur wie die dumme branchenfremde die anscheinend nichts gut macht und total unerwünscht ist. Warum kann ich nicht auch mal das Gefühl bekommen dort gerne aufgenommen worden zu sein???

Ich bin kurz davor alles aufzugeben und alles hinzuschmeissen! Einen Filialleiter gibt es übrigens nicht, dieser ist kurz nach mir aus gesundheitlichen Gründen gegangen und die Vertretung hat glaube ich keine Erfahrung mit der Führung und Motivation von Mitarbeitern.

Hat jemand eine Idee woran es liegen könnte das der Kollege so sein könnte und was ich tun soll?

Danke für das Lesen des langen Textes

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Alienia
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Beitrag Di., 23.02.2016, 00:46

Marie2208 hat geschrieben: Hat jemand eine Idee woran es liegen könnte das der Kollege so sein könnte und was ich tun soll?
Ja.

Menschen sind Affen und verhalten sich auch so.

Du strahlst scheinbar aus, dass du "rangniedrig" ist. Also durch deine Körpersprache, Mimik usw.
Z. B. etwas gesenkter Kopf, hängende Schultern, eher leise Stimme... oder ähnliches.

Zusätzlich immer nett und freundlich? Wird vor allem von Männern als unterwürfig angesehen.

Es geht nicht darum WAS gesagt wird. Es geht darum dich zu erniedrigen. Also ob du nun wirklich dumm bist oder nicht spielt dabei ÜBERHAUPT KEINE Rolle.
Es geht darum, dir zu zeigen, wo dein Platz ist. Es geht um Macht und Erniedrigung.
Und du spielst dieses Spielchen ja auch perfekt mit. Du schreibst ja selbst, du fühlst dich eingeschüchtert, dein Selbstwert ist gleich 0... und der Typ kann sich super toll finden. Zumindest in diese Zweikampf mit dir. Er hat gewonnen. Und ein gewonnener Kampf ist besser als keiner.

Im Affenhaufen ist er dann so ein Gorillamännchen der durch den Zoo hüpft und sich auf dei Brust klopft und sich groß macht.
Er hat dich dominiert, er ist groß und stark.

Es gibt keinen anderen Weg, als ihm diese Genugtuung nicht zu geben.
Es geht nur um Machtkampf. Demonstriere Stärke. Tu so als seist du stark. Gerade Körperhaltung, gerade Blick und verbal Kontra geben. NIcht immer nur lieb und nett.
Du musst dich behaupten.

Ich hasse diese Spielchen auch. Aber wenn du sie nicht mitspielst gehst du unter. Du musst dich behaupten und Stärke demonstrieren.

Bei Männern geht es sehr oft einfach nur um Demonstration von Macht und Stärke. Da ist es echt unwichtig, was der Inhalt des Gesprächs ist... hauptsache, du zeigst keine Schwäche.
Üben, üben, üben.
Kann man lernen, spreche da aus Erfahrung.
Du musst versuchen wie ein Mann zu denken.

Ich stell mir immer eine Affenhorde vor, wo es ein klare Rangordnung gibt und jeder zeigt ständig irgendwie wie stark er ist und schwächere, wird eben gezeigt, wie schwach sie sind.
Das ist denen wirklich so unglaublich wichtig.
Je primitiver, desto ausgesprägter dieses Verhalten.

Geh mal in den Zoo und beobachte eine Gruppe Affen.
Dann wird einem wirklch einiges klar.
Es riecht nach Heldentaten und Kerosin
Bären erwürgen, Metall verbiegen
Mehr Kerben im Colt, genug Risse im Riemen
Flanke, Dropkick, aufgestiegen.

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Ephraim
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Beiträge: 414

Beitrag Di., 23.02.2016, 11:38

Alienia hat geschrieben: Es geht nur um Machtkampf. Demonstriere Stärke. Tu so als seist du stark. Gerade Körperhaltung, gerade Blick und verbal Kontra geben. NIcht immer nur lieb und nett.
Du musst dich behaupten.
Ein anderer Ansatz, der aber nur funktionieren kann, wenn du nicht Kontra geben willst, sondern in ruhigem, freundlichen bleibst: wenn du ihn wieder fragst, halte deine Hände zusammen.

Kannst sie übereinanderlegen, umfassen, sonstwas, nur das sie sich berühren.

(klappt nicht immer, hängt auch an anderen Bedingungen, aber kannst es versuchen, ist ja von der Aktion her keine große Sache)
"Sometimes we battle to protect someone, sometimes we battle to protect someones honor" Ichigo Kurosaki; Ich stelle keine rhetorischen Fragen

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decordoba
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Beitrag Di., 23.02.2016, 13:53

Der Vergleich mit den Affen ist treffend. Aber ich sehe da eine Pavian-Horde; der Pascha sitzt mit grimmigem Blick auf dem Steinehaufen überblickt seine Weibchen und sucht - Wen er verschlinge!

Natürlich können solche Machtdemonstrationen ärgerlich, kränkend und schwächend für den/die Betroffene sein.

Aber es gibt noch ärgere Fälle - den Machtkampf und den Existenzkampf.

Ich habe das 20 Jahre lang miterlebt und darunter gelitten. Mein Vorgesetzter war ein extremer Sklaventreiber. Er duldete keine Widerrede, er sagte: "Jump!" - und jeder musste springen - ohne muh und ohne mäh!

Einige Jahre vor meinem Ruhestand hat ihn der Direktor unserer Firma gefeuert - zu spät für mich - aber es war eine Genugtuung.

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Meine Frau hat in der Wurstfabrik gearbeitet - Schichtarbeit. Das war vorwiegend ein Frauenbetrieb. Es herrschte extremer Futterneid unter den Frauen. Jede war der anderen Frau ihren Arbeitsplatz neidig und wollte sie vom Futtertrog vertreiben, um damit den eigenen Arbeitsplatz abzusichern. Der Vorarbeiter hat meiner Frau die Arbeit angeschafft, die "Kolleginnen" haben ihr noch weitere Arbeiten angeschafft: "Mach mir dies und mach mir das!" So viel, dass es nicht mehr ging.

Der Vorarbeiter war mit einer Thai-Frau in seinem Bereich liiert, und hatte mit ihr viel Geld verloren, deshalb hasste er alle Thai Frauen. So sagte er zu meiner Frau - wenn etwas nicht gepasst hat: "Du kannst nicht lesen - du kannst nicht schreiben - du bist deppert - geh zurück nach Thailand - tot in Thailand!"

Daraufhin hat meine Frau auf der Stelle mit der Arbeit aufgehört - nächsten Tag gekündigt.

Zu deinem Problem - ich habe auch kein Rezept dafür. Manchmal nützt es, wenn man sich eine dickere Haut zulegt. Wenn sonst die Arbeit passt und gut bezahlt ist, solltest du dich nicht vertreiben lassen.

Du könntest den Mann auch zur Rede stellen und ihn darauf aufmerksam machen, dass es so nicht geht. Du solltest ihn auf sein Fehlverhalten hinweisen.

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Hiob
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Beitrag Fr., 04.03.2016, 10:44

"...Ich habe das 20 Jahre lang miterlebt und darunter gelitten. Mein Vorgesetzter war ein extremer Sklaventreiber. Er duldete keine Widerrede, er sagte: "Jump!" - und jeder musste springen - ohne muh und ohne mäh!

Einige Jahre vor meinem Ruhestand hat ihn der Direktor unserer Firma gefeuert - zu spät für mich - aber es war eine Genugtuung...."

Ich denke, jeder kann sich immer wieder entscheiden, ob er lieber erduldet und am Ende Genugtuung empfindet, wenn er dann doch mal in der stärkeren Position ist oder ob er seine Zeit unter solchen Umständen nicht verbringen möchte. Maries Peiniger hat Variante 1 gewählt und empfindet nun Genugtuung, sobald es ein schwächeres Wesen in der Hackordnungskette gibt. So wird Leiden über Generationen aufrechterhalten. Wir nennen das dann "unsere Kultur". Ich beobachte im Sommer aus dem Campingstuhl machmal die Hühnchen bei diesem Hackordnungsspiel. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, daß ich ein Mensch bin. Und kein Huhn.

Hiob

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