Traumatisierung am Arbeitsplatz

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Lillu
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Traumatisierung am Arbeitsplatz

Beitrag Di., 17.09.2013, 09:06

Hallo liebes Forum!

Ich bin Lehrerin und hatte einen jugendlichen Schüler im Einzelunterricht.
Der Schüler wollte mich vergangenen Winter während des Unterrichts umbringen. Zuerst wollte er mit einem Messer auf mich einstechen, dann wollte er mich mit einem Seil erdrosseln.
Ich hatte Gott sei Dank eine ausreichende Ausbildung in Selbstverteidigung und konnte auch geistesgegenwärtig reagieren und ihm seine Waffen abnehmen.
Er hat mich anschließend körperlich verletzt (mehrere Sprünge gegen meinen Kopf und meine Wirbelsäule, Tritte gegen meine Beine), bis es mir möglich war mich aus der Situation zu befreien und mir Hilfe zu holen.
Anschließend war ich wegen meiner Verletzung und wegen psych. Traumatisierung mehrere Wochen in Krankenstand.
Daraufhin wurde ich gekündigt.

Bin jetzt arbeitssuchend, aber habe große Angst vor der Arbeit als Lehrerin.
Eigentlich will ich gar nicht mehr unterrichten, weil ich mich so fürchte. Ich mache seit mehreren Monaten eine Therapie.
Diese hat geholfen, dass ich mich nicht mehr den ganzen Tag fürchte und ich auch wieder lachen kann. Doch ich kann mir nicht vorstellen, meinen alten Beruf wieder zu ergreifen.
Aber ansonsten kann ich nichts.

Ich weiß gar nicht, was ich jetzt tun soll.

Hat jemand eine ähnliche Erfahrung?

Danke Lillu


Edit: Triggerwarnung entfernt, in diesem Forum sind Triggerwarnungen unueblich. Goldbeere

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ENA
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Beitrag Di., 17.09.2013, 10:58

Ui! ...und die anderen Schüler haben nichts gemacht und kein anderer Lehrer hat aus dem Nachbarraum was gehört?
Kannst Du Dir überhaupt nicht mehr vorstellen zu unterrichten? Auch nicht in einem kleineren Rahmen, wie z.B. Nachhilfeunterricht?
...und Du warst angestellt? Ist ja eigentlich eher selten, das Lehrkräfte gekündigt in dem Sinne werden.
Vielleicht geht es Dir durch die Therapie besser. Es gibt auch Kliniken, die spezielle Stationen haben, für Traumatisierung, aber auch für Leute, aus dem Lehrberuf bzw. sozial-pflegerischen Bereich.
Hattest Du schon mal ein Gespräch mit Deiner Arbeitsvermittlerin? Je nachdem welche Fächer Du studiert hast, wäre es vielleicht eine Möglichkeit, Dich anderswo einzusetzen.

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Marzipanschnute
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Beitrag Di., 17.09.2013, 11:06

Einzelunterricht steht da doch.

Gibt es für dich vielleicht eine Möglichkeit zur Umschulung, in dem du weiter von deinem Studium und auch von deinen beruflichen Erfahrungen profitieren könntest ohne dass du weiterhin unterrichten musst.

Vielleicht kann dir da auch in der Therapie weiter geholfen werden und der/die Therapeut/in kann dir weiterhelfen und dich an andere Stellen verweisen.
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh

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ENA
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Beitrag Di., 17.09.2013, 11:39

Marzipanschnute hat geschrieben:Einzelunterricht steht da doch.
Stimmt. Wohl auch kein anderer Unterricht im Raum daneben.

Hm, geht dann noch Unterricht in ner ganzen Klasse oder als Förderlehrerin? In manchen Schulen hat man ja z.B. auch zu zweit ne Klasse.

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Lillu
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Beitrag Di., 17.09.2013, 14:48

Vielen Dank für eure Antworten.

Ja, ich war ganz alleine im gesamten Erdgeschoß der Schule, war ein Einzelunterricht, da der Schüler aus dem Regelschulunterricht ausgeschlossen wurde (aufgrund seines Verhaltens).
Im Obergeschoß befanden sich zwei Sekretärinnen. Das Haus ist aber gut schallisoliert, meine Hilferufe von unten hat oben niemand gehört. Erst als es mir möglich war, nach oben zu rennen, bekam ich Hilfe.

Das ganze ist auch nicht mehr über die Schule an sich gelaufen, sondern wurde durch das Jugendamt organisiert. Ich war Angestellte beim Jugendamt, eben für schwierige Schüler. Solch Aggressive hatte ich in all den Jahren aber noch nie.

@Marzipanschnute Danke für die Hinweise. Ich dachte im vergangenen halben Jahr, dass es besser wird. Ich einfach nur Zeit brauche. Aber ich hab einfach Angst und alles in mir sträubt sich, mit Kindern oder Jugendlichen weiter zu arbeiten. Auch wenn es mir früher sehr viel Freude gemacht hat, ich auch noch die Therapieausbildung dran hängen wollte....

Ja, alles anders jetzt.

Umschulung - ja wenn ich wüßte was. Hab mich damit nie auseinandergesetzt. Musste ich ja nie. Weils immer mein Traumjob war....

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candle.
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Beitrag Di., 17.09.2013, 14:57

Hallo Lillu!

Willkommen im Forum!

Eine schreckliche Geschichte!
Lillu hat geschrieben: Das ganze ist auch nicht mehr über die Schule an sich gelaufen, sondern wurde durch das Jugendamt organisiert. Ich war Angestellte beim Jugendamt,
Wie hat denn das Jugendamt reagiert? Und wer ist in einem solchen Fall für dich zuständig? Ich denke da so an eine Berufsgenossenschaft. Wer hilft dir denn diese Traumatisierung zu verarbeiten? Irgendwer muß ja die Kosten tragen für deine Verletzungen.

Viele Grüße!
candle
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hope_81
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Beitrag Di., 17.09.2013, 15:02

Hi Lillu,
eine grausame Geschichte, die Du da erzählst...
Was mir spontan eingefallen ist. Wie wäre es denn mit der Erwachsenenbildung? Hast Du "nur" Angst vor Kindern und Jugendlichen, oder ist die Angst auf alles was mit der Lehrertätigkeit zusammenhängt generalisiert?
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Lillu
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Beitrag Di., 17.09.2013, 16:41

Hallo candle! Danke für die Willkommensgrüße.

Die Reaktion auf diesen Gewaltakt: alles wurde heruntergespielt und bagatellisiert. Es war erscheckend. Wie in einer inzestuösen Familie haben alle zusammen dicht gehalten und mich als den Sündenbock hingestellt.
Erst meinten sie, als Pädagoge müsste ich über so etwas drüber stehen.
Als ich dann wegen Körperverletzung,Flashbacks und akuter Traumatisierung in Krankenstand war, hab ich meine Kündigung erhalten. Ich sei nicht belastbar.
Ich habe keinerlei Unterstützung durch den Arbeitgeber erhalten. Ich wurde auch nicht einmal gefragt, wie es mir geht, ob ich irgendetwas brauche, ob ich die Dokumentation des Vorfalles gemeinsam mit jemanden machen möchte.
GAR NICHTS.

Hab mir dann selbst Hilfe besorgt: Notversorgung nach akuter Traumatisierung(so etwas steht für Pädagogen, Bedienstete im Sozialbereich, Ärzte, Krankenschwestern, Verkäufern nach Überfällen ect...) kostenlos zur Verfügung.
Viele Infos bei Experten eingeholt und mir von vielen Seiten sagen lassen, dass da sehr sehr viel falsch gelaufen ist.
In Krankenhäusern ist es beispielsweise üblich, dass nach einem tätlichen Angriff eines Patienten gegen eine Pflegerin oder Arzt da ganz anders vorgegangen wird.
Hilfe für das Opfer. Gemeinsame Evaluation des Geschehenen. Notfallsfunksender, um sich rasch Hilfe holen zu können, nie gänzlich alleine mit aggressiven Patienten auf einer Station zu sein ect...

Naja.

Anzeige gegen den Jugendlichen hab ich selbst erstattet. Prozess ist schon abgeschlossen.
Hab auch durch Hilfe eines Anwalts Schadensersatz von meinem Arbeitgeber erhalten.

Die Therapiekosten wird vermutlich der Opferschutz übernehmen. Die Anträge sind noch in Bearbeitung, aber ich denke es sieht gut aus.
Momentan zahle ich noch selbst, sollte dann aber bald alles zurück erstattet bekommen.

Über Erwachsenenbildung hab ich noch gar nicht nachgedacht hopeless81
Danke für den Tip.
Wie weit das alles generalisiert ist, weiß ich gar noch nicht. Mal sehen, ob ich das herausfinden kann.

Danke euch!

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candle.
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Beitrag Di., 17.09.2013, 17:54

Das ist wirklich übel gelaufen.

Ich wüßte jetzt allerdings auch nicht an wen wenden. Und mir fiel ein, dass ich auch mal überfallen worden bin, aber da hat sich keiner drum geschert irgendwie. Ich war auch noch frisch in der Ausbildung und hatte keine Ahnung.

Hoffentlich klappt es dann gut jetzt mit der Hilfe, die du bekommst.

Erwachsenenbildung wäre natürlich gar nicht schlecht, denke ich. Ich war zwar nur Schüler, aber das ist eine völlig andere Geschichte. Die Menschen, die dort hinkommen wollen etwas erreichen. Da wird es so Gewalttaten nicht geben.

candle
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ENA
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Beitrag Mi., 18.09.2013, 07:40

Lillu hat geschrieben: Notversorgung nach akuter Traumatisierung(so etwas steht für Pädagogen, Bedienstete im Sozialbereich, Ärzte, Krankenschwestern, Verkäufern nach Überfällen ect...) kostenlos zur Verfügung.
Worüber gibt es denn die?
Lillu hat geschrieben: Anzeige gegen den Jugendlichen hab ich selbst erstattet. Prozess ist schon abgeschlossen.
Ist er verurteilt worden?
Lillu hat geschrieben:Über Erwachsenenbildung hab ich noch gar nicht nachgedacht
Ja, daran habe ich auch gedacht. Z.B. Alphabetisierungskurse oder generell etwas, was zu Deinem Thema passt.

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 18.09.2013, 09:44

Hei du, tatsächlich nimmt mich deine Geschichte doch ziemlich mit, es tut mir leid, was du erfahren mußtest und auch die Ungerechtigkeit dannach...
Wenn es dein Traumjob war wäre es vielleicht gut weiterhin daran zu arbeiten damit zurecht zu kommen, also weiterhin krank, aber eben in Therapie / Kliniken etc. gehen um dich zu rehabilitieren und Lehrerin mußt du ja nicht im gleichen umfeld wieder sein wenn es dir irgendwann besser geht.
Ich würde jetzt nichtd en Traum der Lehrerin von diesem jugendlichen Tier zerstören lassen, gib ihm doch nicht diese macht.
Ich denke Gewalt von Schülern gegen Lehrer ist ein riesiges Tabu, was nicht sein darf kann nicht sein. Daher auch die irritierte Reaktion deines Arbeitgebers und dem Rest der spasten... grrr

lass dich nicht unterkriegen, Umschulung und Co ist freilich möglich, ich würde aber wie gesagt daran arbeiten wieder zurückzukommen
..:..

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saatkorn
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Beiträge: 244

Beitrag Mo., 23.09.2013, 19:57

Beitrag entfernt. Bitte schreib klar, und der Netiquette entsprechend. Auf Unterstellungen bitte verzichten.
Besten Dank

Elfchen

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Lillu
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Beitrag Do., 26.09.2013, 11:28

Danke euch allen! @candle Also die notfallpsychologische hilfe ist von einer einrichtung pro mente, die auf dem ganzen psychsozialen sektor tätig sind.

@sinarellas danke deine worte tun echt guuuut. Ich denke auch irgendwie dass es zu früh ist mich umzuschulen.
Meine thera meint auch ich soll mir zeit lassen.
du sagst es, gewalt schüler gegen lehrer ist ein tabu. Es klingt ja auch verrückt.
Zum glück hab ich leute kennengelernt, denen ähnliches passiert ist. Eine andere lehrerin, die einen gewaltakt eines jungen gegen sich und ein mädchen verhindert hat, wurde auch entlassen. Und ein sozialarbeiter der mit geladener pistole bedroht wurde - ebenfalls entlassen...

Die zeit ist nich nicht reif für sowas. Das mit der kindesmisshandlung in heimen war ja auch jahrzehntelang tabu...


Eremit
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anderes/other, 80
Beiträge: 8876

Beitrag Do., 26.09.2013, 11:44

Ich kenne die Situation wiederum als Zeuge. Bei uns in der Klasse gab es auch so einen Psychopathen, der nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer z.B. mit Teppichmessern attackiert hat. Aus Angst davor, den Job zu verlieren, haben sich die Lehrer rausgehalten, wenn dieser Bursche andere Schüler attackierte, was schließlich beinahe zum Tod eines anderen Schülers geführt hätte...

Das Problem bei diesem Thema ist das selbe wie sonst auch: Das System schützt die Täter, nicht die Opfer. Eigentlich müßten solche Individuen einfach eingeschläfert werden wie tollwütige Hunde, schließlich sind sie ja auch nicht mehr als das...

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