1 Jahr Arbeitsunfähigkeit wegen PTBS - was nun

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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1 Jahr Arbeitsunfähigkeit wegen PTBS - was nun

Beitrag Mi., 15.01.2014, 14:25

Hallo Ihr,

ich bin etwas verzweifelt, weil ich nicht weiß, wie es für mich weiter geht. Seit einem guten Jahr bin ich krank geschrieben wegen einer PTBS. Mein Hausarzt hat mich zum Therapeuten (Fachärztin für Psychiatrie und Psychosomatik) überwiesen, weil ich mehrere Hörstürze hatte und auch sonst ständig krank war. Dort wurde PTBS, schwere depressive Episode und Somatisierungsstörung festgestellt. Mein größtes Problem ist in der Arbeit, dass ich durch meine Vorgesetzten ständig getriggert werde. Ich bin Patentanwaltsgehilfin und sobald mein Chef mich antreibt, unter Druck setzt, kritisiert, bekomme ich die Panik. Ich gerate unter großen Druck, bekomme im schlimmsten Fall Heulkrämpfe, aus denen ich nicht mehr raus komme und zum Schluss bekam ich eben dann immer einen Hörsturz. Scheinbar sehe ich die Chefs dann immer so wie meine Mutter an, die mich eben als Kind auch total überfordert hat und geschlagen, wenn ich mit etwas nicht schnell oder gut genug war. Noch dazu triggern mich auch manchmal Kollegen, z.B gab es im letzten Job eine Assistentin, die immer eine Alkoholfahne hatte. Meine Mutter ist Borderliner und Alkoholikerin und jedes Mal, wenn ich die Frau nur gesehen habe, musste ich aus dem Raum gehen, weil es mir richtig schlecht ging.

Auch auf dem Weg zur Arbeit muss ich mich oft in der U-Bahn oder im Bus weg setzen, weil mich Menschen triggern.

Ich war im letzten Jahr 7 Wochen in einer Akutklinik. Ein bisschen hat es geholfen, aber nicht so richtig. Die Klinik war besser geeignet für Menschen mit anderen Problemen, nicht so für PTBS. Die Klinik hat mir eine Bescheinigung ausgestellt, dass ich nicht in einem Bereich arbeiten sollte, in dem ich viel Kontakt zu Menschen habe. Doch ich weiß nicht richtig, was ich jetzt damit machen soll. Wenn ich das beim AA vor zeige, was passiert dann? Ich habe einfach Angst, dass ich dann gar keinen Job mehr finde und in Hartz IV komme. Davon könnte ich nicht leben.

Nun warte ich darauf, dass ich in einer anderen Akutklinik aufgenommen werde auf einer speziellen Traumastation. Meine Therapeutin möchte mich dadurch wieder arbeitsfähig bekommen.

Nun habe ich aber plötzlich wieder Panik. Ich weiß nun, dass ich wahrscheinlich spätestens im Frühjahr wieder auf Arbeitssuche muss und hab totale Angst, dass ich wieder in solche Zustände komme. Ich kann mir nicht richtig vorstellen, dass ein nochmaliger Klinikaufenthalt meine Probleme ausräumen kann.

Einerseits möchte ich gerne arbeiten, andererseits traue ich mir aber keine 40 Stunden Woche mehr zu, zumal ich in meinem Beruf meistens viele Überstunden machen muss. Schon der Gedanke an einen zukünftigen Chef, der Ansprüche an mich stellt, bekomme ich Atemnot.

Meine beste Freundin hat mich nun gefragt, warum ich keinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stelle. Es wäre möglich, dass ich mit einem Halbtagsjob besser klar komme.

Ich habe gehört, dass die KK sowieso vorschlägt, einen Antrag auf Erwerbsminderung zu stellen, wenn man ausgesteuert wird. Die Krankengeldzahlung läuft bei mir im April aus.

Wie seht Ihr das bzw. habt Ihr Erfahrung mit sowas? Wisst Ihr, was ich mit so einem Schreiben von der Klinik machen kann, dass ich nicht mit viel Kundenkontakt arbeiten soll? Die in der Klinik haben mir nur gesagt, dass ich dann sicher vom AA zu einem Gutachter muss.

Sorry, dass es so lang geworden ist!

Liebe Grüße
Freifrau
"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)

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(e)
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Beitrag Do., 16.01.2014, 02:20

Hallo liebe Freifrau

Wenn ich mit vergleichbaren Fällen im Forum vergleiche, besteht die Möglichkeit, dass es so weit kommt und Du berentet werden könntest. Das scheint in D schnell mal der Fall zu sein, obwohl ich auch schon Gegenteiliges gehört habe.

Ich kann gut verstehen, wie es Dir geht, da ich ähnliche Probleme habe. Ich halte diesen Stress auch nicht aus. Bei Panik- und Angststörung bzw. deren Somatisierung wird zwar von einer guten Erfolgsquote ausgegangen, sodass es evtl. doch noch Möglichkeiten gibt bei richtiger Behandlung (Expositionen). Warum versuchst Du es nicht mit einer anderen Psychosomatik-Klinik, die das richtige Therapieangebot für Dich hat?
Lieben Gruß
elana

inaktiv, siehe Link in meinem Profil

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Beitrag Do., 16.01.2014, 11:16

Hallo liebe Elana,

danke Dir für Deine Antwort!

Ich bin derzeit auf der Warteliste für noch eine andere Klinik, die sehr gut sein soll. Darauf warte ich nun schon 11 Monate. Ich hatte mich für 2 Kliniken angemeldet und bin erst in die eine mit weniger Wartezeit gegangen.

Ich habe schon Hoffnung, dass die andere Klinik mir besser helfen kann, aber ich glaube es irgendwie nicht so richtig. Ich hab die Befürchtung, dass es mir danach zwar besser geht, aber dass die tiefsitzenden Ängste und die PTBS wegen den ca. 4 Wochen nicht weg sind. Vielleicht auch zu pessimistisch, ich weiß es nicht.

Wenn ich dann zurück aus der Klinik bin, muss ich mir gleich neue Arbeit suchen und davor gruselt es mir.

Ich denke aber, ich probier es und wenn ich wieder krank werd oder Hörstürze bekomme, dann muss ich eben sehen, wie ich dann weiter vor gehe. Aber nochmal so ein langer Krankenstand geht nicht, jetzt hab ich ja alles aufgebraucht.

Du sagts, Du kennst das? Wie gehst Du damit um?

Liebe Grüße und einen schönen Tag!
Freifrau
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ichbins(nur)
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Beitrag Do., 16.01.2014, 18:26

Freifrau - macht dir dein Beruf als solcher denn Spaß und könntest du dir zumindest theoretisch vorstellen, in dem Bereich zu bleiben?
Ich frage deshalb, weil du das Problem mit Chefs, Kollegen, (Termin)Druck und Arbeitszeiten überall in ähnlicher Form haben wirst. Wenn dir deshalb wenigstens die Arbeit als solche Spaß macht, wäre das zumindest ein positiver Ausgangspunkt.

Ich kann deine Ängste bezüglich der Zukunft schon verstehen. Doch ich sehe auch, dass du dich unter sehr großen Druck setzt, bis dann-und-dann wieder funktionieren zu müssen. Und natürlich macht das dann erst recht Angst.
An deiner Stelle würde ich zusehen, dass du jetzt erstmal den nächsten Klinikaufenthalt angehst und schaust, ob du danach nicht evtl. doch wieder wirst arbeiten können. Mir hat eine stationäre Reha von 10 Wochen vor ein paar Jahren sehr geholfen; ich habe danach Job und Stadt gewechselt und war seither nicht mehr aufgrund von psychischen Sachen krankgeschrieben.

Übrigens arbeite ich auch in dem Bereich und kann dir sagen, dass es bei einem anderen Arbeitgeber für dich vielleicht besser wäre. Also, wenn du jetzt in einem großen Unternehmen bist, dann vielleicht in ein kleineres zu wechseln, wo du mehr "Mädchen für alles" wärst, oder aber eben umgekehrt. Gerade in den großen Läden ist es in dem Bereich ja so, dass es doch sehr spezialisiert und in Fachabteilungen unterteilt zugeht und jeder einen streng abgegrenzten Tätigkeitsbereich hat. Überstunden fallen auch nicht zwangsläufig an, wenn das Ganze gut organisiert ist - da kann ich aus Erfahrung sprechen.
Und gerade in deiner Stadt sitzt du an der Quelle, was potentielle neue Arbeitgeber angeht, wie ich selbst ganz gut weiß.

Wichtig ist: mach dich nicht verrückt. Schau, dass du den stationären Aufenthalt angehst und dabei in Bezug auf die Arbeit so ruhig wie möglich bleibst. Ja, sicher droht eine Aussteuerung. Aber eben noch nicht jetzt, sondern erst später. Bis dahin fließt noch viel Wasser durch die Isar. Immer eins nach dem anderen. Und wenn du nach dem Klinikaufenthalt dich einigermaßen fit fühlst, dann kannst du dich nach einem neuen Job umschauen. Und warum dann nicht in Teilzeit einsteigen, z. B. mit 30 Stunden, wenn das finanziell machbar ist?

Viel Erfolg!
[center]Wie können wir wissen, wer wir sind,
wenn wir nicht wagen,
was in uns steckt?
(Paulo Coelho)[/center]

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Quinzo
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Beitrag So., 19.01.2014, 12:13

Also das AA wird das Ganze sicherlich noch von einem Gutachter bestätigen lassen, dass du wirklich unter deinen genannten Symptomen leidest. Auch musst du dir im Klaren sein, dass heutzutage in jedem möglichen Berufszweig Stress und auch Zeitdruck vorherrschen. Mit PtBS ist es schwierig einer geregelten Arbeit nachzugehen, auch sind die Mitmenschen nicht genügend dem gegenüber sensibilisiert. Hast du eigentlich schon was von der EMDR gehört? Es soll sich um eine hochwirksame traumabearbeitende Psychotherapiemethode handeln, die zu einer deutlichen Entlastung führen soll

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Beitrag So., 19.01.2014, 17:37

Hallo ichbins,

danke schön für Deine Antwort!

Nein, ich mag den Beruf eigentlich überhaupt nicht. Also grundsätzlich finde ich ihn einfach nur langweilig und er bringt mir keine Zufriedenheit. Ich weiß auch nicht, warum ich das gelernt habe. Mit 16 wusste ich einfach noch nicht, was zu mir passt.

Davon mal ab - Du hast Recht. Ich werde erstmal abwarten, inwieweit der Klinikaufenthalt mir hilft. Ich kann mir eben nur nicht recht vorstellen, dass 4-6 Wochen Klinik alles so verändern können, dass ich plötzlich diese Probleme nicht mehr habe. Bei PtBS sitzt ja alles recht tief und ist nicht so leicht therapierbar bzw. braucht seine Zeit.

Auf jeden Fall werde ich mir auch eine Stelle suchen, auf der es nicht mehr diesen großen Zeitdruck gibt. Auch mit einem gestressten Chef, der dann mal laut wird, kann ich leider gar nicht. Ich hoffe, dass mir das gelingen wird. Leider ist sowas nicht unbedingt von Dauer, auch wenn es erstmal passt. Ich hatte mal 6 Jahre eine Stelle, da ging es ganz gut. Aber dann bekam ich einen neuen Chef und es wurde die Hölle für mich. Das kann dann immer mal schnell gehen, ein neuer Chef, eine neue Kollegin, Mandanten, die mich triggern....

Hallo Quinzo,

danke auch für Deine Antwort. Du hast Recht, mit Stress und Zeitdruck muss ich immer rechnen. Außerdem gerate ich irgendwie durch meine Ängste, mangelnde Abgrenzung und ständige Schuldgefühle immer wieder in stressige Situationen oder Sündenbockrollen.

Von EMDR habe ich schon gehört, weiß aber nicht wirklich Details. Ich werde da mal meine Therapeutin fragen.

Liebe Grüße
Freifrau
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Lotosritter
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Beitrag Di., 28.01.2014, 01:41

Wenn Du schon ein Jahr krank geschrieben bist, wird Dich die Krankenkasse sicher bald zum MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) vorladen. Dort wird man dann entscheiden, ob Du einen Rentenantrag stellen musst oder ob eine Reha sinnvoller ist.
In diesem Zusammenhang solltest Du überlegen ob Du einen Antrag auf Schwerbehinderung stellst. Eine PTBS bringt zwischen 20 und 40 GdB. Ab 30 GdB kannst Du eine Gleichstellung beantragen und hast dann einen etwas härteren Kündigungsschutz.
PTBS ist aber meist eine sehr langwierige Erkrankung, die auch eine längere Psychotherapie erfordert. Es gibt zudem nicht allzuviel erfahrene Traumatherapeuten, deswegen sind Behandlungsplätze rar. In München ist es ein wenig besser. Hier gibt es verschiedene Ausbildungsinstitute für angehende Psychotherapeuten. Der Vorteil da, die Therapeuten erhalten kontinuierlich Supervision und sind somit reflektierter. - In jedem Fall benötigst Du viel Geduld, um letztlich soweit zu genesen, dass Du wieder alltagstauglich wirst.
Alles Gute und bleib zuversichtlich
Lotosritter
Ich bin hier, weil es letztlich kein Entkommen vor mir selbst gibt ...
Mein Blog: http://lotoskraft.wordpress.com

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saffiatou
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Beitrag Di., 28.01.2014, 11:02

Ich war trotz langer Krankschriebung und späterer Berentung, ebenfalls wegen
PTBS, niemals beim MDK. Ich denke die Krankenkassen handhaben das unter-
schiedlich, hängt auch ein wenig davon ab, was die Ärzte in ihren Krankschreibungen
notieren.

Wegen des Rentenantrags war ich bei einem Gutachter der DRV.

Hast Du mal an eine Umschulung gedacht?

Alles Gute, Saffia
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Beitrag Di., 28.01.2014, 11:21

Hallo Lotosritter und Saffia,

danke schön für Eure Antworten und guten Wünsche.

Zum MDK musste ich nicht. Allerdings wurde von meiner Therapeutin schon zweimal ein schriftlicher Bericht erbeten. Der hat ihnen dann aber gereicht.

Wegen der Behinderung habe ich auch schon überlegt. Ich werde mich da mal erkundigen, danke für die Anregung!

Liebe Grüße
Freifrau
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