als Lehrerin unglücklich

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 19:53

Hallo, ich pushe meinen Thread mal hoch, weil einfach noch vieles hinzu gekommen ist und ich mir irgendwie erhoffe, dass es einen Ausweg gibt...

Leider ist die Situation nicht besser geworden. Zwar ist es so, dass ich in zwei Klassen kaum oder deutlich weniger Probleme habe, Fuß zu fassen, dafür ist es aber so, dass ich mit den Arbeitskollegen nicht zurecht komme. Dadurch, dass ich in der Praxis Schwierigkeiten habe, dies auch vor Kollegen geäußert habe in der Hoffnung auf Unterstützung, haben sie eine negative Sichtweise auf mich bekommen, wirklich unterstützt haben sie mich aber nicht, da sie eher der Ansicht sind, dass aller Anfang eben halt schwer ist und ich mich alleine durchschlagen muss (nochmal: ich habe keine eigene Klasse und verbringe in jeder Klasse immer nur einen Tag pro Woche, bin auch nicht viel alleine, jeweils 7 oder 17 Stunden, im zwei-Wochen-Rhythmus). Dazu noch: das Terrain ist sehr schwierig, es sind einige wirklich schwierige Schüler dabei die auch gestandene Lehrer auf eine harte Probe stellen und mein Status ist auch bei den Kids ja ein anderer, als der einer "richtigen" Lehrerin.

Dazu kommt, dass ich einige Fehler gemacht habe, die mir auch angelastet werden. Beispielsweise habe ich vorschnell den Austausch mit einem Professionellen gesucht, als es um ein schwieriges Kind ging und musste das stoppen, weil die Familie bereits vorbelastet war und ich nicht den richtigen Weg gewählt hatte (ich hätte mich an die uns zugeordnete Behörde wenden müssen - mir ging es aber in erster Linie darum, Tipps im Umgang mit dem Kind zu erhalten, ich wollte die Familie nicht melden, was diese Person aber missverstanden hat und ich war dann ziemlich überrumpelt). Dann wurde mir von unserem Schulpräsidenten vorgeworfen, ich hätte den Ruf der Schule beschmutzt. Da bin ich mir immer noch nicht sicher, ob das vielleicht nur eine Drohung war, damit ich den Mund halte, denn ich habe mir nur Hilfe gesucht, wenn ich mich geärgert habe, dann bei meinen engsten Freunden oder in der Therapie, habe darauf geachtet, dass es nicht nach Außen getragen wird und ich vertraue diesen Leuten zu 100%. Oder aber - eine andere Piste - wir haben sogen. "Ressourcenlehrer", die den Neuen wie mir Tipps geben sollen, oder generell von Lehrern bei schwierigen Situationen aufgesucht werden können. Diese Person arbeitet nicht in der Schule selbst sondern ist den Bezirken zugeteilt. Mit ihm habe ich auch geredet und er steht auch hinter mir, teilt meine Ansichten über Schule (meine Kollegen scheinen alle anders zu denken als ich, was es zusätzlich erschwert, denn ihre Praxis ist aus der Sicht meiner Ausbildung veraltet und ich kann das schlichtweg nicht) und hat schnell erkannt, dass die mangelnde Zusammenarbeit mit den Kollegen ein großer Knackpunkt ist. Nur, mit ihm wollen sie nicht arbeiten und ich traue mich immer weniger, mit ihnen zu reden und mir bei ihnen Hilfe zu holen.

Meine Fehler häufen sich - ich vergesse, Mitteilungen auszuhändigen, Arbeiten fertigzustellen, meine Vorbereitungen sind lückenhaft wodurch es drunter und drüber läuft, ich kann immer weniger adäquat reagieren, wenn ein Kind Probleme macht, vergesse mich rechtzeitig abzumelden, wenn ich fehlen muss, einmal habe ich mich auf FB geärgert, weil ich niemanden erreichen konnte um mich abzumelden, was gleich weitergereicht wurde...
Obwohl mir von den Kollegen niemand etwas direkt sagt, spüre ich, dass sie nicht besonders viel von mir halten. Eine Kollegin hat mir einmal gesagt, meine Bastelarbeit sei hässlich, weil ich nicht genug auf die Arbeit der Kinder geachtet hätte, das fand ich ziemlich heftig. Unser Schulpräsident (nicht mein Vorgesetzter, er ist für administrative Sachen zuständig, hat aber eigentlich keine Macht über uns) hat mir mal in einer Konferenz meine Fehler alle vorgeworfen und wollte meinen Standpunkt nicht hören, worauf ich aber bestanden habe, heute erst hat er mir im Gang, in der Gegenwart einer Schulklasse und einer anderen Lehrerin gesagt, dass er finde ich sei unfähig und dumm. Eigentlich ist er der Einzige, der mir so etwas direkt vor den Latz knallt, an meinem Standpunkt ist er nicht interessiert und ich habe den Eindruck, die anderen wollen davon auch gar nichts wissen.

Eine Kollegin, die schon seit 30 Jahren dort arbeitet, ist seit 4 Wochen krank geschrieben. Heute hat sie mir erzählt, dass sie Depressionen hat, weil er sie seit Jahren mobbt. Sie ist nicht die einzige, die er fertig gemacht hat und ich bin wohl die nächste auf der Liste, denn zu allem Überfluss bin ich keine, die stillschweigend alles aussitzt. In der Situation schon, aber dann suche ich mir Hilfe - Ressourcenlehrer, Therapie, andere Lehrer, die mir praktische Tipps geben, Forum, ... Ich bin dabei mich zu informieren, wie ich aus der Schule wegkomme - leider ist nichts vorgesehen, ich werde wohl ausharren müssen, auch wenn ich nicht weiß, wie ich das packen soll.

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Beitrag Mo., 05.11.2012, 19:55

In anderen Worten; zu meiner eigenen Unfähigkeit, die durch die Belastung verschlimmert wird, sich durch ein bisschen Kooperation aber vielleicht schnell ausgleichen könnte (in meinen Praktika war ich immer gut, einmal hat es schwierig angefangen aber ich habe mit Hilfe der anderen versucht, alles zum Guten zu wenden und das wurde mir positiv anerkannt), kommt hinzu, dass ich innerhalb der Schule selbst niemanden habe, dem ich vertrauen kann, ich fühle mich die ganze Zeit unwohl, mir wird zunehmend schlecht, wenn ich an Schule denke, darüber spreche oder etwas darüber höre, fühle mich immer mehr verfolgt (habe FB gelöscht, benutze die prof. Mail nur noch wenn es sein muss, traue mich nicht mehr, über alles zu reden und wenn doch habe ich Angst, jemand bekommt es mit) und habe vor den letzten Ferien bereits zwei Tage gefehlt, weil ich nicht mehr konnte. Heute hat es wieder angefangen und ich habe schon Angst vor dem nächsten Tag, bin nur froh, wenn es vorbei ist... Und weiß jetzt, dass wir jemanden da haben, der von anderen gestützt wird (ist mit unserer tatsächlichen Vorgesetzten befreundet!), der andere in die Depression mobbt.

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Cat ist frei
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Beitrag Di., 15.01.2013, 15:52

Ich habe Ähnliches hinter mir, mit Hintergrund Gymnasiallehrerin. Wollte es nie machen, aber alle raten dazu, etwas Sicheres zu suchen. Es hätte mich beinahe umgebracht und ich habe schlussendlich aufgegeben. War die beste Entscheidung meines Lebens. Ich hätte es wissen müssen, dass das kein Job ist, mi dem ich klarkomme, dabei ist es lange gutgegangen. Aber das kann es nicht sein.
Praxisschock schön und gut - wer weiß, dass der Job nicht der richtige ist, der geht doch schon mit den schlimmsten Erwartungen ran. Praxisschock erleben eher die Idealisten.

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Ekel
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 16:13

wer rät denn heutzutage noch den menschen zum lehramt? Sicher soll das sein? Jetzt mal abgesehen davon dass es das kultusministerium niemals hinbekommen wird aus diese Bedarfs-pendel-falle zu kommen (mal werden händeringend lehrer gesucht und alles eingestellt was nicht bei 3 nein sagt und mal gibt es lehrer in hülle und fülle, sodass die hälfte aller absolventen das nachsehen hat) ist das doch einer derJobs mit den höchsten Belastungen. Man steht rechlich immer mit einem bein im knast, die ansprüche der eltern steigt stetig, die kinder fordern einen ebenfalls und unter den Kollegen sind zusammenbrüche unter den anforderungen keine seltenheit...

Also ich kann nicht verstehen wieso man heute noch jedem der es offensichtlich nicht will empfiehlt lehrer zu werden, das ist doch kein job in dem man fürs nichtstun bezahlt wird und mehr urlaub als jeder andere hat...

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sandrin
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 18:32

Amen!!!
Wenigstens einer, der die Realität begriffen hat. Genauso ist es nämlich.

Aber: Ich würd's immer wieder tun. Einfach, weil es meine Leidenschaft ist und ich die Arbeit mit den jungen Menschen liebe, auch wenn sie ab und an nervig sind . Man kriegt ja auch viel wieder zurück, dauert nur manchmal ein wenig.

Wenn ich aber einen kleinen Wunsch äußern dürfte: Ein wenig Zuspruch und Schulterklopfen von außen täte uns Lehrern manchmal gut. Weil wir hängen uns da echt rein und geben unser Herzblut. Ist aber echt ein Knochenjob.

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ENA
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 18:44

Warum im Knast?

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Cat ist frei
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 21:14

Ja, ich gebe allen Vorrednern Recht. Wohl dem, für den der Job ein Traumjob ist, und es ist toll, dass es Leute gibt, die das gerne machen. Und ja, es wird kaum anerkannt, was der Job bedeutet. Mich hat er kaputt gemacht, und dass obwohl ich kein Idealist war und sehr realistisch an die Sache rangegangen bin. Aber zuviel ist zuviel.
In der Tat aber rieten mir fast alle, in dem Job zu bleiben (ach so viele Vorteile und Sicherheiten). Die einzige Sicherheit war, dass ich mit Sicherheit nicht länger bleiben konnte, allem Geld zum Trotz.

Schulterklopf und Applaus für Sandrin

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sandrin
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 21:22

Applaus zurück, liebe Cat. Denn ich finde es beachtlich, wenn jemand so viel Mut aufbringt und die Reißleine zieht, wenn es nicht mehr geht. Hab ich übrigens auch mit meinem ersten Job gemacht, bevor ich dann auf die Lehramtsschiene gekommen bin.
Es ist so wichtig, dass man einen Job hat, der einem Spaß macht. Kein Geld der Wert kann es ausgleichen, wenn man in der Früh aufsteht und einem schon alles vergeht, wenn man an die Arbeit denkt. Eine solche Entscheidung, wie du sie getroffen hast, erfordert viel Stärke und Charakter. Super!

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Cat ist frei
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 22:38

oh vielen Dank! Nun, man sollte sich gut einschätzen können, finde ich. Toll, dass du auch dann den richtigen Weg für dich gefunden hast und dass es wirklich das ist, was du gerne machst. Ich finde es bewundernswert, denn der job ist sehr anstrengend, wenig anerkannt und es gibt kaum eine Trennung zwischen Job und Privatleben. Als Klassenlehrer noch schlimmer, also ich konnte es wirklich keinen Tag länger mehr machen. Und es stimmt, dass, sobald man den richtigen Job macht, man auch gerne so arbeitet. Wozu Trennung zwischen Privatleben und Arbeit, wenn die Arbeit so toll ist, dass sie sich nicht unbedingt wie Arbeit anfühlt. Dreh- und Angelpunkt ist dann eben doch der "richtige" Job, nicht der Aufwand, den er macht
Hoffe, es wird dir weiterhin Spaß machen; es fand es schon erschreckend, dass die Lehrerkalender voll waren von Anzeigen von Kurkliniken. Da stimmt allgemein etwas nicht, offenbar ist die Rate derer wie ich zu hoch für den Berufszweig.

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Rezna
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 22:52

Weia! Eine Ausbildung (zu einem Beruf) nur machen, weil das Umfeld es so möchte. Habe ich auch hinter mir, aber in einer anderen Branche. Ich war auch gehirngewaschen mit der Idee: Das muss man fertig machen. Das wäre ein krisensicherer Job. Man hört nicht mittendrin auf. Das ist doch ein guter Beruf...
usw.

Fakt aber auch war/ist: Wie in vielen Berufen trifft das auf die Vergangenheit zu, nicht aber die Gegenwart. Das ist der eine Punkt, aber der unwichtigere. Hätte mir das gefallen, wäre mir egal gewesen, ob der Beruf gute Chancen hat oder nicht.
Wichtiger war: Es war der für mich falsche Beruf. Das wusste ich vom ersten Tag an. Aber autoritäte Eltern und eine Dressur dahin, bis in den Tod folgsam zu sein, ließen mich fünf Jahre durch ziehen, mit Matura und allem. Am Schluß war ich Reif für den Friedhof, aber hauptsache ich habe die Ausbildung beendet und mein Umfeld war glücklich - auf meine Kosten. Sehr sinnvoll. Zumal dann erst die Probleme so richtig entstanden.

Ich habe nicht in dem Beruf gearbeitet (bzw. nur einen einzigen Tag, dann bin ich abgehauen und wusste: NIE, NIE, NIE, NIE... lieber sterbe ich.)

Hieß: Ich fing wo ganz anders ganz von vorne an. Meine Ausbildung war fürs Klo. ich arbeitete zunächst Hilfsarbeiterin, aber die Branche interessierte mich und ich arbeitete mich in Rekordzeit hoch.

Diese Doktrin: Was du machst, da musst du bleiben, komme was wolle, saß aber dennoch und hat mich später wieder in die Enge getrieben. Man lernt durch so eine Philosophie sehr gut, sich selber zu verraten, zu betrügen, eigene Bedürfnisse niederzutrampeln und innerlich ganz langsam zu verschwinden - bis man irgendwann ausbricht, krank wird oder völlig resigniert.

Wenn der Job wirklich nichts für dich ist, und nicht dieser "Praxisschock" (gute Bezeichnung), dann schau, dass du sehr schnell ausbrichst. Du ahnst schon, dass es den Kindern nicht gut tut, aber die sind nur am Rande betroffen: In erster Linie trifft es dich und macht dich kaputt. Was ist das Ziel einer solchen Aktion? Der totale Zusammenbruch, sodaß du auch keine Kraft mehr hast, das zu tun, das dir liegt? Wem wäre damit geholfen? Deinen Eltern?

Sicher, nicht jeder kann den Job machen, der einem Spaß machen würde, oft muss man einfach nur für das Geld arbeiten. Aber es sollte dann zumindest neutral sein, ein runterhobeln des Tages, aber keine Panik, Angst, Krise auslösen. Das geht doch nicht, und Dauerstrom zu stehen, das rächt sich. Schlechte Jobs die weniger weh tun gibt es genug. Und sind gesünder. Ideal wäre freilich ein Traumberuf, aber man sollte in der Hoffnung darauf nicht in der Hölle verweilen. Wüsten reichen.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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Cat ist frei
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 23:01

Kann ich zu 100% unterschreiben!

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Ekel
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Beitrag Do., 17.01.2013, 11:27

@Sandrin: Wenn schon keiner von aussen auf die schultern klopft müssen wir uns eben gegenseitig bedauern und aufmuntern. Bin zwar kein lehrer aber ich kann dir sagen, dass sozialarbeiter auch nicht grad ein angesehener beruf ist und zudem noch schlechter bezahlt wird (als ob ich nicht auch genauso lang studiert hätte) und hinzu komt, dass viele null verständniss dafür haben, denn die meisten denken, das bisschen reden kann jeder mit herz machen dazu gibt es doch ehrenamtliche tätigkeiten und die anderen akademiker belächeln uns immer ein wenig, weil so ein richtiges studium ist das ja nicht und nen doktor gibst da ja auch nicht usw...

also respekt für dich dass du das machst und mich wundert es nicht dass du es gern tust, denn ansosnten wärste ud es längst nicht mehr...

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Cat ist frei
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Beitrag Do., 17.01.2013, 11:47

@Ekel: allerdings, das ist auch ein sehr tougher Job

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