Soziale Isolation - Fluch oder Segen?

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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carö
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 16:57

und dass sich niemand für dein persönliches leben interessiert, ist für dich erstrebenswert lingaroni und gibt dir ein gefühl von freiheit und autonomie?
verstehe ich das richtig ?
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Katzenauge
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 17:01

lingaroni hat geschrieben: Die sogenannten Netzwerker haben ja folgende Philosophie: Es sei günstig in ein soziales Netzwerk eingebunden zu sein, denn wenn irgendwelche Intriganten einem das leben ruinieren wollen, dann hätte man sonst keine Fürsprecher.
Ich habe auch ein wenig mit Netzwerkern zu tun, aber dieses Argument habe ich noch nie gehört.

Ausserdem - wenn man keine sozialen Kontakte hat, wer sollte dann noch eine schlechte Meinung haben?

Ich könnte so nicht leben, aber wenn man mit dieser Lebensweise glücklich und zufrieden ist und die Isolation nicht nur eine Vermeidungsstrategie ist - wieso nicht?

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Katzenauge
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 17:05

Aber, was mir noch einfällt - du bist doch auch hier unterwegs, also hast du doch soziale Kontakte. Sie sind zwar nicht persönlicher Natur, aber mir 711 Beiträgen bist du hier keine Unbekannte mehr. Und vielleicht bist du ja auch noch woanders im Internet unterwegs.

Also stimmt es eigentlich nicht, dass du keine sozialen Kontakte hast.


montagne
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 17:16

Die sogenannten Netzwerker haben ja folgende Philosophie: Es sei günstig in ein soziales Netzwerk eingebunden zu sein, denn wenn irgendwelche Intriganten einem das leben ruinieren wollen, dann hätte man sonst keine Fürsprecher.

Und bei aller Neigung zur Isolation: DIESES Argument hat etwas. Was meint Ihr?
Dieses Argument ist ja eines der schlechtesten. Hätte man keine sonstigen Kontakte, gäbs auch niemanden, der einen Anlas finden könnte gegen einen zu intrigieren.

Dennoch stört mich etwas die Doppelmoral an der von dir definierten Isolation: Von der Gesellschaft nehmen (Arge, Weiterbildung, Sportstudio, Supermarkt) und sonst überheblich auf sie pfeiffen?

Und nochmal die Frage: Wenn soziale Isolation so erstrebenswert ist für dich, warum interessiert dich dann hier die Meinung anderer Menschen? Warum dann überhaupt im Inet unterwegs sein?
Oder ist es bei dir doch nur ein glorifizieren, eines eigentlich unliebsamen, aber als unabänderlich wahrgenommenen Zustandes?

Ich jedenfalls kann mich dieser Definition von sozialer Isolation nicht anschließen: Weiterbildung, Sportstudio, Einkaufen, zu Ärzten wirst du wohl auch dann und wann gehen. Das ist das gewöhnliche leben, das viele Singles in der Großstadt führen. Etwas dürftig und traurig für meinen persönlichen Geschmack, aber das ist eben wahrlich Ansichtssache. (Für mich persönlich muss das Maß an beidem Stimmen. Allein sein und Kontakt haben.)
amor fati

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stern
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 17:35

Für die anderen ist soziale Isolation ein Zeichen von Gesundheit, innerer Autonomie und die Konsequenzen sind Unabhängigkeit und mehr Sponaneität und Lebensfreude. (Auch meine Haltung)
Na, wenn es das ist, was glücklich bzw. zufrieden macht und als erfüllend erlebt wird und den eigenen Bedürfnissen entspricht... als freiwillig gewähltes Lebensmodell, warum nicht?

Negativ empfinden wohl Menschen eine Isolation, wenn sie soziale Bedürfnisse haben (z.B. nach Kontakt, Austausch, Liebe, Freundschaft, Zugehörigkeit, Akzeptanz, Unterstützung, Sexualität gehört vermutlich auch eingereiht etc.), die sie aber nicht befriedigen können (z.B. aufgrund von Ängste, Schüchternheit, Unsicherheit etc. pp.) oder unter Einsamkeit leiden, aber keine zufriendenstellende Kontakte knüpfen können. Das hat dann auch nicht wirklich viel mit einem freiwillig gelebten Lebensmodell zu tun. Eine destruktive Abhängigkeit ist auch nicht zwangsweise Folge von Beziehungen (Hast du davor Angst, weil dir Autonomie sehr wichtig erscheint?) Denn es ist ja wichtig, trotz Beziehung für sich einzustehen zu können bzw. best. Freiräume zu wahren... also eine gute Balance zwischen Autonomie und Sich-Einlassen. Die meisten Menschen, denke ich, haben beide Bedürfnisse (Zugehörigkeit/Kontakt und Autonomie), um sich zufriedenen zu fühlen, und nicht nur eines davon... mich inklusive. Klar kann man im geringern Umfang auch soz. Bedürfnisse an der Supermarktkasse um die Ecke erfüllen (z.B. small-talk mit der Kassierin). Aber das reicht nicht jedem, dann fehlt vielmehr etwas... viele Menschen wollen sich auch tiefergehend z.B. mit einem Freund/in unterhalten. Wie sieht es bei dir mit dem Wunsch nach Freundschaften aus? Gar nicht vorhanden?
Die sogenannten Netzwerker haben ja folgende Philosophie: Es sei günstig in ein soziales Netzwerk eingebunden zu sein, ..., dann hätte man sonst keine Fürsprecher.
Wenn ich jetzt mal soziales Netzwerk in Freundschaft uminterpretiere (ist ja auch ein Netzwerk)... und Fürsprecher in Zusammenhalt/Zugehörigkeit/Verständnis/Schutz/Halt uminterpretiere (die annäherungsweise in die Richtung gehen) so wären das in der Tat soz. Bedürfnisse, die manchen Menschen wichtig sind (das mit den Intriganten habe ich jetzt mal raus gelöscht). Bei dir besteht keine Sehnsucht danach?

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(V)
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 17:58

lingaroni hat geschrieben: Die sogenannten Netzwerker haben ja folgende Philosophie: Es sei günstig in ein soziales Netzwerk eingebunden zu sein, denn wenn irgendwelche Intriganten einem das leben ruinieren wollen, dann hätte man sonst keine Fürsprecher.
Das finde ich nun wiederum wiedersprüchlich. Denn wenn man kein soziales Netzwerk hat, niemand sich irgendwo einmischen kann, niemand was über einen weiß... dann kann einem auch niemand das Leben ruinieren und man braucht keinen Fürsprecher!

Was du weiter vorne als "spontane Aktivitäten ohne Rechenschaft ablegen zu müssen" bezeichnet hast... ich glaube, da liegt irgendwo der Knackpunkt verborgen. Denn selbst wenn man Freunde hat, kann man trotzdem machen, was man möchte, muss sich weder rechtfertigen, noch erklären noch zu irgendwas verpflichten. Es sei denn man hat ein Abgrenzungs- oder Sozialkompetenzproblem und/oder die falschen Freunde.
Wie kommst du darauf, dass du all die von dir genannten Dinge NICHT tun könntest, wenn man Freunde hat? Wie kommt es, dass du es als solcherlei einschränkend und Pflicht erlebst? Man kann doch Freunde haben und TROTZDEM, wenn man will, alleine ein Buch lesen, spazieren gehen, inlineskaten...? Das ist doch kein Widerspruch.

Besondere Betonung liegt meines Erachtens auf der Ausnahme "Arbeitsumfeld". Denn ein Arbeitsplatz, sprich: Geld, ist für die Erfüllung von Freizeitwünschen und Spontantität unabdingbar. Die Freiheit, von der zu sprichst, muss man sich halt auch erstmal ERKAUFEN, indem man sich dem sozialen Gefüge Arbeitsplatz (und dem System) unterwirft. Was in dem Sinne ein Paradox ist, weil man ja doch wieder vom wem/jemand anderem abhängig ist, und der Spontantität akute Schranken gesetzt sind.

Gehüpft wie gesprungen. Wenn dich spontan das Bedürfnis nach einem Kurztripp oder Wanderung überkommt, scheint es für dich das kleinere Übel zu sein mit Arbeitskollegen und Chefs um Überstunden, Urlaubstage, früher Nachhause-Gehen zu feilschen als zu einem Bekannten zu sagen: Du, ich hab keine Lust, ich hab was anderes vor? Oder verstehe ich das falsch? Man ist doch von der Arbeitswelt und Chefs wesentlich abhängiger und eingeschränkter als durch Bekannte und Freunde.

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lingaroni
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 18:34

an alle
danke mal für alle beiträge. ich fasse einmal für mich zusammen:

insgesamt denke ich, ist gar nicht so klar, wann soziale isolation beginnt. einzige zählen sogar internet posten zu den sozialen kontakten.

soziale isolation scheint für keinen ein problem zu sein, solange jemand sich dabei nicht einsam fühlt.

eine objektive gefährdung (zB erhöhte armutsgefährdung) scheint hier eher nicht als gegeben gesehen zu werden.

LG

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Rezna
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Beitrag Fr., 18.02.2011, 19:49

Nun, "Isolation" ist ja auch ein Schutz, wenn man Verwendungszwecke wie Strom, Kälte, Wasser... mitein bezieht. Insofern kann darin schon etwas Gewolltes sein. Man sagt ja auch, dass "sich jemand isoliert". Ich denke, in den allermeisten Fällen hat das tatsächlich auch etwas mit Schutz zu tun. Soziale Kontakte sind nicht immer erfreulich, pisitiv, kraftspendend... sondern können durchaus auch gefährlich sein, zehrend, zermürbend, auslaugend.

Wir sind wohl soziale Wesen, haben aber auch einen Verstand, der uns erlaubt, sich gegen das soziale Dogma zu stellen und dank verschiedener Fähigkeiten dennoch zu überleben. Das haben manche Tiere die auf soziale Netzwerke angewiesen sind nicht - die verrecken zwangsläufig.

Ich würde nich so weit gehen, zwischen den Extremen "Fluch" und "Segen" zu unterscheiden, wenngleich ich deine Fragestellung verstehe. Es kann beides zugleich sein. In einer Welt voller Doppelbindungen sind auch die Versuche, daraus ausuzsteigen zwiespältig. Die Alternative zur sozialen Isolation wäre in den meisten Fällen wohl, "die richtigen" sozialen Kontakte. Aber die gibt es nicht. Manche können mit dem Mangel besser leben als andere. Manche ertragen halbe Sachen weniger gut. Soziale Interaktion bedeutet oftmals auch, sich anpassen müssen, reduzieren müssen...

"Isolation" betrachte ich nicht zwangsläufig negativ besetzt.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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lingaroni
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Beitrag Sa., 19.02.2011, 08:23

Hallo arta.

ich denke dabei auch an die hochbegabten und dabei an die under achiever. die fühlen sich oft wie ein alien in dieser welt und erleben es oft als äußerst frustrierend ständig von "dummheit" umgeben zu sein.

lg


PS: zu "doppelbindungen". was heißt da doppelt (ich kenne diesen fachbegriff), das sind mehrfach- bis unendliche chaosbindungen.

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mitsuko
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Beitrag Sa., 19.02.2011, 10:45

lingaroni hat geschrieben: da man alles macht, ohne sich vorher zu verabreden erhöht das natürlich die spontanen möglichkeiten (beispiele: lesen, wandern, inlineskaten, basteln, häkeln, fachliteratur studieren, laufen, fitnesscenter, shopping);
alle diese aktivitäten machen freude;
Na ja sicher. Aber all diese Aktivitäten kann auch jeder, der nicht sozial isoliert ist, spontan betreiben. Alles was man alleine tut, kann jeder machen, wann er will und wie er will, wenn er möchte auch ohne anderen davon zu erzählen. Ich zumindest mache alles davon mehr oder weniger häufig alleine, außer Fitnesscenter, Inlineskates und Häkeln, weils mich nicht interessiert. Dennoch bin ich nicht sozial isoliert.
lingaroni hat geschrieben: einzige zählen sogar internet posten zu den sozialen kontakten.
Sind es sellbstverständlich auch, was denn sonst? Allerdings imo völlig eingeschränkte, distanziert und entschärft. Jedenfalls erscheint es mir schon ein Stück weit unlogisch, dass jemand, der soziale Kontakte nicht will und nicht braucht, überhaupt den Austausch mit anderen sucht, im Internet oder sonstwo. Kannst du benennnen, weshalb genau dich die Meinung von anderen zu der Thematik eigentlich interessiert? Ich frage mich auch, ob es so jemandem wie dir dann zum Beispiel gleich wäre, ob hier viele Antworten kommen oder gar keine oder welcher Art die Antworten sind. Sagen wir, es kommen Antworten, die du als einigermaßen reflektiert empfindest oder pointiert oder die dir einen neuen Blickwinkel als deinen eröffnen, findest du das dann spannend oder ist es dir komplett egal? Gibt es nichts, was du an dem Austausch mit anderen schätzen kannst?

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lingaroni
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Beitrag Sa., 19.02.2011, 17:27

Hallo an alle,

so, jetzt habe ich es. ihr habt mir wirklich viel geholfen, klarheit zu finden:

ich verwechselte innere autonomie mit sozialer isolation.

Danke, ihr seid wieder großartig gewesen!

LG

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