Sprachunterricht für Kinder - Ideen gesucht

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Widow
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Beitrag Di., 24.03.2015, 23:41

Liebe Solage,

die "Kleinen" beglücken sich ganz allein schon ganz wunderbar (wenn nötig, mit so ein bisschen Strahlen auf dem Lehrerinnen-Gesicht). Die können das, noch.

Der Pubertist - altergemäß - rollt da manchmal mit den Augen. Klar. Deshalb meine Überlegung, ihm als Anerkennung seines Zurücksteckens eine winzigkleine besondere Freude zu machen.

"Jemandem eine Freude bereiten" oder gar "sich gegenseitig eine Freude bereiten" ist SPRACHLICH VIEL ZU KOMPLIZIERT (die Kids lernen gerade seit einem Jahr auch Englisch - und: Es sind Kinder, sie sind also mit ziemlicher Sicherheit auch in ihrer Muttersprache noch nicht ganz firm ...).
Da können sich in meinem Unterricht diese Kinder nichts "überlegen".
Verstehst Du? - Stell Dir einfach vor, Du würdest seit einem Monat Russisch lernen (inklusive völlig anderer Schrift ...).

Erkläre übrigens mal jemandem, der Deiner Sprache nicht mächtig ist, das Verb "sich etwas überlegen" (und bitte: ohne Übersetzungmöglichkeit ins Englische, Französische, Italienische: Die ist nicht vorhanden).
- Vielleicht erklärt dieses Beispiel Einiges.

(Ich hatte in meiner Zusatzqualifizierung zur DaZ-Lehrkraft ganz am Anfang eine Stunde Vietnamesisch-Unterricht. - ... - ??? !!! ??? & Blut&Wasser&Null-Idee & sehr viel Spaß
Das war äußerst lehrreich, was Sprachunterricht angeht.)

Übrigens: Alle kann man nie beglücken, davon bin ich (nach über 15 Jahren als Dozentin in anderen Kontexten) überzeugt.
Es gibt in der Gruppe ein Mädchen, ein ätherisches Wesen, blass und rotblond und blauen Augs - so blau und durchsichtig wie blaue Lippen -, das heute
ja was?
weiß ich nicht, ich kenne mich in Entwicklungspsychologie nicht aus, kann nicht sagen, ob das "normal" war, altersgemäß etc.
sie hat - nichts: nichts gesagt, hatte irgendwelchen Ärger mit einer kleinen Ich-wickel-alle-um-den-Finger(und wenn nicht, dann stänker' ich gehörig und penetrant [was sie dann auch tat])-Dame,
und hat nichts mehr sagen können, sich dann halberstickt mehrfach versprochen [keine Bange, ich ließ das Kind in Ruh und sich Zeit holen und Luft].
Mir wurde klapprig in den Knie, wie das ätherische Mädchen da so saß und fischig blickte. Also ging ich in die Knie
und sah auch die andere, die penetrante Stänkerin&Haare-und-anderes-um-den-Finger-Wicklerin, die ihr zur Linken saß
und wurde mir sehr unsicher, wer da eigentlich wen massiv gedisst hatte ...

Dass jedenfalls eins das andere übel angegangen war, war klar.
Gegen die Wicklerin, die penetrante, spricht, dass es danach auch Ärger mit ihrem Nachbarn rechterhand gab.

Ich will das also im Auge behalten - find's sehr interessant:
Psychen in einem noch relativ frühen Entwicklungsstadium, noch ist da sehr vieles flexibel - und vor allem: ganz viel nicht von Klischees (und auch nicht von Sondererscheinungen) beeinflusst.
Und wer weiß, vielleicht verteilt sich zwischen den beiden Mädchen "Schuld" und "Unschuld" ja anders, als es im Moment den Anschein hat.


Und: Nein.
Mein Hauptberuf, der ist ein anderer.
Und das ist gut so!

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Solage
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Beitrag Mi., 25.03.2015, 21:46

Ja liebe Widow, ich verstehe.
Danke für Deine Erläuterungen.

Dem Jungen ein kleine Freude bereiten: Vielleicht ein kleines Wappen Deiner Stadt, als Symbol und Erinnerung?
Z. B. als Anstecknadel. Meine Jungs haben mal Wappen aus verschiedenen Städten gesammelt. Vielleicht mag er es ja auch...????

Zu den Mädels: Die sind wohl augenscheinlich sehr unterschiedlich. Das allein kann schon ausreichen. Geht Erwachsenen ja auch oft so, dass das Anderssein allein schon genügt.....

Oder auch um den Kampf um Zuwendung und Aufmerksamkeit. Die Einen bekommen sie geschenkt, die Anderen müssen sie sich hart erkämpfen.
Ob da jetzt "Schuld" und "Unschuld" eine Rolle spielt...oder einfach nur das Wesen einer Person, die einfach so ist wie sie ist...?


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Widow
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Beitrag So., 29.03.2015, 01:29

Abschlussbericht:

Beim zweiten Termin am Freitag waren die Kids ganz da und es herrschte auch kein Zwist unter ihnen.
Heute, am dritten und letzten Termin, sagte mir die russische Lehrerin zur Begrüßung, dass die Kinder erschöpft seien. Das hat mich jetzt nicht so gewundert: Gestern erzählten die Kinder, wo sie schon überall gewesen waren - ein vollkommen irres Besuchsprogramm!
Einer der Jungs steht immer auf, wenn ich ihn etwas frage - so ziehen sie alle auch diese Klassenfahrt durch ...
Und heute waren die Kids dann auch überwiegend schlecht drauf, schon auf meine anfängliche Frage antworteten viele, dass es ihnen schlecht gehe.
Es war laut, es war latent aggressiv, es war
- wohl das, was "richtige" LehrerInnen tagtäglich im Schulunterricht erleben.

Irgendwann sagte ich "Shhhhhhh! Ich habe ein Problem! - - - Ihr seid LAUT! Ich habe Kopfweh. Könnt ihr bitte ein bisschen leiser sein?"
Ich habe sie erreicht.

~ ~ ~

Für mich war dieser Unterreicht eine Erfahrung, wie ich sie noch nie gemacht habe. Doch um ehrlich zu sein: Ich hätte diese Erfahrung nicht "gebraucht". (Und ich werde sie wohl schon allein deshalb nicht noch einmal machen, weil mich diese dreimal 90 Minuten Unterricht so irrsinnig viel Vorbereitungszeit gekostet haben.)
Vielleicht wäre mein Fazit anders ausgefallen, wenn die Kids heute besser drauf gewesen wären. Doch ich glaube das nicht wirklich.
In diese Kindergesichter zu gucken - vor allem in die zwei, drei, die so glänzten vor Wissenslust -, das war einerseits ein ganz großes Geschenk, doch andererseits war es auch eine einzige offene Wunde: Was wird von diesen Gesichtern, und erstrecht von diesem Glanz in fünf, in zehn, in zwanzig Jahren noch sein?


Ich war froh, dass der kleine Junge, der immer aufstand, wenn ich ihn etwas fragte, heute auf seinem Stuhl sitzen geblieben ist; und ich habe mich darüber gefreut, dass er mir heute endlich in die Augen sehen konnte; und ich habe mich gefragt (und frage mich noch), was er erlebt hat, das ihn bislang an diesem offenen Blick, an diesem klaren Schauen so hindert (und mich schaudert vor all den möglichen Antworten).

Und nun kann ich mit russischen Kühlschrank-Magneten und russischen Pralinen handeln gehen.

- Alle, die mir hier dankenswerterweise mit einem Tipp weiterhelfen wollten, haben einen dieser Magneten, eine dieser Pralinen, die die Kinder mir heute geschenkt haben, verdient.
Ich danke Euch nochmals sehr herzlich!
Widow


LynnCard
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Beitrag Di., 31.03.2015, 04:13

Widow hat geschrieben:Für mich war dieser Unterreicht eine Erfahrung, wie ich sie noch nie gemacht habe. Doch um ehrlich zu sein: Ich hätte diese Erfahrung nicht "gebraucht". (Und ich werde sie wohl schon allein deshalb nicht noch einmal machen, weil mich diese dreimal 90 Minuten Unterricht so irrsinnig viel Vorbereitungszeit gekostet haben.)
Vielleicht wäre mein Fazit anders ausgefallen, wenn die Kids heute besser drauf gewesen wären. Doch ich glaube das nicht wirklich.
Diese Bilanz habe ich auch schon oft gezogen mit denselben Argumenten, wo ich mich auch so reinkniete. Aber irgendwie war es doch gut, diese Erfahrungen gemacht zu haben. Es muss nicht mehr sein, aber es war gut.

Vielleicht denkst Du später auch so. Irgendeinen Mehrwert wird es Dir wahrscheinlich schon bringen für spätere Projekte. Und wenn es auch einfach die Selbstwirksamkeit ist, die Du in dieser Zeit auf sehr schöne Weise erfahren hast, wo Du von diesen Kindern wahrgenommen wurdest als Bezugsperson, denn Du hast sie erreicht. Das bleibt in ihnen haften, auch wenn sie Deinen Namen vielleicht vergessen. Aber gerade Ausland- und Sprachaufenthalte werden besonders deutlich erinnert. Alles, was damit zusammenhängt. Vielleicht wird eines der Kinder einmal GermanistIn oder DolmetscherIn, weil es bei Dir so schön war.
LG Lynn

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Widow
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Beitrag Di., 31.03.2015, 21:29

LynnCard hat geschrieben:Aber irgendwie war es doch gut, diese Erfahrungen gemacht zu haben. Es muss nicht mehr sein, aber es war gut.

Vielleicht denkst Du später auch so. Irgendeinen Mehrwert wird es Dir wahrscheinlich schon bringen für spätere Projekte. Und wenn es auch einfach die Selbstwirksamkeit ist, die Du in dieser Zeit auf sehr schöne Weise erfahren hast, wo Du von diesen Kindern wahrgenommen wurdest als Bezugsperson, denn Du hast sie erreicht. Das bleibt in ihnen haften
Darf ich Dir ein paar Fragen stellen, LynnCard? - Du musst sie natürlich nicht beantworten!

Warum gehst Du davon aus, dass ich später so denken werde, wie Du nach ähnlichen Erfahrungen offenbar gedacht hast?
Warum gehst Du davon aus, dass ich "spätere Projekte" haben werde, für die diese - dann von mir Deiner Meinung nach positiv bewerteten, jetzt gemachten - Erfahrungen von Bedeutung sein werden?
Was meinst Du mit dem Begriff "Selbstwirksamkeit"?

Bezogen auf diese Gruppe russischer Kinder, die ich nun viereinhalb Stunden bzw. 270 Minuten 'unterrichtet' habe und die seit heute wieder zu Hause sind, bleibt an denen vielleicht ein Stück Berlin haften, mit Sicherheit all der Stress, den sie miteinander und mit ihren Begleitpersonen hatten (von denen ich in gewisser Weise auch eine war) - und das ist's dann auch im Wesentlichen.
Weißt Du, ich mag diese Romantisierungen des Kinder-Schul-Bereichs nicht.

Und ich knabbere an Deinem Begriff von der "Selbstwirksamkeit".
Diese dreimal 90 Minuten Unterricht haben für mich persönlich bedeutet:
eine Rolle einzunehmen, eine Maske aufzusetzen, irre viel Arbeit zu haben, die kurzfristig erforderlich waren, aber nachhaltig von null Wert.

Und auch auf die Gefahr hin, dass Du das ernst gemeint hast: Ich finde es entweder weltfremd oder zynisch, mir zu schreiben, dass ein Ergebnis sein könne, dass eins der Kinder vielleicht Germanistik studieren werde.

Sorry, ich habe 15 Jahre lang Germanistik an der Uni unterrichtet. Ich bin da ziemlich geerdet.

Und seitdem mein Liebster durch eine Krebskrankheit und durch Ärzte-Wahnsinn und durch mein Versagen krepiert ist, weiß ich, wie "wirksam" ich selbst bin ...

(UND: Klar, jetzt kommt wieder all das Blah&Blub à la: "Nee-nee-nee, aper soooo doch nich!!! Da hast du doch was gaahaaaanz falsch verstanden!"
Nein. Ich habe da nichts falsch verstanden. Ich habe es gelebt.) Aber das ist OT.
Und dieser Thread hier ist ja ohnehin eigentlich beendet.

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krausebaum
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Beitrag Do., 02.04.2015, 08:21

deine Theorie klingt sehr interessant, ich würde mich freuen, wenn du mal mitteilst, inwieweit das funktioniert hat


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Widow
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Beitrag Sa., 04.04.2015, 22:46

@ krausebaum, sorry, ich hab eben erst mitbekommen, dass hier nochmals geschrieben wurde (für mich ist der Thread beendet).
Und abermals sorry, aber ich weiß nicht, was von dem, was ich geschrieben habe, für Dich eine, wie Du schreibst, "Theorie" ist. (Ich habe das, was ich hier schrieb, gelebt.)
Und so weiß ich auch nicht, was Du da genauer erläutert haben möchtest. (Und ich fürchte, dass ich das dann nicht kann, selbst wenn Du mir erklärst, was ich da erläutern soll.)
w


LynnCard
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Beiträge: 529

Beitrag So., 05.04.2015, 15:14

Widow hat geschrieben:Warum gehst Du davon aus, dass ich später so denken werde, wie Du nach ähnlichen Erfahrungen offenbar gedacht hast?
Warum gehst Du davon aus, dass ich "spätere Projekte" haben werde, für die diese - dann von mir Deiner Meinung nach positiv bewerteten, jetzt gemachten - Erfahrungen von Bedeutung sein werden?
Was meinst Du mit dem Begriff "Selbstwirksamkeit"?
Liebe Widow

Ich weiß nicht, was da gerade für ein "Film" bei Dir ablief, aber wenn Du auf die Leute "da draußen", die womöglich ähnlich wie ich etwas Freundliches als Vielleicht zu Dir sagen, so grob angehst (vermutlich fallen die Hemmungen eher als anonyme Person wie hier), dann wirst Du wahrscheinlich nicht immer so viel Verständnis erhalten, wie ich es Dir gegenüber empfinde (das tue ich, aber ich finde Dein Verhalten mir gegenüber nicht korrekt). Mehr möchte ich dazu nicht sagen, weil bei Dir wirklich jedes Wort falsch zu sein scheint. Sorry. Es tut mir Leid, dass ich Dir nicht genüge. Aber ich möchte authentisch bleiben und sagen, was ich denke. In diesem Thread kamst Du mir vernünftig vor, deshalb "wagte" ich es, etwas zu schreiben. Das werde ich in Zukunft unterlassen. Bye.
LG Lynn

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