Wie wirklich ist die Wirklichkeit? -Definitionsmacht II

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sandrin
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Beitrag Di., 15.10.2013, 17:23

Ich möchte kurz einwerfen, dass ich das, was Jenny schrieb, nur unterstreichen kann. Jenny, du hast das sehr gut auf den Punkt gebracht, und das auf eine sehr realistische und nüchterne Weise. Denn genauso ist es, man muss nach wie vor auf der Hut sein. Auch ich kann sagen, dass ich die zweite Therapie unter ganz anderen Vorzeichen angefangen habe. Und auch jetzt merke ich, dass ich viel realistischer bin. Ich habe mich von meinen Idealisierungen, die ich trotz aller Abwehr dennoch immer hatte, verabschiedet. Mir ist klar, was ich von meinem Therapeuten erwarten kann und was nicht. Und dann ist es an mir zu entscheiden, ob ich damit leben kann oder nicht. Aber ich bin kein willenloser Spielball mehr. Und das ist toll!

Dass die Tatsache, dass die Patientenrechte endlich gestärkt werden. Das, was im Bereich Psychotherapie bisher möglich war, wäre im somatischen Bereich oft undenkbar!

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:00

@ concerto
Bist du für dich selber, für dein in dir Zerstörtes, jemals in einen Trauerprozess eingestiegen?
Das ist von dem enormen Ausmaß an Zerstörung kaum möglich.
Die schlimmsten negativen Auswirkungen hatte für mich die Therapie von 1998 bis 2002.
Vorher hatte ich auch negative Therapieerfahrungen. Aber in diesen Therapien gab es entweder noch etwas Positives neben dem Negativen, so dass mir diese Therapien schadeten und halfen. In einem anderen Fall hat die Therapeutin nach Therapieende privaten Kontakt zu mir aufgenommen und sich bei mir entschuldigt und offen eingeräumt, dass sie im Nachhinein denkt, dass sie bei mir fehldiagnostiziert hat und mich falsch behandelt hat. Mit diesen negativen Erfahrungen konnte ich relativ gut umgehen, weil die Therapeuten eigene Schwächen und Fehler zugeben konnten.
Aber was von 1998 bis 2002 zerstört wurde, kann ich kaum auflisten. Zuerst starb meine Mutter. Ihr Tod war der Grund für meinen Therapiebeginn. Die Therapie schadete mir so sehr, dass ich all meine Freunde verlor, mein Studium abbrechen musste, meine Beziehung zerbrach. Ich ging eine neue Beziehung ein. Sie (bin lesbisch) verstarb qualvoll an Krebs. Dann setzte mich die Therapeutin ohne Abschiedsgespräch von eine Minute auf die nächste vor die Türe. Dann nahm ich wieder Kontakt zu meinem Vater auf, den ich 14 Jahre lang nicht mehr gesehen hatte, weil Therapeuten die Beziehung zu ihm zerstört haben. Neun Tage, nachdem ich meinen Vater endlich wieder hatte, verstarb er auch noch. Diese Auflistung ist bei Weitem nicht vollständig.
Einige dieser Verluste konnte ich in meinen beiden Folgetherapien bearbeiten. So half mir z.B, eine Thera dabei, dass ich nach 6 Jahren Exmatrikulation meinen Studiumsplatz zurückbekomme. Ich war überglücklich, als ich diesen wieder hatte. Die andere halb mir dabei, den Tod meiner Mutter zu verarbeiten. Aber es sind bei Weitem noch nicht alle Verluste bearbeitet, und das wird mir in den letzten Wochen zunehmend bewusster.
Ich beginne darunter zu leiden, dass ich keine Gefühle wie Liebe mehr empfinden kann, also Gefühle, die über Sympathie und "ich mag dich" und "ich freue mich dich zu sehen" hinausgehen. Bis jetzt hat es mich nicht gestört, weil mich diese Distanz geschützt hat. Aber jetzt ändert sich etwas in mir. So langsam entsteht das Bedürfnisse, wieder lieben zu können. Doch ich kann es nicht mehr.
Ich werde mir in der nächsten Zeit Gedanken machen, wie es weiter gehen könnte.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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sandrin
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:05

sandrin hat geschrieben: Dass die Tatsache, dass die Patientenrechte endlich gestärkt werden. Das, was im Bereich Psychotherapie bisher möglich war, wäre im somatischen Bereich oft undenkbar!
Oh man, der Schnupfen legt wohl mein Gehirn lahm . Ich meinte natürlich, dass ich die Tatsache, dass Patientenrechte gestärkt werden, gut finde.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:09

Oh man, der Schnupfen legt wohl mein Gehirn lahm
Ach du warst das, die mich angesteckt hat
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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sandrin
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:11

Tja, das ist jetzt die Frage.

Ich hab schon gelesen, dir geht es auch nicht gut. Bei mir immer noch Kopf dicht und dann dieser elende Reizhusten. Zum Mäusemelken. Ich kann keine Hustenbonbons mehr sehen!!!!

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Solage
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:12

Jenny Doe hat geschrieben:Hallo Solage,

Hallo Jenny Doe,

Danke für Deine Antwort. Grippe hoffentlich wieder besser?
Hmmm, .. ich glaube nicht, dass sich da bei mir etwas von alleine ändern wird. Die schlimme Therapieerfahrungen sind bei mir nun 8 Jahre her. Ich fühle mich immer noch innerlich wie Stein. Ich habe sehr nette Freunde und genieße auch die Zeit mit ihnen, ich lache mit ihnen, bin offen, gehe auf andere zu, ... doch ich investiere nicht wirklich Gefühle. Menschen sind für mich zu etwas geworden, was mich nicht mehr verletzen kann.


Das hört sich sehr traurig an.
Wenn Du keine wirklichen Gefühle für andere Menschen mehr entwickeln kannst, dann machst Du ja Dein Herz zu, so dass es (den Stein) auch keiner erwärmen kann. Das Vertrauen ist dahin. Eine korrigierende Erfahrung ist dann nicht mehr möglich. Aber es kann Dich eben auch keiner mehr verletzen. Dieser Selbstschutz ist vielleicht nötig. Dass Menschen auch zu "etwas" für Dich geworden sind, ist schrecklich. Hoffentlich aber nicht für immer. Es kann doch nicht sein, dass so eine "Therapie" nicht nur Deine Vergangenheit zerstört hat, sondern Dir auch noch Deine ganze Zukunft verbaut. Das macht mich wütend. Solche Therapien sind nicht nur Körperverletzung, sondern auch Verletzung der Seele.
Ich fühle mich auch immer noch total verwundet. Wie ein angeschossenes Tier, dem die Kugel immer noch im Körper steckt. Aber keiner kann sie entfernen.

Wenn ich stabiler bin, dann werde ich mich vielleicht wirklich intensiver für Opfer von Therapieschäden einsetzen. Irgendwas muss ich machen. Spüre gerade, dass ich emotional etwas überfordert bin, kocht alles hoch.

Jenny Doe
Dir alles Gute
Solage


Jenny Doe
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:26

@ Solage
Spüre gerade, dass ich emotional etwas überfordert bin, kocht alles hoch.
Pass auf dich auf. Und geh auf Abstand, wenn du merkst, dass dir etwas nicht gut tut.

@ sandrin
Bei mir immer noch Kopf dicht und dann dieser elende Reizhusten. Zum Mäusemelken. Ich kann keine Hustenbonbons mehr sehen!!!!
Genau wie bei mir, seit nun 3 Wochen. Ein Profi-Tipp: Häufiger die Sorte der Hustenbonbons wechseln
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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sandrin
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Beitrag Di., 15.10.2013, 20:45

Ich hab ja schon drei Sorten! Plus Lutschtabletten. Aber es hilft nichts.

Das mit den drei Wochen klingt ja beängstigend.

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concerto
Helferlein
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Beitrag Di., 15.10.2013, 22:44

So langsam entsteht das Bedürfnisse, wieder lieben zu können. Doch ich kann es nicht mehr.
Ich weiß, das klingt sch*****, wenn ich schreibe, es ist Denken, nicht mehr zu können.

Ist aber nicht deins gewertet, ist nur, dass ich glaube, dass Wollen die erste Meldung aus weitaus tieferen Gefilden ist als den begreifbaren, wie die ersten Tropfen aus einer Quelle. Irgendwann werden es so viele sein, dass leises Können daraus wird, und irgendwann wird aus leise stark.

Es ist fürchterlich, dass auch noch die Tode deiner Liebsten so entsetzliche waren. Auch solches ist, wovor man sich schützt.

Zum Leben braucht man Stärke, und manchmal ist sie verbraucht, und manchmal musste man mehr haben, als man hatte. Auch dieses ganze Verarbeiten, Runterdrücken, Versteinern saugt extrem viel Kraft. Kraft, die man "normalerweise" für schöne Dinge einsetzt.

Du konntest so vieles, du hattest so viel Kraft bis hierher.
Diese Kraft kommt irgendwo her. Dieses "irgendwo", das muss ein schöner Ort sein.
Dein Ort.

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