Politik und Charakter

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Politik und Charakter

Beitrag Fr., 22.02.2008, 22:38

Hallo allerseits,

also, es gibt ja den Spruch: "Politik verdirbt den Charakter"

Der fällt mir manchmal ein. Und mir fällt auch die umgekehrte Variante ein.
"Die Charaktere verderben die Politik". Bin da völlig unentschieden. *kopfkratz*

Gibt`s bei euch da hilfreiche Meinungen, um Licht ins Dunkel zu bringen?

LG
Anastasius

Edit: Error. Oh, das Ausrufezeichen sollte eigentlich eine erleuchtende Glühbirne sein.
Zuletzt geändert von Gast am Fr., 22.02.2008, 23:20, insgesamt 1-mal geändert.

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Seestern
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Beitrag Fr., 22.02.2008, 22:44

Hallo Anastasius,

meintest Du vielleicht "Geld verdirbt den Charakter" ?

Im Zusammenhang mit Politik ist mir der Verderbungsspruch nicht bekannt.

Parallelen gibt es trotzdem:

Geld = Macht
Politik = Macht

Vielleicht könnte man die Frage stellen: Macht verdirbt den Charakter ?

Seestern

edit: und andersrum gefragt: kommen nur verderbte Charaktere an die Macht ?

Irgendwo habe ich mal gelesen, ein psychisch gesunder Mensch strebt nicht nach Macht. Ein psychisch gesunder Mensch möchte im Einklang mit sich, seinen Mitmenschen und der Natur leben.

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Beitrag Fr., 22.02.2008, 23:17

@ Seestern,
meintest Du vielleicht "Geld verdirbt den Charakter" ?
Nee, den Spruch kenne ich auch. Aber eben auch die Politik-Variante.
Vielleicht könnte man die Frage stellen: Macht verdirbt den Charakter ?
Dazu aus meiner Erfahrung. Ich war ein paar Jahre in einer politischen Partei (egal wo; ich glaube, die ähneln sich in der Hinsicht ziemlich). Im Bezirksparlament. Also ganz untere Ebene. Und da ging es nun wirklich nicht um Macht und Geld. Eher um Posten und Pöstchen. Von den vielen, die ich kannte (eben auch aus anderen Parteien), kamen mir nur zwei oder drei (oh, da habe ich mich doch glatt vergessen ) als integer und unoppotunistisch vor.

Da fällt mir doch eine "schöne" Geschichte ein. Als es in einer großen Versammlung darum ging, dass man wahrscheinlich "auf der Straße" eine, sagen wir mal schlecht vermittelbare Parteiposition vertreten müsse, wurde gefragt, was man da sagen solle. Der Bezirksvorstand meinte, dass man noch nichts dazu sagen solle (effektiv also Drumrumreden, eben blabla). Und zwar mit der Begründung, weil man vom Bundesvorstand in dieser Frage "noch keine Sprachregelung" bekommen habe. Ich glaube, das wurde von 98% der Anwesenden irritationslos geschluckt.

Zu deinem edit:
Irgendwo habe ich mal gelesen, ein psychisch gesunder Mensch strebt nicht nach Macht. Ein psychisch gesunder Mensch möchte im Einklang mit sich, seinen Mitmenschen und der Natur leben.
Ich möchte da nicht mißverstanden werden. Ich möchte auf das Thema schon auch mit einem gewissen Ernst eingehen. Dennoch, heißt dass, man bräuchte z. B. neben einem Bundestagspräsidenten auch noch einen Bundestagstherapeuten?

LG
Anastasius

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Kandinsky
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Beitrag Fr., 22.02.2008, 23:44

Hallo,

ich kenne 'Geld verdirbt den Charakter' aber nicht das Verderben des Charakters durch die Politik oder umgedreht. Die Gleichung Politik = Macht = verdorbener Charakter macht aber Sinn finde ich. Die ueberwiegende Zahl der Menschen laesst sich von Macht hinreissen.

Wenn Seestern recht hat, dass psychisch gesunde Menschen nicht nach Macht streben, denn gibt es wirklich sehr wenige, die voellig gesund sind. Vielleicht ist es so, dass viele eigendlich gar nicht das Beduerfnis haben nach Macht zu streben aus einem inneren Beweggrund heraus, sondern es nur tun, damit nicht jemand anderes die Machtposition ueber sie selbst hat.

Kandinsky

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Black XistenZ
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Beitrag Sa., 23.02.2008, 03:59

ich glaube irgendein soziologe hat macht mal definiert als "die möglichkeit, den eigenen willen gegen den willen anderer durchzusetzen". das ist imho entscheidend: macht erscheint immer als möglichkeit, als handlungsspielraum. mehr geld, schönere frauen, ein größeres haus, popularität, menschen die einem die unangenehmen arbeiten abnehmen - macht zu haben scheint toll. in wirklichkeit ist es wohl eher (gerade in der politik) so, dass macht den eigenen handlungsspielraum einengt, weil man, wenn man erstmal macht hat, die damit verbundenen annehmlichkeiten nicht mehr missen möchte und deshalb alles tun wird /(muss?!), um die eigene macht zu erhalten. ich denke schon, dass politik oder genereller macht den charakter verdirbt (*aufmeinesigdeut*). umgekehrt ist aber wohl eine gewisse bereitschaft zu niedrigen moralischen ansprüchen voraussetzung um überhaupt erst "an die macht (ran-)zu-kommen.

auch dein umkehrschluss stimmt imho: charaktere und das festhalten an ihren begierlichkeiten (nach macht und den annehmlichkeiten einer machtposition) verhindern leider allzu oft notwendige politische schritte. das ist imho auch generell das größte manko am demokratieprinzip: die politiker arbeiten nicht für das volk sondern für ihre wiederwahl (und falls das gesichert ist in ihre eigene tasche). egal wen man als volksvertreter wählt, meine zugegebenermaßen recht pessimistische sicht ist die, dass macht jeden korrumpiert.


seestern, deine gedanken sind imho falsch. meiner einschätzung nach strebt jeder mensch nach macht, allerdings sind nur wenige bereit, diesem (oftmals schmutzigen) "weg zur macht" soviel unterzuordnen wie nötig ist um topmanager oder politiker zu werden.

lg
Gib einem Menschen Macht und du wirst sein wahres Wesen erkennen.

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Pitt
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Beitrag Sa., 23.02.2008, 19:39

Hi,

Ich vermute mal, dass der Thread auch vom "Casus Zumwinkel" mitinspiriert ist.
Meine Frage dazu ist: Was treibt einen Höchstverdiener dazu, zu seinen vielen Millionen eine weitere Million per Steuerhinterziehung dazuhaben zu wollen? Welche Glückserwartung bringt noch mehr Geld.
Er konnte sich doch auch so bereits alles kaufen, was für Geld zu haben ist.
Interessierte Grüße
Pitt

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Beiträge: 2049

Beitrag Mo., 10.03.2008, 12:45

@ all,

habe überraschenderweise eine Antwort aus dem Fernsehen gekriegt (letzten Sonntag, Sendung "Anne Will"). Ein Prof., der so ziemlich genau über diese Frage forscht, kam zu dem Ergebnis:

Menschen die in die Politik gehen, seien überdruchschnittlich risikobereit (nicht unbedingt schlecht). Sie setzen sie sich überdurchschnittlich gern Konkurrenz-Situationen aus. Haben ein übermäßiges (überzogenes) Selbstbewußtsein in dem Sinne, dass sie der Ansicht sind, ihre Meinung sei allein die richtige. Vielleicht daraus folgend? Fairness ist bei ihnen nicht hoch angesiedelt.

Spricht wohl dafür, dass der Charakter ein solides Fundament dafür ist, wie es in der Politk zugeht. Den Rest tut dann das Milieu, Gleiche unter Gleichen, in dem man sich aufhält. Sozusagen eine relativ abgesonderte "geschlossene Anstalt".

@ pitt,
Was treibt einen Höchstverdiener dazu, zu seinen vielen Millionen eine weitere Million per Steuerhinterziehung dazuhaben zu wollen? Welche Glückserwartung bringt noch mehr Geld.
Meine Interpretation.
- Um Glückserwartung geht es gar nicht!!! (Was ist denn das für ein Blödsinn. )
- Was dazu treibt? Der innere "Motor", der so was wie ein Selbstläufer ist. Mehr zu haben, bedeutet auch, besser zu sein. Besser wofür und in welcher Hinsicht auch immer. Das ist doch wurscht.

LG
Anastasius

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atomo
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Beitrag Mo., 10.03.2008, 15:34

politik und charakter sind für mich antonyme.

unter charakter verstehe ich dabei: integres, verantwortungsbewusstes und sozial eingestelltes verhalten.

bei der derzeitigen politischen situation in österreich ist von einem solchen verhalten nicht viel zu spüren. im gegenteil, mir scheint, dass es nur darum geht, dass die position, die ein politiker mal erreicht hat, auch mit allen mitteln zu halten versucht wird. dass sich eine ganze politische partei dagegen sträubt, dass event. vertuschungsverdachtsmomente in einem untersuchungsausschuß aufgeklärt werden, finde ich in einem demokratischen land als höchst verwerflich, aber bei dem was hier bereits geschrieben wurde auch wieder nicht verwunderlich.

und diese merkliche entpolitisierung der gesellschaft und auch der jugend (ich habe das in den letzten jahren v.a. im universitären bereich mitverfolgt) wundert mich ganz und gar nicht mehr.

lg
atomo

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Selene
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Beitrag Mo., 10.03.2008, 17:57

Politik und verdorbener Charakter schaukeln sich in meinen Augen gegenseitig auf: Um an die Macht zu kommen, muss man schon einen verdorbenen Charakter haben, und die Macht korrumpiert dann noch zusätzlich, was es dann ermöglicht, noch höher zu steigen usw.
Und zumindest Deutschland, wahrscheinlich alle anderen Länder auch, hat ein innerparteiliches Demokratieproblem. Anastasius Anekdote mit der Sprachregelung ist ja das beste Beispiel. Früher hat man sich lustig gemacht über die Wahlergebnisse des Politbüros mit 99% und heute werden die „demokratischen“ Parteivorstände ganz genauso abgenickt. Und der Fraktionszwang… man reibt sich ja die Augen, wenn man im Grundgesetz liest, dass die Abgeordneten ihrem Gewissen verpflichtet sind, und sonst nichts und niemandem. Aber faktisch muss man ja und amen sagen, sonst ist der gute Listenplatz futsch. Oder der Fall Ypsilanti. Diese Frau Metzger, die sie nicht zur Regierungspräsidentin wählen will, soll deswegen ihr Landtagsmandat niederlegen. Dabei hat sie sogar ein Direktmandat aus ihrem Wahlkreis! Das finde ich wirklich ungeheuerlich, dass man das so offen fordern kann.
Es gibt kein Übermaß an Liebe,
kein Übermaß an Wissen,
und kein Übermaß an Schönheit
Ralph Waldo Emerson

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