Suizidart - gibt es moralische Unterschiede?

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Hamna
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Beitrag Sa., 28.11.2009, 15:32

Was geht denn in Hinterbliebenen von Suizidanten vor? In erster Linie, nach der Trauer, wohl die Frage nach der Mitschuld und ob man hätte helfen können. Wenn man in einem Abschiedsbrief diese Punkte klar macht, dass niemand eine Mitschuld trägt und auch niemand hätte helfen können, ist dann nicht alles... ok?

Manchmal denke ich da sehr emotionsfrei.

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Gast
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Beitrag So., 29.11.2009, 11:13

Ich denke,
einer der wesentlichsten Punkte ist: Warum mache ich es

Ist´s ne Abrechnung mit der Vergangenheit, wo ich vlt. auch noch Andere mit meinen Abgang "bestrafen" will,
oder ist´s was, was ich "für mich" mache.

Hart gesprochen, ist´s mir lieber, wenn jemand -der Abrechnet- das vor Publikum macht, als daß er das Publikum noch aktiv mit reinbezieht (Siehe Amoklauf), da aber von Moral/Werten und dergleichen zu sprechen, nunja...

Was ist ein Abschiedsbrief; Letztendlich ja nichts anderes, als eine Erklärung dafür, warum
Der Letzte (Aus)Weg der Kommunikation.
Würde ich mich nicht mitteilen wollen, würde ich nicht das Bedürfnis haben, jemanden noch was "zu sagen", dann gäb´s die wahrscheinlich gar nicht.
Und was ist dann für diejenigen, die hinterher noch sind; was ist quälender? Nicht zu wissen warum, oder doch zu wissen warum, und vlt. ne Schuld zugewiesen zu bekommen.

Ob man will oder nicht, man zieht Andere aktiv/passiv mithinein.
Sei´s das man jemanden abgeht, sei´s das ein Anderer das beenden muß, was ich stehen habe lassen, oder sei es nur das, daß mich irgentwer verbuddeln muß.

Wenn ich schon nicht mit der Welt zurecht komme, mich ihr nicht stellen will, so ist´s eine Sache;
wenn ich mich aber der Einzigen freien Entscheidung nicht stellen kann und will - und es Anderen überlasse, so ist das ne Andere Sache.

Ich will es moralisch gar nicht beurteilen, daß steht mir auch nicht zu,
aber warum soll zusätzlich jemand dafür zahlen, wofür er gar nichts kann und vlt. sogar noch drüber hinaus?

Ich habe es noch nicht erlebt -sonst könnte ich hier auch nicht schreiben- aber ich könnte mir vorstellen, daß letztendlich "nichts" anders ist;
Es ist erfolgreich oder nicht; Es ist nur ne Frage der Dauer und der eigenen Angst.
Wieviele Versuche -die vermeintlich sicher waren- haben letztendlich zu nichts außer noch mehr Leid geführt?

Ich denke, da müßte man mit der Diskussion, mit der Frage ansetzten.
Wir haben heute für alles eine Problemlösung,
aber nichts für die, die ihrer Existenz ein Ende bereiten wollen -nichts legales...

Wer, wenn nicht "ich" kann beurteilen, ob es für mich noch einen Sinn macht oder nicht?
Ich kann ihm wohl Wege aufzuzeigen, warum man glaubt, daß dieser GEdanke falsch sein könnte...

warum dann die Qual der Thera, des Lebens, der Zeit,
wenn ich den Betroffenen auch ganz, ganz anders helfen könnte
Letzendlich wäre es seine Entscheidung, die Pille zu nehmen oder nicht...

Ich denke, gäbe es etwas wie Begleitung -legal-; würde sich das Szenario vlt. ein wenig verändern

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Nachtvogel
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Beitrag So., 29.11.2009, 19:16

@hawi
Dann als Nahestehender jemanden zur Therapie schleifen? Hmm?! Du schreibst selbst, jedem gehöre sein Leben selbst, jedem stünde frei, damit zu machen, was er will! Für mich widerspricht sich das ein wenig!
Das widerspricht sich, weil die Definition der Depression als tödliche Krankheit widersprüchlich ist. In welchen Fällen kann man sie heilen und dem Depressiven ein lebenswertes Leben (zurück)geben? Wann lohnt sich also die langatmige Therapie und die Medikamente mit ihren Nebenwirkungen, der lange Kampf? Wann gilt man bzw. die Krankheit als hoffnungslos und es geht darum (für einen selbst), dem Leiden ein Ende zu machen?
Meine persönliche Meinung ist, dass Kämpfen immer sinnvoll ist (und zum ersten Schritt ist oft Hilfe/etwas Zwang von aussen nötig). Wenn sich jedoch nie was ändert und das Leben nicht mehr lebenswert ist und auch niemals mehr sein wird, dann sollte einen niemand dazu zwingen. Meist verlieren die Nahestehenden ja auch irgendwann die Lust, sich die depressiven Gedanken anzuhören und den Depessiven zu besuchen. Man entfernt sich, lässt die Person alleine und jault trotzdem herum, wenn diese Person sich dann entschliesst, einen eigenen, letzten Weg zu gehen.
Der erste, der sich also quasi selbst zur Therapie schleifen sollte, ist der, um dessen Leben es geht.
Leidest du selbst an Depressionen bzw. hast du mal einen Selbstmordversuch gemacht oder warst kurz davor? Kannst du irgendwie nachvollziehen, was in einem Menschen in dem Moment bzw. in den Stunden, Tagen, Wochen davor vorgeht?
Ich bezweifle sehr stark, dass ein schwer depressiver Mensch noch so klar bei Verstand ist, dass er/sie sich zur Thera schleifen kann.
In den Stunden, Minuten ist auch so eine seelische Notlage, dass klare Gedanken und Handlungen nicht möglich sind. Nicht selten misslingt übrigens auch aus denselben Gründen der Selbstmord. In so einer Situation zu verlangen, selbst zum Arzt zu gehen wäre ähnlich wie von einem Herzinfarktpatienten zu verlangen, zum nächsten Bus zu sprinten und zum Arzt zu fahren.
.. fände ich es auch ein zu viel an Anspruch, wenn dann doch am Ende die Nahestehenden die sein sollen, die dem Gefährdeten alles abnehmen, die statt seiner handeln.
Wer denn sonst? Wem sonst sollte die seelische Notlage einer Person auffallen, wenn nicht nahestehenden Menschen?
Ok, man kann natürlich die Sache auch so sehen, dass in unserer heutigen Gesellschaft jeder nur für sich zuständig ist. Aber dann finde ich auch nicht, dass die Nahestehenden umgekehrt den Anspruch haben können, diese Person ihr Leben lang umsich zu haben, falls er/sie gehen will.
Wieviel Hilfe durch Nahestehende geht bei einem psychisch Kranken, wie viel kann er überhaupt annehmen, kommt als Hilfe bei ihm an und umgekehrt, in welchem Maß ist er immer noch selbst verantwortlich?
Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, den Selbstmordgefährdeten als Angehöriger/Nahestehender bei den ersten Schritten in Richtung Therapie zu helfen, die Sache also auf den Weg zu bringen. Das ist nämlich das, was der Depressive in seiner seelischen Notlage nicht selbst kann.
Ist die Therapie dann erstmal im Gange, so hat der/die Depressive einen (professionellen) Ansprechpartner. Therapieren können Nahestehende nicht - und das sollten sie auch nicht versuchen.

Lg, Nachtvogel

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Nachtvogel
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Beitrag So., 29.11.2009, 19:30

Wenn man in einem Abschiedsbrief diese Punkte klar macht, dass niemand eine Mitschuld trägt und auch niemand hätte helfen können, ist dann nicht alles... ok?
Theoretisch müssten Verlust und Trauer dann ähnlich sein wie bei jemandem, der an Krankheit oder einen Unfalltod gestorben ist. Glaube ich auch ..
Ich denke, Ungewissheit oder Schuldzuweisungen sind das Schlimmste.

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