Pro, kontra jüngere Therapeutin

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spirit-cologne
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Beitrag So., 29.09.2019, 19:45

Philo, ich denke, gerade dadurch, dass du dir so viele Gedanken machst und dich letztendlich gegen Kinder entschieden hast, bist du schon anders als deine Mutter. Du machst dir Gedanken, was deine Probleme evtl. in einem Kind ausgelöst hätten, das hat deine Mutter wohl eher nicht getan. Kinder kriegen kann ja jeder, ob dafür geeignet oder nicht, deshalb sehe ich auch keinen Grund, warum die Tatsache, dass man ein Kind bekommen hat, einen einfühlsamer für Probleme anderer Mütter oder zu einem Experten für Kindererziehung machen sollte.
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Philosophia
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Beitrag So., 29.09.2019, 20:14

Das sicherlich nicht... aber ich sehe gerade, wie bestimmte Erfahrungen, also wenn ich sie selbst erlebe, sich doch anders anfühlen als in meiner Vorstellung.
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spirit-cologne
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Beitrag So., 29.09.2019, 20:30

Jep, das geht wohl jedem Menschen so.

Aber auch wenn es sich z.B. anders anfühlt ein Kind zu haben, als wenn man sich das vorher vorstellt, heißt das trotzdem, auch wenn du das Kind dann bekommen hast, nicht, dass sich eine andere Frau genauso fühlen muss wie du in dem Moment. Ich finde es wichtig, dass man sich auch in diesem Fall der Grenzen der eigenen Empathie bewusst ist, sonst ist man in Gefahr, Anderen die eigenen Gefühle "überzustülpen".

Dieses Bewusstsein ist halt bei manchen "Leidensgenossen" nicht so gut ausgeprägt so nach dem Motto: "Du brauchst gar nicht weiter erzählen, wie du dich fühlst, ich weiß genau wie das ist, ich habe selbst ein Kind". Das finde ich dann eben nicht empathisch, weil ich dann nicht bei dem Gefühlen der Anderen bin - die ja von meinen abweichen können - sondern bei meinen eigenen.
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mio
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Beitrag Di., 01.10.2019, 13:54

Hmmm, ich finde bestimmte Umstände kann man sich auch einfach vorstellen ohne dass man sie eins zu eins erlebt haben muss (was eh nicht möglich ist!).

Ich kann mir zB. vorstellen was es bedeutet Nacht für Nacht mehrfach geweckt zu werden weil das Kind Hunger hat oder krank ist ohne dass ich in der Situation gewesen sein muss. Ich kann mir auch vorstellen, wieviel Mühe es sein muss einen alten Hund so zu pflegen und versorgen wie Du das tust Philosopia und was da emotional noch so mit dran hängt. Wie gesagt, nicht eins zu eins, aber ich habe ja auch einen eigenen Erfahrungshorizont der mir das ermöglicht weil ich vergleichbares kenne. Eins zu eins geht eh nicht, aber nachfühlen geht meiner Meinung nach schon, eben aufgrund der "Ähnlichkeiten" die bestimmte Erfahrungen ja auch haben.

So gesehen finde ich es auch ziemlich vermessen zu sagen: Das hast Du doch selbst noch nie so erlebt, also kannst Du auch gar keine Ahnung haben! Für mich klingt das nach Abwehr.

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Philosophia
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Beitrag Di., 01.10.2019, 14:53

Ich finde es generell unfair einem das Mitgefühl dafür abzusprechen. Das ist genauso vermessen wie zu behaupten, man könne etwas 100pro nachvollziehen...
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stern
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Beitrag Di., 01.10.2019, 15:07

Unter einem erfahrenen Therapeuten verstehe ich für meine Teil eher weniger, dass er Mitgefühl für meine Erfahrungswelt aufbringen kann (das muss sich eh jeder Therapeut fragen, ob er ausreichend Empathie aufbringen kann für den Patienten und dessen Themen). Sondern dass er eigene Erfahrungen mitbringt (woher auch immer) und (therapeutisch in irgendeiner Form) "beisteuern kann, so dass das dem Patienten nutzt. D.h. "nur" Mitgefühl würde mir bei manchen Themen definitiv nicht langen... und bei manchen Themen (wie einem aktuellen) schätze ich gerade, dass die Erfahrungswelt des Therapeuten eine andere ist als meine.
Zuletzt geändert von stern am Di., 01.10.2019, 15:19, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
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mio
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Beitrag Di., 01.10.2019, 15:12

@ Philosophia:

Ja, es gibt zB. auch Situationen wo ich klar weiss: Das IST nicht vorstellbar (für mich). Das kann ich nicht wissen, wenn ich es nicht erlebt habe/nicht drin stecke. Aber das sind meiner Meinung nach Extreme.

Also wenn ich zB. versuche mir vorzustellen wie ich reagieren würde/was ich fühlen würde wenn mir jemand eine Knarre an den Kopf hält dann sage ich klar: Das kann ich mir nicht vorstellen! Ich weiss es einfach nicht, was ich dann machen/fühlen würde. Außer dass ich natürlich Angst hätte, aber würde ich die dann wahrnehmen? Wie würde ich reagieren? Zu extrem, um von mir sicher "nachempfunden" werden zu können.

Echtes Verständnis lebt meiner Meinung nach auch davon dass man die Grenzen der eigenen Antizipationsfähigkeit kennt.

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DieBeste
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
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Beitrag Do., 19.03.2020, 18:16

Die Therapeutin zu der ich ging war fünf Jahre jünger als ich. Ich bin Mitte 30 sie Anfang 30. Am Anfang habe ich schon gedacht wie soll das werden kann ich sie überhaupt ernst nehmen. Das hat sich so bis zu der zehnten Stunde hin gezogen. Danach habe ich aber gemerkt dass sie meine Probleme schon versteht aber geholfen im Endeeffekt hat es mir trotzdem nicht. Sie meinte einmal vielleicht sind wir uns zu ähnlich wir sind beides Frauen wir sind beides im gleichen Alter. Also sie hat es auch gemerkt. Und ich frage mich bis heute ob es daran lag dass sie eben jünger war oder vielleicht noch nicht so erfahren, dass sie mir nicht helfen konnte.

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Fliegenschnäpper
sporadischer Gast
sporadischer Gast
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Beitrag Do., 24.09.2020, 11:03

Meine Therapeutin ist nicht ganz 2 Jahrzehnte älter als ich - ich bin Mitte 20, sie geht auf die Mitte 40 zu. Für mich passt das so irgendwie gut, ich habe lustigerweise auch einige FreundInnen in dieser Altersgruppe und einfach oft einen besseren Draht zu Menschen in diesem Alter als zu eher Gleichaltrigen. Mir gefällt, dass die Therapeutin bereits über eine gewisse Lebenserfahrung verfügt, wir altersmäßig aber auch nicht Welten voneinander entfernt sind. Ich fühle mich von ihr einfach ernst genommen und verstanden und kann mich ihr gegenüber mittlerweile gut öffnen.

In einer Beratungsstelle hatte ich damals auch eine Therapeutin für 2 oder 3 Krisengespräche, die damals um die 40 gewesen sein muss. Auch das passte irgendwie sehr gut. Eine zweite, etwas ältere Therapeutin, bei der ich dann später mal für zwei Gespräche war, fand ich auch okay, aber irgendwie war es für mich da weniger einfach, mich amzuvertrauen und wirklich verstanden zu fühlen.

Meine beiden ersten - leider gescheiterten - Therapieversuche hatte ich bei TherapeutInnen, die beide älter waren - die weibliche war so Anfang bis Mitte 50, der männliche sicher um die 60. Beide Male passte es nicht, ich fühlte mich irgendwie in meiner Lebensrealität Welten von ihnen entfernt und gerade der Therapeut ksm mir eher vor wie ein "gütiger Oberlehrer", der mit mir jungem Schulmädchen weniger anfangen konnte.

Müsste ich aus irgendeinem Grund Thera wechseln, würde ich mich wohl wieder für eine Therapeutin von Anfang bis Mitte 40 entscheiden. Das ist sicher sehr subjektiv, aber ich persönlich habe den Eindruck, Menschen in diesem Alter verstehen eher meine Lebensrealität und mein Empfinden.

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