Wobei im alltäglichen Umgang eine überhöhte Erwartung sein dürfte, dass Menschen nicht bewerten (wobei eine Bewertung etwas anderes ist als eine Veruteilung!!!... bitte nicht in einen Pott werfen. Verurteilungen sind natürlich fehl am Platz, aber dagegen gefeit ist man im RL natürlich auch nicht). Therapeuten sollten nicht-bewertender auftreten, das stimmt... aber ganz wertfrei läuft's da auch nicht immer ab.Ich bewerte und beurteile nichts. Denn das ist der Keim für jeden Streit/Aggression.
Wah, wie soll ich's formulieren... ich komme im Leben sogar oft ganz schwer um Bewertungen herum, weil sie ein Wegweiser/Informationen sind. Banales Bsp.: Schuhekauf: Wenn ich mir x paar Schuhe ansehe, dann kann ich die zwar wunderbar beschreiben (schwarz, x cm breiter und hoher Absatz, usw.). Aber bleibe ich bei dieser Wahrnehmung stehen, dann weiß ich noch immer nicht, welches Paar ich nun nehmen soll. Erst wenn ich sage "Die sind mir zu teuer oder die sind schön (Bewertungen)", dann komme ich zu einem Urteil, bei welchem paar ist zugreife. Will heißen: Insofern sind Bewertungen ja per se nix schlechtes... und meiner Erfahrung nach auch nicht unbedingt ein Keim von Streits/Aggressionen (Verurteilungen schon eher... aber die Grenzen können fließend sein.).
Im übrigen glaube ich, dass insbes. auch (eigene) Interpretationen ein wunderbarer Nährboden für Konflikte sein können... also man auch die neutralste Aussage im Zweifel immer so interpretieren, dass sie im falschen Hals landet . Deswegen meinte ich schon öfters: Wenn man unsicher ist, wie etwas gemeint ist, lieber nochmals nachfragen als interpretieren (wobei man im alltäglichen Leben schlichtweg auch kaum um Interpretationen/Schlussfolgerungen herum kommt).
Was mir in dem Zusammenhang auch noch einfällt: In der Klinik erhielt ich mal ein paar Bögen zur achtsamen Wahrnehmung (Achtsamkeit), die sich durch nicht bewerten, nicht interpretieren, etc. auszeichnet. Dachte erst: kein Problem, klingt einfach... erst als ich mich dann mal mit den Bögen an einen See setzte und so meine Umgebung wahrzunehmen versuchte, merkte ich wie schwer das eigentlich ist (gibt sicher auch massig Literatur zu dem Thema... glaube Anne1997 hat kürzlich ein paar Links eingestellt).
Aber: Alltäglicher Umgang miteinander ist eben nicht immer bewertungs- und interpretationsfrei. Würde man die Welt nur bewertungs- und interpretionsfrei wahrnehmen, so würden vermutlich wichtige Informationskanäle verloren gehen (vgl. Schuhebsp.). Und wenn ich nur graue Wolken am Himmel wahrnehme, ist das eben "nur" eine eingeschränkte information, solange ich das nicht dahin interpretieren kann, dass es vielleicht gleich zu regnen anfangen könnte, und ich (Schlussfolgerung =>) vielleicht besser meinen Schirm einpacken sollte.
Um sich zu sensibilsieren ist das (Achtsamkeit) aber sehr nützlich... denn wenn man z.B. wie oben gesagt die neutralsten Aussagen noch zu Gemeinheiten uminterpretieren kann, dann tut man sich ja keinen Gefallen (der Umwelt evtl. auch nicht, wenn man sich dann dagegen wehrt). Kann also schon von Vorteil sein, wenn man zum Bleistift eine Aussage von der eigenen Interpretation trennen kann (um sich sozusagen eine verfeinerte Wahrnehmung anzueignen)... und wie gesagt: In Interpretation liegt oft Konfliktpotential... meiner Wahrnehmung nach, war das (freie Interpretationen) TEILS (=aber natürlich nicht nur) auch ein Grund, warum der Thread eskalierte. Und wenn das hausgemacht ist, weil man etwas hineinintepretiert, was gar nicht da ist, ist das umso ärgerlicher (passiert ja jedem mal... also das kenne ich auch, dass bei mir etwas gut und gerne mal im falschen Hals landen kann). Und wie gesagt, ich dachte, so schwer kann das ja nicht sein... ich fand's dann doch nicht ganz so leicht, dass umzusetzen.
Iss jetzt vielleicht etwas OT, sry.