Verhaltentherapie und Medikamente?

Erfahrungsaustausch zur Begleitmedikation zur Psychotherapie (Psychopharmaka und pflanzliche Mittel). Achtung: dient nicht zur gegenseitigen Medikamentenberatung, die ausschließlich Fachärzten vorbehalten ist. Derartige Beiträge werden aus dem Forum entfernt.
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julia xyz
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Verhaltentherapie und Medikamente?

Beitrag Mi., 27.02.2008, 19:40

Hallo. Ich habe gerade mit einer Verhaltenstherapie wegen Schüchternheit bzw. sozialer Angst und Unsicherheit angefangen. Die Therapeutin hat heute das Thema Medikamente angesprochen. Sie meint ich sollte es mir überlegen, wobei sie mich darauf hingewiesen hat, das die Medikamente es erschweren zu sehen, ob Fortschritte auf die Therapie oder die Medikament zurückzuführen sind, sprich dass wenn man die Medikamente absetzt vielleicht alles wird wie vorher.

Hat jemand damit Erfahrung gemacht. Und wie wirken diese Medikamente überhaupt? Eigentlich sind sie doch eher gegen Depressionen oder? Depressiv bin ich nicht, „nur“ überdurchschnittlich ängstlich.
Ich denke zur „Beruhigung“ und gegen die starke Nervosität in vielen sozialen Situation wären Medikament hilfreich. Andererseits würde ich es mir dadurch vielleicht zu einfach machen und meine Therapieerfolge in Frage stellen...

Würde mich freuen, wenn jemand von seiner Erfahrung berichten könnte.
Wie war es die Medikamente wieder abzusetzen? War das eine starke Umstellung?

Danke schonmal fürs Lesen.
Julia

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stern
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Beitrag Mi., 27.02.2008, 21:29

Puh... jetzt muss ich aufpassen was ich schreibe .
wobei sie mich darauf hingewiesen hat, das die Medikamente es erschweren zu sehen, ob Fortschritte auf die Therapie oder die Medikament zurückzuführen sind, sprich dass wenn man die Medikamente absetzt vielleicht alles wird wie vorher.
Grds. ist es so, dass die Medikamentenverordnung einem Arzt unterliegen... wobei ich nun nicht weiß, ob deine Thera Ärztin und/oder Psychologin ist.

Manche Therapeuten vertreten die Sichtweise, wie du sie geschildert hast. Und auch aus meiner Sicht, setzte ich damals die Medis ab, weil ich sehen wollte, wie es mir wirklich geht... bzw. ob es "nur" die Medis waren, die Beserung brachten. Abhängig von der Dosierung können ADs nämlich schon "puschen" bzw. einen in Watte hüllen. Problem sehe ich darin: Sie lindern "nur" Symptome, ändern aber eben nichts an den Ursachen. Mit Hilfe einer Therapie hingegen, kann man jedoch aktiv viel dafür tun, dass es einem besser geht.

Andererseits gibt es auch Thera, die empfehlen verordnete Medis auch zu nehmen .
Eigentlich sind sie doch eher gegen Depressionen oder? Depressiv bin ich nicht, „nur“ überdurchschnittlich ängstlich.
Bei mir waren auch "Ängste" dabei... welche meines Wissen nicht als Angsterkrankung diagnostiziert ist. Und doch: Sie halfen schon auch bei den Ängsten. Aber über eine bestimmte Schwelle kam ich halt nicht hinaus.
. Andererseits würde ich es mir dadurch vielleicht zu einfach machen und meine Therapieerfolge in Frage stellen...
Man kann auch Medis nehmen + Therapie... halt je nach Beschwerden und Stärke. Dass dadurch der Erfolg generell in Frage gestellt wird, möchte ich nicht bestätigen. Aber klar: Nur Medis schlucken und sonst nix tun, iss auch nicht so zielführend.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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Ratlosigkeit
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Beitrag Mi., 27.02.2008, 22:38

Meine Erfahrung:
Medikamente sind ein Segen in Akutkrisen.
Bei Schüchternheit, sozialen Ängsten und solchen Problemen würde ich die Finger davon lassen und mal alle anderen Möglichkeiten ausprobieren.
Konkrete Wirkung von Medis (in meinem Fall): du entwickelst eine Art Wurschtigkeitsgefühl, daß dich einfach funktionieren lässt. Es dämpft deine Emotionen.
Das ist in akuten Krisen oft überlebensnotwendig. Aber nur dann.
LG
Ratlosigkeit
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.

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staden
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Beitrag Mi., 27.02.2008, 23:25

Hallo Julia,
welches Medikament hat dir denn die Ärztin genau empfohlen?
Ich bin mittlerweile auch eher skeptisch, was Medikamente angeht, es kommt aber eben ganz auf die individuelle Situation und Symptomatik an. Manchmal ist es angebracht aber es verändert meistens auch die Psyche und nach meinen Erfahrungen: ich muss Stern vollkommen recht geben, man weiß in dieser ganzen Psychowolke irgendwann nicht mehr, welche Entwicklungen auf Therapie oder Medikamente zurückzuführen sind. Bei mir war es jedenfalls so und dieses Unwissen hat mir im Nachhinein geschadet.
Vielleicht zur Beruhigung: ich war bis Anfang 20 auch extrem schüchtern und hatte panische Angst vor fremden Menschen zu reden. Weil ich es aber musste (im Studium z.B.) habe ich vom Arzt Beruhigungsmittel bekommen, die mir aber NULL geholfen haben. Mittlerweile fällt es mir sogar leicht vor einer Gruppe von fremden Menschen einen Vortrag zu halten. Die Sicherheit kam mit der Zeit von alleine, ohne dass es dafür einer Therapie brauchte.
Bei mir hatte das mit dem Schritt aus einer schüchternen Außenseiterrolle in der Schulzeit in eine Erwachsenenrolle zu tun. Plötzlich habe ich gemerkt, dass fast alle Menschen mit diesen Unsicherheitsgefühlen zu kämpfen hatten und nur anders damit umgingen.
Ich persönlich würde mit der Medikation noch warten, es sei denn, deine Schüchternheit hindert dich ganz akut an etwas ganz Existenziellem. Aber ich kenne auch deine Situation nicht. Auf jeden Fall würde ich keine Antidepressiva nehmen, wenn du keine Depression hast! Sie haben Nebenwirkungen, die bei jedem sehr individuell sind und unter Umständen deine Situation sogar verschlimmern können! So jedenfalls meine Erfahrungen, obwohl ich an sich kein Medikamenten-Gegner bin.
Ich hoffe, du triffst die richtige Entscheidung!
LG staden

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Zwiebel
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Beitrag Do., 28.02.2008, 10:03

Mir wurde von meiner Psychiaterin und meinem Psychologen (Verhaltenstherapie) übereinstimmend erklärt, das Medikamente therapiebegleitend durchaus sinnvoll sein können. Sie sorgen dafür, das man sich um seine Probleme kümmern kann ohne allzusehr mit seinen Depressionen und/oder Angsstörungen (hauptsächlich Grund für Medi ohne schwere Erkrankung wie Psychose) belastet zu sein. Aus dem Loch rausguggen können, aktiv werden, dem Übel auf den Grund gehen und dann die Medikamente wieder ausschleichen. Dabei wird mehrere Monate nach erfolgreicher Therapie das Medi weiter genommen, in dieser Zeit kann sich alles was erarbeitet wurde stabilisieren und festigen.

Ich habe ein gutes halbes Jahr Fluoxetin (AD) genommen und wegen geringer Wirksamkeit bei bestehenden Nebenwirkungen wieder abgesetzt. Nun ertrage ich alles "naturgegeben" und muss sagen, ein bisschen chemische Krücke würde schon gut tun. Aber ich gehöre zu denen, die den Druck durch (negative) Gefühle braucht um motiviert am Ball zu bleiben. Wobei ich ausdrücklich sagen möchte dass AD nicht so hoch dosiert sein sollten das man komplett "abgeschaltet" wird! Auf ein erträgliches Niveau - das ist oft schwierig und bedeutet durchprobieren div. Medikamente und Dosierungen. Was ich nicht wollte.

Die Bedenken, ob eine Verbesserung in der Therapie durch die Medikamente kommt oder nicht teile ich nicht. Es sind doch Verhaltensmuster die uns blockieren. Das die sich ändern ist wichtig und eigentlich ist es egal wie und warum. Bemerkbar sind sie. Es gibt auch Stimmen, die den Erfolg durch Psychotherapie bezweifeln. Ich nicht.

Gruß

Zwiebel



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julia xyz
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Beitrag Do., 28.02.2008, 18:10

Vielen Dank erstmal für die Antworten . @ alle :
Ich würde nicht behaupten, dass ich mich gerade in einem "Loch" befinde, aus dem ich nicht mehr rauskomme. Ich kann mich auch frei auf offenen Plätzen bewegen, einkaufen und eben so essentiele Sachen erledigen, bin auch recht selbständig. @ staden: Vorträge gehen auch in Ordnung. Es hapert aber an zwischenmenschlichen Kontakten, da bin ich sehr gehemmt und da sind tausend Gedanken, die mich daran hindern "unbeschwert" mit anderen umzugehen. Ich bin seit der Kindheit schüchtern (wohl in gewisser Weise genetisch bedingt), aber ich würde sagen, dass ich so ab der Pupertät begonnen habe darunter zu leiden.

Meine Therapeutin hat mir kein bestimmtes Medikament genannt, wahrscheinlich weil sie von einer medikamentösen Behandlung nicht so überzeugt war..Ich stelle mir die Wirkung dieser Medikament ein bisschen vor wie Alkohol.. man ist lockerer und die dinge "prallen eher an einem ab" ("Wurschtigkeit"- @Ratlosigkeit), man ist nicht sooo empfindlich und es fällt einem vielleicht auch leichter den Schritt auf andere Menschen zu zu machen. Da wäre ich schon nicht abgeneigt was gegen meine Nervosität zu tun, aber ein bisschen Nervosität bleibt wohl keinem erspart..
@ Zwiebel: Verhaltenmuster ändern ist bei mir auch Hauptziel, aber verdammt schwierig, dabei habe ich noch nicht mal richtig angefangen. Ich will auch nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sobald ich die Medis absetze.

Ich denke ich werde es erstmal ohne Medikamente probieren, vor allem da ich noch gar nicht weiß welche Aufgaben mir in der Therpie bevorstehen. Vielleicht schaffe ich es ja so und dann ist das Erfolgserlebnis noch größer. Und zur Not kann ich es ja noch mal ansprechen,wenn gar nichts geht, wovon ich mal nicht ausgehe

@ stern: Wie war es denn für dich als du die Medis abgesetzt hast?

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julia xyz
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Beitrag So., 02.03.2008, 20:26

Hallo, mich würde ja doch noch mal interessieren, wie genau die Wirkung der Medikamente bei euch war, wann die Wirkung eingestetzt hat, was für Nebenwirkungen es gab und wie es war die Medis wieder abzusetzen.

Ist anderen Leuten/Freunden/ der Familie aufgefallen, dass ihr Medis genommen habt, haben Sie irgendwelche Veränderungen im Verhalten bemerkt oder das ihr "gleichgültiger/wie in Watte gepackt" gewirkt habt??

Würde mich freuen, wenn nochmal jemand antwortet. Hier im Forum verliert man bei den ganzen Medikamenten ja den Durchblick, sonst hätte ich da mal nachgeschaut. Aber ich glaube die Meisten nehmen was wegen Depressionen und stärkeren Ängsten nicht wegen Schüchternheit.

Lg Julia

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Zwiebel
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Beitrag Mo., 03.03.2008, 12:38

julia xyz hat geschrieben:mich würde ja doch noch mal interessieren, wie genau die Wirkung der Medikamente bei euch war, wann die Wirkung eingestetzt hat, was für Nebenwirkungen es gab und wie es war die Medis wieder abzusetzen.
Keine Wirkung trotz rel. hoher Dosis Fluoxetin; dafür nicht endende heftige Kopfschmerzen. Absetzen ging Problemlos.
Aber ich glaube die Meisten nehmen was wegen Depressionen und stärkeren Ängsten nicht wegen Schüchternheit.
Schüchtern hat auch etwas mit Angst zu tun.... .

Gruß

Zwiebel



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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 03.03.2008, 13:32

Auf Fluoxetin hab ich mit Panikattacken (also richtig heftig) und später dann mit einem abgedrehten Euphoriegefühl (das war wohl die antiedepressive Wirkung...Witz...) reagiert. War wie auf Droge...
Aber ich muss dazu sagen daß ich auf wirklich alle psychoaktiven Substanzen extrem heftig reagiere..

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littlebuddha
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Beitrag So., 09.11.2008, 00:22

Liebe Juliaxyz.
Aus der zeitlichen Distanz - über zwei Jahre - zur kogn. Verhaltenstherapie kann ich sagen: Mir hat das nicht viel gebracht, gleichzeitig mit den Medis (Zyprexa). Meine Probleme waren einfach viel kleiner während der chem. Krücke. Oft ging es mir sehr gut. Ich hatte nicht viel zu besprechen und meinem Therapeuten kam ich auch nicht sonderlich psychotisch oder gestört vor. Dabei weiß ich habe ich ein krasses Problem mit Gefühlen, Nähe etc. Jetzt spüre ich zur Zeit gar keine Gefühle mehr. Es macht nix Spaß, was mit Emotionen zu tun hat: Liebesfilme sind langweilig, küssende Paare in der Bahn sind assi, Freuen tue ich mich nicht mehr so sehr, ist halt alles unterdrückt. Hat natürlich den Vorteil, dass mich das Gefühlschaos, an dem ich litt, in Ruhe lässt und ich wieder frei denken kann - rational gesehen, also kogntiv, bin ich auf der Blüte meines Lebens, ich bin ein extrem erfolgreicher Student. Nur dass ich mir vorkomme wie eine Maschine ohne Gefühle. Wie gesagt, Vor- und Nachteile... lieber gefühlvoll oder lieber psychotisch? Um das anzupacken, da bin ich mir sicher, bräuchte es die quälenden Gefühle, Konflikte, Blockaden, sonst ist die Therapie sinnlos und umsonst.
Ich habe aufgehört, für mich alleine zu leben und angefangen, für uns alle zu leben.
Nennt mich Little!

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