Jahrel. Einnahme v. Neuroleptika - Negativauswirkungen?

Erfahrungsaustausch zur Begleitmedikation zur Psychotherapie (Psychopharmaka und pflanzliche Mittel). Achtung: dient nicht zur gegenseitigen Medikamentenberatung, die ausschließlich Fachärzten vorbehalten ist. Derartige Beiträge werden aus dem Forum entfernt.
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Feenya
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Jahrel. Einnahme v. Neuroleptika - Negativauswirkungen?

Beitrag So., 27.07.2014, 07:59

Ich habe nun im Forum schon mehrmals gelesen, dass Patienten nach jahrelanger Einnahme von Neuroleptika nicht mehr ohne diese Medikamente sein können.
Nicht, weil sie wegen dem Absetzen wieder psychotische Beschwerden bekommen, sondern, dass sie ohne diese Pillen einfach nicht mehr schlafen können.
Gerade erst wieder vor wenigen Tagen: viewtopic.php?f=24&t=32157#p728377

Mein Mann bekommt seit über einem Jahr Neuroleptika. Das eine Jahr mit Olanzapin ist gründlich in die Hose gegangen. Lustlosigkeit, keine Lebensfreude, Antriebslosigkeit, nicht mehr aus dem Bett kommen, schwere Depressionen, nicht mehr arbeitsfähig (Nicht einmal mehr länger als 20 Minuten etwas lesen, oder am Bildschirm arbeiten, war mehr möglich), Angst nicht mehr gesund zu werden, ..., bis zu Suizidgedanken, weil er dieses Leben nicht mehr aushalten konnte.

Ca. eine Monat vor dem großen Zusammenbruch (Selbsteinweisung in die Unterbringung) hat der Neurologe begonnen das Olanzapin gegen Seroquel zu ersetzen.
75mg/Tag war für den Neurologen schon die Obergrenze.
Im KH hat man meinen Mann nun hochgefahren, bis knapp an die empfohlene Obergrenze (800 mg, laut Beipacktext).

Momentan möchte mein Mann auch daran noch nichts ändern. "Jetzt muss es mir erst einmal 3 Monate lang gut gehen, bevor ich wieder über Reduktion nachdenke. Außer der Arzt sagt, dass ich runterfahren soll."
Und diese 3 Monate werde ich ihn auch unterstützen und nichts sagen.

Ich möchte mich aber jetzt schon über negative Auswirkungen einer Langzeittherapie mit NL informieren, damit wir später gute Argumente haben, die Ärzte zu überzeugen.

Meinem Mann geht es jetzt wesentlich besser als mit Olanzapin.
Er hat zwar für die Nacht einen Medikamentencocktail (4 versch. Medikamente), der einen Elefanten umhaut, aber die Tage kann er nun endlich genießen.

Er schläft auf die Pillen 12 Stunden lang wie ein Stein und braucht ungefähr noch zwei weitere Stunden, bis er wirklich richtig wach ist. Aber dann ist er da, so wie er vor der Erkrankung (Grunderkrankung: beginnende Depression - und dann psychotische Reaktion auf ein AD ) da war. Lebenslust, Antrieb, Freude, ...
Ich bemerke zwar schon wieder, dass mein Mann in der Bewegung verlangsamt wird (und in der Nacht Muskelzuckungen hat) , aber er selber spürt/merkt diese Einschränkungen nicht. Darum schweige ich auch darüber.

Schlafstörungen waren nie das Problem meines Mannes. Darum verstehe ich auch nicht, warum die Ärzte in der Psychiatrie ihn für die Nacht so mit "Schlafmitteln" zuschütten. Aber es sei, wie es sei.

Nächste Woche hat mein Mann den ersten Termin ( nach KH-Entlassung) bei seinem betreuenden Arzt. Vielleicht könnte er da schon fragen, ob er zumindest langsam um 200 bis 300 mg reduzieren darf. Die restliche Dosis ist eh noch hoch genug.
Aber erzwingen möchte mein Mann (vor Ende September) sowieso noch nichts.

Welche Erfahrungen habt ihr beim Ausschleichen von NL gemacht, wenn sie länger als 1 bis 2 Jahre genommen werden mussten?
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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CrazyChild
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Beitrag So., 27.07.2014, 09:11

Ich habe viele Jahre Fluspirilen in wöchentlicher Spritzenform bekommen. Um das Mittel nach so länger Zeit wieder abzusetzen war jedoch ein regelrechter Entzug notwendig der aber auszuhalten ist und den ich mit Hilfe eines Therapeuten durchgezogen habe. Ich habe keine Nebenwirkungen während der Medikamentengabe verspürt und auch die befürchteten Spätfolgen nach jahrelanger Neuroleptikagabe sind bei mir ausgeblieben.
LG, CrazyChild

***stay strong***


montagne
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Beitrag So., 17.08.2014, 15:22

Befürchtete Spätfolgen nach dem Absetzen sind u.a. Parkinsonähnliche Symptome. Wann es (je nach Medikament) auftroff kann man aber nicht sagen. Bei manch einem nach 2 Jahren, bei anderen nie.
Wenn dein Mann aber eine psychotische Episode hatte, wird er das jetzt eben brauchen. In dem von dir zitierten Thread geht es eher um Mischkonsum, solltest du nun nicht zu sehr auf deinen Mann beziehen, sondern dich daran halten, was empirische Erkenntnisse sind. Eine chronifizierte Psyche ist jedenfalls, derart beeinträchtigend, dass eben eine Neuroleptikagaba absolut gerechtfertigt ist, damit es bei dieser einen Episode bleibt.
"Jetzt muss es mir erst einmal 3 Monate lang gut gehen, bevor ich wieder über Reduktion nachdenke. Außer der Arzt sagt, dass ich runterfahren soll."
Find ich erstmal sehr klug.

Was ich aber eigentlich sagen will, auch wenn es nicht deine Frage betrifft:
Wünsche dir lieber nicht, das dein mann so wird wie früher. Früher kann er nicht gesund gewesen sein, sonst hätte er keine so schweren psychischen Probleme bekommen.
Ehrlich gesund wundere ich mich, dass du meinst etwas erzwingen zu dürfen oder zu müssen. Eigentlich hast du in seiner Medikamentenversorgung nix mitzureden. Das ist was, was er und der Arzt entscheiden. Dein Mann ist psychisch krank, nicht geistig retardiert.
Ja, es kann durchaus sein, dass es noch lange, lange dauert, bis er wieder gesund wird (was eh nicht heißt, dass er so wird, wie früher). Ein Jahr ist NICHTS. Aber das macht nichts, denn auch der Weg der Genesung und Entwicklung ist lebbar und freudvoll und lohnt sich vor allem.
Und ich hoffe er macht Psychotherapie. Denn Medikamente können Unterstützen, aber sie lösen die Probleme nicht, die seiner Störung zugrunde liegen.

Ich denke mehr Gelassenheit wäre gut für dich UND deinen Mann.
amor fati


Thread-EröffnerIn
Feenya
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Beiträge: 772

Beitrag Mo., 18.08.2014, 09:34

montagne hat geschrieben:
Was ich aber eigentlich sagen will, auch wenn es nicht deine Frage betrifft:
Wünsche dir lieber nicht, das dein mann so wird wie früher. Früher kann er nicht gesund gewesen sein, sonst hätte er keine so schweren psychischen Probleme bekommen.
Ehrlich gesund wundere ich mich, dass du meinst etwas erzwingen zu dürfen oder zu müssen. Eigentlich hast du in seiner Medikamentenversorgung nix mitzureden. Das ist was, was er und der Arzt entscheiden. Dein Mann ist psychisch krank, nicht geistig retardiert.

[...]

Und ich hoffe er macht Psychotherapie. Denn Medikamente können Unterstützen, aber sie lösen die Probleme nicht, die seiner Störung zugrunde liegen.

Ich denke mehr Gelassenheit wäre gut für dich UND deinen Mann.
Doch, ich wünsche mir, dass mein Mann wieder so wird, wie er vor seinem Zusammenbruch war.

Er war gesund. Auch psychisch gesund. Und er wird auch wieder psychisch vollkommen gesund sein, wenn er diese Episode nun hinter sich lassen kann.
Und die Chance, dass er bis an sein Lebensende psychisch gesund bleiben wird, die sehe ich mit 100% an.
Der Auslöser für die Erkrankung, extrem großer Druck und Ungerechtigkeiten am Arbeitsplatz, der ist seit Herbst 2013 keine "Bedrohung" mehr.

Du kennst die Geschichte, weshalb es zu einer beginnenden Depression kam, nicht. Ich schon.

Wie kommst du auf die Idee, dass ich etwas erzwingen will?
Wo liest du, dass ich mich in die Medikation einmische?
Wo liest du, dass ich meinen Mann (wie ein Kind) bevormunde? - (" ... dein Mann er ist nicht retardiert")

PT macht mein Mann, und gelassen sind wir sowieso.
Wenn dein Mann aber eine psychotische Episode hatte, wird er das jetzt eben brauchen.
Schau mal ...
Mein Mann hatte eigentlich eine depressive Episode.

Sein Pech war nur, dass er auf das AD, das er vom HA bekam, psychotisch (schlimme "Zwangsgedanken", kreisend, wie ein Film der sich nicht unterbrechen ließ, ...) reagierte. Sobald das Medikament nicht mehr eingenommen wurde, waren auch diese psychotischen Zustände nicht mehr vorhanden.
Diese Erfahrung haben wir in den 1990er-Jahren schon gemacht (Medikament durch ein anderes AD ersetzt, und siehe da .... alles wieder paletti) , und diese Erfahrung haben wir auch voriges Jahr gemacht ...

Es wäre auch nicht weiter schlimm gewesen, wenn mir der Arzt im Krankenhaus voriges Jahr geglaubt hätte ....

Hätte er mir zugehört, dann hätte er meinem Mann am Abend nicht noch einmal das AD-xy gegeben. Vor den Ärzten in der Psychiatrie in eine Psychose verfallen, das ist leider nicht so gut.

Inzwischen weiß ich schon etwas mehr darüber, warum mein Mann so auf diese Medikament reagiert hat.

Du musst es dir in etwa so vorstellen, wie diese verschobene Wahrnehmung, die man auf Drogen bekommen kann ... Ist der Wirkstoff aus dem Körper raus, ist auch die Wahrnehmung wieder normal.

Menschen haben eine Disposition für etwas ...
Wenn sie mit den Drogen, oder schädigenden Nebenwirkungen einzelner "Psychodrogen", nie in Berührung kommen, dann wird nie jemand davon etwas bemerken, dass dieser Mensch psychotisch reagiert.
Mein Mann hatte halt die Disposition, auf den Wirkstoff dieses AD psychotisch zu reagieren.

So, wie ihm Olanzapin nicht "eine zweite Haut" - die ihn vor den psychotischen Einflüssen schützen soll - verpasst hat, sondern meinem Mann seine "Haut abgezogen" hat..... (Er hielt psychisch nichts, aber rein gar nichts mehr aus. )

Oder so wie mein Mann in den 1990er-Jahren im Krankenhaus auf ein Medikament mit extremen Muskelkrämpfen reagiert hatte ...
Der Arzt wusste da auch nicht, was da los war .... er kannte so eine Reaktion nicht. Aber es war eindeutig dieses Medikament. Weil mein Mann vorher nie, und auch hinterher nie wieder auf ein Medikament Muskelkrämpfe entwickelte ....
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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