In wie weit ist Fixierung erlaubt?

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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Philosophia
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In wie weit ist Fixierung erlaubt?

Beitrag Do., 06.07.2017, 17:11

Hallo ihr Lieben, eine Freundin von mir wurde letztens gegen ihren Willen auf eine Entzugsstation gebracht, nachdem sie zuvor alkoholisiert (trinkt sonst nie, war einmalige Sache) aufgefunden worden war. Dort wurde sie dann fixiert, weil sie nicht bleiben wollte (und sich auch gewehrt hat). Ist das normal? Warum hätte man sie nicht einfach in eine Ausnüchterungszelle stecken können? Was sind eure Erfahrungen damit?
Grüße zu euch
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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shesmovedon
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Beitrag Do., 06.07.2017, 17:17

Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie sich mit Händen und Füßen gewehrt hat. Du weißt nicht, inwiefern sie aggressiv war in ihrem alkoholisierten Zustand.

Aber manche fixieren echt schnell. Da muss man nicht viel gemacht haben, da reicht das Verschieben eines Stuhls, was als Aggression gegen das Personal gewertet wird und schon liegst du festgeschnallt auf dem weißen Bett.

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Scars
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Beitrag Do., 06.07.2017, 19:18

Spontan: vielleicht waren die "Alki-Zellen" im Krankenhaus besetzt?
Wenn sie überhaupt schon dort gelandet ist, muss der Promillepegel ja doch ganz gut gewesen sein... ;)
Ich denke, das war einfach eine Verkettung ungünstiger Umstände, gerade bei alkoholisierten Personen ist das Personal da gegebenenfalls auch nicht so zimperlich und wenn sie schonmal drin ist und sich wehrt, haben die dort eben eine "Sorgfaltspflicht" (mir fällt das richtige Wort gerade nicht ein...) bis zur (ausreichenden) Ausnüchterung.
LG scars
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Philosophia
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Beitrag Sa., 08.07.2017, 10:07

Hallo, danke ihr zwei - ja, ich weiß tatsächlich nicht, wie aggressiv sie war. Gilt wüstes Beschimpfen auch schon als Grund? Körperlich hat sie sich sicher auch gewehrt, aber sie war wohl auch sehr ausfällig...
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Maskerade
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Beitrag Sa., 08.07.2017, 20:10

Naja, also so schnell wird nun auch nicht fixiert, Schlendrian. Dazu würde es schon einer längeren Krankheitgeschichte und Aggressionsausbrüche bedürfen. Und wenn es wirklich zum Schutz des Patienten selbst, den anderen Patienten und vom Personal geschieht, dann muß in der Regel schon was gewesen sein.
Aber Du hast schon recht, es gibt einige Kollegen, die sehr schnell fixieren,, was ich ehrlichgesagt als große Sauerei empfinde.

Wenn Alkohol UND Agressionsbrauch auftritt, dann macht es aber auch sinn, denn alkoholisierte Menschen können SEHR unberechenbar sein und zur Gefahr werden.

Ich mußte mal bei einem Mann beim fixieren helfen, das war grauenhaft. Ein Muskelpaket von Kerl, Kraft wie ein Bär und schrecklich aggresiv. Der hatte über 5 Promolle und eine Wunde von einem Messerstich, ein geechter Wodkatrinker, wenn Du verstehst ... Er wollte mich beißen, da rutscht einem schon mal der Ellbogen aus. Nicht absichtlich, das war Reflex. Was ich sagen will, es gibt tatsächlich Gründe, warum man fixieren MUSS. Aber das sollte meiner Meinung nach wirklich gut und realitätsbezogen Prüfen. Und anordnen tun es letztendlich sowieso die Ärzte. Wir hatten auch Ärzte, die schnell bei so einer Maßnahme waren. Und nicht immer geschieht eine gite Zusammenarbeit zwischen Pflegeteam und Ärzten.

Was Philosophia selbst dazu sagt:
ja, ich weiß tatsächlich nicht, wie aggressiv sie war. Gilt wüstes Beschimpfen auch schon als Grund? Körperlich hat sie sich sicher auch gewehrt, aber sie war wohl auch sehr ausfällig...
Wenn die Freundin betrunken war UND sehr aggressiv, auch verbal und körperlich, dann ist es für mich als ehemalige Mittarbeiterin nachvollziehbar.
Liebe Grüße, Maskerade

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Rubey
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Beitrag Sa., 08.07.2017, 22:39

Ich habe schon oft erlebt, dass Fixierungen passierten, die nicht gerechtfertigt waren. Sowohl bei mir, als auch bei vielen anderen Patienten. Ich hatte sehr oft das Gefühl, dass Ärzte ihre Macht an Patienten ausleben konnten. Und ganz ehrlich, wen interessiert es, ob eine Fixierung gerechtfertigt war? Ein Richter kommt, hat vorher schon mit dem Arzt gesprochen und möchte auch nur seine Arbeit gemacht haben. Und ja, ich spreche aus Erfahrung. Wie viele Pfleger habe ich getroffen, die sich auf mich geworfen haben, obwohl ich vorher laut sagte, dass ich mich freiwillig in das Bett lege. Im Nachhinein ist es dann immer eine "große Sauerei" gewesen, aber währenddessen oder kurz nach solchen Ergebnissen interessiert es keinen....
Tut mir leid, für solche Ärzte habe ich kein Verständnis!

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Rubey
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Beitrag Sa., 08.07.2017, 22:45

Oft reichte da eine Beleidigung aus, die dem Arzt zu persönlich war oder vielleicht auch zu treffend und der Notknopf war gedrückt. Und wem wird im Zweifel geglaubt? Mit Sicherheit nicht dem Betroffenen.


Maskerade
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Beitrag Sa., 08.07.2017, 22:57

Ich habe auch nicht gesagt, daß ich für solche Ärzte Verstämdnis habe, ich habe lediglich beschrieben, wie das oft läuft. Solche Ärzte gehören für mich nicht an so eine Stelle, die sind völlig fehl am Platz. Und da kommst du auch als Pflegekraft nicht ran, da haste halt die A-Karte und mußt die Maßnahme durchführen, ganz egal, ob sie gerechtfertigt ist, oder nicht. Hätte üble Konsequenzen gehabt. Ich habe mit so manchem Arzt diskutiert, aber da hat von der Maßnahme keine Abstand genommen. Und dann sollte ich diese Maßnahme gegenüber dem Patienten erklären und rechtfertigen. Das hätte der Arzt ja dann auch selber machen können.
Für mich war Fixierung immer ein sehr schwieriges Thema. Nicht weil ich als Patientn fixiert worden wäre, dazu ist es Gott sei Dank nie gekommen, aber weil ich einen ausgeprägten Gerechtheitssinn habe und mir ungerecht in der Seele weh tut.

Ich bin froh, daß ich nicht so oft helfen mußte. Auf meiner Station wurde nicht fixiert, so mußte ich ab und zu bei anderen Stationen aushelfen. Und dann oftmals auch Sitzwache machen. Das fnd ich widerum bei so mancher Schnapsleiche gar nicht prickelnd ...
Liebe Grüße, Maskerade

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Beitrag Sa., 08.07.2017, 22:58

Rubey hat geschrieben: Sa., 08.07.2017, 22:45 Oft reichte da eine Beleidigung aus, die dem Arzt zu persönlich war oder vielleicht auch zu treffend und der Notknopf war gedrückt. Und wem wird im Zweifel geglaubt? Mit Sicherheit nicht dem Betroffenen.
Das ist mir zu verallgemeinert ...
Liebe Grüße, Maskerade

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Beitrag Sa., 08.07.2017, 23:01

Wenn ich inen Patienten entsprechend länger kenne, dann würde ich ihm je nach dem schon glauben. Und die Ärzte kennt man ja mit der Zeit auch und weiß wohl, wie Fixierungen zustande kommen.
Liebe Grüße, Maskerade

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Philosophia
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Beitrag So., 09.07.2017, 16:45

Ich glaube, das ist ein ganz schwieriges Thema ... mich beschäftigt das sehr. Ich bin betroffen über die Zerstörtheit meiner Freundin. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass sie dem Personal Angst gemacht haben könnte mit ihrem Gebaren. Aber sie soll wohl auch ganz lang alleine gelassen worden sein, was dann auch schwierig war, als sich ein dringendes Bedürfnis einstellte. Herrjeee. Maskerade, du schriebst etwas von Sitzwache - hätte nicht jemand mal wenigstens ab und an nach ihr schauen müssen?
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Beitrag So., 09.07.2017, 20:00

Hallo Philosophia,

kommt drauf an, normaleweise heißt Sitzwache, daß die ganze Nacht jemand beim Patienten/in ist. Wenn diese nicht angeordnet ist, dann überwacht Das Personal die Patientin über den Monitor und geht nar ab un zu mal zur Patientin rein. Ich weiß die aktuelle Vorschrift, wie oft nicht. Also wir sind, vom Patienen/in + - 4-6 mal rein gegngen. Damals hatten wir aber auch noch keine Bildschirmüberwachung.

Wenn sich jemand gar nicht beruhigen konnte und verbal immer noch sehr aggressiv war, dann sind eher 1-2 mal weniger rein, dann wäre keine Ruhe eingekehrt und es gab ja auch noch fast
30 Patientn/-innen auf Station, die schlafen wollten.

Allerdings war ich nicht so oft beim Fixieren dabei, denn auf meiner Station wurde gar nicht fixiert. Wenn es trotdem bei jemanden nötig war, dann brachten wir die Leute auf die Akutstation. Ich bin diesbezüglich vor allem für andere Stationen zum Einsatz gekommen, über das Notrufsystem. Meißt bei Menschen mit Alkoholproblemen, u/o. die estrem agressiv waren.
Zwei meiner Patientinnen haben das anders gemacht. In gewissen Situationen gab ihnen eine Fixierung Sicherheit, einen Halt. Wenn die das Gefühl hatten, does zu brauchen, dann haben wir das direkt organisiert und nach ein paar Stunden kamen die wieder auf Station an und waren wie umgedreht. Ich hab das damal nicht gleich verstanden, viellei ht auch, weil ich nie fixiert wurde und nicht weiß, wie ies ist, auf's Bett gebunden zu sein. Ich meine, ich würde wahrscheinlich spätestens dann völlih austicken. Ein einziges mal standen schon die angeforderten Ffleger/innen da und wollten mich Abführen. Naja sie haben es dann doch gelassen. Dem Himmel sei Dank.

Fazit: Es gibt Menschen, denen eine Fixierung helfen kann und es gibt andere, die dann ers recht los gehen. Es gibt Personal, das es über herausfordert, und es gibt andere, die andere Wege probieren, mit dem Patienten/in umzugehen. Und ebenso gibt es Ärzte, die in dieser Sache ihre Macht demonstrieren und es gibt auch andere, die wie das Personal auch, abdere Wege probieren.
Liebe Grüße, Maskerade

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