Angst vor Zwangseinweisung

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.

Eremit
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Beitrag Di., 30.12.2014, 08:57

sadmaso67 hat geschrieben:die Praxis (Österreich) jedoch kann auch die sein -da ein Amtsartz/-ärztin anwesend ist- das der/die recht schnell; wenn man zu "selbstebewußt" auftritt/sich zu einer agressiven Aussage (Ermessensspielraum) hinreißen läßt, das dann recht zügig als "Gefährdung" auslegen kann.
Yup, unter Umständen hat man dann sogar das Pech, nicht in eine Psychiatrie, sondern gleich nach Stein zu kommen.

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crocodile
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Beitrag Di., 30.12.2014, 13:24

Krang2 hat geschrieben: Man sollte öfter seinem Bauchgefühl vertrauen. Mich wollte mal ein Psychiater zwangseinweisen, nur weil ich ihm von Phantasien erzählt hatte, das hat damals viel mühsam investiertes Vertrauen zerstört. Ich spürte seine feindselige Haltung gleich an einer Frage, reagierte leider mit Trotz anstatt Zurückrudern, naja ich war noch jung.
Ich verstehe was du sagst aber mein Problem ist anders: Psychiater darf da sein um die Personen in Krise zu helfen. Es soll nicht mein Problem sein, zusätzlich zum Alles was in mein Leben schief geht, mich um die Überreaktionen von Psychiatern zu kummern. Und mich zusätzlich überbelasten, dass wann ich etwas schlecht sage oder zu irritiert aussehe sie haben Recht mich einzusperren, drogen und missbrauchen. Es ist die Zwangspsychiatrie das solche Situationen erstellt und eskaliert. Psychiater haben keine Fähigkeit es vorhersagen ob jemand wirklich selbstmörderisch oder gewalttätig wird. Sie sollen keine Recht haben wegen ihre eigene Angste und Vorurteile anderen zu missbrauchen.

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Krang2
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 12:45

@crocodile,
in deinem Handeln ist es fördernder dazwischen zu unterscheiden, wie eine Situation deiner Idealvorstellung nach sein sollte (helfender, verständnisvoller, nicht überreagierender Psychiater mit begrenzter, kontrollierbarer Macht) und wie sie sich tatsächlich darstellt (Psychiater ist auch nur ein Mensch mit Fehlern und kann seine Macht potentiell mißbrauchen).

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crocodile
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Beitrag Di., 06.01.2015, 19:55

Krang2 hat geschrieben:@crocodile,
in deinem Handeln ist es fördernder dazwischen zu unterscheiden, wie eine Situation deiner Idealvorstellung nach sein sollte (helfender, verständnisvoller, nicht überreagierender Psychiater mit begrenzter, kontrollierbarer Macht) und wie sie sich tatsächlich darstellt (Psychiater ist auch nur ein Mensch mit Fehlern und kann seine Macht potentiell mißbrauchen).
Dann darf er keiner solcher Macht haben. Wenn du einen Menschen zu viel Macht ueber anderen gibt dann Ergebnis ist Mißbrauch. Es ist systemisch, klar, aber dass macht die Personen die anderen mißbrauchen nicht weniger schuldig.

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Krang2
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Beitrag Mi., 07.01.2015, 10:56

Und inwiefern ist das ein Widerspruch zu meiner Äußerung bzw. meinem Rat? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Und Schuld...setzt Einsicht voraus. Ich denke, die meisten Psychiater sehen sich nicht als machtmißbrauchende, abreaktive Willkürherrscher, sondern haben durchaus edlere Motive als nur Macht und Geld. Zwangsmaßnahmen werden sie als helfende und notwendige Maßnahmen rechtfertigen, und selbst, wenn das zuweilen stimmt, ist es im Grunde eine eher philosophische Frage, ob und wie man jemandem gegen seinen Willen helfen darf, soll, muß...für Betroffene stellt sich aber doch eine ganz andere Frage: Wollen sie einen Psychiater, den sie als pontentiell freiheitsbedrohend identifiziert haben (ob nun paranoid oder mit Recht), gegen sich aufbringen, oder wollen sie baldmöglichst aus seinem Einflußbereich entschwinden?

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crocodile
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Beitrag Mi., 07.01.2015, 23:01

Krang2 hat geschrieben:Und inwiefern ist das ein Widerspruch zu meiner Äußerung bzw. meinem Rat? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Und Schuld...setzt Einsicht voraus. Ich denke, die meisten Psychiater sehen sich nicht als machtmißbrauchende, abreaktive Willkürherrscher, sondern haben durchaus edlere Motive als nur Macht und Geld. Zwangsmaßnahmen werden sie als helfende und notwendige Maßnahmen rechtfertigen, und selbst, wenn das zuweilen stimmt, ist es im Grunde eine eher philosophische Frage, ob und wie man jemandem gegen seinen Willen helfen darf, soll, muß...für Betroffene stellt sich aber doch eine ganz andere Frage: Wollen sie einen Psychiater, den sie als pontentiell freiheitsbedrohend identifiziert haben (ob nun paranoid oder mit Recht), gegen sich aufbringen, oder wollen sie baldmöglichst aus seinem Einflußbereich entschwinden?
Es is keine philosophische Frage, es ist ganz praktisch wann wir den Psychiater gesetzlich ermächtigen um anderen gegen ihreen Willen zu behandeln. Es gibt keine wissenschaftliche Beweis, dass die Psychiater es vorhersagen koennen, wer and wann suizidal oder anderen gefährlich wird. Also sie verwenden die Zwangsmaßnahmen immer wann jemand ihnen widerspricht, die Tabletten nicht nehmen will (oft mit guten Grunden - diese Drogen sind sehr toxisch und koennen jemand mehr aggresiv oder selbstmörderisch machen - z.B Benzodiazepine haben so-genannte paradoxe Wirkung), etc. Es gibt auch keine wissenschaftliche Beweis, dass diese Maßnahmen helfen und viele dagegen (es ist keine gute Idee jemanden der depressiv ist zu traumatizieren oder jemanden der paranoid ist alle diese Paranoia zu bestimmen).
UN hat kuerzlich Zwangspsychiatrie als Folter erklärt. Wenn man an die Geschichte der Psychiatrie denkt es koennte Zeit sein dass Zwangspsychiatrie verbotten wird. Ich kann mich nicht weniger um die Motive den Psychiater kuemmern (obwohl ich denke dass es auch viele von den die sadistich sind - vielleicht nocht die
Mehrheit, aber mit Sicherheit eine gute Portion) - auch die "gute Menschen" kann Gräueltaten begehen (noch Mal: sehe Psychiatries Geschichte) wenn sie die Macht über anderen haben.

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crocodile
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Beitrag Mi., 07.01.2015, 23:11

Es kann jeden passieren (Geschichte aus Deutschland):
http://www.gustl-for-help.de/index.html
Kuerzlich gab es ähnliche Geschichte aus Polen und ich bin sicher es gibt viele die es nicht in Medien berichtet werden. Genau wie mit OWS Akutpsychiatrie - es gab viele Skandale ueber den man lesen kann aber ich weiss es persoenlich, dass die Mehrheit kommt nicht zum Licht.

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Krang2
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Beitrag Do., 08.01.2015, 12:53

Wenn du den Fall Mollath und die anderen Fälle betrachtest, wird dir auffallen, daß die Psychiater da nur "Handlanger" waren, die treibende Kraft waren Angehörige, die dieses Kampfmittel nutzten.
Mein Rat war auch ganz praktischer Natur, d.h. herauszufinden, wo wird konkret meine Freiheit bedroht, und wie schütze ich mich am besten dagegen?
Wieso ist es keine philosophische Frage, ob man jemandem gegen seinen eigenen Willen helfen sollte? Ich finde das sogar eine sehr schwierige Frage, da hier verschiedene grundlegende Werte aufeinanderprallen.


pandas
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Beitrag Do., 08.01.2015, 13:05

In der Praxis der Einweisungen gibt es höchst manipulative Strategien, um Menschen dazu zu bewegen, Formulata zu unterzeichnen. Das gilt auch für die Angehörigen.

Im Falle Mollath war es aber ein Konglomerat. Da war auch Vitamin B im Spiel. Es ging nicht nur von den Angehörigen aus, ein System hatte Interesse daran, den Mann aus dem Verkehr zu ziehen.
Die Psychiatrie hatte ja Anschuldigungen im juristischen Bereich als Symptome einer Psychose ausgelegt ...

Der freie Wille. Knackpunkt daran ist ja, dass niemand soloistisch besteht. Willensäusserungen sind immer auch soziales Produkt. Dies beweist sich beispielsweise dadurch, dass dieselbe Person im Setting A einen anderen Willen äussert als im Setting B.
Durch Gesprächstaktik kann die Willensäusserung manipuliert werden. Problem ist hier ja auch, dass Person B als nach dem Willen von Person A fragende Person ein Interesse an dem Willen von Person A hat.
Würde Person B den Willen einfach so bestehen lassen wollen, würde sie erst gar nicht fragen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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crocodile
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:09

Krang2 hat geschrieben:Wenn du den Fall Mollath und die anderen Fälle betrachtest, wird dir auffallen, daß die Psychiater da nur "Handlanger" waren, die treibende Kraft waren Angehörige, die dieses Kampfmittel nutzten.
Zwangspsychiatrie ist kein Medizin, es ist außergerichtliche soziale Kontrolle. Das ist der Grund was solche Sachen passieren. Manchmal sind die Ursache politisch, manchmal persoenlich, manchmal ist der Psychiater ein Sadist - der Effekt is immer Missbrauch.
Krang2 hat geschrieben:Wieso ist es keine philosophische Frage, ob man jemandem gegen seinen eigenen Willen helfen sollte?
Weil das keine "Hilfe" ist. Wenn ich das nicht will du hilfst mir nicht, du missbrauchst mich.

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Krang2
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 08:28

@crocodile,
dein letzter Satz ist gerade in Hinblick auf pandas Einwand oft gar nicht so klar. Dieser Wille ist beeinflußbar, kann sich auch mit dem sozialen Umfeld verändern, wenn man z.B. andere Perspektiven aufgezeigt bekommt, sich weiterentwickelt - oder im negativen Sinne, wenn man leicht beeinflußbar ist.

Wenn jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt, daß er dies oder jenes will oder nicht will, dann könnte das auch ohne Manipulation später anders sein, z.B. wenn er zu diesem Zeitpunkt gerade einen psychotischen Schub hat. Wonach bewerte ich dann seine Willensäußerung als Außenstehender? Nach meinen Überzeugungen? Nach rechtlichen Vorgaben? Nach seinem mutmaßlichen Willen im "Normal"zustand? Oder danach, was er statistisch häufiger geäußert hat? Oder wirklich nur wortwörtlich danach, was er gerade sagt? Und was, wenn seine Kommunikation inkongruent ist, er also unterschiedliche Signale vermittelt?

Stets den freien Willen zu respektieren hieße dann konsequenterweise auch, jemandem stets auch zu erlauben, sich selbst zu schaden, z.B. durch Drogen, Ritzen, hochriskantes Verhalten, Ruinieren seines Lebens (z.B. Arbeits-, Wohnungs-, Freiheits-, Freundeskreisverlust) oder gar Selbstmordversuche. Für Privatpersonen wie uns ist das vielleicht "nur" eine Gewissensfrage, aber ein Psychiater hat eine größere Verantwortlichkeit - wenn er einen Patienten aufgrund seines "freien Willens" gehen läßt und dann etwas passiert, womöglich noch Dritten geschadet wird, dann muß er sich als Fachmann rechtfertigen, im schlimmsten Fall sogar vor der Öffentlichkeit oder einem Gericht. Macht bedeutet nicht nur Mißbrauchsmöglichkeit, sondern auch größere Verantwortung.

Wenn du deine Meinung, daß Zwangseinweisung grundsätzlich verboten gehört, so vertrittst, dann mußt du dir auch über die Konsequenzen klar sein und diese ebenfalls vertreten können.

Und meine vorigen Beiträge waren alle aus Patienten-/Betroffenensicht formuliert, sozusagen als Orientierungshilfe, ohne moralische Bewertung der Entscheidungen des Psychiaters. Denn praktisch werden wohl weder du noch ich ein neue Gesetzesinitiative auf den Weg bringen, d.h. wir können nur unser eigenes Verhalten in so einer Gefährdungssituation beeinflussen. Und da halte ich so eine Grundsatzdiskussion mit dem Psychiater für wenig förderlich, schon eher gespielte Einsicht.

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crocodile
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Beitrag Sa., 10.01.2015, 00:07

Krang2 hat geschrieben:@crocodile,
Stets den freien Willen zu respektieren hieße dann konsequenterweise auch, jemandem stets auch zu erlauben, sich selbst zu schaden, z.B. durch Drogen, Ritzen, hochriskantes Verhalten, Ruinieren seines Lebens (z.B. Arbeits-, Wohnungs-, Freiheits-, Freundeskreisverlust) oder gar Selbstmordversuche.
Genau. Das ist der Preis der Freiheit. Niemand sagt das du die Person nicht deine Hilfe bitten soll. Und auch wann du die so-gennante "Hilfe" mit Gewalt und Zwangsmaßnahmen gibst wirkt es nicht - man kann einer Alkoholiker nicht mit Zwang nüchtern machen, nicht für Lange - die Person muss es willen nüchtern zu bekommen und die Gewohnheit zu kicken. Das ist auch mit Zwangspsychiatrie wahr - viele Suizide passieren kurz nach Spitalaufenthalt. Sie machen es nicht besser und oft machen sie es schlechter.
Krang2 hat geschrieben:Für Privatpersonen wie uns ist das vielleicht "nur" eine Gewissensfrage, aber ein Psychiater hat eine größere Verantwortlichkeit - wenn er einen Patienten aufgrund seines "freien Willens" gehen läßt und dann etwas passiert, womöglich noch Dritten geschadet wird, dann muß er sich als Fachmann rechtfertigen, im schlimmsten Fall sogar vor der Öffentlichkeit oder einem Gericht. Macht bedeutet nicht nur Mißbrauchsmöglichkeit, sondern auch größere Verantwortung.
Ja. Das ist genau warum auch die "gute Psychiater" Menschen missbrauchen. Weil sie sich fuer eigene Haut Angst haben. Wenn sie jemanden missbrauchen gibt es fast immer keine Folgen. Diese Rechtsrahmen geben den Menschen falsche Anreize.
Krang2 hat geschrieben:Wenn du deine Meinung, daß Zwangseinweisung grundsätzlich verboten gehört, so vertrittst, dann mußt du dir auch über die Konsequenzen klar sein und diese ebenfalls vertreten können.
Genau was ich denke passieren soll. Psychiater soll keine Verantwortlichkeit fuer autonome Entscheidungen der anderen tragen. Nur fuer medizinische Entscheidungen. Jetzt ist es aber ganz umgekehrt: wenn etwas schlechtes mit den Patienten passiert ist "ja, wir können nicht allen helfen" - ich habe nicht gehört ueber einen Psychiater der Rechtsfolgen dafuer leidet. Wenn sie jemanden missbrauchen - "ja, das war Gefahr fuer selbst und anderen" und viel Glück das Gegenteil zu beweisen. So oder so - keine Konsequenzen.

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