Es sind Infos, die für mich relevant sind/waren, aus verschiedensten Quellen (Bücher, Internet, verbale Infos meines Theras, befreundete Thera) von mir zusammengestellt. Sie sind mit Siherheit unvollständig, wer mehr wissen möchte, kann sich ja selber weiter informieren.
Schematherapie
Die Schematherapie wurde aus der Verhaltenstherapie zur Behandlung von Patienten entwickelt, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstörung mit den üblichen Therapien nicht therapierbar waren/nicht entsprechend drauf ansprachen. Sie zielt darauf ab, chronische emotionale Probleme zu lindern und dysfunktionale Lebensmuster zu durchbrechen, besonders im Hinblick auf schwer behandelbare Persönlichkeitsstörungen und andere komplexe Probleme (dissosiative Störungen, Borderline, PTBS, komplexe PTBS, narzistische PS, …). Damit bemüht sie sich genau um jene Schwierigkeiten, bei denen die klassischen Therapieformen wie Kognitive VT, Analyse, TFP häufig an ihre Grenzen stoßen.
Dazu hat der Begründer der Schematherapie, Jeffrey Young, die Kognitive Verhaltenstherapie um die Techniken anderer Therapiemethoden theoretisch und praktisch erweitert: So wurde z.B. das Störungsverständnis um die frühen Beziehungserfahrungen und die Grundbedürfnisse einbezogen, die Beziehungsgestaltung im Sinne einer Nachbeelterung persönlicher gestaltet, emotionsaktivierende Verfahren aus der Gestalttherapie sowie die Arbeit mit emotionalen Aktivierungen in der therapeutischen Beziehung einbezogen und Erkenntnisse und Techniken der psychodynamischen und bindungstheoretischen Konzepte integriert. Damit ist sie zu einem psychotherapeutischen Verfahren geworden, das bewältigungs- und klärungsorientierte Elemente miteinander verbindet, in die Tiefe geht und gleichzeitig die therapeutische Beziehung als zentralen Baustein des therapeutischen Prozesses auffasst.
Zu den bindungs- und traumabedingten Persönlichkeitsstörungen:
Da wichtige emotionale Schemata bereits in der frühen Kindheit angelegt werden, bevor sprachverbundene, kognitive Prozesse möglich sind, berücksichtigt die Schematherapie die frühen Beziehungserfahrungen.
In der Allgemeinbevölkerung haben etwa zwei drittel der Menschen sichere Bindungen, bei Psychotherapiepatienten überwiegen dagegen mit 80-90% die unsicheren Bindungen. Menschen mit einer unsicheren Bindung reagieren z.B. auf Trennung mit erhöhtem Stress, den sie durch spannungsreduzierende Verhaltensweisen bis hin zu Krankheitssymptomen aufzulösen versuchen. Die allgemeinen therapeutischen Techniken wirken nicht gezielt verändernd auf die Bindungsformen, so dass sich die hintergründigen dysfunktionalen Verhaltensmuster am Ende der Behandlung wieder durchsetzen und erneut Symptome hervorbringen können. Die Schematherapie versucht dagegen durch ihre besondere Form der Beziehungsgestaltung die Bindungsstörung zu beeinflussen und eine sogenannte erworbene sichere Bindung aufzubauen. Menschen mit einer erworbenen sicheren Bindung sind in Testverfahren zur Erfassung des Bindungsstils von Erwachsenen (dazu gibt es Studien) nicht von Menschen mit einer primär sicheren Bindung zu unterscheiden. Man könnte daher sagen, dass Schematherapie Bindungsstörungen „heilen“ kann.
Die therapeutische Beziehung in der Schematherapie basiert auf dem Konzept der begrenzten elterlichen Fürsorge, wobei der Therapeut bemüht ist, die Kernbedürfnisse des Patienten zu erkennen und zu befriedigen. Nach Young gehören Wärme, Akzeptanz, Validierung von Wünschen, Bedürfnissen und Gefühlen, Gewährung von Autonomie ebenso zur begrenzten Elterlichen Fürsorge wie Grenzen setzen als Orientierungshilfe, und weitere differenzierte Zuwendungen, die sich an den hinderlichen Patientenschemata orientieren.
Der Therapeut spendet z.B. zu einem Zeitpunkt Zuwendung, Trost und Schutz, zu einem anderen beschränkt er überschießendes Verhalten (Grenzen setzen) und an anderer Stelle ist er Vorbild für gesundes erwachsenes Verhalten. Insbesondere bei schwersten Beeinträchtigungen von Patienten wird die ausgeprägte Bedürftigkeit anerkannt und akzeptiert. Im Kern steckt dahinter, dass eine als Kind erlebte negative Beziehungserfahrung nur durch eine positive Beziehungserfahrung geheilt werden kann. Gerade bei konventionellen Therapieformen, bei denen die Therapeutische Abstinenz großgeschrieben wird, kommt es oft bei Patienten mir schweren bindungs- bzw. traumabedingten Persönlichkeitsstörungen zu Therapieabbrüchen oder Symptomverschlechterung, oder die Therapien dauern ewig, da die distanzierte Haltung des Therapeuten (bzw. die wahrgenommen künstliche Beziehung) eher „altbekannte“ dysfunktionale Bindungsmuster antriggert als korrigierende gesunde Bindungsmuster bietet.
Diese besondere therapeutische Beziehung in der Schematherapie fordert allerdings auch besondere Anforderungen an den Therapeuten. Schematherapie verlangt ein hohes Maß von Abstraktionsfähigkeit, um die Muster und Lebensthemen identifizieren zu können. Der Therapeut darf sich nicht in Details verlieren und dabei den lebensüberspannenden Blick für das Ganze verlieren. So wie ein Detektiv muss er ganz verschiedene Puzzleteile in einen Rahmen einfügen können.
Flexibilität ist eine andere zentrale Eigenschaft. Ein Therapeut, der einen starren, strukturierten, vorhersagbaren Ablauf braucht und gerne einem vorgezeichneten Weg folgt, ist eher nicht der beste Kandidat, um Schematherapeut zu werden. Ein Schematherapeut muss sich dauernd flexibel dem sich ändernden Verhalten der Patienten anpassen können.
Essentiell ist außerdem eine außergewöhnlich gute Beziehungsfähigkeit. Wärme und Fürsorge müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch aktiv ausgedrückt werden können, um eine nachbeelternde Bindung aufbauen zu können. Er muss also auch ein authentisches Verhalten zeigen, aktiv in Beziehung gehen, er bringt sich persönlich als Mensch ein. Daher ist ein guter Zugang zu den eigenen Gefühlen wichtig.
Wichtig ist auch, dass die Therapeuten grundsätzlich bereit sind, Patienten in bestimmten Situationen zu berühren. Wenn sie sich das nicht zutrauen, könnte das ein Zeichen sein, dass sie auch allgemein Probleme mit Nähe haben und dem Zeigen ihrer Gefühle. Die Bereitschaft, Patienten auch zu halten ist ein wichtiges Merkmal, aber keine Voraussetzung. Die körperliche Berührung des Patienten in der Schematherapie ist keine essentielle, aber eine mögliche Option in der Therapie. Wenn der Therapeut nicht bereit ist, Patienten, die in der Kindheit sehr stark depriviert wurden und die anders nicht erreicht werden können, zu halten, werden diese sich nie genug auf eine Therapie eingelassen um sich zu verbessern.
Unterschied zur Analyse/Analytiker als Schematherapeut:
Jedes Therapiemodell hat seine Stärken, aber die meisten Therapieformen nutzen im Wesentlichen nur ein oder zwei Modalitäten. Schematherapie ist breiter, sowohl konzeptuell als auch bei dem Einsatz von Techniken. Im Vergleich zur Psychoanalyse geht Schematherapie ebenso „tief“ und fokussiert auf Gedanken und Gefühle außerhalb des aktuellen Bewusstseins, aber sie geht dabei viel aktiver vor und nutzt und setzt verschiedene Techniken ein. Schematherapie geht bei der Einschätzung der Patienten strukturierter vor und führt den Therapeuten gezielt zu den zentralen Themen. Der typische Analytiker verhält sich viel distanzierter und deutet Bedürfnisse, gibt aber keine Handlungsimpulse, wie die unerfüllten Bedürfnisse erfüllt werden können, während die sog. begrenzte elterliche Fürsorge in der Schematherapie zunächst viele Bedürfnisse durch den Therapeuten erfüllt, später zum eigenständigen Handels Lösungsansätze aufzeigt.
Während die meisten Schematherapie-Therapeuten Verhaltenstherapeuten sind, gibt es aber auch Analytiker, die sich zum Schematherapeuten weitergebildet haben. Sie hatten das Gefühl, dass das, was sie bisher getan hatten, irgendwie nicht ausreichend funktioniert. Ihre
Grundvoraussetzung für die Weiterbildung war, dass sie unzufrieden mit der Psychoanalyse waren und aktiver und veränderungsorientierter werden wollten.
Ein anderer Punkt ist der Wille, den Patienten näher zu kommen. Im Konzept der Neutralität drückt sich das Bedürfnis nach Distanz zum Patienten aus und viele wählen die Psychoanalyse gerade aus diesem Grund. Ideal ist also, wenn in einem Analytiker der Wunsch nach mehr Nähe zum Patienten entsteht und er sich durch das Neutralitätskonzept eingeengt fühlt. Für ihn wird die Schematherapie wie eine Prise frischer Luft sein, die ihm erlaubt, so zu arbeiten, wie er immer wollte. Diese Analytiker können tatsächlich ausgezeichnete Schematherapeuten werden. Es ist für Analytiker sicher schwerer zu wechseln, aber es ist definitiv möglich.
weitere Einsatzmöglichkeiten
Allerdings ist die Schematherapie nicht nur eine hervorragende Therapie bei Bindungsstörungen, sondern auch und gerade bei den verschiedenen anderen dysfunktionalen Schemata, die den Patienten in die Therapie bringen. Um das alles darzustellen, auch was Schamata überhaupt sind (grob gesagt: bei diesen oder jenen äußeren Anlass [Trigger] reagiert Mensch nach Schema F), würde das hier den Rahmen sprengen. Dazu gibt es diverse Bücher (z.B. vom deutschsprachigen „Schematherapie-Papst“ Eckhard Roediger: Was ist Schematherapie?) und Seiten im Internet, durch die man sich informieren kann.
Nur noch kurz: einige der häufigsten negativen Schemata
Verlassenheit: Fehlt es in der Kindheit an Stabilität und Sicherheit, ist das emotionale Klima in der Familie kalt, kann sich das Schema Verlassenheit entwickeln. Menschen, die sich in dieser Lebensfalle befinden, haben ständig Angst, allein gelassen zu werden. Deshalb bleiben sie entweder isoliert oder klammern.
Misstrauen: Dieses Schema entwickelt sich, wenn frühere Beziehungen als unzuverlässig oder sogar als missbrauchend erlebt wurden. Es äußert sich in der Erwartung, dass andere einen verletzen oder missbrauchen. Diese Menschen gehen oft schädigende Beziehungen ein, in der Überzeugung, nichts Besseres verdient zu haben.
Abhängigkeit: Die übertriebene Fürsorge der Eltern ließ dem Kind keine Chance, ein Gefühl für seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und sich als autonom und unabhängig zu erleben. Wer in diesem Schema gefangen ist, hat das Gefühl, unfähig zu sein, sein Alltagsleben nicht ohne Unterstützung von anderen bewältigen zu können.
Emotionale Entbehrung: Menschen, die dieses Schema entwickelt haben, haben das Gefühl: "Es ist nie genug". Sie glauben, für niemanden auf der Welt wirklich wichtig zu sein. Ein tiefes Gefühl der Leere führt zu hohen Ansprüchen an andere. Was immer diese anbieten, es reicht nicht. Der Ursprung liegt in der fehlenden Fürsorge zu Beginn des Lebens. Die Bezugsperson war zwar anwesend, hat sich aber nicht angemessen um das Kind gekümmert.
Unzulänglichkeit: Wer darunter leidet, hat das Gefühl, minderwertig und unerwünscht zu sein, nichts wert zu sein, nicht geliebt zu werden. Diese Lebensfalle entsteht durch ein Elternhaus, in dem man sich nicht geliebt oder geachtet fühlte und ständig kritisiert wurde.
Unterwerfung: Personen, die in frühester Kindheit dieses Schema entwickelt haben, haben gelernt, dass ihre eigenen Wünsche und Ideen nicht gefragt sind. Auch im Erwachsenenalter werden dann eigene Bedürfnisse und Sehnsüchte geopfert, um anderen zu gefallen.
Überhöhte Standards: Bei wem dieses Schema ein Rolle spielt, versucht ohne Unterbrechung den extrem hohen Erwartungen an sich selbst gerecht zu werden. Diese Menschen glauben, wenn sie sich nur genug anstrengen, könnten sie perfekt sein – und würden dann endlich die Anerkennung bekommen, nach der sie sich so sehnen. Die Ursprünge dafür liegen in einem überzogenen Leistungsanspruch der Eltern.
Anspruchshaltung/Grandiosität: Diese Menschen haben das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Es fällt ihnen schwer, sich zu disziplinieren. Wer in seiner Kindheit keinerlei Grenzen respektieren musste, wer im Übermaß verwöhnt wurde, der hat später als Erwachsener möglicherweise Schwierigkeiten, die Interessen anderer ausreichend zu respektieren.
Quellen:
- Buch: Buch: Fortschritte der Schematherapie: Konzepte und Anwendungen (von Eckhard Roediger und Gitta Jacob): „Schematherapie ist wirklich integrativ!“ – ein Interview mit Jeffrey Young.
- Buch: Was ist Schematherapie? Eine Einführung in Grundlagen, Modell und Anwendung (von Eckhard Roediger)
- http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at ... apie.shtml
- http://www.psychologie-aktuell.info/reh ... atherapie/
- http://www.alber-stiftung.de/typo3/index.php?id=102
- Fortschritte der Schematherapie: Konzepte und Anwendungen (von Eckhard Roediger und Gitta Jacob): „Schematherapie ist wirklich integrativ!“ – ein Interview mit Jeffrey Young.