Zweifel an analytischer Gruppentherapie

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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lilitha
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Zweifel an analytischer Gruppentherapie

Beitrag Mo., 10.12.2012, 17:33

Hallo,

ich habe bereits mehrjährige einzeltherapeutische Erfahrung (Methode: Verhaltenstherapie) und mir wurde jetzt bei einer erneuten Testung und einem Erstgespräch mitgeteilt, dass mir eine analytische Gruppentherapie effektiver helfen könnte. (Diagnose: rezidivierende Depression) Ich bin diesbezüglich äußerst skeptisch, habe keine Erfahrungen und Angst, dass ich nur meine Zeit verschwende

Kann irgendjemand diesbezüglich mit Erfahrungswerten aushelfen?

GlG

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Emoticoala
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Beitrag Di., 11.12.2012, 07:55

Habe als junger Erwachsener mit ähnlicher Diagnose eine tiefenpsychologisch-psychoanalytische Gruppentherapie über 3 Jahre mitgemacht. 20 Jahre später dann eine Einzel-Verhaltenstherapie.

Der große Vorteil bei der Gruppentherapie ist, dass man durch den Vergleich mit den anderen Gruppenmitgliedern viel über sich selbst lernen kann. Es geht ja oft um sehr intime Dinge, über die man sich mit Freunden und Berufskollegen so nicht austauschen würde. Allerdings sollte man aufpassen, dass man in der Gruppentherapie nicht zu passiv bleibt, sondern regelmäßig auch von sich selbst erzählt, um möglichst ein vielfältiges Feedback zu bekommen. In der Verhaltenstherapie wird man ja zu mehr Aktivität durch Rollenspiele und Hausaufgaben angehalten. In der Gruppentherapie hat man allerdings mehr Zeit, in sich hineinzufühlen, da man nicht dauernd agieren muß.

Diese Gruppentherapie hat bei mir über viele Jahre lang nachgewirkt, weil ich bestimmte Dinge erst sehr viel später verstanden habe. Soviel ich weiß, werden moderne Gruppentherapien mit 8 Personen in Deutschland inzwischen von 2 Therapeuten betreut.

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ch123
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Beitrag Di., 11.12.2012, 09:46

was befürchtest du denn?

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lilitha
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Beitrag Di., 11.12.2012, 12:00

Danke für eure Antworten.

Da ich aktuell in einer schwierigen Lebensphase bin und auch meine finanziellen Ressourcen sehr begrenzt sind, möchte ich ich einfach sicher gehen dass ich hier in die richtige Richtung arbeite. Die Entscheidung der Methode wurde nach ein paar Tests innerhalb eines 10 Min Gesprächs getroffen.
Ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen, dass das Lösen meine persönlichen Problemstellungen/Herausforderungen irgendeine Relevanz für die Gruppe hat bzw dass es darum im Rahmen einer Gruppentherapie gehen kann.
Was ich mit Sicherheit bereits kann ist reflektieren, mich offen über meine Gefühle auszutauschen ist ebenfalls kein Thema- genauso ist mir klar, dass ich nicht die einzige mit Depressionen bin. Vielleicht hat man mir ja daher die Gruppentherapie vorgeschlagen?

Ich befürchte einfach, dass ich nicht ausreichend an meinen persönlichen akuten Problemen arbeiten kann. (z.B. dass ich beruflich in einer Phase der völligen Neuorientierung befinde, kein Einkommen habe, mich daher existenzielle Ängste plagen; ich bei Belastung an schweren Schlafstörungen leide; laufend über-emotional reagiere und sehr viel weine; ich mit Stress keinen oder einen sehr schlechten Umgang habe; und mein persönlicher Leistungsanspruch, der komplett im Gegensatz zu meiner momentanen Lebenssituation steht und laufend Druck macht).

Weiters würde mich interessieren, was eine analytische Gruppentherapie von einer anderen Gruppentherapie unterscheidet. Welche Merkmale hat diese Methode? Für welche Problemstellungen wird sie angewandt? Wie wird gearbeitet?
Zuletzt geändert von lilitha am Di., 11.12.2012, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.

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Miss_Understood
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Beitrag Di., 11.12.2012, 12:06

Das Thema interessiert mich auch. Ich merke es mir hiermit mal auf die Schnelle. Habe selber keine Erfahrung mit psychoanalytischer Gruppentherapie und schon mal gefragt, wie das von statten geht (Deutschland), aber noch keine weiteren Recherchebemühungen unternommen, da anderes wichtiger war/ist. Wie auch jetzt.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Emoticoala
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Beitrag Di., 11.12.2012, 18:46

lilitha hat geschrieben: Weiters würde mich interessieren, was eine analytische Gruppentherapie von einer anderen Gruppentherapie unterscheidet. Welche Merkmale hat diese Methode? Für welche Problemstellungen wird sie angewandt? Wie wird gearbeitet?
In der analytischen Gruppentherapie damals spiegelte der Therapeut jedem Gruppenmitglied in einer 1-zu-1-Beziehung Gefühle und Assoziationen zurück. Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern fand eher weniger statt. Bei 2 Therapeuten heutzutage soll aber mehr Interaktion möglich sein, habe ich mir sagen lassen.

Habe auch einmal in einem Workshop mit einem Therapeuten eine systemische Aufstellung mitgemacht. Das kam mir als emotionale Selbsterfahrung heftig vor und ich konnte nicht recht verstehen, was an Interaktion da wirklich ablief. Aber es war nur ein einmaliges Erlebnis.

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carö
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Beitrag Di., 11.12.2012, 20:06

hallo emoticoala,
Emoticoala hat geschrieben:In der analytischen Gruppentherapie damals spiegelte der Therapeut jedem Gruppenmitglied in einer 1-zu-1-Beziehung Gefühle und Assoziationen zurück. Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern fand eher weniger statt.
was meinst du mit 1 zu 1 beziehung zum therapeuten? gab es zusätzlich noch einzeltherapie? ich dachte auch, dass es eben um die interaktion in der gruppe mit und zwischen den gruppenmitgliedern geht in erster linie... wie kann man sich das denn vorstellen, wenn das eher weniger stattfand? könntest du das noch etwas genauer ausführen, kann mir das gerade nicht so recht vorstellen. wäre super.

LG
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Emoticoala
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Beitrag Mi., 12.12.2012, 08:17

carö hat geschrieben:hallo emoticoala,
was meinst du mit 1 zu 1 beziehung zum therapeuten? gab es zusätzlich noch einzeltherapie? ich dachte auch, dass es eben um die interaktion in der gruppe mit und zwischen den gruppenmitgliedern geht in erster linie... wie kann man sich das denn vorstellen, wenn das eher weniger stattfand? könntest du das noch etwas genauer ausführen, kann mir das gerade nicht so recht vorstellen. wäre super.
LG
carö
Ich will damit sagen, dass der Therapeut auf die Probleme eines jeden Einzelnen fast so eingangen ist, als ob es eine Einzelsitzung gewesen wäre. Die Gruppensitzung dauerte 2 x 50 Minuten, so daß er im Durchschnitt 3 Personen relativ viel Zeit widmen konnte. So kam jeder mehrmals intensiv dran.

Bei der systemischen Aufstellung wurde die Aufstellung für 1 Person im Mittelpunkt gemacht und nachher mit allen besprochen. Da aber mehrere Rollen an der Interaktion der Aufstellung beteiligt waren, wurden die Rollen danach mit jedem Einzelnen besprochen.

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lilitha
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Beitrag Mi., 12.12.2012, 09:17

Guten Morgen emoticoala,

Ah, so ist das gemeint Na das klingt eigentlich nicht schlecht. Danke für die Info!

Wie empfindest du die Therapie jetzt im Nachhinein? Was konntest du für dich mitnehmen?

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TwoFace
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Beitrag Mi., 12.12.2012, 10:03

So eine Gruppentherapie halte ich für sehr mutig. Für die Patienten, sowie den
T´s. Die Gefahr die Ängste anderer Teilnehmer noch zu schüren oder Auslöser
neuer Ängste zusein ist wahrlich nicht schön.
Viel Glück und gute Besserung.
Ich verlass´ mich auf meine Sinne!
Irrsinn
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Emoticoala
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Beitrag Mi., 12.12.2012, 12:22

lilitha hat geschrieben:Guten Morgen emoticoala,

Ah, so ist das gemeint Na das klingt eigentlich nicht schlecht. Danke für die Info!

Wie empfindest du die Therapie jetzt im Nachhinein? Was konntest du für dich mitnehmen?
Persönlich bin ich froh, zuerst eine tiefenpsychologische Gruppentherapie mitgemacht zu haben, da einem als junger Erwachsener doch noch viele Lebenserfahrungen fehlen. Die Gruppe bot die Möglichkeit, sich an die schweren und belastenden Themen mit genug Zeit und im Vergleich mit den anderen heranzutasten.

Bei der Einzel-Verhaltenstherapie ist viel mehr Aktivität und persönlicher Einsatz des zu Therapierenden gefordert. Vielleicht ist eine systemische Gruppentherapie eine weitere gute Alternative. Allerdings hängt das sicherlich auch vom Typ des zu Therapierenden ab, welche Therapieform für ihn am geeignesten ist.

Schwieriger empfand ich bei meinen beiden Therapien die Wahl des richtigen Therapeuten. Da habe ich viel ausprobiert. Das würde ich auch höher gewichten als die richtige Therapieform.

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nicolette
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Beitrag Fr., 01.02.2013, 09:01

Hallo zusammen,

ich habe ganz offensichtlich keine anaytische Gruppentherapie und keine tiefenpsycholgische. Aber ich habe jetzt Erfahrungen damit gemacht, dass in mehreren Gruppen, die ich in einer Klinik und ambulant mitgemacht habe, einige Gruppenteilnehmer noch zusätzlich Einzelgespräche mit dem leitenden Therapeuten hatten und andere nicht. (Ich gehörte zu den "anderen".)
Dass dann in Konflikten zwischen den Teilnehmern alle Beschützerinstinkte auf der Seite waren, die der Therapeut aus Einzelgesprächen besser kannte, war für mich nicht wirklich überraschend.
Es wurde leider nicht wirklich auf eine sogenannte Win-Win-Situation hingearbeitet.

Aber gibt es da nicht andere Lösungen? Hat jemand ähnliche Erfahrungen?

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EinTherapeut
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Beitrag Do., 07.02.2013, 13:45

Etwas aus meinen Erfahrungen als Therapeut: Grundsätzlich halte ich sehr viel von Gruppentherapien. Gerade in Kliniken ist es jedoch so, dass oft Therapeuten arbeiten, die darin nicht speziell oder nur sehr flüchtig ausgebildet sind. Auch Supervisionsmöglichkeiten sind teilweise nur sehr beschränkt verfügbar. Oftmals hat man in Kliniken ja auch verhaltenstherapeutisch angelehnte Module. Diese sind sicher einfacher durchzuführen, daher weniger anfällig, aber je nachdem zeigen sich trotzdem schnell Konflikte/Übertragungen unter den Teilnehmern als vorrangiges Thema.

Ich finde es immer noch um einiges anspruchsvoller als Einzeltherapien. Man weiss, dass Gruppen vor allem dann nützlich sind, wenn der Gruppenzusammenhalt hoch ist, es also auch keine Subgruppen und Aussenseiter gibt. Dies ist zum Einen von den Interventionen der Therapeuten abhängig, andererseits jedoch auch sehr von der Konstellation der Teilnehmer.

Schlussendlich muss man halt herausfinden, ob die Kombination Therapeut(en)/Teilnehmer zu einer insgesamt konstruktiven oder destruktiven Dynamik führen. Bei erfahrereren Therapeuten wird die Wahrscheinlichkeit für eine gute Gruppe sicher höher. Aber ich denke auch aus einer "gescheiterten" Gruppentherapie kann man viel lernen. Man muss ja auch nicht in jeder Konstellation funktionieren.

@nicolette: Das ist sicher so. Da kann man sich als Therapeut wohl kaum dagegen wehren. Ich würde mir jedoch von den Teilnehmern einer Gruppe von mir wünschen, es anzusprechen, wenn sie sich von mir ungerecht behandelt fühlen. Schlussendlich schadet Unfairness ja auch immer der Gruppe als Ganzes, also auch den Leitern...
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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TwoFace
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Beitrag Fr., 08.02.2013, 06:12

EinTherapeut hat geschrieben:...

Ich finde es immer noch um einiges anspruchsvoller als Einzeltherapien. Man weiss, dass Gruppen vor allem dann nützlich sind, wenn der Gruppenzusammenhalt hoch ist, es also auch keine Subgruppen und Aussenseiter gibt. Dies ist zum Einen von den Interventionen der Therapeuten abhängig, andererseits jedoch auch sehr von der Konstellation der Teilnehmer.

...
Leider braucht das seine Zeit um dies zu erkennen. Bis dahin kann schon viel (+ -) passiert sein. Zudem, werden stationäre und ambulante Patienten
in eine Gruppe gesteckt, was definitiv nicht zusammenschweisst.
D.h. für mich im Klartext, es sind zuviele Faktoren, die einen Gesamtgruppentherapieerfolg ( was für ein Wort , etwas Besseres ist mir
leider mit meiner beschränkten Bildung nicht eingefallen ) versprechen. Es fallen also immer Einige von der Tischkante.
Also sollte man die Gruppenbildung, die bereits erkennbar ist / wäre fördern, denn beim "Kaffeklatsch" in einem zwanglosen Gespräch ergeben sich oftmals
bessere Ergebnisse. Meine Ansicht, meine Erfahrung, nicht mehr und auch nicht weniger.
LG
Ich verlass´ mich auf meine Sinne!
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Emoticoala
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Beitrag Fr., 08.02.2013, 07:23

TwoFace hat geschrieben:
EinTherapeut hat geschrieben:...

Ich finde es immer noch um einiges anspruchsvoller als Einzeltherapien. Man weiss, dass Gruppen vor allem dann nützlich sind, wenn der Gruppenzusammenhalt hoch ist, es also auch keine Subgruppen und Aussenseiter gibt. Dies ist zum Einen von den Interventionen der Therapeuten abhängig, andererseits jedoch auch sehr von der Konstellation der Teilnehmer.

...
D.h. für mich im Klartext, es sind zuviele Faktoren, die einen Gesamtgruppentherapieerfolg ( was für ein Wort , etwas Besseres ist mir
leider mit meiner beschränkten Bildung nicht eingefallen ) versprechen. Es fallen also immer Einige von der Tischkante.
Also sollte man die Gruppenbildung, die bereits erkennbar ist / wäre fördern, denn beim "Kaffeklatsch" in einem zwanglosen Gespräch ergeben sich oftmals
bessere Ergebnisse. Meine Ansicht, meine Erfahrung, nicht mehr und auch nicht weniger.
LG
Aus meiner mehrjährigen Erfahrung in einer nicht angeleiteten Ängstlichkeits-Selbsthilfegruppe, in der es neben Gesprächen auch Konfrontationsübungen gab, weiß ich, dass Folgendes sehr wichtig ist:

Die bewußte Aktivität eines jeden Einzelnen in der Gruppe bringt jedem Gruppenmitglied etwas, unabhängig davon, wie groß diese Aktivität und wie hoch das Unwohlsein des Einzelnen ist. Das mit der Solidarität ergibt sich dann schon von allein.

Nur Mut zum Engagement und zum Ausprobieren. Selbst bin ich übrigens von meiner Veranlagung her eher eigenbrödlerisch, als ein begeisterter Gruppenmensch.

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