Unterschied TFP und Psychoanalyse

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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Matzero
sporadischer Gast
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Beiträge: 20

Beitrag Mi., 09.04.2014, 18:13

Hallo!

Vielleicht noch mal der Vollständigkeit halber:

- Psychoanalyse: Ist eine Wissenschaft (vom Unbewussten), eine Untersuchungsmethode unbewusster Prozesse und eine Behandlungsform, die sich aus den ersten beiden ergibt. Psychoanalyse gilt als ein Verfahren der umfassenden Persönlichkeitsveränderung. Sie findet über viele Jahre (so um die 1.000 Stunden) vier bis sech Mal pro Woche im Liegen (Analytiker hinter der Couch) statt. Vielfach ist sie auf das "Dort-und-Damals" ausgerichtet. Sie wird nicht von den Krankenkassen bezahlt.

- Analytische Psychotherapie: Ist eine aus der Psychoanalyse entwickelte Langzeitbehandlung (bis zu 300 Stunden), die zwei bis drei mal pro Woche stattfindet; sie wird von den Krankenkassen bezahlt. Sie wird im Liegen (wie bei der Psychoanalyse) oder im Sitzen durchgeführt. In der Regel findet ein individualisierter Therapieprozess statt. Ziel ist, mehrere konflikthafte, oft verfestigte, grundlegende Muster zielgerichtet zu bearbeiten und zu verändern, die ursächlich für krankheitswertige Symptome sind. Zugelassen ist auch ein modifiziertes Vorgehen, bei dem es um die Bearbeitung mehrerer grundlegender Funktionsbereiche geht, wie z.B. Affektregulierung, Selbststeuerung, Selbst- und Realitätswahrnehmung, Nähe- und Distanzregulation, Frustrationstoleranz uvm., sofern Schwierigkeiten in diesen Bereichen ursächlich für krankheitswertige Symptome sind. Anwendung findet diese modifizierte Form v.a. bei Borderline-Störungen. Das Vorgehen ist hier zumeist manualgestützt (wie in der Verhaltenstherapie). Entscheidend ist, dass bei der Analytischen Psychotherapie (auch bei der modifizierten) das zwischenmenschliche Geschehen zwischen Therapeut und Patient im "Hier-und-Jetzt" (und dessen "Analyse") eine sehr große Bedeutung einnimmt. Die Analytische Psychotherapie gibt es auch als Gruppenpsychotherapie.

- Tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie: ein psychoanalytisch begründetes Verfahren (d.h. nur mit Rückgriff auf einige theoretische Konzepte der Psychoanalyse), in dem es um die Bearbeitung eines für aktuell vorhandene krankheitswertige Symptome ursächlichen aktualisierten Konfliktes geht. D.h. durch einen Konflikt wird ein innerer unbewusster Konflikt, der eigentlich ganz gut "im Griff" gehalten wurde, so sehr reaktiviert, dass es die inneren Bewältigungsmechanismen überfordert. Dieser wird so bearbeitet, dass das innere Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Dies ist neben der Einzel- auch als Gruppenpsychotherapie möglich. Grundlegende Konflikte werden nicht bearbeitet. Sind diese für Symptome verantwortlich, muss eine Analytische Pschotherapie her. Daher werden tiefenpsychologisch-fundierte Therapien i.d.R. als Kurzzeittherapien (bis zu 25 Std.) im Sitzen mit einer bis max. zwei Std. / Woche (manchmal auch 14tätgig) durchgeführt, bei Notwendigkeit auch als Langzeitbehandlung mit bis zu 100 Stunden. Auch hier gibt es die Möglichkeit, weniger den Konflikt, als Bewältigungsmechanismen, also einen oder zwei Funktionsbereiche (z.B. Selbststeuerung) gezielt zu bearbeiten (sog. strukturbezogenes Vorgehen). Darüber hinaus ist es auch möglich, jemanden eher stützend (supportiv) z.B. in einer Krise, zu begleiten. Zumeist ist das Vorgehen in der Therapie individualisiert, doch setzen sich auch in der tiefenpsychologisch-fundierten Psychotherapie immer mehr evidenz-basierte, störungsspezifische, manualisierte Behandlungen durch. Die beiden letzten Vorgehensweisen (strukturbezogen und stützend) findet man z.B. auch häufig im stationären Setting. Zuletzt bietet die tiefenpsychologisch-fundierte Therapie noch die Möglichkeit, eine sog. niederfrequente Therapie durchzuführen, v.a. bei Patienten, für die eigentlich eine analytische Therapie notwendig wäre, diese aber auch verschiedenen Gründen kontraindiziert (z.B. überfordernd) ist. Diese niederfrequente Therapie findet zumeist in monatlichen Sitzungen, oft zu 25 Minuten statt (somit gem. Stundenkontingent bis zu 200 Monaten, also u.U. über SEHR viele Jahre). Alle tiefenpsychologisch-fundierten Therapien werden von den Krankenkassen bezahlt.

Bei beiden Verfahren (Analytische und Tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie) weichen die genehmigungsfähigen Stundenkontingente bei Gruppenpsychotherapien von denen der Einzeltherapie ab.

Die Angaben beziehen sich auf Deutschland.

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Beitrag Di., 19.08.2014, 15:24

danke Matzero.

zur Aussage von Meisel:

TfP: Du sitzt Deinem Thera gegenüber meist 1x/Woche. Es wird durchaus auf die Kindheit geschaut um zu gucken, woher Deine Muster kommen, aber die Arbeit findet im Hier und Jetzt statt und es geht darum Verhaltensmuster, die Dich im Alltag blockieren zu finden, zu analysieren und zu durchbrechen, so dass Du am Ende den Alltag besser bewältigen kannst.
Regression wird eher nicht so arg zugelassen und auch die Übertragungsliebe wird zwar beachtet und bearbeitet, aber nicht gefördert.

VT: Du arbeitest an konkreten Themen. Woher die Probleme kommen ist nur in soweit wichtig, als dass es helfen könnte, damit zu arbeiten.
Du trainierst mit Techniken und Übungen und Hausaufgaben, Deine Ängste bzw. Probleme zu überwinden.)

was du zu TfP sagst, würde ich 100 % über VT sagen. jeder gute VTler müsste wissen, dass die Beziehung das A und O ist, für eine wirksame Therapie. In der VT geht es auch um schmerzhafte bzw. traumatische Kindheitserlebnisse, weil diese oft der Grund sind, warum man sich so verhält, wie man es tut, bzw. Denk- und Verhaltensmuster entwickelt hat. VT sollte transparent sein.
Ich glaube, es ist wichtig, dass die chemie stimmt. und dass ich als Patient was verändern will und aktiv bin.

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