Fehlendes Vertrauen in der Therapie (ohne echten Grund)

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Sindy
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Fehlendes Vertrauen in der Therapie (ohne echten Grund)

Beitrag Fr., 07.10.2022, 18:17

Hallo zusammen,

ich weiß, ich habe erst vor kurzem ein anderes Thema eröffnet. Ich würde nur gerne noch eine Andere Sache besprechen, deshalb eröffne ich besser einen neuen Beitrag um es nicht zu vermischen.

Es geht darum, dass ich mit meinem Therepeuten immer wieder an einen Punkt komme, wo mir das Vertrauen fehlt. Also rein rational vertraue ich ihm sehr. Nur emotional blockiert mich dann immer wieder die Angst, die mir sagt, dass ich bestimmte Dinge auf keinen Fall sagen darf, weil das gefährlich wäre, weil er mich dann negativ verurteil, sich lustig macht oder ähnliches. Ich weiß rational, dass das niemals so sein wird, aber die Angst vermittelt mir diese negativen Gedanken weshalb ich dann oft nicht weiter erzählen kann und ihn als Gefahr sehe.

Er hat jedenfalls dann schon öfters gefragt, was er als Therapeut machen kann, damit ich diese Angst vor ihm verliere. Ich sagte ihm, ich brauche die Sicherheit, dass ich ihm vertrauen kann. Er hat mir dann ausführlich versichert, dass alles was ich sage für ihn okay ist und er es nicht bewerten wird.

Das seltsame ist nun, dass dies meine Angst nicht beruhigt. Das heißt, insgeheim glaube ich es ihm nicht, auch wenn er es wortwörtlich sagt! Ich bin jetzt etwas verzweifelt, weil ich nun selbst nicht weiß, was ich brauche, damit ich ihm vollständig vertrauen kann. Was könnte er noch machen? Was könnte er noch sagen? Ich weiß es einfach nicht. Daher komme ich gerade an diesem Punkt nicht weiter und das blockiert mich sehr in der Therapie.

Meine Fragen an Euch:
Kennt ihr das von euch auch, dieses unbegründete Misstrauen? Misstrauen obwohl es noch nie einen Anlass dazu in der Therapie gab?
Und noch viel wichtiger: Was könnte er machen, damit ich diese restliche Angst vor ihm endlich verliere? Was hat Euch geholfen, damit ihr mehr Sicherheit gegenüber euren Therapeuten bekommen habt?

Vielen Dank

Sindy
Zuletzt geändert von Sindy am Fr., 07.10.2022, 18:34, insgesamt 3-mal geändert.

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 18:30

ja, ich kenne dieses Misstrauen, und das hat gute Gründe.
u.a. genau deshalb mache ich ja Therapie.
Sowas braucht Zeit, das geht nicht weg wenn der Therapeut sagt es sei alles in Ordnung. Wobei ich es auch wichtig finde dass er diese Dinge immer wieder sagt bzw. ich das immer wieder fragen und anzweifeln darf.

Zumindest bei mir braucht es aber auch immer wieder in mir den klaren Entschluss: Wir wollen diese Therapie. Wir machen das. Ich finde es wichtig sich das auch immer wiede selber klarzumachen.
Und auch mit Misstrauen hinzugehen, immer wieder, man kann Vertrauen nicht erzwingen

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 18:39

Ich denke das braucht einfach Zeit. Ich vermute jetzt mal dass dich schon als kleines Kind die Bezugspersonen von denen du auf Leben und Tod und auf emotionales Wohlergehen komplett ausgeliefert warst dich schon in die Pfanne gehauen haben anstatt sich um dich liebevoll und fördernd zu kümmern.

Es gibt also einen guten Grund warum du Menschen in emotionalen Dingen grundlegend erst mal nicht vertraust. Die Situation triggert schlimme Erlebnisse von früher. Und so wie bei traumatisierten Menschen Gerüche, Orte etc diese Angst wieder hochholen können, so kann tut das bei emotional traumatisierten Menschen das Angebot von Nähe.

Meine Meinung. Da hilft nur Geduld, Verstehen warum es dir so geht und auch Akzeptanz dass du so fühlst weil die Angst ja damals und bei diesen Personen absolut sinnvoll war. Und dann eben ganz langsam rantasten. Immer nur ein bischen mehr und gucken, ist die Reaktion gut.


Waldschratin
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 18:41

Ich denke, ER kann gar nichts weiter machen als das, was er schon tut.

Mir hat da immer am meisten Sicherheit gegeben, wenn mein Thera einfach "er selber" war und nicht irgendwas "getan" oder "gesagt" hat, was ich vermeintlich hören wollte, damit...

Ich bin in Sachen Vertrauen aber auch "anders als andere Andere", ich geh nämlich davon aus, dass es der menschlichen Normalität und Eigenheit entspricht, dass es keine absoluten Verlässlichkeiten gibt und somit auch kein absolutes Vertrauen. Also eins, das einer kindlichen Naivität wieder entsprechen könnte.

Meine Lebenserfahrung ist es nunmal, dass diese kindliche Naivität in Sachen Vertrauen mich in all die gemeinen Fallen meiner Täter wieder und wieder hat laufen lassen.
Als Kind hatte ich da keine andere Wahl. Da hat man keine Alternativen zum absoluten Vertrauen.

Jetzt hab ich eine. Noch dazu die Erfahrung, dass mich auch die vermeintlich zuverlässigsten Menschen immer wieder mal enttäuschen und hängenlassen werden. Das gehört nunmal zur menschlichen Natur.

Mein Thera hat das auch nie wirklich verstanden, fürchte ich, wenn ich einerseits ihm völlig vertraue, ihm andererseits aber nie ein absolutes Vertrauen per se entgegenbringe.
Für mich ist das schlichtweg unnatürlich, dass ein Mensch nie was falsch macht, nie enttäuscht, nie lügt oder schummelt oder so tut als ob, nie wertet über andere etc.
Und Theras sind auch nur Menschen.

Wenn mein Thera zu mir sagt, dass er "nie wertet", was ich erzähle, glaub ich ihm, dass er seine persönliche Meinung zu meinem Geschwafel nie gegen mich verwenden will. Es mag ihm trotzdem passieren.
Ich vertraue ihm aber, dass er das nie mit Absicht tun wird.
Ich vertraue ihm ebenso, dass er mich nie wegen sowas ent- oder abwerten wird oder auf mich herabsehen oder mich verachten. (Was ich von anderen Theras schon mal erlebt hab. Wie gesagt : Sind alles auch nur Menschen)

Mein "Lernen" in unserem Miteinander hat den Schwerpunkt darauf, dass ich das aushalten lerne, dass Menschen mich verletzten, hängenlassen, mein Vertrauen enttäuschen werden und wie ich damit fertigwerden kann, ohne gleich jedem Kontakt und jeder Beziehung aus dem Weg gehen zu müssen.
Und : Zu unterscheiden, was davon für mich machbar ist und was nicht. Wo ich eine Beziehung weiterführen kann und will und sollte - und wo nicht. Und was ich dazu brauche (vom Gegenüber z.B.) und was ich gar nicht gebrauchen kann.
Und da sind die Grenzen halt sehr individuell.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 18:54

Waldschratin hat geschrieben: Fr., 07.10.2022, 18:41 Ich bin in Sachen Vertrauen aber auch "anders als andere Andere", ich geh nämlich davon aus, dass es der menschlichen Normalität und Eigenheit entspricht, dass es keine absoluten Verlässlichkeiten gibt und somit auch kein absolutes Vertrauen. Also eins, das einer kindlichen Naivität wieder entsprechen könnte.


Geht mir genauso. Und diese kindliche Naivität ist bei mir eh schon im Kleinkindalter abhanden gekommen und ich bin der Meinung dass es generell fehlbaren Menschen gegenüber nicht gerechtfertigt ist.

Vertrauen findet bei mir auf einer Skala statt und ich schätze da jeden Menschen dem ich begegne anhand des Verhaltens individuell ein. Und die 100 auf der Skala kann da niemand bekommen, weil selbst wohlmeinende Menschen nicht unfehlbar sind und mir zB aus gut gemeinten Fehleinschätzungen heraus schaden könnten.

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Candykills
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 19:11

Schwer zu prognostizieren, ob und wann sich das ändert. Du schreibst ja auch, dass du eine große Angst vor Ver- oder Beurteilung in jegliche Richtung hast.
Das hat ja einerseits viel mit Selbstwert und Selbstbewusstsein zu tun, kann aber auch durch eine Übertragung auf den Therapeuten genährt sein, weil du ihm besonders gefallen willst. Ich will damit sagen, dass das auch personengebunden sein kann und sich dann vielleicht nur verändern oder auflösen lässt, wenn die Übertragung sich auflöst.
Vielleicht ist das ein Ansatz, dem du nachgehen könntest…
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Montana
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 20:16

Ich denke auch, dass dieses absolute Vertrauen nicht erreichbar ist, weil das ein unrealistisches Ziel ist. Das Misstrauen ist nämlich gar nicht unbegründet. Nur weil nicht er persönlich Grund für Misstrauen geliefert hat, ändert sich doch nichts daran, dass es mal die Erkenntnis bei dir gab, dass Menschen an sich das Potenzial haben, gefährlich zu sein. Und zwar alle Menschen, egal wie nett sie erstmal erscheinen.

Und ich möchte zu den Beiträgen der anderen auch noch etwas ergänzen, was bisher keiner explizit angesprochen hat, und das ist die Veränderbarkeit der Beziehung. Er mag jetzt noch so überzeugend erklären, was er alles tun oder nicht tun würde, aber er kann keine Garantien für die Zukunft geben. Er hört vielleicht etwas aus deinem Mund, und damit gilt das Gesagte nicht mehr, weil sich etwas dadurch verändert. Oder es ändert sich etwas durch ganz andere Gründe, und du glaubst immer noch das, was er vor zwei Wochen mal gesagt hat. Wenn wir in unserem Kopf ein "Ablaufdatum" für positive Worte fest eingebaut haben, dann liegt das daran, dass wir die möglichen Veränderungen mit einkalkulieren. Mit der Glaubwürdigkeit des anderen hat das gar nichts zu tun.

Da der Therapeut nicht dein Friseur ist oder dein Postbote, macht es sich da besonders ausgeprägt bemerkbar.

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Fundevogel
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 21:26

Zwischen absolutem Vertrauen und Angst vor dem Therapeuten haben, liegen Welten. Er kann gar nichts machen, ausser es zu akzeptieren - und das ist viel. Vertrauen kann und soll man nicht erzwingen, weder bei sich selbst noch von anderen. Man kann sich nur mit der Angst auseinandersetzen.

Ich finde es doch sehr erstaunlich, dass diese Angst vor dem Therapeuten und das Vertrauen-Wollen und nicht Können so nahe beieinander liegen und einen Wust an Scham- und Schuldgefühlen erzeugen. Ich kenne das selbst sehr gut.

Mir hat immer der Gedanke geholfen, dass Vertrauen erstmal kein Gefühl ist, sondern etwas, was man tut.

Also Basics: In die Therapie gehen, auch wenn es schwer fällt. Mich bemühen, unangenehme Dinge zu sagen.
"Ich habe Angst vor Ihnen", das hab ich meinem Therapeuten auch schon gesagt. Das war gar nicht lustig, - und noch viel weniger die Angst vor ihm - aber sich das zu trauen, hat auch mit Ver-trauen zu tun. Funktioniert leider nicht auf Knopfdruck, hätte ich mir oft gewünscht, funktioniert eher so wie mit dem Grashalm: Braucht Aussaat auf gutem Boden (seelische Stabilität), Pflege, Zeit und Geduld (Therapiestunden in guten und in schlechten Tagen). Und das Wetter muss auch halbwegs passen.(Äußere Umstände).
Fundevogel

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 07.10.2022, 23:14

Für mich hat Vertrauen vor allem erst einmal etwas mit Vertrauen zu mir zu tun. Das ist leider nicht so oft vorhanden, aber während meiner letzten Therapie zeigte es sich immer mal wieder.
Und wenn ich ver- und zutrauen zu mir habe, kann ich anderen Menschen (mehr) vertrauen.
Ich glaube an Vertrauen, aber dennoch sind Menschen fehlbar. Und genau dafür brauche ich eben das Vertrauen in mich (und dem anderen), dass wir trotz und mit der Fehlbarkeit einen gemeinsamen Weg finden können.
Von daher geht es beim Vertrauen nicht nur darum, keine Enttäuschung zu erleben, sondern darum, wie mit der entstandenen Enttäuschung umgegangen werden kann, wenn es zu einer Fehlbarkeit kommt. Also ob mir und der anderen Person das gelingen kann oder nicht.

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Montana
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 08:42

Das funktioniert aber nur, wenn man nicht Angst hat, dass der Kontakt komplett abbricht. Denn dann kann man nichts mehr klären oder reparieren.

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caduta
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 10:30

Sindy hat geschrieben: Fr., 07.10.2022, 18:17 Und noch viel wichtiger: Was könnte er machen, damit ich diese restliche Angst vor ihm endlich verliere? Was hat Euch geholfen, damit ihr mehr Sicherheit gegenüber euren Therapeuten bekommen habt?
Hallo Sindy,
Bei mir gab es einen Moment in der Therapie an dem ich sozusagen 'die Hosen runterlassen musste'. Auslöser war eine eher harmlose Frage von meinem Therapeuten. Ich habe ein paar Minuten gebraucht um mir mir selbst klar zu werden, wie ich reagieren soll. Ob ich ihm soweit vertrauen kann die Wahrheit zu sagen und wie er reagieren wird. Ich wusste auch, wenn er jetzt falsch reagiert, dann hätte ich die Therapie beenden müssen, weil er dann etwas ganz Wesentliches von mir nicht akzeptiert hätte. Ich habe es ihm dann erzählt und mich gefühlt als würde ich vom Siebenmeterbrett springen...

Unnötig zu sagen, dass es natürlich gut gegangen ist und er gut reagiert hat (auch wenn meine Antwort ihn etwas aus dem Konzept gebracht hat ;) ). Das wird aber vermutlich in 99% der Fälle so sein.

Was mich letztlich dazu gebracht hat zu reden war der Gedanke: wenn ich es jetzt nicht erzähle, macht die ganze Therapie keinen Sinn. Und letztlich war das dann auch eine Art Wendepunkt in der Therapie. Ich glaube er hat mich dann besser verstanden und ich konnte offener sein.

LG, caduta

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candle.
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 11:41

Sindy hat geschrieben: Fr., 07.10.2022, 18:17 Was könnte er noch machen? Was könnte er noch sagen? Ich weiß es einfach nicht. Daher komme ich gerade an diesem Punkt nicht weiter und das blockiert mich sehr in der Therapie.
Ich sage das mal ganz schnöde und unpsychologisch: Das klingt für mich ein bißchen so als wollte eine Prinzessin intensiv erobert werden. Und ich bin mir recht sicher, dass du schon etwas im Kopf hast was er tun "müßte", aber vielleicht realistisch nicht möglich ist.

Ich weiß nichts von dir. Interessant wäre deine Beziehungsgestaltung. Gibt es überhaupt Beziehungen zu anderen Menschen? Und wenn ja: Wie haben die dein Vertrauen erworben?

ich weiß, ich habe erst vor kurzem ein anderes Thema eröffnet. Ich würde nur gerne noch eine Andere Sache besprechen, deshalb eröffne ich besser einen neuen Beitrag um es nicht zu vermischen.
Es schaut mir aus als würdest du vor deinen Themen immer wieder weglaufen um dann wieder einen Neuanfang zu suchen um dann wieder weg zu laufen. Im Forum geht das ja, aber letztlich gibt es keine anderen Themen oder einzelne Themen, weil alles immer miteinander verwoben ist. Eines bedingt das andere und ist voneinander abhängig. Es ist egal wo du den Anfang machst, aber machen mußt du ihn und das mal konsequent.

candle
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Montana
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 14:18

candle. hat geschrieben: Sa., 08.10.2022, 11:41 Und ich bin mir recht sicher, dass du schon etwas im Kopf hast was er tun "müßte", aber vielleicht realistisch nicht möglich ist.
Glaubst du das wirklich? Ich nicht. Und zwar aus eigener Erfahrung, weil ich bei mir auch nichts im Kopf habe, was der Therapeut tun könnte, damit ich ihm vertrauen könnte.
Ich sehe hier das Problem eher darin, dass Vertrauen als notwendig für Therapeut erachtet wird, was es aber in diesem Maße nicht ist. Nicht absolut zu vertrauen ist doch kein Mangel, der behoben werden müsste oder könnte. Es ist für einen erwachsenen Menschen völlig normal, nicht naiv einem weitgehend fremden Menschen zu vertrauen.
(Ich vertraue z.B. auch meinem Ehemann nicht absolut. Das heißt nicht, dass ich in ihm einen versteckten Axtmörder vermute, aber ich bin mir nicht sicher, dass er zu jeder Zeit loyal zu mir stehen würde. Ist einfach ein Erfahrungswert, mit anderen Menschen.)

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 14:19

Man muss auch sagen, Therapie funktioniert nicht so dass man wie in der katholischen Kirche dem Therapeuten sein komplettes Leben ohne etwas zurückzuhalten beichtet, und das löst dann automatisch wie ein göttlicher Ablass die Probleme.

Also damit es einem besser geht muss man nicht jeden letzten peinlichen oder traumatischen Kram aus seiner Vergangenheit dem Therapeuten im Detail schildern. Man muss es auch nicth zu einem bestimmen Datum können damit man ein "funktionierender" Klient mit einer "erfolgreichen" Therapie ist. Heilung ist kein Leistungssport. Es gibt da keinen Anspruch was du wann können oder tun musst. Und wenn du es in dieser Therapie schaffst dich ein bischen mehr ranzutasten einem anderen Menschen gegenüber nicht sofort das Schlimmste zu befürchten war/ist das ganze erfolgreich.

Und, man muss auch aufpassen. In einer Therapie über diese Dinge intensiv nachdenken und sie erzählen kann auch traumatische Erlebnisse so aktivieren, dass du da dann retraumatisiert rausgehst weil sich die Aktivierung von diesen Erinnerungen eben nicht einfach so automatisch dadurch dass der Typ dem du das erzählst ein Therapeut ist magisch auflöst. Von daher wäre ich vorsichtig wie viel von dem alten Zeugs ich überhaupt hochhole und wie intensiv ich da reingehen kann und will ohne dass es mich zerlegt.
Es kann also einen sehr guten und gesunden Grund haben warum du dich nicht wohl fühlst gewisse Ereignisse deiner Vergangenheit hochzuholen.

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Gespensterkind
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Beitrag Sa., 08.10.2022, 14:26

Zeit und Geduld und sich so akzeptieren wo man gerade steht.
Es gibt kein Rezept für Vertrauen und keinen Plan.Du wirst mit der Zeit merken, wenn es passt, etwas von Dir zu erzählen.
Und auch ich denke, dass absolutes Vertrauen nicht sein muss.
Aber die Bereitschaft, die eigenen Themen in der Therapie angehen zu wollen.
Vertrauen wächst mit der Zeit- bei jedem unterschiedlich schnell.

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