Therapeut im Krankenhaus

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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madita
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Therapeut im Krankenhaus

Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:19

Hallo ihr Lieben,

ich bin eine stille Mitleserin und habe jetzt selbst etwas auf dem Herzen.
Am letzten Freitag hätte ich eigentlich meine nächste Stunde Therapie gehabt, aber als ich zum Termin erschien, stand auf einem Schild an der Türe nur handgeschrieben "Geschlossen wegen Krankheitsfall"
Ich bin total verdutzt und auch leicht verärgert wieder nach Hause gefahren und habe das ganze Wochenende damit verbracht, mir Gedanken zu machen, was wohl los sei, da so etwas sehr untypisch für meinen sehr zuverlässigen Therapeuten ist.
Ich habe heute in der Praxis angerufen, da ging die Therapeutin dran, mit der er sich die Praxis teilt und hat mir mitgeteilt, dass sie sich dazu bereiterklärt hat, seine Anrufe anzunehmen um kurz mitzuteilen, dass alle Termine bis auf Weiteres ausfallen müssen.
Ich war total vor den Kopf gestoßen und habe einfach, ohne nachzudenken, gefragt, was denn los sei.
Sie hat gesagt, dass er einen schweren Unfall hatte und im Krankenhaus liegt und auf die Frage, ob es sehr schlimm sei, kamen nur ausweichende Antworten.
Mir reißt das total den Boden unter den Füßen weg. Ich habe zu Hause erstmal geheult und irgendwie mache ich mir total Sorgen.
Was wenn es etwas Schlimmes ist? Er hat zwei kleine Kinder, ist verheiratet und noch jung, das wäre eine Katastrophe.
Auch mit dieser Ungewissheit kann ich überhaupt nicht umgehen. Noch ist unklar, wie es jetzt weitergeht und ich würde schon gerne wissen, wie es ihm geht.
Dass die Therapie jetzt erstmal zum Erliegen kommt, habe ich noch gar nicht so realisiert und spielt momentan noch gar keine so große Rolle.
Ich bin richtig erschüttert und der Mensch mit dem ich darüber am meisten reden möchte, ist der Auslöser dafür.
Was kann ich jetzt in dieser Situation machen und gibt es eine Möglichkeit, zu erfahren wie es ihm geht?

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Pianolullaby
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:23

Er ist Therapeut, und es gehört sich nicht zu erfahren wie es ihm jetzt geht! Du wirst erfahren wann er wieder Therapie anbieten kann, alles andere ist sein Privatleben ! Ganz einfach akzeptieren dass es er jetzt erstmal Privatmensch ist.
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Fairness
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:31

Hallo madita, ich denke, was du tun kannst, ist für dich gut zu sorgen... dich zu fragen, ob du Unterstützung brauchst oder warten kannst. Falls du professionelle Unterstützung brauchst, könntest du dich an weitere Therapeuten wenden.

Über ihn hast du nun Information erhalten, wahrscheinlich die, welche er selbst freigegeben hat und es wäre gut, wenn du nun ohne weiter nachzufragen akzeptieren könntest, dass er vorerst eine Zeit lang fehlen wird. Und dich entsprechend arrangieren.

Er hat sehr wahrscheinlich seine Familie und privates Umfeld um sich, welches ihm beisteht und sich um ihn eventuell gut kümmern wird. Sowie auch Personal im Krankenhaus ihm nun hilft.

Alles Liebe dir.
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madita
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:47

Ich wollte das nicht aus Sensationsgier oder Ähnliches wissen, sondern weil ich mir Sorgen mache. Für mich klingt das so, als sei es wirklich ernst.

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Pianolullaby
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:51

Ja, das habe ich verstanden Madita, trotzdem ist er ein Privatmensch, und ja auch wenn es ernst ist, gehört das nicht zu Dir. Es ist sein Privatleben, und da gehörtst du nicht rein
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chrysokoll
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:52

deine Sorgen kann ich durchaus verstehen, und die sind auch ganz normal, die darfst du haben.
Ebenso eine gewissen Neugierde und natürlich will man als Patientin am liebsten genau wissen ob und wann und wie es weiter geht.
Aber das kannst du jetzt nicht bekommen und du bist auch nicht zuständig. Er ist dein Therapeut, nicht ein Freund oder Verwandter.

Schau auf dich, schau auch ob du die Zeit alleine überbrücken kannst oder jemand zum reden brauchst

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Beitrag Mo., 15.11.2021, 20:53

madita hat geschrieben: Mo., 15.11.2021, 20:47 Ich wollte das nicht aus Sensationsgier oder Ähnliches wissen, sondern weil ich mir Sorgen mache. Für mich klingt das so, als sei es wirklich ernst.
Das kann auch ich gut nachvollziehen, nur, deine Sorgen helfen weder ihm, noch dir... schau vielleicht auch, dass es dir der Situation entsprechend möglichst gut geht, dass du mit deinen Zielen vorankommst.
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Griselda
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 21:05

Ich kann den Schock verstehen. Ich fände es OK, ihm eine Genesungskarte an die Praxisadresse zu schicken. Er ist immerhin eine Person mit der schon etwas mehr geteilt wird als nur Oberflächlichkeiten.
Sicher ist seine Krankheit privat und er wird sie auch privat bewältigen. Aber wenn man einem Professor, oder Lehrer, oder Ergotherapeuten oder Anwalt oder sonstigen Personen, mit denen man beruflich Persönliches teilt eine Genesungskarte schicken würde, fände das wohl auch keiner merkwürdig und würde sofort "privat" schreien.


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madita
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 21:10

Ich kann überhaupt nicht abschalten heute. Ich habe sogar überlegt, wer das Schild geschrieben hat. Klar weiß ich, dass sein Privatleben mich nichts angeht. Bei mir fangen da nur sofort an die Gedanken zu kreisen.
Er ist mir ja auch als Mensch nicht egal.

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Fairness
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 21:22

Dass das schmerzt, das glaube ich. Dir geht es nun so, wie vermutlich auch weiteren vielen Patienten von ihm, welchen er auch auf eine Art und Weise wichtig geworden ist und sich vermutlich ebenfalls Sorgen machen... Wenn dir die Belastung zu groß vorkommt, kontaktiere vielleicht jemand weiteren, mit wem du die Situation besprechen könntest. Schildere sie und es wird sich eine Lösung dafür finden, um Unterstützung zu erhalten, glaube ich.. Lieben Gruß.
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Griselda
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 21:23

Vielleicht versuchst du trotzdem davon wegzukommen dir Katastrophen auszumalen.
Der Mann ist im Krankenhaus und dort wird ihm geholfen. Er ist noch jung. Die Wahrscheinlichkeit, dass er das Ganze wegstecken wird, ist sehr hoch. Ich habe keine Statistiken auf Lager, aber von dem was ich so mitbekommen habe durch Unfallberichte aus der Presse, scheint es bei schweren Unfällen so zu sein, dass man entweder am Unfallort verstirbt oder man kommt ins Krankenhaus und überlebt es. Die Variante, dass man verstirbt, nachdem man es ins Krankenhaus geschafft hat, scheint sehr selten zu sein.

Die Therapeutin, die du am Telefon hattest, wird selbst nichts konkretes wissen und deshalb natürlich herumeiern. Ist auch völlig normal, sie darf nichts sagen.

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Montana
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 22:30

Richtig, sie darf nichts sagen. Und weiß vielleicht auch selber gar nicht viel. Und sie muss daran denken, dass da ihr unbekannte Patienten anrufen, deren Stabilität sie nicht einschätzen kann. Das ist sicher auch ein Grund, sich bedeckt zu halten. Jede Aussage hätte doch für weitere Fragen gesorgt (auch wenn sie unausgesprochen bleiben).
Ich würde mir im Kalender fest eintragen, wann ich weitere Informationen erfrage. Zum Beispiel zwei Wochen oder so. Bis dahin ist die akute Phase vorbei, das Ausmaß und die Folgen weniger unklar als zur Zeit. Da kannst du vielleicht erfahren, ob er wiederkommen wird bzw. ob das voraussichtlich in einem zeitlichen Rahmen sein wird, den du als Wartezeit in Kauf nehmen möchtest.
Das verhindert, dass du jeden Tag erneut vor der Frage stehst, ob du sofort etwas unternehmen solltest, und was das sein sollte.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 15.11.2021, 22:39

Montana, das halte ich für eine sehr gute Idee!
Für sich selber genau festlegen wann man nachfragt.
Und bis dahin würde ich mir für mich überlegen was mir gut tut, wie ich die Zeit überbrücken kann.

Und schon mal schauen wo ich wie Hilfe bekomme, wenn ich sie brauche

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lisbeth
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Beitrag Di., 16.11.2021, 08:01

Hallo madita,

ich hatte vor Jahren mal so eine ähnliche Situation mit meiner damaligen Therapeutin. War zwar kein Unfall, aber sie musste wegen einer ernsthaften Erkrankung ins KH, und keiner wusste (auch sie selbst nicht) wie lange sie ausfallen würde und wann sie wieder arbeiten können würde.

Zunächst mal: Es ist völlig normal dass so eine Situation alle möglichen Gefühle aktiviert: Dass man sich hilflos fühlt, im Stich gelassen, allein gelassen. Dass man darüber vielleicht sogar wütend ist, auch wenn man vom Kopf her genau weiß, dass der Therapeut/die Therapeutin dafür gar nichts kann.
Dieses "Wissenwollen" sehe ich für mich als einen Versuch, wieder ein wenig Ordnung ins Chaos bringen zu wollen. Das ist auch völlig nachvollziehbar, dass du dieses Bedürfnis hast. Aber wie die anderen schon schrieben: Was genau passiert ist/los ist, gehört in die Privatsphäre des Therapeuten und die solltest du respektieren.
Du kannst im Moment für den Therapeuten nichts tun. Der Impuls ist nachvollziehbar und es würde wahrscheinlich vielen so gehen, aber das Beste was du grad wirklich tun kannst, ist dich gut um dich selbst zu kümmern.

Was mir geholfen hat, mit der Situation umzugehen:
- Ablenkung. Das war auch vor allem gut, um mich von den "normalen" Therapiethemen, die ja auch noch da waren, ein wenig zu distanzieren und meinen Alltag weiterhin irgendwie auf die Reihe zu bekommen.
- Ich hab mir für den Zeitpunkt wo ich normalerweise meine Stunde gehabt hätte, fast immer etwas schönes vorgenommen. Hab mir Zeit für mich selbst genommen. Ins Café gesetzt, eine Ausstellung besucht, einen schönen Spaziergang gemacht.
- Wenn die Sorgen um die Therapeutin zu groß wurden hab ich einfach mal innegehalten, an sie gedacht, und ihr innerlich viel Kraft gewünscht. Andere würden vielleicht beten oder eine Kerze anzünden.
- Ich habe viel Tagebuch geschrieben in der Zeit, vor allem auch über die Gefühle, die aufgetaucht sind im Zusammenhang mit der Abwesenheit der Therapeutin. Das war ein wichtiges Ventil, damit das alles nicht ungefiltert in mir herumbrodelt.
- Schwierig fand ich auch diese Situation mit offenem Ende. Im Gegensatz zum Urlaub, bei dem ich wusste ab dann und dann ist sie wieder da, war hier überhaupt nicht klar, ob das 4 Wochen oder 4 Monate oder noch länger dauern kann.
- Wenn du mit der Situation gar nicht klarkommst, such dir Hilfe: psychosoziale Beratungsstellen, SPDi, ein anderer Therapeut, bei dem du in dieser Ausnahmesituation vielleicht Akutstunden bekommen kannst.

- Die Idee eine Karte mit einem kurzen Gruß und guten Wünschen an die Praxis-Adresse zu schicken finde ich ganz gut. Und ich denke auch, dass es legitim ist, in 2 oder 3 oder x Wochen bei der Praxiskollegin mal nachzufragen, was der Stand der Dinge ist. Kann aber auch sein, dass du da nicht viel erfahren wirst außer "es dauert noch".

Alles Gute!
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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