Wie stark darf Therapie triggern ?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Laralove
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Wie stark darf Therapie triggern ?

Beitrag Mi., 21.04.2021, 06:47

Ich würde mich gerne nach eurem Rat erkundigen, da meine Therapie mich gerade sehr anstrengt und ich gerne ein Meinung von außen hören würde.

Ich gehe seit einem Jahr zur Verhaltenstherapie, enthält auch tiefenpsychologische Elemente, sowie Arbeit nach Pesso. Verdacht war soziale Phobie, Panikstörung, Depression, unsicher vermeidende Persönlichkeitsstörung PtBs. Momentan ist die Rede von Traumafolgestörung. Das erste Jahr wurde vor allem an der Angst, der sozialen Phobie gearbeitet und wie ich besser mit meinen Mitmenschen auskomme. Da habe ich auch wirklich Fortschritte gemacht.
Seit diesem Jahr geht es mehr im Richtung Trauma Kindheit, und mir haut es eigentlich nach jeder Stunde den Vogel raus, Dissoziation, Erschöpfungszustände, tagelange gefühlsleere und depressive Stimmung. Als würden die Wunden offenliegen.
Es wird versucht mit heilenden Bildern zu arbeiten, aber das hilft mir nicht so gut, für jedes heilende Bild kommt nämlich auch die nächste schlechte Erinnerung. Und momentan destabilisiert es mich mehr, früher bin ich gerne hingegangen, jetzt habe ich vorallem Stress.

Muss das so ? Muss man Da einfach durch wenn man ans Trauma will, bzw. muss man überhaupt ans Trauma ?

Bin gerade etwas verwirrt...
Vielleicht hat jemand ähnlich Erfahrungen gemacht
Jetzt bin ich die Woche auch wieder zuhause weil ich zu kaputt zum arbeiten war und das macht mich auch traurig.

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Montana
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 07:47

Laralove hat geschrieben: Mi., 21.04.2021, 06:47 Es wird versucht mit heilenden Bildern zu arbeiten,
Was ist das denn? Klingt sehr esoterisch. Meinst du damit Imaginationsübungen wie den sicheren Ort? Das ist etwas, was oft angeboten wird, aber nicht jeder kann damit etwas anfangen. Wenn das für dich nicht richtig ist, dann ist das völlig ok und du solltest das offen sagen. Die Zeit könnt ihr dann sinnvoller verwenden. Ich kenne das aus Kliniken, wo es wie ein Wundermittel gepriesen wird und die Teilnahme verpflichtend ist. Aber ein großer Teil der Patienten zieht sich da trotzdem raus, bestimmt 50 Prozent. Für mich ist es etwas, was der Dissoziation erst recht Tür und Tor öffnet.

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Laralove
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 07:53

Nein also heilende Bilder sind nach Pesso, heilende antidote. Also als Beispiel ideale Eltern
" eine ideale Mutter hätte zu dir gesagt ich liebe dich".
Diese Vorstellung wird dann in die Zeit geschickt in der man das gebraucht hätte.
Und dabei kommen bei mir dann die schlechten Bilder und Gefühle hoch, bzw danach.

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Shukria
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 07:54

Ich habe keine Ahnung, aber mir geht's grad ganz genauso in meiner Therapie, hab schon länger überlegt nen thread aufzumachen aber jetzt schließ ich mich einfach mal an 😊

Ich glaub grundsätzlich geht es einem nach authentischen Stunden wirklich erstmal schlechter 1-3 Tage weil viel im Trauma Netzwerk aktiviert wird. Was ja an sich gut ist da es sich nur so neu sortieren/einordnen kann.
Es muss ja aktiviert werden, nur so kannst du es anschauen, als alt und damals zugehörig identifizieren und ablegen. Aber

Mich belastet es aber auch grad sehr das vor allem nach der Stunde Gefühle von Schuld, Scham und neue alte Bilder mit hochgeschwemmt werden.
Ich versuch grad mit meiner Therapeutin eine Lösung dafür zu finden das es weniger belastend wird aber wir sind noch am ausprobieren, so richtig klappt es noch nicht...
Zuletzt geändert von Shukria am Mi., 21.04.2021, 07:56, insgesamt 1-mal geändert.

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Sadako
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 07:55

Laralove hat geschrieben: Mi., 21.04.2021, 06:47 I
Muss das so ? Muss man Da einfach durch wenn man ans Trauma will, bzw. muss man überhaupt ans Trauma ?
Es ist deine Therapie, Lara.
Wenn dich die Traumaarbeit so aus der Kurve wirft, rede drüber.
Ich persönlich glaube nicht, dass man unbedingt alle Traumasachen angucken oder bearbeiten muss. Es hängt davon ab, was man selber möchte, und auch wieweit die Traumaerinnerungen sowie immer wieder ins Leben grätschen.
Ich glaube, dass man auch ohne Traumakonfrontation bessere Lebensqualität erreichen kann und ungute Muster auflösen. Ob das immer ausreichend gelingt, schwer zu sagen...
Wichtig ist, dass du mitsteuern darfst, wie ihr in der Therapie vorgeht, welche Ziele es gibt und welches Tempo dran ist.
Wenn du zunehmend weniger alltäglichsfähig bist, weist es für mich darauf hin, dass da Druck rausgenommen werden muss.

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Montana
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 07:59

Laralove hat geschrieben: Mi., 21.04.2021, 07:53 Nein also heilende Bilder sind nach Pesso, heilende antidote. Also als Beispiel ideale Eltern
" eine ideale Mutter hätte zu dir gesagt ich liebe dich".
Diese Vorstellung wird dann in die Zeit geschickt in der man das gebraucht hätte.
Und dabei kommen bei mir dann die schlechten Bilder und Gefühle hoch, bzw danach.
Oh, wie krass. Da ist doch klar, dass es einem erst recht schlecht geht. Man bekommt ja so richtig unter die Nase gerieben, wie schlimm es wirklich war/ist. Das setzt dann richtige Assoziationsketten in Gang und dann hängt man richtig drin.
Eine Vorstellung in die Zeit schicken klingt NOCH esoterischer. Und das soll was genau bewirken? Eine Änderung der Vergangenheit?

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Shukria
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 08:04

Montana hat geschrieben: Das setzt dann richtige Assoziationsketten in Gang und dann hängt man richtig drin.
Eine Vorstellung in die Zeit schicken klingt NOCH esoterischer. Und das soll was genau bewirken? Eine Änderung der Vergangenheit?
Nein keine Veränderung der Vergangenheit das Gehirn erkennt das es Verganhenheit ist und kann es zukünftig ablegen. Ähnliche Situationen oder Erinnerungen triggern dann später nicht mehr oder aktivieren auch nicht mehr heftige Gefühle. Man kann dann unterscheiden, so war es damals, aber heute ist es anders

Bei mir funktioniert das. Nur die Belastung in den Tagen nach der Konfrontation ist sehr stark.

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Montana
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 08:05

Hab grad was dazu gelesen auf einer offiziellen Homepage zur Methode. Ich bin ehrlich entsetzt.

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Laralove
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 08:47

Es ist auch so das ich langsam etwas das Vertrauen in den therapeuten verliere, ich fühle mich in der trauma energie nicht gehalten oder gerahmt. Er kann mir da schwer raushelfen.
und das ist auch mein Hauptproblem das ich immer das Gefühl hatte das andere Menschen mich nicht halten können.
Und das kommt jetzt wieder ganz doll hoch

Shukira: Schuld und Scham gibt es bei mir leider auch ganz viel..

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 09:02

Puh, also mit dieser Arbeit nach Pesso könnte ich ja gar nichts anfangen.
Weiß dein Therapeut wie sehr dich das grade belastet und was passiert?
Natürlich ist Therapie auch anstrengend und natürlich geht es einem nicht sofort besser, das belastet auch.
Aber ganz sicher darf das nicht dauerhaft und in dem Umfang sein wie du das beschreibst!
Sprich das sehr deutlich an.
Dann muss der Therapeut mindestens einen Gang zurück schalten, erst mal wieder stabilisieren, kleinteiliger arbeiten.
Und die Methode muss passen, das muss ein Traumatherapeut anpassen können. Kannst du das ansprechen?

Mir geht es natürlich auch mal nach der Stunde erstmal schlecht oder ich bin sehr stark erschöpft, aber eben ein paar Stunden danach und keineswegs immer

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Shukria
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 09:25

Laralove hat geschrieben: Es ist auch so das ich langsam etwas das Vertrauen in den therapeuten verliere... mein Hauptproblem das ich immer das Gefühl hatte das andere Menschen mich nicht halten können.
Und das kommt jetzt wieder ganz doll hoch
Verlierst du das Vertrauen in den Therapeuten oder hattest du von Anfang an keins?

Mir fällt auf das das was du beschreibst, die Angst, das der andere einen mit seinen Emotionen nicht (aus) hält bei mir das Grundproblem in der Bearbeitung ist.
Ich drücke in der Stunde die unangenehmen Emotionen weg und versuche mich auf die Inhalte zu konzentrieren. Weil ich Angst habe mit den negativen Emotionen fallen gelassen oder dafür bestraft zu werden. Natürlich kann man in der Bearbeitung Emotionen nicht weg machen, also knallen sie zu Hause durch.

Zeigst, sprichst du alle Emotionen aus die in der Stunde hochkommen? Traust du ihm das zu dich damit auszuhalten. Ich traue meiner nicht so richtig grad, ich will nicht das sie mich so sieht / wahrnimmt so emotional, verwundbar, durcheinander :/

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Montana
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 09:56

Ich kenne das auch und wenn man sich das mal überlegt: wie krass ist das bitte? Der Therapeut ist da, einem zu helfen. Im Grunde könnte er das nur dann vernünftig tun, wenn er weiß, was überhaupt los ist. Aber wir trauen uns nicht, das auch nur ansatzweise mitzuteilen. Da ist schon ein Fehler im System. Es funktioniert nicht, zu Beginn einer Therapie eine Bestandsaufnahme zu machen, dann eine Therapieplanung, und dann geht es los und ist irgendwann fertig. Das System gibt aber genau das vor mit Diagnosestellung und Antrag bei der Kasse usw. Es funktioniert so nicht. Ich denke, die meisten Therapeuten wissen das nur zu gut und erwarten eher sogar, dass es neue Entwicklungen und eine ständige Anpassung der Therapie gibt. Es ist an uns, den Mut aufzubringen, es mitzuteilen. Auch auf die Gefahr, dass es tatsächlich nicht gut aufgenommen wird. Denn ansonsten kann sich nichts in die richtige Richtung ändern am Vorgehen des Therapeuten.

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Shukria
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 10:02

Ich habs meiner heute mitgeteilt, sie hat Angebote gemacht mir zu helfen mich zu reorientieren wenn ich abschmiere in der Stunde, da wurde mir klar das ich ja nur abschmiere weil ich Emotionen Weg drücke, nicht zeigen will

Also mal sehen, hab sie gebeten mir in der Stunde Brücken zu bauen für die Emotionen. Alleine ohne Ansprache ist die Hemmung zu groß. Nur ein "klar darf alles da sein" hilft mir grad nicht die Angst zu überwinden. Mir fehlt eine Handreichung. Mal schauen ob sie drauf eingeht.
Das würde auch den Therapieprozess entschleunigung, inhaltlich - und damit automatisch emotional

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Laralove
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 10:03

@ chrysokoll
Ich weiß nicht wie sehr er das wahrnimmt.
Ich werde es auf jeden Fall Morgen ansprechen.
Er ist halt kein Traumatherapeut. Ich weiß nicht wieviel da an Methodenvielfalt noch so geht..
Ich denke ich möchte das trauma thema erstmal ruhen lassen, jetzt muss ich mich erstmal um die (dadurch entstandene?) Depressive episode kümmern.

@ shukira.
Das mit dem Vertrauen ist ein interessanter Gedanke. Vielleicht war es nie wirklich da. Oder es ist wieder weniger geworden.
Das was du beschreibst ist wie ich bin,
Ich kann Emotionen in der therapie nur schwer ausleben, ich rede dann immer eher so als würde ich von einer anderen Person erzählen.
Manchmal bin ich etwas wütend oder traurig aber das ich da wirklich mal einen Gefühlsausbruch hatte oder geweint hätte.. nope.
Bin gespannt wie sich das bei die entwickelt
Und erstmal daumen hoch dass du es angesprochen hast !!
Ja. Das Vertrauen...das ist wohl das Thema

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Laralove
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Beitrag Mi., 21.04.2021, 12:46

Es ist auch so, das seit wir an diesem "ideale Mutter" thema arbeiten, ich mich mit meiner echten Mutter super schlecht fühle und Trauma symptome kriege wenn ich sie sehe.
Was vorher nicht so war.
Das finde ich super belastend, weil wir uns durch ein gemeinsames Hobby oft sehen und unserer jetzige Beziehung auch ganze ok ist.

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