Therapeutische Beziehung - die schwierigste überhaupt?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Griselda
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Therapeutische Beziehung - die schwierigste überhaupt?

Beitrag Mi., 03.03.2021, 22:49

Hallo,
ich wollte mal eure Meinung hören zu der Aussage "In der therapeutischen Beziehung spiegelt sich wieder wie sich der Patient auch sonst in Beziehungen verhält".

Ich habe wirklich Probleme diesen Satz zu verstehen und meiner Meinung nach stimmt er auch nicht.
In meinem ganzen Leben hatte ich zum Beispiel noch keine einzige Beziehung, die von vornerein daraus ausgelegt war nach 2-3 Jahren abrupt und auf Nimmerwiedersehen zu enden. Schon aufgrund dieses künstlichen Endes kommen in der therapeutischen Beziehung doch ganz andere Verhaltensweisen zu Tage als in realen Beziehungen. Z.B. Verunsicherung, wechselnde Nähe oder Distanz und Verlustängste. Aber auch eine schonungslose Offenheit durch die Schweigepflicht, die ja in realen Beziehungen gar nicht gegeben ist.
Dann ist das Verhältnis auch noch völlig unnatürlich, da der Therapeut sich als weiße Wand/abstinent präsentiert. Die meisten Menschen sind ja soziale Wesen und wollen der Persönlichkeit ihres Gegenübers in der Interaktion Raum geben und was über ihn erfahren, was in der Therapie gar nicht funktioniert.
Ich habe zum Beispiel sehr viel geredet, teilweise ununterbrochen, was ich in realen Freundschaften gar nicht tue, da ich da auch auf mein Gegenüber achte und es miteinbeziehe.

Was meint ihr, inwiefern bildet die therapeutische Beziehung das reale Beziehungsverhalten ab?

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Malia
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Beitrag Mi., 03.03.2021, 23:17

Für mich gibt es Unterschiede zwischen Kontakt und Beziehung.
Insofern:
Ja, mein Beziehungsverhalten( und -erleben) bildet sich in der Therapie ab.
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka

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Arakakadu
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Beitrag Do., 04.03.2021, 06:07

Ich finde auch... Ich erkenne durch die Beziehung zum Therapeuten all meine Verhaltensweisen von da draußen wieder, aber mmn in einer viel extremeren Form, da Verlustängste intensiver sind und auch sonst alle Gefühle intensiver zum Vorschein kommen, weil es nur um mich gehen darf.

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alatan
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Beitrag Do., 04.03.2021, 07:15

Die therapeutische Beziehung ist eine Laborsituation, in der man Beziehungsmuster, wie sie im realen Leben ablaufen, im geschützten Rahmen wie unter dem Mikroskop untersuchen kann. Insofern hat sie etwas Künstliches, gleichzeitig etwas sehr Intensives, auf jeden Fall eine Widerspiegelung dessen, was mit anderen Menschen abläuft.

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Montana
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Beitrag Do., 04.03.2021, 08:41

Sehe ich auch so wie meine drei Vorschreiber.

Und ich möchte auch noch anmerken, dass für mich die Schweigepflicht überhaupt nichts dazu beiträgt, dass ich offener spreche. Es hängt allein an der Person und daran, was ich über ihn weiß. Also, wie er denkt und ob er verstehen könnte oder mich eher verurteilt.
Eine weiße Wand ist ein Therapeut nur in der Theorie. Mir ist noch keiner begegnet, der das geschafft hat.
Ich rede nicht besonders viel in den Therapiestunden. Immerhin kommt es inzwischen nicht mehr vor, dass ich überhaupt nicht rede.

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Scars
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Beitrag Do., 04.03.2021, 19:01

Meiner Erfahrung nach finden sich in der Therapie schon Beziehungsmuster, allerdings vielleicht eher solche, die sich in freier Wildbahn in intimen Beziehungen zeigen würden (?) oder die sich auf die Beziehungen aus der Kindheit zurückführen lassen. Wie ich mich in Therapie verhalten und gefühlt habe, kommt im Alltag nicht vor. In Freundschaften und beruflichen Beziehungen bin ich ganz gut, Therapie war aber mittelschwere Katastrophe (Abbrüche, Emotionschaos). Eigentlich habe ich nirgends die Probleme, die ich in Therapie hatte. Ich hatte schon das Gefühl, dass ich durch diese Asymmetrie mit Therapeuten irgendwie nichts anfangen kann, keinen richtigen Bezug finden konnte, weil mir der persönliche Kontakt fehlt und ein „richtiges“ Gegenüber. Das kommt aber auf den Therapeut drauf an, wie sehr der sich auch als Mensch in seiner Rolle als Therapeut auf mich einlässt, Sympathie etc. An sich finde ich dieses künstlichen Setting und die Beziehung schon speziell. Normalerweise kennt man sein Gegenüber ja und die Beziehung ist ausbalanciert, beruht auf Gegenseitigkeiten etc.
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Montana
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Beitrag Do., 04.03.2021, 21:08

Ist bei mir andersrum. Normale Freundschaften habe ich eher nicht. Ich kann einen Therapeuten ja z.B. fragen, was bisher so war. Oder einfach nur dumme Sachen sagen, weil ich mich an etwas früher besprochenes nicht erinnere. Der nimmt das nicht persönlich. Andere Leute aber schon, und die denken dann, dass ich eine arrogante Ziege bin oder dass sie etwas falsch gemacht haben, je nach eigenem Selbstbild.
Beziehungen sind für mich nie ausbalanciert.

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Pianolullaby
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Beitrag Do., 04.03.2021, 21:39

bei mir war noch kein Therapeut eine weisse wand, und bei mir war auch nicht klar, dass es nach 2-3 Jahren endet, ist in der CH eh anders geregelt, also ja für mich stimmt das schon zu einem grösseren Teil
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diesoderdas
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Beitrag Sa., 06.03.2021, 21:20

Griselda hat geschrieben: Mi., 03.03.2021, 22:49 ich wollte mal eure Meinung hören zu der Aussage "In der therapeutischen Beziehung spiegelt sich wieder wie sich der Patient auch sonst in Beziehungen verhält".

Ich habe wirklich Probleme diesen Satz zu verstehen und meiner Meinung nach stimmt er auch nicht.
Bin ebenfalls deiner Meinung, dass der Satz nicht stimmt.
Oder sagen wir besser, dass er nicht immer stimmen muss.
Ich meine , jeder hat schon so seine Eigenarten mit Menschen umzugehen.
Finde aber, man kann nicht generell sagen, SO verhält sich jemand in Beziehungen. Weil man zu unterschiedlichen Menschen auch unterschiedliche Beziehungen hat, da das Gegenüber auch immer unterschiedlich ist. Somit ist die Beziehung immer eine andere und es gibt nicht unbedingt immer DAS eine Verhalten.
Was in einer Beziehung ein totales Problem ist, kann in einer anderen Beziehung total unwichtig ohne jegliche Bedeutung sein.

Mir ist der Satz zu einfach und zu pauschal.

Bin aber auch der Meinung, dass ein Therapeut nie eine wirklich weiße Wand ist. Der Mensch dahinter ist doch immer irgendwie zu erahnen, kommt mehr oder weniger durch.

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Noenergetik
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Beitrag Sa., 06.03.2021, 21:41

Ja, sehe ich auch so, finde diesen Satz auch zu einfach und zu pauschal.

Weder in der Einzel- noch in der Gruppentherapie war es bei mir zutreffend.

Gibt es sicher bei einigen Menschen, aber ich finde es auch zu verallgemeinernd.

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