Nach 40 Stunden keine Besserung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Benjam
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Nach 40 Stunden keine Besserung

Beitrag Do., 17.12.2020, 21:22

Hallo,

ich bin wegen Depression, Ängsten und Zwangsstörungen in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie. 60 Stunden.

Ich mag die Thera und finde die Sitzungen angenehm. Ich erzähle ihr wie es mit geht und sie hört freundlich zu. Das ganze ist nett, aber bei meinen Problemen hilft es mir nicht. Was ich ihr erzähle, weiß ich ja eh selber. Einen neue Blick habe ich keinen gewonnen. Ich mache mir große Sorgen, dass die Therapie endet und ich nicht weiß, wie ich meine Probleme besser angehen soll. Meine Therpeuthin findet wir machen Fortschritte (ich kann keine erkennen) und wenn ich sage, dass mich die unterschiedliche Einschätzung irritiert, sagt sie, ja sie versteht, dass das unzufriedenstellend für mich ist. Ja und jetzt? Wir schauen weiter. Na gut, aber weiter schauen wir schon seit 40 Stunden und bald stehe ich alleine da, weil die Therapie aus ist. Das ist beängstigend. Ja, das verstehe sie...

Was kann ich denn dann machen?

Benjamin

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chrysokoll
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Beitrag Do., 17.12.2020, 21:31

eine TfP kann doch auf 100 Stunden verlängert werden.
Da müsstest du also keine Angst haben demnächst ohne Therapie dazustehen

Aber: Nach 40 Stunden sollte sich merklich was getan haben
Und zwar auch und vor allem aus deiner Sicht, nicht nur aus Sicht der Therapeutin.

Wenn du das Gefühl hast es wird nur nett geplaudert dann läuft was falsch.

Vielleicht sprichst du das nochmal sehr klar mit ihr an

Als zweiten Schritt würde ich dir empfehlen, über einen Wechsel nachzudenken
Wechsel der Therapeutin und auch der Therapieform
Verhaltenstherapie ist da doch sehr viel konkreter, direktiver. Aber dann auch weniger "nett"

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Südländerin
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Beitrag Do., 17.12.2020, 21:32

Die Therapeutin hat keinen Zauberstab. Es liegt auch an dir, was du draus machst. Hast du keinerlei Erkenntnisse
darüber gewonnen, warum du so bist? Eine Idee davon, wie du dich ändern könntest. Wie lange bist du denn
schon bei ihr? Es braucht auch Zeit.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 17.12.2020, 21:35

Südländerin hat geschrieben: Do., 17.12.2020, 21:32 Die Therapeutin hat keinen Zauberstab. Es liegt auch an dir, was du draus machst.
naja, aber dafür geht man doch in Therapie: Damit man Anregungen, Anleitungen, Gedanken, Tipps... bekommt
Wenn man das allein könnte bräuchte man ja keine Therapie

Klar muss man an sich arbeiten, aber dafür braucht es eben die Therapie, das Rüstzeug
Einfach nur höflich zuhören und "ja, ich verstehe..." sagen reicht nicht.
Und manche 'Therapeuten sind wohl so
Am Ende fühlt man sich wahsinnig toll verstanden, das wars dann aber auch
Mir ist das zu wenig

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Südländerin
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Beitrag Do., 17.12.2020, 21:59

Er ist in einer TFP, da wird schon erwartet, dass die "Lösung" aus ihm selbst heraus kommt. Ich war selbst in einer TFP, der Therapeut hat sich sehr zurück gehalten, damit ich selbst/aus mir selbst heraus etwas erkenne. Natürlich bringt sich der Thera ein, aber das braucht alles seine Zeit.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 17.12.2020, 22:06

es gibt auch in einer TfP aktivere und sehr zurückhaltende Therapeuten
Möglicherweise ist diese Therapeutin für Benjam zu passiv, zu neutral, zu nett, zu zurückhaltend
Dann kommt leider nichts raus und das ist schade
Man sollte so etwas nicht endlos fortführen

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Südländerin
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Beitrag Do., 17.12.2020, 22:15

Das kann er nur selbst wissen.

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Benjam
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Beitrag Do., 17.12.2020, 22:41

Wie würde denn ein Wechsel ablaufen?
Ich dachte, ich kann nach 40 Stunden nicht mehr wechseln.

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alatan
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Beitrag Do., 17.12.2020, 22:58

Das Problem bei vielen "Tiefenpsychologen" ist, dass sie ihre eigene Theorie, die Psychodynamik, nicht begriffen haben und meinen, durch nette Gespräche Therapie zu machen. Das ist aber ein fataler Irrtum und zeigt sich in genau dem, was der TE beschreibt, nämlich in null Veränderung - weder im Innern noch im Äußeren. Angesichts derart falsch verstandener Therapie ist doch wohl die VT angebrachter, die wenigstens oberflächliche Wirkungen hat.

Ein echter Psychodynamiker hätte z. B. spätestens beim Einwand des Patienten bzgl. der Diskrepanz einen wunderbaren Ankerpunkt der Untersuchung und des Verstehens "in der Tiefe" gefunden.

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diesoderdas
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 00:06

Benjam hat geschrieben: Do., 17.12.2020, 21:22 Meine Therpeuthin findet wir machen Fortschritte (ich kann keine erkennen) und wenn ich sage, dass mich die unterschiedliche Einschätzung irritiert, sagt sie, ja sie versteht, dass das unzufriedenstellend für mich ist. Ja und jetzt?
Übel, dass das anscheinend oft so stehen gelassen wird. Habe ich schon öfters gehört. Genau da müsste man doch drüber reden.
Was hast du denn für Fortschritte gemacht laut deiner Therapeutin? Sagt sie dir das? Oder lässt sie sogar das völlig im Dunkeln?

Bei mir stand auch mal in einem Klinikbericht, ich hätte die Klinik in stark gebessertem Zustand verlassen.
Da dachte ich mir, wow, was für eine verquere Vorstellung von "stark gebessert" haben die hier denn!?
Es hatte kleine Veränderungen zum positiven gegeben. Die nebenbei bemerkt alle durch Interaktion mit Mitpatienten außerhalb der Therapie zustande gekommen waren.
Wirkliche Veränderungen gab es bei mir erst danach - mit anderweitiger nicht-therapeutischer Unterstützung.

Aber wie kommt es zu so unterschiedlichen Aussagen? Sagen das Therapeuten eher wegen sich selbst? Weil "ihre" Therapie schließlich helfen muss? Eigentlich ist es doch kein Hexenwerk, sich zusammen hinzusetzen und die Frage nach dem "hilft es?" zu erörtern.

Mir sagte mal ein Gruppentherapeut in der Klinik in einer der allerletzten Stunden: "Ach was, Sie haben also tatsächlich soooo Schwierigkeiten alleine in eine Bahn zu steigen?"
Ich kam mir schon reichlich verarscht vor. Leider hatte ich nicht gekontert mit z.B.:"Nein, wissen Sie, ich tat monatelang nur so. Eigentlich macht es mir tierisch Spaß."
Da ging mir wirklich die Hutschnur hoch.
Er sagte noch, dann könne er mit mir und der Gruppe doch noch zusammen Bahn fahren. Hat natürlich auch nie stattgefunden. War mir aber vorher schon klar.
Ich war schon auch wütend, da ich mir sagte, na super, der hat mich monatelang scheinbar nicht gesehen. Noch schlimmer, er hat das, was ich sagte, wohl nicht gehört. Warum auch immer.
Ist eigentlich total bescheuert. Man sagt doch auch zu keiner 35 kg Magersüchtigen, ach was, sie sind echt magersüchtig?

Wenn die Wahrnehmungen von Therapeut und Patient so auseinandertrifften, sollte man wohl schon mal schauen, wessen Wahrnehmung eher an der Realität dran liegt.

wenn nach 40 Stunden keine Verbesserung eintritt, wäre ich auch nervös.
Könntest ja mal Probestunden bei anderen Therapeuten machen und gucken, wie du dich dabei fühlst.

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saffiatou
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 00:32

Ein Wechsel ist jederzeit möglich, da kann dich aber im Vorgehen deine Krankenkasse beraten.

Wie schnell eine Verbesserung in einer Therapie stattfindet ist vollkommen unterschiedlich. Ich dachte auch anfangs nach fünf bis zehn Stunden tfp ist die Welt wieder in Ordnung. Nur bin ich damals einfach von einer Depression ausgegangen, aber das war der Zustand in dem ich war, den eine jahrelange Traumatisierung hervorgerufen hat — unter anderem, dann dauert eine Therapie eventuell. Wenn also bei dem TE die Depression zwar behandelt wird, aber die Ursachen (noch) nicht erkannt bzw. bearbeitet worden sind, kann es auch daran liegen, dass die Fortschritte (gefühlt) nicht da sind. Bei mir hat es eine ganz Weile gebraucht, bis ich den Mut hatte die Traumata anzusprechen. Auch ich hatte nach vielen Stunden das Gefühl keine Fortschritt gemacht zu haben und war frustriert, mit dem thera habe ich dann gemeinsam erarbeitet, was sich geändert hat und das war gut zu sehen, was sich bewirkt. Manchmal sind es kleine Schritte im einzelnen, die aber zusammen einen großen bedeuten.

Was mich tatsächlich an der thera stören würde sind die Plattitüde, die sie wohl immer äußert, damit macht sie es sich leicht. Ein thera sollte einen Patienten den Weg zeigen, ihn aber nicht tragen. Er sollte unterstützend eingreifen, und fordern und fördern. Eine Therapie die fast ein Monolog ist, wäre nicht meine Therapie.

Ich glaube für einen Therapieanfänger ist es auch oft schwer zu erkennen, was sich getan hat, denn es ist vollkommen anders, als wenn man der somatischen Medizin ein Medikament einnimmt, da ist die Verbesserung deutlicher zu spüren — Schmerz weg zb.
never know better than the natives. Kofi Annan


Jenny Doe
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 05:07

Hallo Benjam
Ich erzähle ihr wie es mit geht und sie hört freundlich zu.
Wenn sich deine Psychotherapie tatsächlich nur auf Reden und freundliches Zuhören beschränkt, dann kann ich dich gut verstehen.
Depression, Ängste und Zwangsstörung lassen sich eigentlich relativ gut behandeln, wenn die richtigen Bewältigungsstrategien vermittelt werden und der Psychotherapeut aktiv wird, nicht nur zuhört, sondern Methoden wie z.B. Konfrontation anwendet.
Bei der Wahl des Therapieverfahrens kommt es u.a. darauf an, was Du dir als Patient wünschst. Möchtest Du tiefer gucken und verstehen, oder wünschst Du dir die Vermittlung von Bewältigungsstrategien?
Wenn du mehr brauchst als nur Zuhören, dann könnte die Verhaltenstherapie für Dich vielleicht das bessere Therapieverfahren sein.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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lisbeth
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 06:37

@Benham: Habt ihr denn zu Beginn der Therapie über konkrete Ziele gesprochen? Also nicht nur global 'es soll mir besser gehen'. Sondern sowas wie 'Ich will wieder in der Lage sein, xyz zu machen' oder 'ich möchte aufhören, ständig an abc zu denken oder def zu machen'.
An welchen konkreten Dingen würdest du denn merken, dass es dir besser geht? Und habt ihr über diese Sachen auch gesprochen im Zusammenhang mit der Frage ob sich durch die Therapue bei dir etwas bewegt oder nicht?
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Sadako
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Beitrag Fr., 18.12.2020, 07:51

Lisbeths Hinweis mit den Therapiezielen finde ich wichtig.

An dem Thema mit der unterschiedlichen Einschätzung, ob da Erfolge sind würde ich dranbleiben. Ist es so, dass die Therapeutin Verbesserung sieht und du den Eindruck hast, dass ihre Wahrnehmung nicht stimmt? Oder gibt es tatsächlich Verbesserung und du kannst hast die noch nicht bewusst wahrgenommen? Oder... hast du deine Ziele zu hoch gesteckt bzw. ist es unrealistisch, die Ziele in dem Zeitraum erreichen zu können?

Diese Überlegungen würde ich mit in die Therapie bringen. Es ist schon wichtig, dass es deine Einschätzung und die deiner Therapeutin in Bezug auf die Frage, wo du stehst und wo du hinwillst in etwa konform sind.
Therapeuten sind Wegbegleiter und um voranzukommen muss man klar haben wo man ist, welches Ziel man hat und welche Routen es dorthin geben könnte.

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Benjam
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Beitrag So., 20.12.2020, 15:29

Ich habe keine Ahnung was wir da in der Therapie machen. Ich erzähle halt wie es mit geht. Woher soll ich wissen wie ich eine Therapie gestalten soll? Ich mach das zum ersten mal und habe keinen Vergleich.
Natürlich bin ich geduldig gewesen. Aber jetzt sind schon 40 Stunden vergangen und ich habe eben Sorge, dass sich in den noch folgenden auch nichts ändern wird. Und das habe ich der Thera wie oben beschrieben ja auch mitgeteilt.

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