Kritisch gegenüber Therapeuten?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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parisblues
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Kritisch gegenüber Therapeuten?

Beitrag Mo., 06.07.2020, 20:24

Liebe Forumsgemeinde,

ich habe jetzt ungefähr ein Jahr Gesprächstherapie bei meinem Therapeuten gehabt und letzte Woche hat er mir mitgeteilt, dass er sich beruflich etwas verändert, und ich somit privat die Therapie bezahlen müsste. Ansosten würde ich in dem Verein, einem anderen Therapeuten weiter zugeteilt werden.
Ich habe extreme Vertrauensprobleme und erst vor Kurzem, habe ich bemerkt, dass sich da endlich etwas zum Positiven verändert. Der Therapeut weiss, dass ich extreme Probleme im Umgang mit Vertrauen habe und Angst vor dem Verlassen werden. Darum hat mich die Nachricht sehr mitgenommen.
Ich kann irgendwie, wenn ich nur meinen Verstand verwende, nachvollziehen, dass er sich beruflich verändert. Aber es geht mir jetzt gar nicht darum, sondern wie er mit meiner Reaktion umgegangen ist. Ich bin komplett verfallen, habe kaum mehr Sprechen können und konnte nur am Boden schauen. Außerdem habe ich fast durchgehend geweint. Rückblickend hätte ich mir schon erwarte, dass er versucht mich therapeutisch zu begleiten.
Für mich hat sich das nach Retraumatisierung angefühlt und nachdem ich so verletzt war meinte ich, dass ich nicht weiß ob ich überhaupt noch kommen kann. (2 Sitzungen auf Kasse hätte ich noch) Da kam nicht viel zurück und nach einiger Zeit fragte er nur: "Heißt das, du kommst jetzt gar nicht mehr?" Finanziell würde ich mir vielleicht 1-2 Sitzungen pro Monat leisten können. Hatte jetzt aber auch nur alle 2 Wochen einen Termin. Währen der Sitzung dachte ich mir aber, dass ich mir das nicht leisten kann. Aber es sollte sich ausgehen, je nachdem was die SItzung kosten wird. Aber ich muss sagen, nach der Reaktion bin ich komplett zerstört.
Zum Abschluss meinte er noch das war jetzt echt viel an Info und ich soll ihm meine Entscheidung nach 2 Tagen mitteilen. Nun habe ich ihm mitgeteilt, dass ich weiter bei ihm bleiben will. Aber ich frage mich was wäre gewesen wenn ich gesagt hätte, ich kann nicht mehr bei ihm bleiben. Dann hätte er erneut genau das in mir angerichtet was ich schon oft in meinem Leben erlebt habe und deswegen auch so bin wie ich bin. Erneut absolute Entäuschung. Erneut die Erfahrung, dass ich jemand komplett egal bin. In einer Lebenslage in der ich gerade eh schon total labil bin und ich eigentlich schon nicht mehr kann.
Da war einfach null Emphatie. Das war nicht das erste Mal, dass ich entäuscht von ihm bin. Aber ich denke mein Krankheitsbild hat genau das auch als Symptom. Ich traue mir auch zu, die ganze Sache falsch zu deuten. Deswegen ist es schwer für mich rauszufinden ob das Verhalten tatsächlich nicht okay ist oder da einfach meine Krankehit spricht. Mein Gefühl sagt, ich habe immer etwas zu kritisieren an Menschen die mir zu Nahe kommen. Andererseits waren da echt schon Verhaltensweisen dabei, die ich echt schlimm finde. Mag mir jemand seine Gedanken dazu teilen? Danke schon mal!

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theweirdeffekt
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Beitrag Di., 07.07.2020, 07:05

Hallo,

zuerst, ich versteh dich und deine Gedanken. Aber knallhart firmuliert: er ist Thera, du sein Klient. Aus die Maus.

Das/die Situation hat absolut nichts mit dir und deiner Person zu tun. Oder das was mit dir nicht passen würde (und alle Gedanken, die man da sonst noch im Kopf hat).

Was ich an deiner Stelle tun würde, wäre, ihm ganz genau erzählen was das alles an Gefühlen in dir auslöst. Denn dafür ist er u.a. ja da.

Alles Gute
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Montana
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Beitrag Di., 07.07.2020, 08:33

Ich finde es nicht in Ordnung, dich zum Selbstzahlen zu nötigen. Das ist klar ein Ausnutzen der Tatsache, dass du in einer laufenden Therapie bei ihm bist und diese nicht verlieren möchtest.
Wenn er nun keine Kassenzulassung mehr hat, weil er die aufgrund irgendeiner Veränderung seines Tätigkeitsfeldes abgegeben hat, dann müsst ihr euch gemeinsam drum kümmern, das mit der Kasse für deinen Einzelfall zu regeln. Sowas geht ja. Wer keinen Therapeuten mit Kassensitz findet, kann auch über das Kostenerstattungsverfahren gehen und die Therapie trotzdem bezahlt bekommen. Bei dir liegt sogar eine gute Begründung auf der Hand: die laufende Therapie. Das bedeutet aber natürlich Arbeit für ihn, und dich selbst zahlen zu lassen ist viel bequemer. Also kann man das ja zuerst versuchen.

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Hasenmaus123
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Beitrag Di., 07.07.2020, 08:52

Montana, du hast recht!

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chrysokoll
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Beitrag Di., 07.07.2020, 10:58

das sehe ich ganz genau so wie montana
Der Therapeut wird ja nicht erst seit gestern wissen dass er nun eine private Praxis aufmacht.
Meines Wissens ist es in solchen Sonderfällen sehr wohl möglich dann bei laufender Therapie eine weitere Kassenfinanzierung hinzubekommen, aber das ist lästige Arbeit für den Therapeuten.
Was ist da von einem Therapeuten halte der denkt "ach, die kommt zweimal im Monat, das wird sie schon zahlen können" sag ich lieber nicht.

Es wäre auch in seiner Verantwortung gewesen da frühzeitig vorzubereiten und z.B. intern einen passenden Therapeuten zu suchen der die Therapie weiter führen kann und einen sanften und geregelten Übergang zu gestalten. Auch das ist nicht einfach und ideal, geht aber

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 07.07.2020, 11:25

Montana hat geschrieben: Di., 07.07.2020, 08:33 Ich finde es nicht in Ordnung, dich zum Selbstzahlen zu nötigen. Das ist klar ein Ausnutzen der Tatsache, dass du in einer laufenden Therapie bei ihm bist und diese nicht verlieren möchtest.


Sehe ich auch so. Wobei bei der reduzierten Frequenz auch überhaupt nicht klar ist ob dir das dann überhaupt noch so viel bringt. Vor allem auch zu sagen, du musst das innerhalb von 2 Tagen entscheiden schlägt ja schon dem Fass etwas den Boden aus.

Andererseits muss man mit dem Ausfall eines Therapeuten immer rechnen. Die Therapeutin einer Freundin hat zB ein Kind bekommen und hat dann erst mal nicht mehr gearbeitet. Therapeuten können wegziehen oder krank werden/Unfälle haben.

Und habe ich das richtig verstanden, ihr duzt euch?

Ich würde mich an deiner Stelle mal nach anderen Therapeuten umschauen die auf Kasse abrechnen können umschauen und da probatorische Sitzungen machen um zu sehen ob da ein vielversprechender dabei ist.

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parisblues
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Beitrag Di., 07.07.2020, 12:17

Ihr Lieben,

danke für eure Antworten. Also im Großen und Ganzen liege ich da anscheinend mit meiner Wahrnehmung nicht so verkehrt.
Den Vorschlag, dass ich ja anfragen kann bezüglich Kassenplatz hab ich mir auch schon durch den Kopf gehen lassen. Habe aber totale Probleme um etwas zu bitten. Außerdem ist jetzt eher die Frage für mich ob die Beziehung so überhaupt noch funktioniert. Es wäre für mich schon irgendwie hilfreich gewesen, dass er mir irgendwie vermittelt, dass er auch Wert legt auf die Weiterführung der Therapie. Ich glaube mir wird immer mehr bewusst, wie entäuscht ich bin und das auch sein darf. Denn es gibt null Hilfestellung oder Entgegenkommen seinerseits owbohl er weiß, wie sehr mich solches Verhalten in der Vergangenheit grundlegend traumatsiert hat.
Ich habe heute eine Sitzung und habe total Angst davor. Ich möchte zumindest ansatzweise vermitteln wie es mir geht und, dass ich sein Verhalten sehr verletzend finde.
Und natürlich ist mir klar, dass es verschiedene Gründe gibt eine Therapie zu beenden bzw. die Umstände zu ändern. Aber wie gesagt, geht es mir mehr um das ganze Drumherum. Wie mit mir umgegangen wurde. Dass da null Ambitionen sind mir ansatzweise das Ganze einfacher zu machen.

@münchnerkind Ja, wir dutzen uns. Einen Kassenplatz zu bekommen dauert halt echt Ewigkeiten. Aber ja das sollte ich tun, denn es ist Notwendig.

Ich glaub er weiß gar nicht, was er mit dem Ganzen angerichtet hat.


theweirdeffekt
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Beitrag Di., 07.07.2020, 20:43

parisblues hat geschrieben: Di., 07.07.2020, 12:17 Ich glaub er weiß gar nicht, was er mit dem Ganzen angerichtet hat.
Darum fänd ichs auch wichtig, dass du ihm das ganz klar sagst.
Kopf hoch... Sonst kannst du die Sterne nicht sehen

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