Lohnt sich einer Therapie bei mir?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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unknownuser1234
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Lohnt sich einer Therapie bei mir?

Beitrag Fr., 01.05.2020, 22:45

Hallo zusammen,

ich weiß der Titel mag etwas bizarr klingen, aber ich weiß mir grad irgendwie nicht anders zu helfen.

Ich leider seit nem Jahr unter einer generell Unzufriedenheit mit mir. Auslöser dafür war n Vorfall in meiner engeren Familie, der wie ein Stein ins Rollen gebracht hat.
Ich war/bin die letzten Jahre ziemlich introviertiert gewesen, habe daher nur sehr wenige Kontakte gepfegt, nie ne Beziehung geführt, war so gut wie nie auf Partys und hab immer mein eigenes Ding gemacht. Seit dem Vorfall hab ich gemerkt, wie scheiße das alles ist, nur für sich zu sein, mit niemandem wirklich reden zu können, keine Beziehung gehabt zu haben, generell keine Erfahungen mit Frauen usw. Kurz gesagt, ich bin unglaublich unzufrieden mit meinem Leben und weiß nicht wie ich meine aktuelle Sitaution verbessern kann.
Mein Zustand hat sich die letzten Monate auch immense verschlechtert, ich habe Konzentrationsprobleme, Lustlosigkeit, kann mich für fast nichts begeistern, sehe in meinem Leben kein Sinn und Zweck mehr, merke selber wie ich mich von anderen weiter abschotte und tendiere auch dazu häufiger Schmerztabletten aus Frustration zu nehmen. Suizid hab ich mir auch immer mal wieder durch den Kopf gehen lassen, ernsthafte Vorhaben hab ich aber glücklicherhweis noch die gehabt.

Ich hab selber gemerkt, dass es so mit mir nicht weiter gehen kann, weiß aber auch nicht wie ich was ändern soll. Jetzt frag ich mich halt, ob ein Therapeut da irgendwas bewirken könnte. Ich mein der kann mir ja schlecht Freunde oder ne Beziehung beschaffen. Vielleicht dann eher sowas wie, dass ich meine Situaton akzeptieren usw. ich weiß nicht...

Wie würdet ihr das beurteilen?

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Montana
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 44
Beiträge: 3360

Beitrag Fr., 01.05.2020, 23:10

Ich fasse mal zusammen: Du bist wie jeder Mensch ein Wesen, das soziale Kontakte zum Leben braucht. Dieses Grundbedürfnis ist schon seit sehr langer Zeit unerfüllt und du hast erkannt, dass es dir aus diesem Grund nicht gut geht. Du hast aber keine Ahnung, wie du daran etwas ändern könntest. Richtig?
Normalerweise ist dem Menschen die Fähigkeit, soziale Kontakte und Liebesbeziehungen einzugehen, gegeben. Weil das für uns überlebenswichtig ist. Aber wir werden nicht damit geboren; wir erlernen das von unseren primären Bezugspersonen oder eben auch nicht.
Und daher wage ich jetzt zu behaupten, dass du ein Problem hast, das eine Therapie rechtfertigt. Natürlich wird dir kein Therapeut Freunde oder Beziehung beschaffen können, aber das muss er auch nicht. Er soll dir helfen, herauszufinden, wie du das selbst tun kannst. Ich weiß ja nicht, was dich hindert, und vermutlich weißt du das auch nicht so ganz genau. Sonst würdest du es ändern können.

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R.L.Fellner
Psychotherapeut
männlich/male
Beiträge: 827

Beitrag Mi., 06.05.2020, 08:26

Lieber unknownuser,

"nicht lohnen" würde sich eine Psychotherapie vermutlich dann, wenn Sie ein Roboter wären oder unter einer körperlichen Erkrankung leiden, psychisch aber in bester Verfassung und vor Lebensfreude sprühend… ;-)

Ich verfolge - gerade auch weil ich "aus erster Hand" schon oft miterleben konnte, welch massive und z.T. sogar für die KlientInnen überraschende neue Perspektiven und Möglichkeiten Psychotherapie eröffnen kann - eher die Auffassung:
Psychotherapie ist eine Ressource, die so gut wie jeder nützen kann, ja vielleicht sogar sollte.

Fast immer ist ja der ausschlaggebende Grund, eine Psychotherapie oder Paartherapie zu beginnen, eine akute psychische Krisensituation oder die Gefahr einer Trennung - aber warum muss man es unbedingt so weit kommen lassen? Zahlreiche Krisen, chronische Lebensbelastungen, Depressionen, Angst- und Kontaktstörungen wären vermutlich vermeid- oder zumindest stark verkürzbar, hätten die Betroffenen sich schon frühzeitig "Unterstützung von Außen" bzw. "Selbstreflexion mit einem hierfür professionell ausgebildeten Gegenüber" gesucht.

Insofern kann ich auf Ihre Frage mit einem bestimmten "Ja!" antworten, und habe in Ihrem Beitrag nichts gefunden, was dem widersprechen würde. Geben Sie sich diese Chance, und es kann gut sein, dass Sie überrascht sind, wie viel eine Psychotherapie bewegen kann. Nicht immer klappt das gleich von Beginn an - mitunter dauert es eine Zeit lang, bis Therapeut und Klient aufeinander "eingespielt" sind, oder die Probleme müssen erstmal entwirrt werden - aber lohnend wäre der Versuch (ggf. falls man sich nicht gut aufgehoben fühlt, durchaus auch noch andere Therapeuten evaluieren statt den Ansatz als solchen für sich als Möglichkeit zu verwerfen) meiner Überzeugung nach in jedem Fall.

Vielleicht helfen Ihnen auf der Suche auch meine beiden folgenden Leitfäden weiter:
- Wie finde ich einen 'guten' Therapeuten?
- Leitfaden zum Scheitern einer Psychotherapie ;-)

Alles Gute für Ihren Weg!
R.L. Fellner

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Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
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anderes/other, 39
Beiträge: 4650

Beitrag Mi., 06.05.2020, 14:27

In der Therapie kannst du im geschützten Rahmen auch Beziehung üben und kannst dann vermutlich besser mit anderen in Kontakt kommen - insofern kann dir ein Therapuet schon helfen, in guten Kontakt zu gehen - erst durch Interaktion mit dir, Reflektion (wird dir auch sagen, was schwierig ist) und du kannst auch üben, Rückmeldungen zu geben, gucken, wie du dich mit Nähe fühlst - und wenn du da ein bissl eine Ahnung bekommen hast, kannst du bestimmt auch etwas sicherer im Leben Leute finden, die gut für dich sind. Nur Mut! Es ist gut, dass du jetzt schon merkst, dass es so nicht weitergeht - so kommst du leichter (wieder) ins Leben, wenn du noch nicht zu tief im Schlamassel sitzt.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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