Nachbeelterung außerhalb der Therapie/Sexuelle Gefühle

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Ismi82
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Nachbeelterung außerhalb der Therapie/Sexuelle Gefühle

Beitrag So., 05.01.2020, 11:03

Hallo,

Ist es möglich Nachbeelterung auch außerhalb einer Therapie zu haben?

Ich hab ja schon einige Threads eröffnet mit meinem Problem und ich komme einfach nicht weiter. Kurzfassung: Ich war zwei Jahre emotional abhängig von meinem Chef in der Hoffnung er kann meine kindlichen Sehnsüchte erfüllen. Konnte er natürlich nicht. Jetzt geht's mir mit einer Freundin ebenso. Sie hat gehört was los ist und meinte komm, ich will dir die Zuwendung geben die du brauchst. Das tut einerseits total gut. Wenn ich mit ihr zusammen bin genieße ich ihre Nähe, Zuneigung, ihre Umarmungen/Berührungen. Muss ich mich von ihr trennen kommt das berühmte Loch. Ich vermisse sie dann sehr und es tut einfach weh. Das geht soweit zu überlegen zu ihr zu ziehen. (ich hab Familie, sie auch) Hinzu gekommen ist, dass ich mich sexuell sehr zu ihr hingezogen fühle. Nein ich stehe eigentlich nicht auf Frauen. In einer Therapie wäre das alles normal denke ich (bis auf die Berührungen). Aber sie ist ja nicht meine Therapeutin.

Ich bekomme bei ihr all das, was ich mir von meinem Chef gewünscht hatte (er ist kein Thema mehr, wir können wieder ganz normal miteinander umgehen) aber es scheint nicht zu reichen. Auch irritieren mich die sexuellen Gefühle. Kommt das einfach von den Umarmungen/Berührungen/der Nähe? Dass ich von einer in die nächste Abhängigkeit gerutscht bin scheint mir logisch.

Hat jemand Ideen was mir helfen könnte? Meine Therapeutin (VT) weiß auch nicht weiter. Ich überlege ob es sinnvoll ist tiefenpsychologisch dran zu gehen. Oder ist es sinnvoll diese Freundschaft aufzugeben? Oder ob ich es einfach hinnehmen sollte ohne mir groß Gedanken zu machen? Ich bin überfordert.

Danke für eure ernstgemeinten Antworten!

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candle.
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Beitrag So., 05.01.2020, 11:12

Hallo!

Eine Analyse vielleicht, wenn es so tief in dir verankert ist?

LG candle
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Ismi82
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Beitrag So., 05.01.2020, 11:21

Ja, ich überlege ob das sinnvoll ist. Ich hab nur jetzt schon Angst, dass dann die Abhängigkeit noch mehr wird dem Therapeuten gegenüber. Das hat mich bisher davon abgehalten darüber näher nachzudenken.

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candle.
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Beitrag So., 05.01.2020, 11:33

Ismi82 hat geschrieben: So., 05.01.2020, 11:21 Ja, ich überlege ob das sinnvoll ist. Ich hab nur jetzt schon Angst, dass dann die Abhängigkeit noch mehr wird dem Therapeuten gegenüber. Das hat mich bisher davon abgehalten darüber näher nachzudenken.
Naja, dazu muß ich sagen, dass ich persönlich nichts davon halte von einer Nachbeelterung wie du schreibst. Hast du selber denn eine Vorstellung davon wie die Therapie dann aussehen soll? Angst mußt du davor nicht haben, wenn du dir ein wenig klar machen kannst was deine Ziele sein sollen. Die Therapie hängt ja maßgeblich von dir ab. Ich würde also SO nicht rangehen an die Therapie der Nachbeelterung, weil du dann ja, wie du jetzt shon schreibst, Angst hast vor Abhängigkeit. Bist du denn jetzt nicht bereits so dermaßen abhängig von dem was du tust?

So ersetzt du ja gerade nur einen Menschen durch den anderen ohne dir der Konsequenzen für die anderen bewußt zu machen.

Um die sexuelle Komponente würde ich an deiner Stelle nicht nachdenken, weil ich das lediglich für ein Symptom halte, nicht für das Problem!

Bist du denn bereit?

Was kannst du jetzt schon für dich selber tun, damit es besser wird?

LG candle
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Ismi82
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Beitrag So., 05.01.2020, 12:13

Dass ich abhängig bin ist mir klar. Was ich jetzt schon tun kann, weiß ich eben nicht, sonst würde nicht immer die Frage aufkommen warum ich immer wieder diese totale Geborgenheit suche, dieses in den anderen reinkriechen. Meine Therapeutin sagt ihr soll mir das selbst geben. Aber wie, das Versuche ich seit 2 Jahren herauszufinden.. bisher erfolglos.

Mein Ziel ist es, nicht mehr davon abhängig zu sein, das andere Menschen mir Gefühle geben, die eigentlich nur meine Eltern mir hätten geben können.

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candle.
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Beitrag So., 05.01.2020, 12:22

Ismi82 hat geschrieben: So., 05.01.2020, 12:13 Meine Therapeutin sagt ihr soll mir das selbst geben. Aber wie, das Versuche ich seit 2 Jahren herauszufinden.. bisher erfolglos.
Naja, Selbstfürsorge eben üben.
Das Problem sehe ich eher, wenn du dir nebenbei immer neue Personen suchst wo du dir das holst. Das müßtest du versuchen aufzugeben. Aber das klingt auch wie eine Sucht, da bin ich kein Experte wie man diese unterbricht.

Dich mal nur ganz auf dich selbst zu konzentrieren, dich um dich allein und selbst kümmern, wäre das wohl möglich ohne sich dafür eine Person herzunehmen?

Und vielleicht mal ganz realitätsbezogen dir die negativen Konsequenzen deines Handelns vor Augen halten? Wenn ich da an die Sache deines Chefs denke, hast du mögliche Konsequenzen ja völlig ausgeblendet oder wie man das nennen soll, aber es gibt die eben schon früher oder später und die können nicht nur für dich verheerend sein, sondern auch für andere Personen. Dazu habe ich gerade deine erwähnte Freundin vor Augen, die sicher ein Angebot gemacht hat, deren Tragweite sie wohl selber nicht bedacht hat.

LG candle
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alatan
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Beitrag So., 05.01.2020, 18:59

Hi Ismi,
einerseits ist dein Problem im Grunde nur psychodynamisch anzugehen, andererseits würde ich dir von einer klassischen Analysebehandlung dringend abraten, denn die Wahrscheinlichkeit, dort in ähnliche Verstrickungen zu geraten, die sogar wesentliche schlimmere Auswirkungen haben können, ist immens!

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Ismi82
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Beitrag So., 05.01.2020, 19:20

Hallo Alatan,
was meinst du mit psychodynamisch? In der Verhaltenstherapie komme ich leider damit nicht weiter. "Einfach" sehen wie ich allein klar komme? Das tue ich ja auch aber ich sehne mich immer wieder nach Annahme und Geborgenheit.

Hallo Candy,
ja Selbstfürsorge muss ich lernen. Wobei sich da in den letzten Wochen viel getan hat. Ich hab viele Dinge gemacht die ich ohne sie vielleicht nicht gemacht hätte hab aber auch viel allein gemacht, einfach weil ich wieder die Energie dazu habe. Und nein ihr war das nicht bewusst, auf was sie sich eingelassen hat. Allerdings tue ich ihr auch gut. Vielleicht ergänzen wir uns auch. Es ist nicht nur Abhängigkeit.
Liebe Grüße Ismi82

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alatan
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Beitrag So., 05.01.2020, 21:56

Psychodynamik befasst sich mit dem Unbewussten, anders als die VT.

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Ismi82
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Beitrag So., 05.01.2020, 22:29

alatan hat geschrieben: So., 05.01.2020, 18:59 Hi Ismi,
einerseits ist dein Problem im Grunde nur psychodynamisch anzugehen, andererseits würde ich dir von einer klassischen Analysebehandlung dringend abraten, denn die Wahrscheinlichkeit, dort in ähnliche Verstrickungen zu geraten, die sogar wesentliche schlimmere Auswirkungen haben können, ist immens!
Ich muss noch Mal nachfragen, was meinst du mit wesentlich schlimmeren Auswirkungen und Verstrickungen? Was gäbe es denn für eine andere Möglichkeit diese Abhängigkeit zu lösen? Danke!

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Philosophia
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Beitrag Mo., 06.01.2020, 10:28

Es stimmt, alatan, aber in der Analyse kann auch viel nachgeholt werden. Nicht nur, indem früher unverstandenes verstanden werden kann, sondern auch indem in der analytischen Beziehung neue korrigierende Erfahrungen gemacht werden können. Und allein der enge emotionale Kontakt kann sehr sättigend sein. Für mich wars das zumindest und ich fühl mich seither nicht mehr so löcherig. Und die Analyse von mir ist ja schon seit über einem Jahr beendet. Und ich habe nicht das Bedürfnis, das Bekommene auszudehnen. Ich fand das sehr ausreichend.
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stern
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Beitrag Mo., 06.01.2020, 11:20

Ismi82 hat geschrieben: So., 05.01.2020, 22:29
Ich muss noch Mal nachfragen, was meinst du mit wesentlich schlimmeren Auswirkungen und Verstrickungen? Was gäbe es denn für eine andere Möglichkeit diese Abhängigkeit zu lösen? Danke!
Zu lernen, wie man reife, emotionale Beziehungen eingeht, ohne alle möglichen Wünsche in diese zu projizieren.

Das hingegen kann niemand, weil du kein Kind mehr bist:
Kurzfassung: Ich war zwei Jahre emotional abhängig von meinem Chef in der Hoffnung er kann meine kindlichen Sehnsüchte erfüllen. Konnte er natürlich nicht. Jetzt geht's mir mit einer Freundin ebenso.
Ich weiß auch nicht, warum Reparenting öfters der PA zugeschrieben wird... denn das ist eher Element der VT, speziell der Schematherapie (VT). *) In einer psycho-analytischen Therapie wird (wie der Name schon sagt) analytisch vorgegangen (evtl. auch modifiziert) bei einem guten, therapeutischen Beziehungsangebot. In einer TFP tiefenpsychologisch. Ein förderliches, ggf. auch korrigierendes Beziehungsanbot sollte jedoch mittlerweile jede Therapie anbieten können (auch in der VT hat man mittlerweile die Bedeutung der Beziehung erkannt. Das war nicht zu jeder Zeit so. Daher wirkt diese Annahme vllt. teils noch weiter). Und Verstrickungen können in jeder Therapieform/Beziehung vorkommen (davon ist wahrlich keine ausgenommen... je mehr solche Beziehungswünsche, die den Eltern gegolten hätten, in alle möglichen Beziehungen gelegt werden, umso mehr wird das begünstigt, siehe auch Situation mit dem Chef. Logisch, dass das in einer Therapie, die helfen soll, umso fataler wäre).

*) edit: Und zwar als limited reparenting. Auch hierum kursieren sichlich diverse Missverständnisse, wie das abläuft.
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stern
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Beitrag Mo., 06.01.2020, 11:55

Ismi82 hat geschrieben: So., 05.01.2020, 11:03 Hinzu gekommen ist, dass ich mich sexuell sehr zu ihr hingezogen fühle. Nein ich stehe eigentlich nicht auf Frauen. In einer Therapie wäre das alles normal denke ich (bis auf die Berührungen). Aber sie ist ja nicht meine Therapeutin.
Nee, nee, auch in einer Therapie wäre das nicht normal, zumindest nicht im Sinne: So sieht Therapie aus. Sondern es wäre evtl. Ausdruck eines problematischen Beziehungsverhaltens... das evtl. dann herausgearbeitet wird. Wer derjenige ist, auf den eine Palette an Wünschen gerichtet werden, ist letztlich wurscht. Ich schrieb auch bewusst "evtl." weil man sich trotz Familie von anderen Menschen (auch sexuell) angezogen fühlen kann (und das nicht automatisch problematisch ist).

Wie sieht es dann mit real-existenten sozialen Beziehungen aus? Diese sorgen ja im Normalfall zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse.
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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 06.01.2020, 13:12

stern hat geschrieben: Mo., 06.01.2020, 11:20
Ich weiß auch nicht, warum Reparenting öfters der PA zugeschrieben wird... denn das ist eher Element der VT, speziell der Schematherapie (VT). *) In einer psycho-analytischen Therapie wird (wie der Name schon sagt) analytisch vorgegangen (evtl. auch modifiziert) bei einem guten, therapeutischen Beziehungsangebot.
Das stimmt nur teilweise. Der Begriff "limited reparenting" stammt zwar aus der Schematherapie, aber es gibt in den psychodynamischen Theorien das schon viel ältere Konzept der strukturellen Störung, bei der ganz explizit Nachreifung das Ziel der Therapie ist und der Therapeut übergangsweise elterliche Funktionen (Hilfs-Ich-Funktion) übernimmt.

Das was viele Patienten fälschlicherweise unter dem Begriff verstehen, nämlich nachholen von elterlicher Liebe oder Nestwärme, ist allerdings bei keinem der Verfahren damit gemeint. Das wäre auch gar nicht möglich.
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stern
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Beitrag Mo., 06.01.2020, 13:44

Ich meine, in den psychodynamischen Erfahrungen nannte bzw. nennt man das eher korrigierendes Erleben o.ä. (was aber praktisch heutzutage jede Art von Therapie in gewisser Art und Weise anbietet). Oder Ferenci: weiß gerade nicht, wie er es bezeichnete. Korrigierende Erfahrung, meine ich. Oder eben Hifs-Ich als weitere Formulierung. Man nagele mich nun nicht auf Begriffe fest. Aber es hieß, meine ich zumindest, nicht (Nach)Beelterung.

Damals sah die Therapielandschaft insgesamt noch deutlich anders aus als heute, auch die "VT" (damals eher in Form des Behaviorismus), was wohl auch für das Verständnis dieser Sichweisen wichtig ist.

Heutzutage ist "Limited Reparanting" in die VT (Schematherapie) eingezogen... und Beziehungsaspekte wird (anders als in den Ursprüngen der VT) auch eine höhere Bedeutung beigemessen.
Das was viele Patienten fälschlicherweise unter dem Begriff verstehen, nämlich nachholen von elterlicher Liebe oder Nestwärme, ist allerdings bei keinem der Verfahren damit gemeint. Das wäre auch gar nicht möglich.
Eben. Das meinte ich ja genau... dass Nachbeelterung in dem Sinne gar nicht mögliche wäre (was durchaus auch mir bekannte Analytiker so sehe würden). Edit: Und natürlich ist das auch außerhalb der Therapie nicht möglich.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 06.01.2020, 14:08, insgesamt 2-mal geändert.
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