Dritte Therapie in drei Jahren abgebrochen

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Dunja123
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Dritte Therapie in drei Jahren abgebrochen

Beitrag Mi., 24.10.2018, 13:05

Hallo,

ich bin ganz neu hier und habe versucht was dazu zu finden, bin mir aber nicht sicher ob ich das richtig gemacht habe....also falls es die Frage / das Thema hier doch schon gibt, entschuldige ich mich jetzt schon mal...

Wie im Betreff steht habe ich gerade schon wieder eine Psychotherapie abgebrochen (diesmal war es eine Verhaltenstherapie, davor tiefenpsychologisch). Bei den ersten beiden Therapeut/innen war ich zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach nur total wütend und war der Meinung, dass die unfähig sind und habe deswegen abgebrochen...jetzt nach der 3. denke ich, dass das wohl mit mir zusammenhängen muss.

Mein letzter Therapeut war auch wesentlich ehrlicher zu mir als die davor (ob das mit Verhaltenstherapie zusammenhängt, weiß ich nicht), jedenfalls hat er mir z.B. oft gesagt, dass er merkt, dass ich ihm nicht vertraue, und das die "therapeutische Beziehung" sehr schwierig ist bei mir. Oder dass ich abwechselnd extrem nähebedürftig und abhängig wäre und ihn dann, wenn er denkt es wird gerade besser, für ihn total überraschend "wegstoßen" würde. Ich glaub auch wirklich dass das stimmt, ich merke das zwar nicht so richtig, aber wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke ist das wirklich so. Ich mache das nicht nur in der Therapie, sondern sonst im Leben auch. Letztendlich war er glaube ich mit der Zeit irgendwie irritiert mit mir, und irgendwann wars mir (wieder mal) zu viel (keine Ahnung wie ich das erklären soll, das kommt ganz plötzlich bei mir und ich kann dann jemanden einfach nicht mehr ausstehen) und ich habe auch diese Therapie abgebrochen.

Das blöde ist, ich bin eigentlich wegen ganz anderen Problemen in der Therapie, aber scheitere anscheinend immer an dieser "Beziehung". Und da sind sich alle Therapeuten einig, ohne funktionierende therapeutische Beziehung funktioniert die Therapie selbst auch nicht. Also denke ich jetzt, bevor ich das "in den Griff kriege" brauche ich mich auch nicht in eine 4. Therapie zu stürzen, oder? Da wird doch bestimmt wieder genau das gleiche passieren?

(Weiß nicht ob das wichtig ist aber ich schreibe mal meine bisherigen (Verdachts-) Diagnosen auf:

Asperger Syndrom
ADHS
Angst-/Panikstörung/soziale Phobie
Zwangsstörung
Essstörung
Anpassungsstörung
Posttraumatische Belastungsstörung
Dissoziative Störung (mit Amnesie bzw. Fugue)
Persönlichkeitsstörung (verschiedene, hab ich mir nicht gemerkt)

Ich bin auch sehr verwirrt damit dass jeder Arzt was anderes sagt, aber die Ärzte sind auch alle sehr verwirrt mit mir, habe ich das Gefühl. Beruht also auf Gegenseitigkeit.

Falls hier jemand so etwas (ähnliches) schon erlebt hat, würde ich mich sehr freuen, davon zu lesen!

Vielen Dank schon mal!
Liebe Grüße
Dunja

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candle.
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 13:19

Hallo Dunja!
Was konkret findest du denn "unfähig" an den Therapeuten und was macht dich genau wütend?

Interessant ist deine Diagnosesammlung. Asperger würde ich jedenfalls abklären lassen. Das kann durchaus ein Grund sein. Mit den psychologischen Diagnosen ist das dann schon schwieriger.

Magst du sagen wegen welcher Probleme du eigentlich in Therapie gegangen bist?

Viele Grüsse!
candle
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Dunja123
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 13:59

Hallo,
vielen Dank fürs Zurückschreiben!
Also bei den ersten beiden einfach dass die nicht mit mir klar gekommen sind, da dachte ich mir als Psychotherapeut sollte man doch mit jedem zurechtkommen können, warum bekommen die das nicht auf die Reihe?

Also ich habe jede Schuld auf die Therapeuten geschoben, und jetzt nach der 3. fange ich an zu denken dass es ja nicht sein kann, dass alle Therapeuten unfähig sind.

Was mich ganz genau wütend macht, kann ich gar nicht so richtig sagen. Ich bin aber auf jeden Fall sehr schnell irritiert und wütend, manchmal nur wenn ich glaube mich hat jetzt einer schief angeguckt. Hab das dann auch überhaupt nicht unter Kontrolle, also dass ich das jetzt z.B. einfach unterdrücken könnte oder so.

Asperger ist eins der wenigen, die ganz konkret und ausführlich in der Klinik diagnostiziert wurde. Trotzdem sagte z.B. mein letzter / 3. Therapeut, dass ich eine eher "untypische" Autistin wäre, auch wenn er die Diagnose selbst nie in Frage gestellt hat.

Ach ja, und eine Diagnose hatte ich vergessen. Depression. Die ist auch sicher.

Ich bin in die Therapie gegangen, um meine Ausbildung zu retten (ich habe leider nicht nur abgebrochene Psychotherapien, sondern auch Studiengänge und Ausbildungen vorzuweisen). Bin jetzt im vierten Ausbildungsjahr (eigentlich nur 3 Jahre), bin aber noch nicht mal bis zur Zwischenprüfung gekommen...muss aber dazu sagen, dass ich einen extrem geduldigen Vorgesetzten habe, bei jedem anderen wäre ich schon längst draußen).
Die Probleme in der Ausbildung sind zum einen Missverständnisse und Streitereien mit den Kollegen, Konzentrationsprobleme (und deswegen sehr langsames Arbeiten), wobei das wahrscheinlich was dissoziatives ist, weil ich mich oft stundenlang nicht erinnern kann, was ich eigentlich gemacht habe, Panikanfälle, und dass ich wegen ständiger Infekte auch noch dauernd fehle macht es natürlich auch nicht besser...also das war erstmal das wichtigste ^^
Liebe Grüße
Dunja

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Schnuckmuck
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 15:31

Asperger.in Mode gekommen.
Ich glaube eher, dass du dicht machst, wenn es dir ungemütlich wird. Therapie heisst an sich arbeiten. Unbequemes anzugehen, sich hinterfragen, verändern.
Welche Diagnosen du hast, Ich Ja nicht das Wesentliche. Wesentlich ist der Wille zur Veränderung. Und du machst dann Schluss, wenn es über die Diagnose hinaus geht. So funktioniert keine Therapie.

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Montana
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 17:32

Du kannst nicht das "Beziehungsproblem" in den Griff bekommen und dann Therapie machen. Erstens kannst du das nicht alleine, sonst hättest du das längst getan. Zweitens ist das das klassische Thema einer Psychotherapie. Viele, viele Probleme, die einen in Therapie führen, lassen sich letztendlich auf ein "Beziehungsproblem" zurückführen. Bei mir ebenfalls, ich habe eine Bindungsstörung und kann kaum vertrauen. Das war natürlich nicht der Grund für mich, eine Therapie anzufangen. Aber es hat sich als zentrales Thema herausgestellt, weil es natürlich in der therapeutischen Beziehung zutage trat. Also vielleicht solltest du genau das in der Therapie anschauen. Was passiert da bei dir und gibt es für deine Bindungsprobleme und die anderen Schwierigkeiten eine gemeinsame Ursache? Vertrauen zum Therapeuten ist keine Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie, sondern etwas, woran man beständig arbeitet. Alles andere wäre viel zu viel verlangt.

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Dunja123
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 21:56

Hm, so schien es mir in der Therapie nicht zu sein. Eher so, dass das einfach nicht richtig ist, dass das mit dem Vertrauen und der therapeutischen Beziehung nicht klappt bei mir und dass deswegen eben die eigentliche Therapie auch nicht funktioniert. Aber richtig thematisiert hat das keiner von den drei Therapeuten (und beim dritten war ich immerhin etwas über ein Jahr lang), nur eben am Rande erwähnt, dass das der Grund ist, warum es nicht vorwärts geht bei mir.


Eremit
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 22:26

Montana hat geschrieben:Vertrauen zum Therapeuten ist keine Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie (…)
Falsch. Absolut falsch.

Ohne Vertrauensvorschuß geht in einer Therapie rein gar nichts, nicht einmal die einfachsten Dinge. Ein Patient, der immer auf der Hut ist hat immer eine Wand hochgezogen, die auch der fähigste Therapeut nicht durchdringen kann.

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Montana
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 23:16

Ich BIN und war immer ständig auf der Hut. Meine Therapeuten (auch die in Kliniken) haben das auch als besondere Schwierigkeit benannt. Mein jetziger Therapeut war mitunter schwer enttäuscht, weil er dachte, ein Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben. O-Ton: "Sie vertrauen ja ÜBERHAUPT nicht!" Nach damals schon rund zwei Jahren. Trotzdem profitiere ich sehr von der Therapie. Er ist sozusagen mein Beobachtungsobjekt, und ein sehr interessantes. Schade ist, dass er immer wieder sagt, ich würde sein Beziehungsangebot nicht annehmen und sei nicht zu einer echten Begegnung fähig. Ich habe noch nicht rausgefunden, wie das geht. Scheinbar kann man das auch nicht erklären. Ich benehme mich ja normal. Aber ich haue immer wieder Äußerungen raus, die offenbaren, dass ich ganz anders gestrickt bin. Ich habe einen Mann, der selber anders gestrickt ist. Er hat mich mal aufgefordert, mich mit Asperger zu beschäftigen, da er selber viele Diagnosekriterien erfüllt und meinte, ich tue das auch. Da hat er recht. Vielleicht ist das wirklich so, keine Ahnung. Ich fände es nicht schlimm. Wobei einige kleine Ticks ja nervig sind. So muss ich bei jedem Satz schauen, ob die Anzahl der Wörter durch drei teilbar ist. Vielleicht sollte ich das mal ansprechen? Aber das sind so Dinge, da komm ich dann nicht drauf, weil es so normal ist.

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spirit-cologne
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 23:25

Na ja, auch an einer wackeligen Beziehung kann man arbeiten, aber die Mindestvoraussetzung wäre natürlich hinzugehen. ;)

D.h. deine Aufgabe in der Therapie wäre zunächst mal, dein Vermeidungsmuster zu durchbrechen und nicht gleich die Brocken zu schmeißen, wenn es mal unangenehm wird. Lernen, das auszuhalten und offen anzusprechen, wenn du Vertrauensprobleme hast.

Du sagst, du warst bei deinem letzten Therapeuten über ein Jahr, wann hast du denn abgebrochen? Könntest du dir vielleicht vorstellen, die Therapie doch wieder aufzunehmen und diesmal nicht wieder auszuweichen, wenn's mal eng wird.

Vorausgesetzt dein Therapeut wäre grundsätzlich bereit, weiter mit dir zu arbeiten, könnte gerade das eine gute Erfahrung sein, festzustellen, dass Beziehungen nach einer Krise nicht zwangsläufig für immer zu Ende sein müssen und dass man Probleme auch in der Beziehung und nicht nur durch Abbruch lösen kann. Könntest du dir vorstellen, dich nochmal bei ihm zu melden?
Zuletzt geändert von spirit-cologne am Mi., 24.10.2018, 23:27, insgesamt 1-mal geändert.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...


Eremit
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 23:26

Montana hat geschrieben:Er ist sozusagen mein Beobachtungsobjekt, und ein sehr interessantes.
Genau davor wurde ich von meinem letzten Psychiater, der auch als Therapeut tätig war, eindringlich gewarnt. Das soll man auf keinen Fall machen, denn damit dreht man das Verhältnis Therapeut-Patient um.
Montana hat geschrieben:So muss ich bei jedem Satz schauen, ob die Anzahl der Wörter durch drei teilbar ist.
Ist nicht der Fall. ;-)

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Montana
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Beitrag Mi., 24.10.2018, 23:40

Ich bin ein Kontroll-Freak. Meinen Therapeuten kann ich nicht kontrollieren, der merkt das. Aber ich versuche trotzdem noch, sein Handeln vorherzusagen. Läuft ganz automatisch ab. Ist auch ganz lustig, wenn er auch das merkt und extra was anderes macht um mir zu beweisen, dass ich falsch lag. Inzwischen reden wir öfter darüber, was ich während einer Gesprächssequenz zwischendurch gedacht habe. Da wird mir bewusst, was ich da eigentlich tue. Erschwert wird das dadurch, dass ich mir aus Neugier diverse Psychologie-Bücher reingezogen habe und jetzt vieles nicht mehr übersehen kann. Genauso, wie wenn ich jemanden schlecht reiten sehe (reite seit dreißig Jahren). Das kann ich auch nicht übersehen.

PS: ich schaue nur, ich muss den Satz nicht passend formulieren. Das wär ja was, meine Güte. ;)

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Dunja123
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Beitrag Do., 25.10.2018, 06:23

Die Therapie habe ich vor zwei Wochen abgebrochen.

Also ehrlich gesagt hatte ich da noch gar nicht drüber nachgedacht, habe aber trotzdem die Antwort drauf...nein. Ich habe eine Sozialarbeiterin, die mich im Alltag unterstützt, die ganz entsetzt war und ohne mich zu fragen bei meinem Psychiater angerufen hat. Abgesehen davon, dass er natürlich gesagt hat, dass ich mich selbst melden müsste, hat er ihr gegenüber aber auch erwähnt, dass ich in einem solchen Fall dann damit rechnen muss, wieder sehr, sehr lange auf die Warteliste zu kommen, mein Platz wäre nämlich schon weg.


montagne
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Beitrag Do., 25.10.2018, 07:12

Hi Dunja,
aus meiner Erfahrung geht es Hand in hand, an seinen Themen zu arbeiten und die Beziehung zu stabilisieren und dann irgendwann auch mal selbst konstruktiv die Beziehung mitzugestalten. Passt schon, wenngleich es das Unterfangen Therapie nicht einfacher macht. Aber letzlich sind Beziehungs-/Bindungsstörungen eh das größere Problem und man kann sich nur glücklich schätzen, wnen man einen Therapeuten hat, mit dem es bearbeitbar ist. Selbstverständlich ist das nämlich nicht.

Ist ja bei dir auch so:
Jetzt hast du erkannt, dass die Abbrüche der Therapie mit dir zu tun haben und das in deinem Leben in deiner Ausbildungsbiographie ähnliche Probleme auftreten.

Vorraussetzung ist nur, wirklich hinzugehen, bzw. das NEUE zu wagen. Für dich wäre neu, verlässlich hintzugehen, nicht abzubrechen, Verantwortung übernehmen. Glaub mir, dass fühlt sich ziemlich befreiend an, wenn man Verantwortung übernimmt, denn dann wird man handlungsfähig und unabhängig im positiven Sinne.

In deinem Fall könnte ich mir vorstellen, ihn anzurufen und um Fortsetzung der Therapie zu bitten. Sollte es mit Wartezeit verbunden sein, fände ich das bedauerlich, aber ist halt so. Sind halt mögliche Konsequenzen, die man dann durchstehen muss, sofern man Sinn und Ziel in Fortsetzung der Therapie sieht. Und du scheinst ja bis dato ganz gut mit ihm gearbeitet zu haben.
amor fati

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diesoderdas
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Beitrag Do., 25.10.2018, 07:22

Eremit hat geschrieben: Mi., 24.10.2018, 23:26
Montana hat geschrieben:Er ist sozusagen mein Beobachtungsobjekt, und ein sehr interessantes.
Genau davor wurde ich von meinem letzten Psychiater, der auch als Therapeut tätig war, eindringlich gewarnt. Das soll man auf keinen Fall machen, denn damit dreht man das Verhältnis Therapeut-Patient um.
Montana hat geschrieben: Mi., 24.10.2018, 23:16Mein jetziger Therapeut war mitunter schwer enttäuscht, weil er dachte, ein Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben. O-Ton: "Sie vertrauen ja ÜBERHAUPT nicht!" Nach damals schon rund zwei Jahren. Trotzdem profitiere ich sehr von der Therapie. Er ist sozusagen mein Beobachtungsobjekt, und ein sehr interessantes. Schade ist, dass er immer wieder sagt, ich würde sein Beziehungsangebot nicht annehmen und sei nicht zu einer echten Begegnung fähig.
Sollte es aber nicht möglich sein, sich die Tatsache des Misstrauens anzuschauen und auch offen damit umzugehen?
Vertrauen kann eh kein Mensch erzwingen. Ich spreche da leider aus eigener Erfahrung. Mein Vertrauen in Therapeuten ist auch ziemlich hinüber. Auch ich beobachte viel (und sah da auch viel). Das passiert ja gar nicht, weil ich das unbedingt so will. Das passiert ja automatisch und ganz nebenher ohne bewusst darauf zu achten. Ich sitze ja auch nicht mit Absicht da und will nicht vertrauen.

Ich denke, Vertrauen passiert einfach, entwickelt sich, entsteht. Oder eben auch nicht. Aber bestimmt nicht, weil der Therapeute es ja so gern hätte oder aber gekränkt ist, wenn es eben eine ganze Weile dauert bis es vorhanden ist. Oder bis auch nur ein klein wenig vorhanden ist.

@Eremit: dass man das Verhältnis Therapeut/Patient umdreht, wenn man den Therapeuten beobachtet.
Wie soll man das beobachten denn abstellen? Ich würde es ja eher auch als wahrnehmen, anstatt als beobachten bezeichnen. Wahrnehmungen kann man ja nicht einfach abstellen. Und wenn einen die Dinge dann auch noch beschäftigen, dann sollte man sie vielleicht ja auch ansprechen? Und dann sollte der Therapeut vielleicht auch in der Lage sein, sich selbst da eben nicht komplett rauszunehmen? Der Therapeut bringt ja auch etwas mit rein; sofern er/sie nicht wirklich total neutral dasitzt und man null und nichts von der Person dahinter erkennen kann.
Ich habe meinen Therapeuten z.B. öfters als wütend und aggressiv auf mich wahrgenommen. Irgendwann habe ich gesagt, dass mich selbst das wütend macht, dass ich seine Wut spüre und dass ich mich eigentlich nicht mit SEINER Wut beschäftigen will. Er hat dann nur abgewiegelt, er wäre ja gar nicht wütend, er wäre nur manchmal ärgerlich gewesen...
Finde ich, ist im Grunde dasselbe... Er fand es nur nicht so prickelnd, dass ich es gespürt habe und damit richtig lag...

Ich finde den Satz, dass man den Thera nicht beobachten soll also schwierig. Da wie gesagt, Wahrnehmungen passieren ja automatisch

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Haithabu
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Beitrag Do., 25.10.2018, 07:41

Hallo Dunja,
ich finde damit dass du das Problem erkannt hast, bist du schon einen Schritt weiter.
Ich denke du wirst nicht abschließend heraus finden, ob das wirklich nur an dir lag, dass es nicht funktioniert hat.

Ich habe auch bereits zwei Therapien hinter mir bzw. abgebrochen und halbgar beendet. Jedes Mal war die Beziehung auch der Punkt an dem es gehakt hat. Es ging eigentlich immer nur um die Beziehung und dennoch haben wir versucht problemorientierte Therapie zu machen. Dass das nicht funktioniert und wir hätten erst diese Beziehung stabilisieren müssen, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht so klar.
Als es dann auch im stationären Kontext so war, dass die Beziehung jegliche Therapie an sich verhinderte, kam so nach und nach die Erkenntnis.

Mit diesem Punkt bin ich dann auch auf die Suche nach einem dritten Therapeuten gegangen und ich habe meine bisherigen Schwierigkeiten direkt in diesem Erstgespräch geschildert. Er hat es dann auch so benennen können, dass es erstmal um die Beziehung geht und wir haben eine Stundenfrequenz von zweimal wöchentlich vereinbart. Um eben überhaupt eine Beziehung aufbauen zu können.
Dies und seine Bereitschaft das als grundlegend anzunehmen, haben mir sehr geholfen, diesen Schritt zu wagen.
Also nicht wegrennen, wenn es schwierig wird. Sondern das auch ansprechen, selbständig zu thematisieren und immer wieder zu schauen, können wir so wie es ist miteinander arbeiten.
Ist total schwer für mich und auch nach fast einem Jahr gibt es totale Ausfälle meinerseits, was dieses Thema angeht.
Aber indem ich anerkannt habe, dass Beziehungsfähigkeit eine Schwierigkeit ist und ich einen Therapeuten gefunden habe, der bereit ist, sich das mit mir anzuschauen, wird es vielleicht nach und nach werden.
Bei mir ist das auch nichts Offensichtliches. Ich habe eine Familie, gute Beziehungen zu Freunden etc. und "eigentlich" völlig andere Probleme. Aber kurioserweise bin ich innerhalb einer Therapie auch immer wieder an einen Punkt gelandet, an dem die Beziehung dann doch das Hauptthema war bzw. ich nicht weitergekommen bin, weil da nur noch Störungen waren.

Ob es sich lohnt mit dem alten Therapeuten dran zu bleiben, kannst nur du einschätzen. Aber ein Therapeut, der dir diese wichtigen Rückmeldungen zu eurer Beziehung gibt, ist auf jeden Fall ja einer, der sich damit auseinandersetzen will.

Viele Grüße
Haithabu

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