Alte Erfahrungen auflösen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Alte Erfahrungen auflösen

Beitrag Mo., 23.04.2018, 19:51

Hallo in die Runde!

In der Zeit zwischen den Therapieterminen bin ich momentan oft mit grundlegenden Fragen beschäftigt. Ich glaube, jeder kommt früher oder später in der Therapie an diesen Punkt...

Ich frage mich zum Beispiel, wie man damit umgeht, wenn durch den Therapeuten alte Muster getriggert werden - und man das erkannt hat. Ich weiß also, dass meine Gefühle mit alten Erfahrungen zusammenhängen, und dass diese mich im Heute beeinträchtigen. Aber was kommt dann? Wie löse ich das auf, wie mache ich meinen Frieden damit?

Momentan mache ich es mir immer wieder bewusst, spüre in die Gefühle rein, nehme wahr, was ist - und versuche dann, mir klarzumachen, dass es in Ordnung ist, diese Gefühle zu haben. Das ist für mich schon ein großer Schritt vorwärts, denn früher habe ich mir verboten, negative Gefühle wirklich zu spüren. (In meinem Fall geht es oft um so etwas wie "herabgesetzt fühlen", "nicht gesehen werden", "verletzt werden" , "ausgenutzt werden", "nie genügen".) Es war zu schmerzhaft, deshalb habe ich es weggeschoben und versucht, dennoch möglichst gut zu funktionieren. Das ist mir natürlich irgendwann auf die Füße gefallen. Sowas kann ja auch nicht ewig gutgehen.

Tja, und jetzt frage ich mich: ist es das? Immer wieder wahrnehmen, reinspüren, annehmen, akzeptieren? Und auf diese Weise Schmerzhaftes ganz allmählich in etwas verwandeln, das erträglich ist und Teil des Lebens sein darf?

Wie macht ihr das? Wie löst ihr alte Muster auf, bzw integriert sie so ins Leben, dass sie keine Stolperfallen mehr sind? Das würde mich wirklich sehr interessieren.

Viele Grüße!
Dust

Werbung

Benutzeravatar

Shukria
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 1544

Beitrag Di., 24.04.2018, 07:34

Mhm ähnlich, bewusst werden ist der erste Schritt aber nur darüber reden hilft mir nicht. Wir versuchen es mit immaginationen und Emdr, inneres Kind haben wir gerade angefangen und es gibt Prozesse da gelingt das besser /zügiger. Jetzt gerade habe ich zb das Gefühl wie eine Katze meinen eigenen Schwanz zu jagen. Also gerade scheint nichts davon zu funktionieren und ich fühle mich dem ganzen ausgeliefert, viel aufgerupft aber noch keine Lösung in Sicht.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Di., 24.04.2018, 08:27

@Shukria: Das Gefühl, wie eine Katze den eigenen Schwanz zu jagen, trifft es gut - ja, das kenne ich auch ... Der Veränderungsprozess verläuft bei mir auch nicht konstant. Es geht mal einen Schritt vor, dann zwei vor, dann einen zurück, drei zur Seite, zwei wieder zurück ... Alles in allem aber dennoch nach vorne und aufwärts. Immerhin. EMDR hilft mir auch sehr gut, schwemmt allerdings auch immer sehr viel Belastendes hoch.

Benutzeravatar

Shukria
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 44
Beiträge: 1544

Beitrag Di., 24.04.2018, 09:33

Ich glaub wenn ich richtig in der Bearbeitung alter Muster bin, nicht nur vom Kopf her sondern auch im Alltag in anderen Handlungsweisen im Gefühl dann entsteht bei mir riesige Verwirrung. Das alte funktioniert nicht mehr und das neue noch nicht so wirklich. Ich habe ständig sich widersprechende Gefühle /Bilder und Gedanken und weiß nicht was jetzt richtig ist. Bin wie ein Flummi der ständig hin und herspringt ohne einen stabilen inneren Anker zu finden, der meiner neuen inneren Haltung schon Gültigkeit /Berechtigung verleiht und die alte ist noch ständig präsent.
Das sind Phasen, die finde ich richtig schwer auszuhalten wenn es um Veränderung alter Muster geht, ich weiß nicht wie man da sich gut unterstützt fühlt durch den Ther, ich fühle mich in den Phasen eher sehr alleine

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Di., 24.04.2018, 09:38

Ja, dieses Gefühl, mit dem Zustand allein zu sein, kenne ich auch gut. Ich finde es auch schwierig, dem Therapeuten zu vermitteln, was ich brauchen würde und was mich unterstützen könnte. Manchmal, weil ich es in dem Moment selbst nicht so richtig weiß.

Benutzeravatar

Viking
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 27
Beiträge: 25

Beitrag Di., 24.04.2018, 09:43

Tja, und jetzt frage ich mich: ist es das? Immer wieder wahrnehmen, reinspüren, annehmen, akzeptieren? Und auf diese Weise Schmerzhaftes ganz allmählich in etwas verwandeln, das erträglich ist und Teil des Lebens sein darf?
Ich würde sagen: Ja, das ist es erst einmal.

Ein Verhalten zu ändern geht ja- leider! - nicht von heute auf morgen. Wichtig ist es, sich da erst einmal selbst zu beobachten und zu fühlen. Anders geht es mir aktuell mit meiner Wut auch nicht. Ich merke, dass sie da ist und was sie mit mir macht. Manchmal kann ich gegensteuern, indem ich sie annehme, darüber rede und versuche, sie kreativ zu nutzen. Und manchmal übernimmt sie das Steuer und lässt mich zum Berserker werden. Ich tue mich selbst damit sehr schwer. Allerdings stehe ich bei der Wut noch am Anfang.

Bei meiner Trauer sieht es anders aus. Ich habe gelernt, mit ihr umzugehen und die Traurigkeit einfach zuzulassen, sie zu akzeptieren. Um dahin zukommen, bin ich genau die gleichen Schritte, wie du sie beschrieben hast. Jetzt kann ich meine Traurigkeit akzeptieren und ggf. einfach weinen oder darüber mit jemanden reden.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Di., 24.04.2018, 09:47

@Viking: Okay, es scheint also wirklich ganz normaler Teil des Prozesses zu sein, was ich gerade erlebe. Gut zu wissen .)

Benutzeravatar

Montana
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 3360

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:11

Ich möchte auch noch etwas schreiben, weil mich der Titel "Alte Erfahrungen auflösen" stört. Die alten Erfahrungen werden sich niemals "auflösen". Sie bleiben immer Teil des Lebens und haben die Persönlichkeit geprägt. Dieser Einfluss wird niemals verschwinden. Was man aber erreichen kann ist, die eigenen reflexhaften Reaktionen auf bestimmte Trigger zu erkennen und bewusst andere Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren. So werden neue Erfahrungen möglich, die dann den alten gegenüberstehen. Wenn das sehr, sehr oft gelingt, dann wird dadurch das reflexhafte ungünstige Verhalten (damit sind auch Gedanken und Ängste gemeint) wieder abtrainiert. Wenn man sich vorstellt, wie viele negative Erfahrungen es gebraucht hat, um in die aktuelle Situation überhaupt erst zu kommen, dann hat man einen Eindruck davon, wieviele positive man sich verschaffen muss um das wieder aufzuwiegen. Das schafft man nicht in der Therapie. Die ist nur das Übungsfeld für die ersten Versuche. Parallel fängt man an, im wahren Leben Dinge auszuprobieren und sich zu verändern. Das alte nimmt dann einen anderen, weniger bedeutenden Stellenwert ein.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:17

Danke, Montana - stimmt, "auflösen" ist eine nicht optimal gewählte Formulierung für mein Anliegen. Mir geht es auch nicht darum, etwas loszuwerden, so, als gehöre es nicht mehr zu mir. Es ist klar, dass Erfahrungen immer in einem bleiben, schließlich waren sie mehr oder weniger stark prägend. Auflösen würde ich allerdings gerne die Stolperfallen - das, was du als reflexhaftes ungünstiges Verhalten bezeichnest. Und da ist es wohl wirklich so, dass man immer wieder wahrnehmen und etwas Neues, Passenderes entgegensetzen muss.

Benutzeravatar

Montana
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 3360

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:31

Genau. Das ist am Anfang sehr mühsam und erfordert Überwindung und es dauert. Aber irgendwann merkt man rückblickend, dass sich etwas verändert hat. Ich bin schon seit Jahren in Therapie und habe diese Erfahrung mehrmals gemacht.
Ich würde das Vergangene auch nicht "hergeben" wollen, weil sich sicherlich auch positive Aspekte meiner Persönlichkeit dadurch herausgebildet haben. Ich möchte nur, genau wie du, dass da keine Stolperfallen mehr sind.


Marilen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 43
Beiträge: 1944

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:42

wie geht ihr mit den Schmerzen um, die manchmal kommen?
Wo ordnet ihr sie ein?
Marilen
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:46

Marilen, meinst du seelische oder körperliche Schmerzen?


Marilen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 43
Beiträge: 1944

Beitrag Mi., 25.04.2018, 10:58

die psychischen...
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
IntoDust
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 80
Beiträge: 73

Beitrag Mi., 25.04.2018, 11:01

Gute Frage ... Auch da versuche ich, wahrzunehmen und es "da sein zu lassen". Je mehr ich versuche, es wegzuschieben, desto schwieriger gestaltet es sich nämlich. Ich bin da allerdings mal mehr und mal weniger erfolgreich.


Marilen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 43
Beiträge: 1944

Beitrag Mi., 25.04.2018, 11:07

ich versuche sie zuzuordnen, wenn ich das schaffe, lassen sie deutlich nach oder gehen sogar oft weg
aber es gelingt mir nicht immer.
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag