Nähegefühl lässt mich verzweifeln

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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KiwiKiwi
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Nähegefühl lässt mich verzweifeln

Beitrag So., 18.02.2018, 12:32

Hallo ihr Lieben,

die Sonne scheint, kein Grund zum dahingrübeln, eigentlich...

Zu mir, glücklich verheiratet (und das ist nicht nur eine Floskel), ein gemeinsames tolles Kind, angenehmen Freundeskreis und finanziell alles ok. Wie schon erwähnt, die Sonne scheint, eigentlich...

Seid längerem mache ich eine Psychoanalyse. Hier geht es um Traumabewältigung. 3 bis 4 mal wöchentlich bin ich bei meiner Therapeutin. Sie ist nett, sympathisch und die Chemie zwischen uns stimmt.

Also warum grübeln? Ich verzweifle an meinen Gefühlen! Seid geraumer Zeit hege ich, mir unangenehme liebevolle Gefühle für meine Therapeutin. Sie ist 5 Jahre älter wie Ich, also nein, ich empfinde sie nicht als Mutterersatz. Optisch ist sie kein unbedingter Hingucker, aber auf der emotionalen Ebene total. Und das finde ich furchtbar!!! Ich finde es fast unerträglich, das sie so nett und einfühlsam ist. Das macht mir ungeheuerliche Angst. Würde ich mich nicht so abhängig fühlen, würde ich am liebsten die P.A. hinschmeißen.
Das Problem, ich liebe meine kleine Familie aber ich merke wie ich mich von ihr distanziere. Und das finde ich schrecklich. Ich such Möglichkeiten alleine zu sein um mich in meinen "Tagträumen" zu verlieren. Gerade Nachts wenn ich eigentlich schlafen Soll, begebe ich mich in diesen einen Traum in der ich meine Therapeutin begegne, oft Stundenlang. Damit bin ich heillos überfordert.
Bin ich verliebt? Ich bin Heterosexuell und hatte bis dato kein Interesse an Frauen.
Ich habe das Gefühl meinen Mann zu hintergehen.
Ich denke eigentlich pausenlos an meiner Therapeutin. Das kann doch nicht normal sein. Ich hasse mich gerade selbst dafür!!! Ich will das nicht, ich will sie nicht, ich will diese Gefühle nicht!

Ich bin verzweifelt....

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RoboCat
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Beitrag So., 18.02.2018, 14:43

Hallo Kiwi,

Du musst dir keine Sorgen machen, im Gegenteil: Das was du da gerade erlebst ist ein Zeichen, dass die Therapie gut läuft. So wie du dich und dein Umfeld beschrieben hast, hast du sehr gute Karten eine sehr erfolgreiche Therapie mit dieser Therapeutin an deiner Seite zu machen.

Tipp: Lies dich mal etwas in das Thema Übertragung ein, dann wirst du sehen, so wie dir gehts vielen. Diese Übertragungsgefühle sind das Handwerkszeug der Analytiker. Die starken Gefühle/Gedanken lassen auch eines Tages wieder nach, das ist jetzt eine Phase. Du kannst auch der Therapeutin ruhig davon erzählen, sie erlebt das ganz bestimmt nicht zun ersten Mal, denn dann wäre sie eine sehr schlechte Analytikerin.

Freu dich, dass es so gut funktioniert und es sind doch auch angenehme Gefühle nehme ich an. Versuch diese anzunehmen und wenn du dich irgendwie dazu durchringen kannst, sprich auch mit der therapeutin darüber.

Alles gute!
:axt:

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wandermaus123
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Beitrag So., 18.02.2018, 15:20

Völlig normal in der PA. Ich hab das auch erlebt. Irgendwann legt es sich. Wichtig: sprich mit ihr darüber! Immer wieder, ohne Scham.

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Sausewind
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Beitrag So., 18.02.2018, 16:23

Hallo KiwiKiwi,
anders als meine Vorschreiberinnen habe ich beim Lesen nicht das Gefühl gehabt, dass das, was du beschreibst, ein Zeichen dafür ist, dass es gut läuft mit der Therapie. Bei mir gingen eher die Alarmglocken an.
Du schreibst von Distanzierung zu deiner Familie, die offenbar stabil und eine Glücksquelle für dich ist, da finde ich das umso mehr schade.
Es muss ja gar nicht sein, dass deine Analytikerin etwas falsch macht, das meine ich nicht.

Aber 3-4 mal pro Woche Analyse ist halt schon viel (und ja, ich weiß, dass das so gedacht ist...). Und es absorbiert dich offenbar stark und distanziert dich von deinen Lieben, das finde ich sehr schade.
Kann es sein, dass die Therapie zu viel Raum einnimmt, faktisch, aber auch im übertragenen Sinn? Wenn du in deiner Familie sicher gebunden bist, ist es dann nötig, eine so intensive Parallelbeziehung mit einer therapeutischen Person aufzubauen? Die Frage kling etwas ketzerisch, ich meine sie aber ernst. Und ich weiß, dass nun alle PA-Verfechterinnen auf mich losgehen werden, ich schreibe es trotzdem: Ist für eine Traumabearbeitung nicht auch ein niederfrequenterer Rahmen möglich?

Ich persönlich finde nicht, dass Psychotherapie dazu führen sollte, dass man sich von den Menschen in seiner Umgebung abwendet.
Kannst du mit ihr über deine Bedenken sprechen?
Ich würde, wie gesagt, auch den Gesamtrahmen überdenken, und ob nicht ein anderes Setting möglich wäre. Eine Therapie soll dich eigentlich frei machen, nicht abhängig und bedürftig...

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wandermaus123
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Beitrag So., 18.02.2018, 16:38

Ich kann das nicht erklären wie es passiert. Ich kann nur sagen, nach der nötigen Distanz zu meiner Familie kam die Zeit der tiefen Bindung mit allen, die mich lieben. Ein Gefühl, das ich erst durch die " Liebe" zur Thera erfahren habe, konnte so auf alle Bereiche im Leben überspringen.

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peppermint patty
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:04

Hey sausewind, ich finde, wie so häufig bei deinen Beiträgen, dein Beitrag hat Hand und Fuß. Und du traust dich zu deiner Meinung zu stehen, auch wenn diese gegen den Mainstream ausfällt. :respekt:
Sehr erfrischend dich zu lesen.

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KiwiKiwi
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:07

Vielen lieben Dank für euer Interesse.

Bis zu einem bestimmten Punkt war es auch für mich ok. Aber in der letzten Zeit nimmt dieses Gefühl überhand.
Wie schon gesagt mein Umfeld und meine kleine Familie ist toll. Sie sind meine gute Basis warum ich die Therapie so gut hinbekomme.
Zu den Teil der Familie die mir zur Zeit nicht gut tut, habe ich keinen Kontakt und das ist erleichternd.
Ist es normal das, sobald mein Mann und Kind den Raum betreten, ich ihn verlasse um ungestört meinem Tagtraum weiter zu träumen? Wie eine imaginäre "Droge" liege ich da und verliere mich in meiner Fantasie. Dabei ist meine Realität wirklich sehr schön und liebevoll. Das macht mich so ratlos und rastlos zugleich....

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Krümmelmonster
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:27

Hallo KiwiKiwi,
genieß es was du in deiner Therapie erlebst. Du darfst das auch genießen dürfen und du wirst später ein neues Gefühl in dir haben und weiter geben können an deiner lieben Familie.
Das erlebst du und das ist Ok. Es ist für dich vielleicht neu so ein Gefühl zu haben. Sprich mit deiner Therapeutin was in dir passiert oder genieß es erst schau wie sich das bei anfühlt ohne Kopf schalte es kurz aus.


montagne
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:36

Ich kann dir nur sagen, wie ich das empfinde:
Ist es normal das, sobald mein Mann und Kind den Raum betreten, ich ihn verlasse um ungestört meinem Tagtraum weiter zu träumen?
Sehr bedenklich. Für eine kurze Zeit mag es gehen und vielleicht ist es nötig.
Aber 1. projiziere mal dieses Verhalten auf die nächsten Monate. Dein Mann und dein Kind werden das spüren, dass du dich distanzierst und dir die Therapie, die imaginäre Beziehung zur Therapeutin wichtiger ist als sie. Was macht das wohl mit deinem Kind? Was dnekt dein mann darüber?
2. Du ersetzt real existierenden, guten (sic!) KOntakt durch imaginären Kontakt. Es muss ja einen Grund haben, warum du das tust: Der Kontakt zu deiner Familie ist doch nicht so erfüllend? Du idealisierst die Therapeutin zu krass? Du hast überzogene Erwartungen an Kontakt, die Mann und KInd garnicht erfüllen können?


Meine ganz persönliche Meinung ist: Ich halte es für nicht hilfreich, sich zu sehr im Therapiegeschehen zu verlieren. Man ist immer noch erwachsener Mensch mit den entsprechenden privaten und beruflichen Verpflichtungen. Wenn man diese zu sehr oder zu lange schleifen lässt, fährt man sie gegen die Wand, manchmal schleichend, manchmal mit einem Knall. Und wnen man sie aber gegen die Wand gesetzt hat, merkt man erst, was man hatte. Dann kann es aber zu spät sein und man hat das Gegenteil von dem erreicht, was man eigetlich wollte (besser leben).
amor fati


isabe
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:44

Was heißt denn "seit längerer Zeit" in Bezug auf die Therapiedauer? Und seit wann hast du dieses Gefühl, und wie war es vorher?

Du bist ja recht ambivalent. Beschäftigst dich nur mit ihr und leidest darunter. Ich denke, es geht nicht darum, das zu bewerten (gut vs. bedenklich), sondern v.a. darum, das zu verstehen. Als ob du vor etwas wegläufst, vielleicht?

Für eine Analyse ist es auch unüblich, sich mit einem einzigen Thema (bzw. Trauma) zu beschäftigen, sondern es geht ja um die gesamte Struktur des Patienten. Man sagt i.a. "Psychoanalyse ist für Menschen, die nicht ein Problem HABEN, sondern die sich fühlen, als SEIEN sie das Problem". Was sich dann äußert in Schwierigkeiten im Alltag, in Beziehungen, im Empfinden von Freude usw. Das widerspricht ja deiner Beschreibung, dass alles super läuft.

Irgendwo ist also ein Haken, und den solltest du suchen.


isabe
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:51

Ich finde es fast unerträglich, das sie so nett und einfühlsam ist
Ich würde das dann unerträglich finden, wenn es nie Konflikte gibt, sondern die Beziehung nur friedefreudeeierkuchenmäßig ist. Da würde ich mich fragen: Was stimmt hier nicht?

Gibt es nie unterschiedliche Phasen der Nähe und Distanz? Missverständnisse? Negative Übertragungen? Unerfüllte Wünsche (deinerseits)?

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Räbin
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:53

Ich lese das auch eher mit Sorge, KiwiKiwi. Im schlimmsten Fall distanzierst Du Dich so weit, dass Du wichtige Entwicklungsschritte Eures Kindes nicht so emotional miterleben kannst und präsent bist, wie das für Dich eigentlich möglich wäre.

Ich vermute, die Therapeutin "macht" zu viel, sie gibt Dir etwas, was kein realer Mensch so erfüllen könnte und das wirkt dann wie eine Droge. Viele, die echte Drogen probiert haben, berichten, dass die Gefühle dabei viel stärker und schöner sind, als die Realität jemals sein könnte.

Es gibt auch sehr bedürftige, liebesbedürftige Therapeuten (wobei ich das bei Deiner natürlich nicht wissen kann), die gerne liebesfähige Patienten in Behandlung haben, um eigene Bedürfnisse gestillt zu bekommen.

Ich würde darauf achten, dass Deine Liebesgefühle in die Richtung Deiner Liebsten fließen, die Dich wirklich lieben und brauchen. Was machst Du mit der Droge? Stundenzahl reduzieren fände ich auch sinnvoll und so weit es geht, bewusst dagegen steuern. Ansprechen löst eventuell auch etwas von dem Spuk.

Was ich damit sagen will, mir kommt es auch nicht gut vor und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du wieder ganz zurückfindest zu Deiner Familie.

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Philosophia
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:54

Also ich kenne das auch - auch diese Bedenken mit zu viel gedankliche Beschäftigung bei gleichzeitig liebevollem Umfeld. Ich bin jetzt so gut wie fertig und sehe das so: Solang du diese Gedanken auch für Erkenntisse nutzt, ists sehr hilfreich. Auch der Genuss des liebevollen Umgangs. Der kann nämlich verinnerlicht werden und dir später eine Stütze sein. Sobald du aber real von deiner Thera Besitz ergreifen wollen würdest, würde ich das in der Therapie besprechen. Guck, ihr seht euch dreiviermal die Woche und es dreht sich um Zwischenmenschlichkeiten, innere Arbeit usw. - wie sollst du da nicht dran denken? Irgendwann wirst du von selbst genug davon haben und das ist der Moment, wo du dann unabhängig rausspazierst. Das klingt jetzt einfacher als es real ist, aber ein Stück weit empfinde ich das so. - Aber es ist wichtig, dass du da in dich reinhörst, in wie weit das für dich stimmig ist.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


Marilen
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Beitrag So., 18.02.2018, 17:58

KiwiKiwi,

falls noch nicht geschehen: sprich es ihr gegenüber an, das eröffnet Raum in dem es dich und sie gibt.
Behältst du sie nur bei dir in Träumen und Phantasien sabotierst du dich selbst und diese ganze Analyse
und der Preis ist hoch: deine Beziehung zu deiner Familie.

Es kann sehr hilfreich sein was da hoch kommt
aber behalte es nicht bei dir,dann kann das ursprünglich Hilfreiche sich in Gift verwandeln
Dann sollte das passen.

Marilen
Rabbi Nachman lehrt uns etwas Bahnbrechendes. Wenn es schwer wird, bleibt dir nur noch eines: Sei glücklich und freue dich.


mio
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Beitrag So., 18.02.2018, 18:04

KiwiKiwi hat geschrieben: So., 18.02.2018, 17:07 Wie eine imaginäre "Droge" liege ich da und verliere mich in meiner Fantasie. Dabei ist meine Realität wirklich sehr schön und liebevoll. Das macht mich so ratlos und rastlos zugleich....
Was würde denn passieren, wenn Du das mal nicht tun würdest? Also wenn Du Dich auf "Entzug" von der Droge setzt?

Was für Gefühle wären dann da? Was für Gefühle kommen hoch, wenn Dein Mann und Dein Kind Dich "einfordern"? Deine Phantasiezeiten begrenzen?

Was würde passieren wenn Deine Therapeutin Dich gegen Deinen Willen begrenzen würde? Entweder indem sie mal nicht so "liebevoll" Dir gegenüber wäre oder aber indem sie sich Dir "terminlich" verweigern würde. Was käme dann zum Vorschein?

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